Thema Kostenübernahme: jetzt wieder im Deutschen Bundestag

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rebella67
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Thema Kostenübernahme: jetzt wieder im Deutschen Bundestag

Beitrag von rebella67 »

Am Mittwoch findet im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestageseine Expertenanhörung zum Thema "Kostenübernahme bei Unverheirateten" statt, wo aber auch die heterologe Befruchtung mit rein soll. Schaut mal bitte hier: http://www.bundestag.de/bundestag/aussc ... alt/390224 und dann gleich hier in den Gesetzentwurf: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/032/1803279.pdf Dort steht formuliert:

"Zweitens werden auch die Behandlungskosten für eine heterologe künstliche Befruchtung übernommen, wenn die genannten Paare die übrigen Voraussetzungen erfüllen. Damit erhalten neben verheirateten auch verpartnerte sowie nicht formalisierte Paare für Maßnahmen der homologen oder heterologen künstlichen Befruchtung einen gesetzlichen Anspruch auf partielle Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung."

Ich freue mich so, dass dieses Thema, für das ich mich schon so lange engagiere, nun endlich auf der Tagesordnung steht. Natürlich werde ich mir das als Berlinerin nicht entgehen lassen.

Wer die öffentliche Anhörung gern live erleben möchte, kann sich noch bis Montag, den 12. Oktober anmelden. (siehe der 1. Link oben)
Liebe Grüße, Rebella
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Hier könnt ihr die bisher abgegebenen Stellungnahmen lesen: https://www.bundestag.de/bundestag/auss ... alt/391320

DI-Netz e.V. wird seine Stellungnahme erst später abgeben, da wir unsere Einladung erst am letzten Freitag erhalten haben.
Liebe Grüße, Rebella
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Ich war nun also heute als Vertreterin von DI-Netz e.V. dort. Vom Inhalt her muss ich nicht viel berichten, da es ein Wortprotokoll gibt und man sich das Ganze sogar im Netz anschauen kann. Ich habe nur noch keinen Link dazu. Vielleicht ist es ja auch noch nicht online.

Ich berichte euch aber gern über das Drumherum. Da nämlich musste ich mich schon darüber ärgern, dass wir als Vertretung der Eltern und Familien mal wieder zu wenig wahrgenommen wurden. So hatte der Verein Spenderkinder e.V., der die heute erwachsenen Menschen aus Samenspende vertritt, von vornherein eine Einladung. Wir haben selbige erst auf unsere Nachfrage erhalten. Wegen der Kurzfristigkeit konnten wir unsere Stellungnahme nicht rechtzeitig fertig bekommen. Wir werden sie erst nachliefern können. Leider ging dann auch keine einzige Frage an mich, während der Verein Spenderkinder e.V. 3mal zu Wort gekommen ist, zweimal davon von Herrn Hüppe befragt. Herr Hüppe ist ja von Gesundheitsausschuss die Personifizierung des Konservativen.

Ich möchte gern ausdrücken, dass jeder seine Position vertreten dürfen sollte. Nur hat der Verein Spenderkinder eine Stellungnahme vorgelegt, aus der einem der Hass gegen alle Formen der Reproduktionsmedizin förmlich entgegenschlägt. Diesen Hass sehe ich entstanden aus dem Vertrauensbruch, den spät aufgeklärte Menschen aus Samenspende durch ihre Eltern erlitten haben. Diesen Hass, den die Akteure von Spenderkinder e.V. jetzt herauslassen (ich verstehe sie ja, dass sie ihn irgendwo abladen müssen), den richten sie jetzt gegen alle Menschen, die mittels Reproduktionsmedizin Eltern werden wollen, da es anders nicht geht.

Somit schlägt das Stigma der DI aus den 70-er und 80-er Jahren, das einen großen Anteil an der Verheimlichung der DI hatte, da die Eltern ihre Kinder vor Diskriminierung bewahren wollten, verkörpert von den nun erwachsenen Menschen auf uns Eltern oder Wunscheltern von heute, sowie auch auf unsere Familien und unsere Kinder zurück. Und bewirkt damit weiterhin Diskriminierung und Verheimlichung.

Das sehe ich als eine schwierige Komponente in der Auseinandersetzung. Bei meinem Jungs darf ich mir sicher sein, dass die sich später nicht hinstellen werden und sagen, he, Herr Hüppe, gucken Sie mal, wie gut es uns geht. Wir sind Frühaufgeklärte. Sie werden sich mal nicht einsetzen, weil sie keinen Grund dafür spüren. Weil sie mit ihrem Leben im Einklang sind.

Insgesamt glaube ich, dass der Gesetzesvorschlag wegen der fehlenden rechtlichen Regelung der DI abgewiegelt wird. Das ist ja auch tatsächlich schwierig. Da können wir nur hoffen, dass es möglichst bald zu einer umfassenden Regelung kommt. Daran wird jetzt ja auch ein wenig gearbeitet. ... Mal sehen, ob man das jetzt ernster nimmt als in den vielen Aläufen seit 1985, die immer ganz schnell auf der Strecke stehengeblieben sind. Alles andere, was ins Feld geführt wird, ist Populismus. Allerdings in so einer Form, dass auch der uns das Genick brechen kann.
Liebe Grüße, Rebella
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Liebe Grüße, Rebella
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Katharinchen
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Beitrag von Katharinchen »

Hallo Rebella,

Aus den Erläuterungen höre ich heraus, dass auch diejenigen, die eine Stellungnahme
abgeben haben und eine Regelung für nötig halten, den Gesetzesentwurf in der
vorgelegten Form nicht unbedingt befürworten, weil er wesentliche Aspekte nicht
beinhaltet und weil andere Fragen vorab geklärt werden müssen. (Erbrecht,
psychosoziale Beratung, rechtliche Fragen rund um Lebenspartnerschaften etc.)

Die GKV scheint gar kein Interesse zu haben an einer Neuregelung, weil damit
Kosten auf sie zukommen, die heute noch nicht getragen werden müssen.

Von der Bundesärztekammer kommt keine uneingeschränkte Zustimmung, weil der
Gesetzesentwurf nicht weitreichend genug ist. Sie sehen es eher als Diskussionsgrundlage
für ein umfassendes Reproduktionsgesetz, weil bisher nur mit Richtlinien praktiziert
wird, wo Gesetze nötig sind und die Rechtsunsicherheit einfach zu groß ist.

Die Landesärztekammer vertritt eine eher konservative Haltung. Allerdings liegt
das wohl am Ehesten daran, dass die Begrifflichkeiten nicht exakt definiert sind.
Was ist eine dauerhaft angelegte Partnerschaft? Wer soll das entscheiden? Der
Arzt? Die Krankenkasse? Der Notar?

Auch die Reproduktionszentren finden den Vorschlag nicht weitreichend genug,
weil die vielfältigen Probleme in der Praxis damit nicht gelöst werden.

BKiD stimmt auch nicht uneingeschränkt zu, weil die Gesetzesänderung ohne
Stärkung der psychosozialen Beratung die bestehenden Probleme für die Spenderkinder
nicht löst und die Schwierigkeiten der Kinderwunschpaare nicht ausreichend berücksichtigt.

Die Dame von Spenderkinder fand ich eigentlich gar nicht so negativ eingestellt.
Sie hat viele Dinge aus Sicht der Spenderkinder dargestellt. Und wenn es tatsächlich
so ist, dass nur 30 % der Spenderkinder aufgeklärt werden, muss man den
Gesetzesentwurf eher kritisch sehen, weil wesentliche Aspekte vorab geklärt
werden müssen. Dass sie grundsätzlich gegen Reproduktionsmedizin ist, kommt
bei mir nicht an. Sie ist kritisch, weil sie aus der Sicht einer Betroffenen spricht.

Aufklärung ist leider nicht nur ein Problem der Eltern sondern der ganzen Gesellschaft.
Solange Eltern Angst haben müssen, dass sie und ihr Kind aufgrund ihrer Entscheidung
ausgegrenzt werden oder sie zum Dorfgespräch werden und sich sogar Beleidigungen
anhören müssen, ist der Weg für eine flächendeckende Aufklärung von Spenderkindern
versperrt.

Das Dilemma ist aber: Gametenspende und medizinische Reproduktionstechniken
sind Realität, aber die Gesellschaft kommt mit dem Fortschritt nur schlecht zurecht.
Die Dame von BKiD sagte, dass Kinderwunschpaare sich sogar Anfeindungen
ausgesetzt sehen, wenn sie über ihren Kinderwunsch und die Behandlungen reden.
Das ist doch das eigentlich Erschreckende, an dem auch neue Gesetze erst mal
nichts ändern. Gesetze hängen immer der Lebenswirklichkeit hinterher.
Und die Wirklichkeit zeigt eben beide Seiten: die vielfältigen Möglichkeiten, sich
seinen Kinderwunsch zu erfüllen, aber auch die Ablehnung durch konservativ
eingestellte Menschen, die mit ihrem eingeschränkten Horizont über Dinge urteilen,
über die sie nicht informiert sind.
Viele liebe Grüße von
Katharinchen
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Kinderwunsch seit 1999
1. Behandlung Juli ´07: negativ
.
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8. Behandlung November ´09: positiv, MA bei 8+2 :cry:
.
10. Behandlung August ´10: negativ
1. Kryo-Behandlung Oktober ´10: P O S I T I V
Geburt bei 38+3
2. Kryo-Behandlung Oktober ´12: negativ
11. Behandlung März ´13: negativ
Abschied vom Wunsch nach einem Geschwisterchen.
Es ist gut so, wie es ist.


Bild


Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht. (Václav Havel, * 05.10.1936; † 18.12.2011)
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Danke Katharinchen, du hast dir Gedanken gemacht.

Dass es noch viel Anderes zu regeln gibt, ist klar. Nur weiß der Gesetzgeber das auch schon seit über 30 Jahren. Trotzdem blieb er untätig. - Es bleibt nur zu hoffen, dass man nun mal tätig wird.

Man muss ja einen Gesetzentwurf auch nicht unbedingt in der vorgelegten Form befürworten. Man kann ja auch noch etwas daran ändern. Nur ein pauschales Abwiegeln ist wirklich zu bedauern.

Bei Spenderkinder e.V. kritisiere ich auch mehr die schriftliche Stellungnahme. Die geht nämlich über deren eigentliche Kompetenzen hinaus. Sie schreiben dort nicht nur, was alles noch geregelt werden müsste, sondern sie starten dort auch einen Rundumschlag gegen die Reproduktionsmedizin ansich.

Mir gefällt der Tenor nicht, dass die geringen Aufklärungsraten nur auf unzureichende Beratung zurückzuführen wären. Die gesellschaftliche Akzeptanz bzw. Nichtakzeptanz/ Stigmatisierung wurde mit keinem Wort benannt. Irgendwie klingt es auch immer so als wären die Eltern die Schuldigen. Das entspricht häufig nicht den Tatsachen. Du hast die fehlende Anerkennung hier aber schön thematisiert.
Liebe Grüße, Rebella
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Brezi
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Beitrag von Brezi »

Da muss ich zustimmen! Wieso stellt man die Eltern als Schuldige hin, stempelt sie ab und gibt ihnen ein so schlechtes Gewissen? Das alles total ohne Grund... In Deutschland muss sich echt noch so einiges ändern!
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Liebe Grüße, Rebella
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