Trauer frisst mich noch auf...

Alle Fragen und Probleme, die man doch lieber anonym diskutieren möchte.
Gast

Beitrag von Gast »

@ Mymla,

habe vorhin dein Posting nicht gesehen..
wie du das beschreibst, solche Vorbehalte die hatte ich auch, ob man sich auf Psychoratgeber überhaupt einlassen soll, in eine ungewollte Richtung gebracht wird oder Sachen drin stehen die man grundsätzlich ablehnt..

und was du zur Interpretation des Buches schreibst hätte ich nicht so gut erklären können, für mich ist dies auch die zentrale Botschaft des Buches.

Bezüglich der Repromedizin bin ich zwar auch skeptisch aber sehe auch, dass man nie vergessen darf, dass von vornherein auch bei diese Methoden keine biologische Chancengleicheit bestehen kann, weil schon auf der biologischen Ebene des Paares zu anderen Paare oft große Unterschiede vorhanden sind, Alter Ursachen.. die man manchmal kennt oder erst im Nachhinein zur Kenntnis nehmen,als undefinierbares Schicksal annehmen, muss.

Und ein Kind MACHEN - das Kann ja die Repromedizin auch nicht wirklich, man bringt die Keimzellen ausserkörperlich zusammen und hofft das sie sich weiterteilen, hofft das sie sich einnisten, hofft das sie sich im heiklen 1/3 der SS weiterentwicklen und dann alles gut weitergeht - also ist es auch hier schon ein ein Wunder, Glück, Schicksal oder auch Geschenk.
Die Repromedizin bietet allenfalls eine medizinsche Chance auf den Beginn einer Schwangerschaft, die für jeden verschieden groß ist, von daher MACHT man sich doch kein Kind ?
Eine Garantie für ein gesundes Kind oder ein Glück mit Kind kann sowieso niemand geben. Man kann auf einige bekannte Störungen testen oder bei schweren familiären Erbkrankheiten.
Ich sehe es als ein praktisches Bemühen der Ärzte und einem etwas bangerem Hoffen des Paares als bei einem welches entscheidet, bewusst Pille absetzen und abwarten..aber dann auch bewusst ein Kind "macht" natürlich intim und romantisch. :wink:

Für mich sah ich irgendwann keine reale Chance mehr , die ich bei anderen aber sehr wohl anerkenne und als eine gute Möglichkeit sehe, wenn man sich vorher sehr gut informiert hat.

Leider kommt besonders bei uns ja noch für viele Paare das Problem mit der Chancenungerechtigkeit hinzu, weil man sich ja um den Krankheitsbegriff herumwindet und die unterstützte Fortpflanzung moralisch entwerten wil und daher diese Fundi-Gesetze hier hat.

sorry bin selbst wieder abgedriftet ..

möchte aber den anderen danken für die offenen Gedanken.
Papagena
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Beitrag von Papagena »

Eure Vorbehalte den psychologischen Ratgebern gegenüber kann ich durchaus nachempfinden.

Manches ist sicherlich gut, und ich denke, es gehört zu einem gesunden Prozess, wenn nicht gar einem Gesundungsprozess, seinen eigenen KiWu zu hinterfragen.

Ich habe dadurch so einige Umwege gemacht, die mir, so wie ich es jetzt sehen kann, gut getan haben. Diese Umwege reichten von "Nein, ich möchte nicht wirklich ein Kind. Mein Kinderwunsch rührt daher, dass die Gesellschaft und mein Umfeld mir ständig suggeriert, ich müsse Mutter werden" bis hin zu dem berühmten Hinterfragen bedingt durch das Wühlen in der eigenen Vergangenheit. Eine Zeit dachte ich, ich würde nicht schwanger, weil ich das Vatersein meines Mannes (er hat Kinder aus erster Ehe) nicht akzeptiere, und da ich diese seine Rolle so ablehne auch eine erneute Vaterschaft nicht zulasse.... Lauter solche Dinge.
Angeleitet durch Bücher wie "Wenn die Seele nein sagt". Gerade dieses Buch habe ich von Anfang an aus mehreren Gründen abgelehnt, trotzdem hat es zum Nachdenken animiert.

Jedenfalls haben mich diese Umwege und auch zeitweise eine gewisse Ablehnung einem potentiellen Kind gegenüber dahin gebracht, dass ich heute aus ganzem Herzen sagen kann, dass ich mir ein Kind wünsche. Dass ich mich unsagbar freuen würde, wenn ich nun endlich schwanger würde. Aber auch nur so weit, nicht mehr um jeden Preis! Ein Kind wäre für mich ein ganz entscheidender Baustein zu meinem persönlichen Glück, aber längst nicht mehr der alleinige Bote eben dieses Glückes.
Diese Haltung tut mir gut, und ich kann ganz anders in den nächsten Versuch gehen, als es bei den vorherigen Versuchen der Fall war. Ich fühle mich bereit für ein Positiv (so seltsam das jetzt klingt, ihr wisst sicher, wie ich es meine), andererseits fürchte ich das Negativ nicht mehr!

Liebe Grüße,
Papagena
Mymla04
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Beitrag von Mymla04 »

Gast hat geschrieben:@ Mymla,

habe vorhin dein Posting nicht gesehen..
Ich hatte nochmals mehr geschrieben und geändert, so haben sich die Postings überkreuzt.
Gast hat geschrieben:Und ein Kind MACHEN - das Kann ja die Repromedizin auch nicht wirklich, man bringt die Keimzellen ausserkörperlich zusammen und hofft das sie sich weiterteilen, hofft das sie sich einnisten, hofft das sie sich im heiklen 1/3 der SS weiterentwicklen und dann alles gut weitergeht - also ist es auch hier schon ein ein Wunder, Glück, Schicksal oder auch Geschenk.
Ja, so kann man es schon auch sehen, das kann ich auch z. T. unterschreiben. Danke für deine Formulierung! Meine kritische Haltung der Repromedi. ist ja auch nicht so eindeutig, dass ich sie pauschal verwerfen möchte. Sonst würde ich hier wohl eher nicht schreiben. Du hast schon Recht, auch wenn wir medizinisch nachhelfen, sind ja immer noch genug Unbekannte dabei im Spiel, und so kann man es schon wirklich auch nicht einfach so MACHEN. Die "Natur" widersetzt sich, es ist nach wie vor unberechenbar, wir haben es nicht im Griff, und Garantien gibt es sowieso für nichts. Und ich finde es eine gute Einstellung, wenn man es auch dann noch als Wunder und Geschenk sieht, wenn es mit KB klappt. Wenn ich mich dafür entscheide, dann werde ich es auch so anzusehen versuchen.

Was ich sagen wollte ist vielleicht auch, dass die Möglichkeiten der KB uns teilweise verführen könnten, die CHANCE beiseite zu schieben, uns mit unserem Leben und dem Kiwu auseinanderzusetzen. (Ich möchte auf keinen Fall zynisch tönen, ich stecke ja selber in der Geschichte drin und finde das keineswegs eine tolle Chance, die ich mir freiwillig gewählt hätte!! Aber wo die Situation nun einmal ist wie sie ist, schaffe ich es allmählich, auch diese positive Seite daran ein bisschen zu sehen. )

Ich meine, auch bei Frauen, die mit ihrer natürlcih intimen und romantischen (naja... immer ja wohl auch kaum...:-? Familienplanung sofort "erfolgreich" sind, wäre es manchmal besser gewesen, etwas hätte sie zum Nachdenken gebracht, ob sie realistische Vorstellungen vom Leben mit Kindern haben.

Und mit MACHEN meine ich auch, dass die Repromedizin zu nutzen auch aus einer gewissen Konsummentalität kommen kann. Die Erwartungen - und Enttäuschungen sind doch, wie ich von vielen Frauen hier und anderswo gehört habe, teilweise auch höher, wenn man nachhilft, und das heisst für mich eben auch, dass man irgendwie meint oder beabsichtigt, die Erfüllung des Kiwu im Griff haben zu können. Das zeigt sich doch auch in den Extrembeispielen, wo die Repromedizin das ganze Leben der Frauen dominiert. Und ich kann mir durchaus vorstellen, dass es schwierig sein kann, wieder auszusteigen aus den Behandlungsversuchen. Du hast das ja gut geschafft - deine Geschichte wäre spannend zu hören - ?
Aber das schafft nicht jede, und ich bin nicht so sicher, ob ich es so gut könnte.
Gut, man könnte darauf antworten "auch wenn man sich auf den natürlichen Weg beschränkt, versucht man es doch immer wieder und wieder". Das hat natürlich auch was. Trotzdem, es ist für mich nicht das Gleiche. Beim Sex hat man ja nicht nur so ganz klar diese funktionelle Absicht, ein Kind als Ergebnis zu kriegen (auch wenn es ja leider bei uns Kiwu-Paaren durchaus manchmal in die Richtung ausarten kann). Es verbindet das Paar ja auch und ist eben etwas Romantisches, Intimes... Das ist KB aber schon nicht gerade, beim besten Willen nicht :help: .

Es ist wirklich schwierig für mich zu erklären, was ich meine, mir fällt auch kein vergleichbares Beispiel aus dem sonstigen Leben ein. Kinder sind einfach schon etwas sehr Spezielles im Leben... Und darum ist es auch nicht so einfach wie bei einem andern unerfüllten Wunsch, darüber hinwegzukommen und das Positive zu sehen, dass wir im Leben auch ohne dies haben.

Gast hat geschrieben:Für mich sah ich irgendwann keine reale Chance mehr , die ich bei anderen aber sehr wohl anerkenne und als eine gute Möglichkeit sehe, wenn man sich vorher sehr gut informiert hat.

Ja, das sehe ich auch so. - Hast du denn das Thema völlig abgeschlossen? soweit das überhaupt möglich ist...

Es ist ein sehr emotionales Thema. - Ich schneide das mit den Gesetzen noch ganz kurz an: wohnst du denn in Deutschland? Da sind die Gesetze im Vergleich zur Schweiz ja eher locker, was die Kassenleistungen angeht zumindest. Wir müssen eh praktisch alles selbst übernehmen. Ehrlich gesagt, ich finde das gar nicht so schlecht... :oops: vielleicht müsste ich das im "total anonym-Ordner" schreiben...
Diese Behandlungen sind schon sehr teuer, wenn die KK alles übernehmen müssten, würden die Prämien wohl noch viel mehr steigen als eh schon. Klar könnte man sich auf "medizinisch indizierte Behandlungen" beschränken, die Definition ist dann das Problem, dann käme es auch auf grosse Ungerechtigkeiten heraus. Oder?

@Papagena

Ja, ich verstehe schon, wie du es meinst. :)

Das Buch "wenn die Seele nein sagt" habe ich mir bis jetzt nicht gesucht/gekauft, weil ich es einfach nicht so simpel sehen kann. Aber es kann gut sein, dass es doch gute Denkanstösse drin hätte. Naja, alles kann man einfach nicht lesen.

Natürlich kann man auch den Kinderwunsch versuchen wegzurationalisieren, vielleicht sind das dann Umwege. All das, was du dir überlegt hast, hatte aber wohl doch ein Körnchen Wahrheit - ok, vielleicht nicht alles, aber vieles. Dass die Gesellschaft und ihr Frauenbild den Kinderwunsch zwar vielleicht nicht direkt allein verursachen, aber stark verstärken können, ist ja z. B. offensichtlich. Also war es bestimmt gut, dass du dir solche Gedanken gemacht hast. Jetzt bist du ganz sicher reifer als vorher, auch in Sachen Kinderwunsch. Also waren es vielleicht gar nicht Umwege. Ist sicher besser, man überlegt sich das auch schon vorher, und nicht erst, wenn alle KB-Hoffnungen fehlgeschlagen haben...

Sorry, wenn das alles jetzt etwas gar abgehoben weise und pseudoreif tönt... ich sage das alles auch zu mir SELBER :wink:

LG

Mymla
Papagena
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Beitrag von Papagena »

Hallo Mymla,

nur ganz kurz von mir...
Ich finde besagtes Buch nicht wirklich gut. Es bedient sich einer Menge Klischees... Die Richtung, in die es lenkt ist meiner Meinung nach ein wenig bedenklich.

Liebe Grüße, Papagena

P.S. finde es gar nicht abgehoben, wie du schreibst, sondern für mich persönlich bereichernd, einen so intelligenten und nachdenklichen Beitrag zu lesen....
Gast

Beitrag von Gast »

Zu „Intim und romantisch ?“

Aber man macht etwas anderes sehr wichtiges, man traut sich oft erst nach langer Zeit ( es wird ja oft das Gegenteil behauptet) gemeinsam in eine Praxis zu gehen, man überwindet sich und macht das weil das gemeinsame romantische und intime Gefühl ja auch die Voraussetzung schafft, dies auf sich zu nehmen und die Skepis vor der Kiwu-Mühle gibt es doch trotz Unwissen vorher, diese verblödete Naivität, so gibt es das doch gar nicht, wie oft dargelegt.

Durch die Behandlungsentscheidung ist man als Paar schon ganz eindeutig Pro-Kind festgelegt, was glaube ich sonst nicht ganz so ist.
Es wollen sonst oft nicht beide gleich stark ein Kind, manche hoffen, dass es nicht ganz so schnell klappt usw..oder grundsätzlich wollte das Paare das viel später, es ist aber dann oft zufällig passiert. ( ich las was von 50%) daraus leiten manche eine natürlich-religiöse Moralnorm ab – ich nicht. Der natürlich-biologische Zeugungs-Zufall als ganz besonderer Wert.
Manche Frauen müssen ihren Partner überreden oder entscheiden einfach allein über die Fortpflanzung.
Ich unterstelle daher auch einem Teil der Kritiker ( ich vermute da oft Frauen) das so seltsam das klingen mag irgendwo ein Neid auf diese Einmütigkeit, Eindeutigkeit solcher Paare beim Kiwu vorhanden ist., es passt nicht ins negative Männerklischee.
Daher wird das auch so als Lifstyleaktion und Machbarkeitswahn abgewertet – ( gerade wegen der Männerrolle) und von vielen geglaubt oder die Kiwutherapie als Patriarchenideal-Erfüllungsprogramm „entkörperter Frauen“ gesehen, wie man sinngemäß im von Abgeordneten ( vermutlich aus vorformulierten Handreichungen..) im Bundestag zu hören bekam.
Ich sehe Samenabgeben in der Praxis aus Männersicht und sich Spritzen setzen, vaginal punktiert werden sicher nicht als schicken Lifestyle..sondern als gemeinsames Aus-durchhalten, um eine Chance zu haben.

Es wird ja so oft völlig einseitig und so verzerrt dargestellt, wo doch anstatt Machbarkeitwahn eher Ängste und Hoffnung sich abwechseln, sowie mal Vertrauen auf die Behandlung dann oft Skepsis und
Empfinden einer Demütigung durch Situationen, wenn man sich die Spritzen, Zäpfchen setzt und denkt „Shit !“..was mache ich hier..immer wieder auf dem Gynstuhl liegt usw..

Ich unterscheide auch hier wie immer Anlass und Ursache, die Ursache dafür , ein Kind zu wollen liegt doch beim Paar und nicht bei beispielweise vernarbten Eileitern, weniger fitten Spermien oder Hormonstörungen oder, aber menschlich ist sicher, dass etwas was man nicht haben kann eine zusätzliche Wertigkeit erhält.
Im Umkehrschluss würde aber heute niemand mehr behaupten, dass Kinderreichen fertilen Paaren das einzelne Kind typischerweise weniger Wert wäre..


Solche Buchtitel „wenn die Seele nein sagt“ wecken in mir starke Abwehrgefühle, evtl täusche ich mich, aber wenn der Titel Programm ist, dann werden hier psychosomatische Mythen über Unfruchtbarkeit dargelegt, die ja allesamt nachhaltig widerlegt wurden, was ich sowieso nie glaubte, wenn ich mir die „echte“ Welt und die Zeugungssituation, die Überbevölkerung betrachte..

Ein Zweifel, dass meine Seele ja sagt war nie da,...nur der Zweifel wann ich in der zunehmend verlorenen Chancenlosigkeit dann bereit bin Nein zu dem weiteren bewussten Streben zu sagen, denn da gibt es noch die Signale die der weibliche Körper denn man spätestens durch all das sehr gut kennt – und das ist wunderbar natürlich aber emotional auch „ gemein“.

Die Ja-Grundhaltung werde ich sicher nicht ablegen, das ist so ähnlich wie Menschen die grundsätzlich bereit wären einen Partner zu haben, auch wenn sie dann keinen auf Dauer finden – es gibt keinerlei Grund diese Grundhaltung in seiner Seele, oder seinem Herzen zu löschen. Eine solche Grundhaltung ist auch nicht einfach gleichzusetzen mit einem angeblich verbissenem Zwang, das zu bekommen ( Ein Kind, einen Partner)wonach man sich sehnt..für mich ist das –sorry- Primitivpsychologie..oder die andere Unterstellung einer Art Narzissmus seine tollen Gene weiterzugeben.. Soziobiologie ist ja so in..
Ich sehe für mich kein Widersetzen der Natur, denn ich bin selbst zu einem Anteil Natur, es ist einfach schicksalhaft und zufällig wie eine Krankheit. Oft liegt es nur an einem der Partner, rein natürlich biologisch wäre es dann vom Naturprinzip her ( Fortpflanzungprinzip) dann nötig den Partner zu wechseln, aber da war ja noch was anderes, bei uns Menschen...oder ? Ob manche dann den Versuch mit fremden Keimzellen wagen ist gar nicht sicher, oder ob sie versuchen zu adoptieren, viele entscheiden sich bewusst dagegen und schliessen alles Bemühen ab. Seelisch kann man sich nur bemühen..damit zu leben.

Ich habe die Behandlungen abgeschlossen, das Thema aber nicht, - wie Zeller-Steinbrich schreibt, wird es einen sicher lebenslang begleiten.

Höhere Erwartungen habe ich hier und in anderen Foren noch gar nicht bemerkt, ich hatte jedenfalls keinerlei Ansätze in dieser Richtung.
Worin siehst du „höhrere Erwartungen“ ? Stehen nicht eher bei vielen die fehlgeschlagene Versuche und die traurigen Fehlgeburten als Sternchen dabei, welche hohe Erwartungen eher schwächen könnten ?

Das wichtigste bei dem Thema ist für mich das Recht auf Selbstbestimmung , das jeder laut Grundgesetz hat .

http://de.wikipedia.org/wiki/Freie_Entf ... 6nlichkeit

Sicher sind wir alle biologisch gesteuert, kulturell und sozial geprägt – na und, das ist jeder.

Wer maßt sich an, Menschen die einzig „koschere“ Zeugungsart oder Willen vorzuschreiben, ihnen zu unterstellen wann der Kiwu nicht „patriarchal“, nicht „sozial konstruiert“ oder gewecktes Bedürfnis durch „Lifestyle“ oder genutzte Dienstleistung einer „Wunscherfüllungs“-medizin sei – oder etwa abartig unnatürlich sei.. Was fällt denen ein, Betroffenen irgendwelche stereotypen Abwertungs-Raster aufzudrücken und damit irgendeine Feministinnen-Moral oder christlich-fundamentalistische Moral wie bei Bush,..allen Paaren aufzudrücken, weil sich anhand der zufälligen Unfruchtbarkeit und Therapieentscheid irgendwelcher Paare eine gute Gelegenheit bietet, das gewünschte Gesellschaftsmodell, oder Moralkonstrukt , oder die Gentechangst an Betroffenen exemplarisch simplifiziert vorzuführen, mit Ethik ( wie ich sie verstehe) hat das sicher weniger zu tun. Im Moment wächst in unserer Gesellschaft von vielen Seiten ein starker Trend, Selbstbestimmung zu entwerten oder fadenscheing schädlich für die „Gemeinschaft und deren Überleben“ oder soziobiologischen Naturgesetzen, gar ewiggültigen Mythen entgegenstehend zu definieren (egoistischer Individualismus )
Ich empfinde diese Entwicklung tatsächlich als totalitäre Vereinnahmungs-Tendenz und auch sonst fehlerhaft bis verlogen.

Ob ich reifer bin, weiß ich nicht, nur erfahrener, aber es gibt da wohl auch eine Art Selbstschutzmachanismus beim Menschen, der hilft, damit klar zu kommen.
Übel ist leider nur die populistische Kinderlosenhetze und dieser Müll von Hahne, Herman und Schirrmacher, Birg., Borchert..über „selbstlos nachhaltiges Humankapitalzeugen“ und dass man wegen der Renten- und Demographiedebatte als Ablenkungs-Sündenbock abgewatscht wird.
Was mich oft wütend macht, wenn mir dargelegt wird, ich solle täglich vorm Spiegel „Mea Culpa“ (Raffelhüschen)ausrufen , oder „bis ans Lebensende“ von braven Gutmenschen ein bissl angegangen werden soll ( Birg) ha,ha.. all diese Är...e wollen sicher nur ein „Ihr mich auch“ -das können sie dann gern haben..wieder mal ein abgespaltener Gesellschafts-Bereich mehr? ..bei Alt gegen Jung waren die ja bisher erfolglos..

P.S: Wegen der Chancengerechtigkeit bei den Behandlungen müssten rechtliche Bedingungen geändert werden, ansonsten wäre ein Fonds wie in Österreich evtl. ein besserer Weg angesichts der KK-Problematik.
Den Begriff "Verwirklichungsschance" entdeckte ich erst kürzlich, er wurde vom Nobelpreisträger Amartya Sen geprägt " Capability approach" ( für politisch aktive Kiwukämpfer merken !) und wird sicher bei den Verteilungsdebatten an Bedeutung gewinnen es geht also um dieFrage nach " Bereitstellung von Rahmenbedingungen für autonome Lebensführung" wozu die Familiengründung ganz sicher zählt.

LG eine Anonyma...
Mymla04
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Beitrag von Mymla04 »

Hallo Papagena
gut, es lag auch nicht gerade auf meiner Prioritätenliste. Eben, der Titel wirkt schon recht schematisch.


Hallo Anonyma-
Uiuiui, was für eine geballte Ladung Text... Du bist ja fast noch eine schlimmere Vielschreiberin als ich :roll:

Also erstmal, ich möchte hier keine Diskussion "Pro und Kontra KB" starten. Wäre zwar eine interessante Diskussion, würde aber meinem Zeitrahmen sprengen - sitze in letzter Zeit eh schon genug vor der Kiste...

Mir scheint, das alles tönt relativ angriffig, als hättest du die ganzen fundamentalistischen bornierten vorurteilsverhafteten Aus-Prinzip-Neinsager herunterputzen wollen oder jedenfalls klar machen, was du von solchen Ansichten hältst. Hm, ich weiss nicht, ob du bei mir solche vermutest. Ich glaube jedenfalls nicht, dass ich eine dogmatische Scheuklappenfrau bin, egal welcher Couleur. Gut, wer denkt das schon von sich :wink:

Im Grund ging es ja um die Trauer und wie man damit fertig werden kann, und ich ganz persönlich habe eben im Moment das Gefühl, dass nur schon die Überlegung, bewusst auf KB zu verzichten ( wenn ich mich drauf festlegen müsste, wäre es vielleicht total anders, kann gut sein. ) und der Versuch, erste Schritte zu gehen auf dem Weg zu einer Akzeptierung der Situation, wie sie ist, ohne Kind, und doch mit einigem noch, wofür sich das Leben trotzdem lohnt - also das scheint mir einfach zu helfen.

Ich habe zu einigen Dingen, die du geschrieben hast, wohl wirklich eine etwas andere Meinung. Z. B. zum Thema "egoistischer Individualismus" könnte man jetzt einen eigenen Ordner eröffnen. - Gerade die heute vorherrschende Überzeugung, dass jeder nur für sich selbst und sein Wohlergehen zuständig ist (Recht auf Selbstbestimmung, je nach Auslegung) finde ich schon ziemlich daneben. Gerade auch Menschen ohne Kinder macht die mit extremem Individualismus verbundene Vereinzelung ja auch noch besonders das Leben schwer... Und das Recht und die Pflicht, selber für sein Glück zuständig zu sein, macht es "Gescheiterten" - ob beim Karrieremachen, Kinderkriegen, ... auch nicht gerade leichter.
Andererseits möchte ich schon nicht in die Zeit von Blutrache und Stammesehre zurück :-? Alles mit Mass, finde ich. Hier auch.

Hab aber eigentlich keine Lust, mich in eine bestimmte "eh allem kritisch-ablehnend gegenüberstehende" Schublade zu begeben und alles zu kontern (hab ja auch längst nicht bei allem gegenteilige Ideen, nur bei manchem. Oder auch steh ich an einem andern Punkt von der Lebenssituation her.)

Ganz nüchtern betrachtet, ist es sicher schwierig, den Nutzen und die erst durch KB geschaffenen Leiden gegeneinander abzuwägen. Ein weites Feld.

Grundsätzlich finde ich aber so kontroverse Ansichten z. T. ganz interessant, man macht sich so eher klar, wo man eigentlich in dem ganzen Wirrwarr steht.

Ich meine, es sind zwei Paar Schuhe, ob man selbst in der Situation ist oder Leute von aussen be-/verurteilt. Manchmal kann aber vielleicht ja durchaus auch ein/e Aussenstehende/r etwas Vernünftiges zu einem Thema beisteuern. Dass man nicht von allem immer selbst betroffen sein muss, um sich einfühlen zu können, hattest du ja auch mal geschrieben. So mögen ev. durchaus auch gewisse Politiker eine Ahnung von der Sache haben. Andere lesen eben nur vorformulierte Texte herunter. Was du da aber von einigen aufführst, da kann ich dir nur beipflichten:
Übel ist leider nur die populistische Kinderlosenhetze und dieser Müll von Hahne, Herman und Schirrmacher, Birg., Borchert..über „selbstlos nachhaltiges Humankapitalzeugen“ und dass man wegen der Renten- und Demographiedebatte als Ablenkungs-Sündenbock abgewatscht wird.
Was mich oft wütend macht, wenn mir dargelegt wird, ich solle täglich vorm Spiegel „Mea Culpa“ (Raffelhüschen)ausrufen , oder „bis ans Lebensende“ von braven Gutmenschen ein bissl angegangen werden soll ( Birg)

„selbstlos nachhaltiges Humankapitalzeugen“ - boa. Was für ein Giga-Quatsch. Erinnert mich an gewisse Fortpflanz-Empfehlungen von vor 60, 70 Jahren. Kommentar überflüssig. - Beim Rest komm ich nicht ganz mit :o . In Deutschland ist das politische Theater oft noch abstruser als in der Schweiz, mein ich - tsja, ist vielleicht auch Gewöhnungssache. Kommt aber sicher z. T. von unserm andern System, wo es nicht Regierung versus Opposition gibt. Das animiert zum Populismus, glaube ich.-

Jetzt bin ich aber weeeit vom Thema abgewichen.

Du schreibst
Ich sehe für mich kein Widersetzen der Natur, denn ich bin selbst zu einem Anteil Natur, es ist einfach schicksalhaft und zufällig wie eine Krankheit.
"Natur" ist natürlich eine heikle Wortwahl. Vielleicht hätte ich auch schreiben können "ES passiert nicht auf normalem Weg", oder "das Leben" "das SO IST ES" oder wie du schreibst "das Schicksal" stellt sich der problemlosen Erfüllung des Wunsches entgegen. Wie man auf dieses Hindernis dann reagiert, ist ganz individuell. Ich meine nur, es ist nicht IMMER und nicht für ALLE hilfreich, darauf vorwiegend mit HANDELN, also KB, zu reagieren. Wichtig scheint mir gleichzeitig zu akzeptieren, dass es sein kann, dass der Kinderwunsch eben nicht auf Wunsch MACHBAR ist. Die Haltung ist dann eine andere, ob man jetzt KB macht oder nicht. Es ist weniger eine Anspruchshaltung. Ich bringe noch ein kontroverses Stichwort ins Spiel: Ein RECHT auf ein Kind und ev. auch auf sämtliche möglichen Kiwu-Behandlungen, um diesem zur Durchsetzung zu verhelfen, gibt es meiner Ansicht nach nicht.

Bei Gisela Zeller gibt es dazu übrigens den Satz "Über das Leben wird verfügt, statt sich ihm zur Verfügung zu stellen." Das sehe ich durchaus auch als Gefahr. Ich sage natürlich nicht, dass alle, die Repromedizin in Anspruch nehmen, diese Haltung haben. Aber ich finde schon, dass sie in der Repromedizin eine Gefahr sein kann.

Das mit den höheren Erwartungen hab ich so gemeint, dass mir verschiedene Frauen gesagt haben, in KB-Zyklen war die Enttäuschung grösser, wenn es nicht geklappt hat, als ohne KB. Naja, man denkt ja, dass man grössere Chancen hat als ohne, sonst würde man eine Behandlung ja nicht machen. Also ist die Erwartung grösser.

Uff, für heute reichts.

LG

Mymla
Zuletzt geändert von Mymla04 am 24 Mär 2007 19:56, insgesamt 1-mal geändert.
Mymla04
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Beitrag von Mymla04 »

Mir ist doch noch etwas eingefallen :)
Zu dem was du über Einigkeit beim Kinderwunsch geschrieben hast. Habe überlegt- Neid auf die einmütigen Paare, ist das vielleicht mein Fall? Hm, ein bisschen könnte da schon dran sein. Anderseits bin ich auch ganz froh, dass mein Mann noch viiiel skeptischer als ich ist in Sachen KB. Das hilft mir, andere Wege zu suchen. Aber ich gebe schon zu, es ist nicht immer so harmonisch und einmütig bei uns.

Allerdings bin ich sicher, dass er keine Vorbehalte hat meinem Kinderwunsch gegenüber, und er hätte auch sehr gern ein gemeinsames Kind. Halt nicht um jeden Preis. Ich vielleicht eher um höhere Preise. Aber wer weiss, wenn er von Anfang an KB befürwortet hätte, wäre ich als Reaktion darauf vielleicht dann skeptischer gewesen.

Abgesehen davon scheint es ja auch nicht so selten Männer zu geben, die zwar ihre Frau soweit unterstützen in der Umsetzung ihres (hauptsächlichen) Kinderwunsches, indem sie zwar ihre Spermien pflichtgetreu liefern, sonst aber nicht wirklich von der Sache überzeugt sind. Auch bei KB muss der Kinderwunsch nicht zwangsläufig bei beiden gleich gross sein.

Noch etwas: du hast geschrieben
Gast hat geschrieben: Die Ja-Grundhaltung werde ich sicher nicht ablegen, das ist so ähnlich wie Menschen die grundsätzlich bereit wären einen Partner zu haben, auch wenn sie dann keinen auf Dauer finden – es gibt keinerlei Grund diese Grundhaltung in seiner Seele, oder seinem Herzen zu löschen. Eine solche Grundhaltung ist auch nicht einfach gleichzusetzen mit einem angeblich verbissenem Zwang, das zu bekommen.
Ja, find ich auch.

LG

Mymla
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Mymla,

.. meinte hier nicht dich, sondern Meinungsmacher, Politiker u.Organisationen die bioethische Meinungs-und Deutungshoheit exklusiv für sich reklamieren.

Mein Eintreten für freie Entscheidung Pro/Kontra Kinderwunsch natürlich oder mit KB ist eindeutig, daher keine Grundsatzdiskussion dazu, ( eher meine Befürwortung die Gesetze liberaler zu gestalten wäre da.)
Ebenso sehe ich Freiheit, für jeden, solche Behandlungen nicht zu machen, oder etwa nach Ursachen suchen zu müssen, all das gehört zu Menschen-Grundrechten wie Fortpflanzungsfreiheit und Selbstbestimmung.
„ Art. 2 Abs. 1 GG : Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“
dazu auch hier http://de.wikipedia.org/wiki/Selbstbestimmung
„Vorherrschen des Egoismus“ spüre ich real noch nicht ( eher rücksichtslosen Umgangsstil ) und auch bisher nicht die „ beliebige“ Auslegung der Grundrechte.

„ egoistischer Individualismus“ kenne ich eher als populistisches Schlagwort zur polit. Gesellschafts-Gruppenkritik - oft nicht stichhaltig.

„Vereinzelung“ sehe ich auch bei Jugendlichen, bei Arbeitslosen, chronisch Kranken,.. auch bei alten verwitweten Eltern, ..andere Aspekte wie Stadt, Land, soziale Gruppen.. nicht nur Kinderhaben, ob Kinder sich so oft kümmern (wollen und können)oder doch eher ..die polnische Aupair-Studentin.?

Nach Glück kann man doch nur streben, aber Zuständigkeit für Glück - gibt es das denn für Erwachsene ? Nein.
Glück und Leid sind schwer mess-oder kategorisierbar, daher verweise ich lieber auf den Denk-Ansatz mit der Chancengerechtigkeit, capability approach (von A. Sen u. M. Nussbaum)

Abwägen zwischen Nutzen u. Leid der KB ist sehr schwer.

Unindividuell betrachtet sehe ich eher ein leichtes Überwiegen des Positiven dieser Methode:
- wenige werden bei jedem Versuch sofort oder immer wieder neu Eltern
- viele erst nach beschwerlichem langen Weg,
- 50/60 % d. Paare ( 3/ 4 Versuche) bleiben aber letzlich kinderlos
- es gibt noch zu viele unglücklich endende Mehrlings-SS, eine Verursachung weiteren Leides- dann nicht nur für das Paar.( durch die Rechtslage in D leider hausgemacht)

„ Recht auf ein Kind “-Forderungen werden oft bewusst verdreht unterstellt, mir ist tatsächlich kein einziger Mensch bekannt, der dies ernsthaft irreal eingefordert hätte, ebenso wenig R. auf Glück, R. auf Gesundheit, völlig irreale Forderungen, wir haben ja nicht mal Recht auf Arbeit.. Daher haben wir ja (noch) Versicherungen zu alledem – zur Unterstützung gegen „Unglücke“ des Lebens - aber ohne Glücksgarantie.
„ sämtliche mögliche“ kann man finanziell bis bioethisch aber auch dann nur real begrenzt sehen,:
z.B finanziell wie beim österr. IVF-Fonds
ethisch eher wie liberalere europäische Nachbarländer mit Ein-Embryotransfer. ?

Gefahren und das Dammbruchargument
sind auch sehr beliebt, Warner und Mahner machen immer einen guten da nur besorgten Eindruck aber ob das einer Kritischen Prüfung der selbstlosen Absichten für „die gute Sache“ ..immer standhält ? 

Ich wünsche allen Kraft für ihre eigenen Entscheidungen und natürlich Glück dabei und besonders denen welche die Trauer runterzieht..

LG Anonyma
Gast

Beitrag von Gast »

@ Mymla, nochmal :oops:

Zum Neidverdacht, ich meinte die formale Einmütigkeit welche diese Paar-Prozedur ja zwingend voraussetzt, wie das nach aussen wirkt, nicht so sehr das, was dann bei Paaren dann real in allen Variationen passiert.

Ich habe da meine Phantasie über wertkonservative Spiesser- Feministinnen von denen sich ja jüngere selbst gleichberechtigte Frauen zunehmend abgrenzen.
Denen, die sich, enttäuscht und alleinerziehend durchs harte Leben kämpfen und denen sowas verdächtig erscheint, sowie das Kinderwünschen im Allgemeinen und von Männern sowieso nur patriarchal möglich sein kann - mein nicht ganz ernst gemeintes KLischee mit vermutlich doch wahrem Kern ? :P

LG Anonyma
Papagena
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Beitrag von Papagena »

Hallo,

ich finde eure Diskussion wirklich sehr interessant....
Mir ist nur aufgefallen, dass dieser Ordner ja eigentlich einen anderen Aufhänger hat. Mein erstes Posting hier wollte in erster Linie Randia dort abholen, wo sie momentan nunmal ist- in einer ganz tiefen Traurigkeit. Nun ist eine Diskussion entfacht, die sicherlich mit der Bewältigung dieser Trauer zu tun hat, für eine Person, die in einer solchen Situation steckt doch recht theoretisch und ausschweifend ist. Ich befürchte, dass sich Randia deshalb auch gar nicht mehr meldet, obwohl sie sich hier sicherlich über ihre Situation austauschen wollte....
Versteht mich nicht falsch, ich möchte euch nicht stoppen, andererseits wäre es schade, wenn jemand den Ordner für sich verschlossen empfände....

Liebe Grüße, Papagena
Antworten

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