Neuer Denkansatz zum Beginn des Menschseins

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rebella67
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Neuer Denkansatz zum Beginn des Menschseins

Beitrag von rebella67 »

Neuer Denkansatz zum Beginn des Menschseins

Der Schweizer Dominik Perler, Professor für Theoretische Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin und Träger des Leibniz-Preises der Deutschen Forschungsgemeinschaft ( eine der höchsten Ehren der deutschen Wissenschaft) macht das Menschsein von der dreidimensionalen Sprachfähigkeit abhängig.

Hier ein Auszug aus: ?Ontologie
Können Tiere denken? Haben sie einen Geist? Und was unterscheidet sie vom Menschen?? ( http://www.welt.de/data/2007/01/07/1168143.html ):



WELT.de: Was ist Sprache?

Perler: Ein Kommunikationssystem mit drei Dimensionen. Erstens ist da die Semantik. Man verfügt nur über eine Sprache, wenn man die Bedeutung von Sätzen und Wörtern versteht. Zweitens die Syntax. Das heißt, die einzelnen Bausteine müssen nach bestimmten Regeln zusammengestellt werden. Drittens die pragmatische Dimension. Wir setzen Sprache ein, um Fragen zu stellen, Wünsche zu äußern oder Befehle zu erteilen. Nur Lebewesen, die über Sprache in allen drei Dimensionen verfügen, sind tatsächlich Herren einer Sprache.

WELT.de: Und Tiere sind das nicht?

Perler: Nein. Nehmen wir ein Beispiel: Ein Vogel schreit, um sein Junges vor einem Eindringling zu warnen. Was geschieht da? Der Schrei hat einen pragmatischen Zweck - das Warnen. Großzügig ausgelegt gibt es auch eine semantische Dimension - verschiedene Signale werden für verschiedene Feinde eingesetzt. Was aber fehlt, ist die Syntax. Die Laute werden nicht zu Sätzen zusammengefügt; ohne Syntax gibt es aber keine Sprache.

WELT.de: Wirklich? Wale können sich über Tausende von Kilometern mit Gesängen verständigen, die wir bis heute nicht entschlüsselt haben.

Perler: Ihnen fehlen Systematizität und Produktivität: die Fähigkeit, aus einem Repertoire von Signalen etwas neu zusammenzusetzen.

WELT.de: Dann sprechen Sie aber auch Kleinkindern die Fähigkeit zum Sprechen ab, obwohl sie munter plappern.

Perler: Ganz im Gegenteil. Kleinkinder zeigen eindrucksvoll, was Sprechen bedeutet. Obwohl sie nur wenige Wörter beherrschen, können sie immer neue Sätze daraus bilden. Warum? Weil sie die einzelnen Laute nach syntaktischen Regeln neu kombinieren. Mindestens so etwas müsste man bei Tieren beobachten, um sie für sprechfähig zu halten. Aber Fehlanzeige. Walgesänge reichen nicht. Da wird nichts auf systematische Weise neu produziert.

WELT.de: Gibt es Tiere, die alle Voraussetzungen erfüllen, die Sie stellen?

Perler: Mir sind aus den empirischen Forschungen keine bekannt.

WELT.de: Sie können es aber nicht ausschließen.

Perler: Nein.

WELT.de: Dann bleibt die Frage ewig offen? So lange, bis jemand ein Tier findet, das semantisch, syntaktisch und pragmatisch kommuniziert?

Perler: Ja, aber bislang hat kein Tier in Experimenten Sprachfähigkeit bewiesen. Affen, die man vor eine Tastatur setzt, drücken zwar Knöpfe, aber meistens scheitern die Experimente an der Syntax. Alle dokumentierten Versuche zeigen das. Aber natürlich kann ich nicht ausschließen, dass irgendwann einmal ein Tier alle drei Bedingungen erfüllt.

WELT.de: Auch ein Menschenbaby würde diesen Affen-Test nicht bestehen. Sind Babys sprachuntaugliche Primaten?

Perler: Keineswegs, sie entwickeln sich ja. Die Fähigkeiten Erwachsener sind in ihnen angelegt. Menschenbabys sind im Vergleich zu Tierbabys im Rückstand. Sie können nicht laufen, sich nicht selbst ernähren, sie sind auf Hilfe angewiesen. Jedes Fohlen kann da mehr. Aber das Potenzial zur Sprache macht ein Menschenbaby einzigartig.

WELT.de: Wie definieren Sie den Menschen?

Perler: Viele Aspekte sind dabei zu berücksichtigen, doch ein wichtiges Definitionsmerkmal lautet: Ein Mensch ist ein Lebewesen mit dem Potenzial zum Sprechen.

WELT.de: Dann ist auch der Embryo schon ein Mensch; er hat das Potenzial zu sprechen. Abtreibung wäre Mord.

Perler: Ich kann als Philosoph nicht sagen, ab welcher Schwangerschaftswoche die Fähigkeit zum Sprechen im Menschen angelegt ist. Das muss man empirisch klären. Ich kenne nur die Frage, die es zu beantworten gilt: Ab wann ist die biologische Fähigkeit vorhanden? Zu diesem Zeitpunkt beginnt das Menschsein.
Liebe Grüße, Rebella
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