Datenaufbewahrung bei Samenspende ( Rückwirkend? )

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Moderator: RA Wagner

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Nina002
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Datenaufbewahrung bei Samenspende ( Rückwirkend? )

Beitrag von Nina002 »

Hallo Herr Wagner,

im Jahr 2003 und 2005 haben wir mithilfe der Heterologen Insemination zwei Kinder bekommen.

Aus Unwissenheit haben wir damals einen Arzt gewählt, der die Spenderdaten nur die vorgeschriebenen 10 Jahr aufbewahrt und danach vernichtet.

Seit dem neuen Gewebegesetz bewahrt auch dieser Arzt die Spenderdaten 30 Jahr lang auf und die Kinder haben somit die Möglichkeit ihren Erzeuger ausfindig zu machen.

Wir hatten bereits vor 2 Jahren mit dem Arzt nochmals Kontakt aufgenommen und darum geben die Daten doch länger zu hinterlegen als im Vertrag festgehalten wurde.

Er argumentierte aber damit, dass er selbst nicht weiß wer unser Spender war. Ist das überhaupt zulässig?

Wenn es nur eine Ausrede seitens des Arztes war und er weiß wer der Spender ist, kann man hier nachträglich noch etwas bewirken?

Vielen Dank,
Nina
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RA Wagner
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Heterologe Insemination, Aufbewahrungspflicht nach dem TPG

Beitrag von RA Wagner »

Hallo Nina002,

grundsätzlich kann es sein, dass wenn der Samenspenderarzt und der Befruchtungsarzt nicht in der gleichen Einrichtung tätig sind, der Befruchtungsarzt den Namen des Spenders nicht kennt. Dieses bedeutet jedoch nicht, dass der Spender nicht ermittelbar ist. Zur Wahrung der Anonymität wird nach meiner Kenntnis von der Samenbank und der Behandlungseinrichtung durch Pseudonymisierung eine Anonymisierung vorgenommen, d.h. der Name des Spenders wird durch einen Code ersetzt. Das Verhältnis zwischen Samenspenderarzt (Samenbank) und Befruchtungsarzt wird in einem Verantwortungsabgrenzungsvertrag (§ 9 Abs. 1 AMWHV) geregelt. Auch wenn der Arzt somit den Namen nicht kennt, müsste er über den Vertrag die Möglichkeit haben bei der Samenbank über den ihm bekannten Code den Namen des Spenders herauszubekommen.

Die Anonymität kann aufgehoben werden, wenn das Kind seinen genetischen Ursprung erfahren möchte und Auskunft verlangt Gemäß § 15 Abs. 2 Transplantationsgesetz (TPG) ist der Samenspenderarzt verpflichtet 30 Jahr lang die Spenderakte aufzubewahren.

Die gesetzliche Regelung über die 30-jährige Aufbewahrungspflicht wurde zwar erst im Jahr 2007 in das TPG eingeführt; gleichwohl ist eine Übergangsregelung der Regelung für mich nicht erkennbar, so dass ich die Regelung auch auf laufende Aufbewahrungen anwenden würde.

Ich würde mir daher von dem Arzt bestätigen lassen, dass wenn die Kinder die Auskunft nach dem Namen des Spenders wünschen, der Arzt den Namen über die Samenbank anfordern und eine entsprechende Auskunft erteilen wird.

Ihr RA Wagner
Die erteilte Auskunft kann eine Rechtsberatung unter Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht ersetzen. Es handelt sich somit nur um eine vorläufige erste Einschätzung. Für eine verbindliche Rechtsauskunft fragen Sie bitte hierzu einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl. Aktuelle Meldungen und Urteile (News) zum Kinderwunschrecht sowie zu meiner Person unter www.ra-kinderwunschrecht.de
Nina002
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Beitrag von Nina002 »

Hallo Herr Wagner,

vielen Dank für Ihre Antwort.

Der Arzt der die Insemination durchgeführt hat ist gleichzeitig der Leiter der Samenbank. Das kommt quasi alles aus einer Hand.

Es ist also generell nicht möglich die Behandlung so durchzuführen das tatsächlich niemand weißw er der Spender wirklich ist?

Er hat uns vor 2 Jahren etwas telefonisch mitgeteilt das er die Spenderdaten weder kennt noch das er sie länger als 10 Jahr aufbewahrt weil das Gesetz erst später geändert wurde.

Viele Grüße, Nina
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RA Wagner
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Heterologe Insemination, Dokumentationspflichten

Beitrag von RA Wagner »

Hallo Nina002,

das Transplantationsgesetz wurde zum 01. Juli 2007 aufgrund des Gewebegesetzes geändert. Erst seit diesem Zeitpunkt bestehen klare Dokumentation- und Aufbewahrungspflichten (§§ 13a, 15 TPG) mit dem Ziel dem Kind eine spätere Auskunft auf den Namen des Spenders zu ermöglichen.

Gleichwohl muss man aber beachten, dass mit der Gesetzesänderung die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes (Urteil vom 31.01.1989) umgesetzt wurden, wonach jeder aufgrund seines allgemeinen Persönlichkeitsrechtes ein Recht auf Kenntnis von der eigenen Abstammung hat. Auch die Musterrichtlinie zur Durchführung der assistierten Reproduktion der Bundesärztekammer aus dem Jahr 2006 sieht im Gliederungspunkt 5.3.3.2 eine Pflicht des behandelnden Arztes zur Dokumentation der Identität des Samenspenders vor.

Es ist somit fraglich, ob nicht auch schon vor der Gesetzesänderung eine Verpflichtung zur Dokumentation des Spenders zur späteren Identifizierung bestanden hat. In jedem Fall bestand auch vor der Gesetzesänderung eine Dokumentationspflicht von personenbedingten Daten im Transplantationsgesetz. Die Namen der Spender mussten dem Arzt somit bekannt gewesen sein.

Soweit sich der Arzt auf die Frist von 10 Jahren zur Aufbewahrung beruft, dann müssten die Samenspenden vor dem 01. Juli 1997 abgegeben worden sein. Aufgrund der Geburtsdaten Ihrer Kinder habe ich so meine Zweifel, ob die Spenden „so alt“ waren. Wären die Daten nach dem 01. Juli 2007 beim Arzt noch vorhanden gewesen, so hätte er den Namen der Spender zur Einhaltung der 30-Jahresfrist festhalten müssen. Die Antwort des Arztes kann ich somit nicht nachvollziehen.

Auch der Weg wie man eine Auskunft nach dem Namen des Spenders erlangen kann ist unklar. Die Einzelheiten zum Verfahren einer Auskunft eines Samenspenders sind bisher ungeklärt. Das TPG gibt hierzu keine Auskunft. Rechtsprechung hierzu ist mir nicht bekannt. Es ist somit hier viel ungeklärtes Neuland, so dass eine Überprüfung der Aussage des Arztes nicht einfach sein würde.

Ihr RA Wagner
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RA Wagner
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Auskunftsanspruch bei einer heterologen Insemination

Beitrag von RA Wagner »

Das Oberlandesgericht Hamm hat am heutigen Tag entschieden, dass ein aufgrund einer heterologen Insemination gezeugtes Kind einen Anspruch auf Auskunft gegenüber dem behandelnden Arzt hat, wer sein genetischer Vater ist. Das Gericht gibt damit Kindern, welche vor der Geltung des Transplantationsgesetze gezeugt wurden, die Möglichkeit zur Auskunft.

Weitere Einzelheiten zum Urteil: http://www.olg-hamm.nrw.de/behoerde/pre ... nation.pdf
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Nina002
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Beitrag von Nina002 »

Vielen Dank für Ihre Info.

Das aktuelle Urteil lässt uns hoffen doch noch eine Datenaufbewahrung erzielen zukönnen. Bisherige Kontaktversuche mit dem Arzt schlugen leider fehl.

Allerdings rennt uns die Zeit davon. Ich hätte noch eine Frage: Die 10 Jahresfrist der Datenaufbwahrung, wann beginn die? Mit Geburt des Kindes? Oder bereits mit erfolgreicher Zeugung?

Vielen Dank,
Nina
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RA Wagner
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Aufbewahrungspflicht nach dem TPG a.F.

Beitrag von RA Wagner »

Hallo Nina,

die Regelung der Frist von 10 Jahren des § 15 TPG (alte Fassung) ist nach meiner Auffasung so zu verstehen, dass eine Aufbewahrung ab der Gewinnung der Spende läuft. Möglicherweise sollten Sie den Arzt unter Hinweis auf das Urteil des OLG Hamm nochmals zur Auskunft auffordern.

Ihr RA Wagner
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