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Verfasst: 18 Mär 2015 10:57
von theia
Hallo Kosmee,

du klingst müde, verletzt und traurig. Du hast einige Verluste hinnehmen müssen.
Freundschaften und gesellschaftliche Integration, Aktivitäten.
Darin scheinst du gerade fest drin zu stecken.
Dein Wunsch: da wieder heraus - nur wie?

Ich kann dich sehr gut verstehen.
In dieser Lage erkenne ich mich wieder, denn so ging es mir ebenfalls.

Zwei Momente sind mir sehr deutlich vor Augen, die mir eine Antwort gaben auf die Frage:
wie geht es mir überhaupt? Das hatte ich in der Behandlung durchaus mal aus den Augen verloren.

Nach der zweiten ICSI hieß es aus der Praxis, dass ich erst nach deren Urlaub mit der 3. beginnen könne.
Das bedeutete, je nach Zyklus, das mindestens 6-8 Wochen ins Land gehen würden.
War es bisher so gewesen, dass es mir nie sschnell genug gehen konnte hatte ich plötzlich
ein Gefühl von "oh, Gott sei Dank. Pause".

Dann, lange nach der 3. ICSI bot sich eine berufliche Chance der Neuorientierung.
Ich wollte sie ergreifen, aber vom Partner kam der Einwand:
Was ist dann mit unserem Kinderwunsch?
Es brach förmlich aus mir heraus: ich will davon nichts mehr abhängig machen.

Beides war für mich überraschend, aber spontan kam ja heraus, wie ich mich in dieser
Mühle gefangen fühlte und danach sehnte eine Pause zu haben bzw. etwas für mich zu tun.

Du erkennst für dich die Trauer und vielleicht auch die Müdigkeit und leidest unter den
Einschränkungen. Meine Gedanken dazu sind, dass es dir jetzt helfen könnte zunächst
einmal etwas für dich zu tun und dich zu stabilisieren. Dein Selbstwertgefühl aufzumöbeln. Das kann so funktionieren:
Auf deine Talente zu schauen und ihnen nachzugehen.
Positive Aktivitäten aufnehmen, Bewegung, Mädchentage einlegen mit Badewanne und Gesichtspackung. Gönn dir etwas Schönes.
Kümmere dich erst um dich.
Bringt Schwung in eure Beziehung, macht ein Wellnesswochenende zu zweit.
Das soll sicher nicht den Effekt haben die Trauer weg zu drücken.
Mit der Traurigkeit leben, sie zulassen und dennoch die Freude zurück zu gewinnen,
die in vielen kleinen Dingen wohnt.
Nach all der Energie, die du in die Behandlung gesteckt hast und auch die, welche durch dein Umfeld
Verlust gemacht hast wäre jetzt "Auftanken" dran, hm?

So zumindest ging es mir und indem ich mir erstmal Erholung verordnet hatte und
Aktivitäten, denen ich ertsmal für mich und alleine nachging hat sich mein
Allgemeinzustand echt gebessert. Danach war ich auch wieder fähiger mich
in Gesellschaft unbefangener zu bewegen.

Das kann für dich ein Weg sein, muss aber natürlich nicht.
Ich lasse es dir als meine Erfahrung hier und du kannst es mitnehmen oder hier lassen,
ganz wie du denkst.

Viele Grüße
theia

Verfasst: 18 Mär 2015 11:03
von Gast
Entschuldigung dass ich mich hier einklinke ich kann mich sehr gut in deine Situation versetzen Ansatzpunkte habe aber auch ich leider nicht bin aber schon sehr gespannt auf die antwort der Pädagogin
@milet mit dem kleinen Kreis find ich nicht verkehrt aber was ist wenn selbst die Familie es nicht versteht? Zitat mein Papa ihr müsst nur mal den Kopf frei kriegen ihr seid ja noch jung und habt noch viel Zeit das kommt alles von allein ihr seid noch nicht bereit dazu.
Sowas kommt obwohl er über alles Bescheid weiss dass es niemals auf natürlichem weg bei uns klappen kann da mein mann sehr schlechtes sg hat und mein amh bei 0,6 liegt bei mir also nicht alle Zeit der Welt übrig ist.
Sorry für s ego posting das viel mir nur dazu ein.
Vielleicht sollte man sich Freunde suchen die ähnliches erleben oder erlebt haben???
Lg

Verfasst: 18 Mär 2015 11:12
von milhetmama
ratte1984 hat geschrieben:Entschuldigung dass ich mich hier einklinke ich kann mich sehr gut in deine Situation versetzen Ansatzpunkte habe aber auch ich leider nicht bin aber schon sehr gespannt auf die antwort der Pädagogin
@milet mit dem kleinen Kreis find ich nicht verkehrt aber was ist wenn selbst die Familie es nicht versteht? Zitat mein Papa ihr müsst nur mal den Kopf frei kriegen ihr seid ja noch jung und habt noch viel Zeit das kommt alles von allein ihr seid noch nicht bereit dazu.
Sowas kommt obwohl er über alles Bescheid weiss dass es niemals auf natürlichem weg bei uns klappen kann da mein mann sehr schlechtes sg hat und mein amh bei 0,6 liegt bei mir also nicht alle Zeit der Welt übrig ist.
Sorry für s ego posting das viel mir nur dazu ein.
Vielleicht sollte man sich Freunde suchen die ähnliches erleben oder erlebt haben???
Lg
Es stimmt. Vielleicht gerade NICHT die Familie dazu geeignet, zu diesem kreis zu gehören. Das weiß man nur selbst. Es kann eine tolle Kollegin, die Oma oder bester freund oder Freundin sein. Ich habe sogar KUNDEN, die damals schon zu diesem kreis gehörten.
Einfach Menschen, die einem gut tun.

Aber im umkreist und nicht im Forum. Im Forum sieht man nur ein teil von einem Menschen.

Ich meine auch nicht, dass diese Beispiel jedem hilft. Das ist nur MEINE Erfahrung, womit ich, hoffentlich, helfen kann...

Verfasst: 18 Mär 2015 11:42
von Kosmee
Liebe Milhetmama,

wir sind gar nicht so verschieden, und dennoch fühle ich mich seit einiger Zeit einsam. Ich beantworte mal deine Fragen:
milhetmama hat geschrieben: Ich frage dich: wissen eure freunde oder Familie, dass ihr auf medizinische Hilfe angewiesen seid? Oder sogar ezsp braucht?
Ja, das wissen sie. Ich war immer sehr offen damit, gebe aber zum aktuellen Stand der Behandlung zum ersten Mal keine Auskunft, was mir auch momentan gut tut. Ich sehne mich nach mehr Schutzraum und Intimität mit meinem Mann und möchte das zukünftige Ergebnis auch mal ganz allein (bzw. zu zweit) verdauen - ob nun positiv oder negativ.
milhetmama hat geschrieben: Mir hat es geholfen, über unseren unerfüllten Kinderwunsch offen zu reden, denn da kamen keine fragen mehr.
Ich habe das, wie gesagt, bis vor wenigen Wochen genauso praktiziert, allerdings schützt Wissen nicht unbedingt vor verletzenden Bemerkungen. Manchmal ist genau das Gegenteil der Fall ...
milhetmama hat geschrieben: [...] wenn eine Freundin wieder mal ss wurde, [...] Dann nehme ich aber extra mit ihnen kontakt auf, frage ich sogar über die ss, denn ich versuche mir immer wieder klar zu machen, dass die nicht ss sind, weil sie mir weh tun wollen...
Das habe ich auch oft so gemacht und das war eine Weile auch auch genau der richtige Weg, die Trauer hinterher muss aber dennoch verarbeitet werden, und seit mein Freundeskreis - bis auf eine Ausnahme - nur noch aus Familien besteht, habe ich das Gefühl mit der Bewältigung meiner Trauer nicht mehr hinterherzukommen, weil es eben im Kontakt niemals "nur mal fröhlich und entspannt" sein kann, sondern das Aua immer dabei ist - ob ich es nun jedesmal ausspreche oder nicht. Das ist ja möglicherweise auch für mein Gegenüber anstrengend.

Ich kann gut verstehen, dass jedes weitere Kind in deinem Umkreis wieder Traurigkeit auslöst!

Verfasst: 18 Mär 2015 12:06
von gruenegurke
Bei uns kamen immer 'Stellungstipps' *kotz*

Nach dem 3. negativ sagte ich meinem Mann, dass er es seinen Freunden sagen solle. Seitdem war Ruhe und ich konnte die Freundschaften wieder geniesen.

Zum Glueck gabs nie solche 'Entspannungstipps' hier, nur von der FA, die mich danach das letzte Mal gesehen hat.

Das offen damit umgehen, grad auch in der Familie hat mir sehr geholfen.

Verfasst: 18 Mär 2015 12:09
von free
milhetmama hat geschrieben: Dann nehme ich aber extra mit ihnen kontakt auf, frage ich sogar über die ss, denn ich versuche mir immer wieder klar zu machen, dass die nicht ss sind, weil sie mir weh tun wollen... und, ich versuche mich zu motivieren: vielleicht wird es noch bei mir
Lg
respekt milhetmama :prima: aus erfahrung weiß ich wie weh das aushalten dieser situationen tun kann.ich vermeide auch keine kontakte mehr und plaudere extra lange mit ss-bekannten.ich vermeide den schmerz nicht mehr und lerne ihn,zwar mit mäuseschritten,auszuhalten.so fange ich an den schmerz bewusster wahrzunehmen und ich fühle wieder und das macht mich lebendiger.ich kann leider nicht entgegengesetzt fühlen.das kann kein mensch.aber ich kann entgegengesetzt denken und handeln und irgendwie funktioniert das auch.danke für die offenen worte lg free

Verfasst: 18 Mär 2015 12:18
von Kosmee
Hallo Theia,

vielen Dank für deine Nachricht und deine Einschätzung aus der Vogelperspektive! Du hast mir viele gute Ideen unterbreitet, von denen ich einige auch bereits umsetze, und doch ist meine innere Gefühlslage gerade so, wie sie ist.
theia hat geschrieben: War es bisher so gewesen, dass es mir nie sschnell genug gehen konnte hatte ich plötzlich
ein Gefühl von "oh, Gott sei Dank. Pause".
Pausen machten wir auch. Körperlich habe ich ein sehr gutes Gespür für mich, wann ich Pausen brauche und wann es weitergehen kann, allerdings belastet mich, dass durch den langen Weg (plus Pausen) auch so viele andere Lebensbereiche brachliegen. Wir wissen nicht, wohin es geht. Ist es günstig in der Nähe der potenziellen Großeltern zu bleiben oder können wir uns überall in der Welt niederlassen, weil wir kinderlos bleiben? Weiter Teilzeit oder doch lieber wieder Vollzeit arbeiten? Mich mehr oder weniger in die Betreuung meiner demenzkranken (und sehr geliebten) Großmutter einbringen (deswegen die Teilzeit)? etc.
theia hat geschrieben: Auf deine Talente zu schauen und ihnen nachzugehen.
Positive Aktivitäten aufnehmen, Bewegung, Mädchentage einlegen mit Badewanne und Gesichtspackung. Gönn dir etwas Schönes.
Kümmere dich erst um dich.
Bringt Schwung in eure Beziehung, macht ein Wellnesswochenende zu zweit.
Meine Talente setze ich um: Ich habe während den Jahren des Kinderwunsches ein Buch zu einem völlig anderen Thema geschrieben und auch im letzten Herbst veröffentlicht. Ich male, ich mache Sport, gehe zum Friseur. Wir haben zum Glück auch wieder begonnen Tagesausflüge zu unternehmen, etc. Natürlich hilft das alles, mich über Wasser zu halten, und dennoch bleibt da dieses Gefühl, wegen welchem ich mich an Frau Schwekusch gewandt habe. Außerdem ist vieles auch eine finanzielle Frage. Parallel zur Auslandsbehandlung noch Urlaub zu machen, tut im Geldbeutel schon ganz schön weh ...
theia hat geschrieben: Mit der Traurigkeit leben, sie zulassen und dennoch die Freude zurück zu gewinnen,
die in vielen kleinen Dingen wohnt.
Genau das ist mein Wunsch. Ich werde das auch schaffen. Und weil ich das will, suche ich nach Hilfe!
theia hat geschrieben: So zumindest ging es mir und indem ich mir erstmal Erholung verordnet hatte und
Aktivitäten, denen ich ertsmal für mich und alleine nachging hat sich mein
Allgemeinzustand echt gebessert. Danach war ich auch wieder fähiger mich
in Gesellschaft unbefangener zu bewegen.
Allein unternommene Aktivitäten "okay" zu finden, das fällt mir mitunter nicht ganz leicht, obwohl sie häufig sehr entspannend sind, das ist auch meine Erfahrung! Das wäre möglicherweise noch ausbaufähig und nehme ich auf jeden Fall mit! Danke dafür!

Ein bisschen erschwerend kommt sicherlich zur Problematik der Kinderlosigkeit noch das Kümmern um meine Großmutter hinzu. Ich verbringe viele Stunden der Woche bei ihr, was neben der KiWu-Behandlung manchmal echt haarig ist. Ich versuche mich da schon, soweit es vertretbar ist, etwas zurückzunehmen, doch ihr Zustand wird immer schlimmer und Zurücknehmen daher auch schwieriger. Sowohl ungewollte Kinderlosigkeit als auch Altenpflege/-begleitung sind zwei Lebensthemen, die häufig Isolation nach sich ziehen, einfach weil auch manchmal die Kraft für anderes fehlt.

Ich fürchte, meine Antworten klingen ein bisschen nach "Hast ja Recht, ABER ...!" Und ein bisschen ist es vielleicht auch so. Ich bin eher ein aktiver Mensch, bringe mich ein, mache mir meine Gedanken, setze mich auseinander, nur an dieser Stelle finde ich es schwer, eine dauerhafte Lösung zu finden. Vielleicht wird sie sich auch erst dann so richtig ergeben, wenn der Kinderwunschweg zu Ende gegangen ist - unabhängig vom Ausgang. Zumindest weiß ich dann, woran ich im Leben bin und kann mir realistische Gedanken machen, was ich mit meinem Leben anfange. Im Moment fühle ich mich eher als Zaungast der Familien meines Umfeldes, ohne dass mein eigenes Leben wirklich vorangeht. Ganz langsam kann ich mir vorstellen, wie es den Menschen geht, die an den Punkt kommen, zu sagen: "Es bricht mir das Herz, kinderlos zu bleiben, aber ich bin auch froh, dass die Behandlungen zu Ende sind."

Danke, dass du deine / ihr eure Erfahrungen mit mir geteilt hast / habt!

Ich werde die vielen Antworten hier weiterhin sacken lassen!

Herzliche Grüße in die Runde!

Verfasst: 18 Mär 2015 14:50
von Macchiata
Hallo,
Ich war auch 5 Jahre in der Situation, und in der Zeit habe ich gelernt, egoistischer zu werden und auch "nein" zu sagen. Ich habe mich von Dingen und Menschen "befreit", die mir nicht gut taten.
Heute, genau 8 Jahre später und mit "Erfolg " habe ich keinen dieser Befreiungsschläge bedauert.

Wenn ich damals schon in einer traurigen und manchmal auswegslosen Situation war, so wollte ich, dass ich trotzdem mich und meinen Körper gut behandele. Indem ich alle Sachen, die mich störten, eliminierte.
Klinigt krass. Aber es war für mich richtig.

Alles Liebe für Dich!!!!

Verfasst: 18 Mär 2015 16:28
von theia
Hallo Kosmee,

ja, aber...Warum auch nicht? Nur du kennst ja deine Lebenssituation.

Weißt du - Trauer/Traurigkeit ist vielleicht schlicht schwer tragbar. Ob nun für dich
oder für das Umfeld. Aber: warum bewerten?
Für manch einen ist es befremdlich, dass mir noch heute, jahre später, die Tränen kommen,
wenn ich an meine verstorbene kleine Schwester denken muss oder über sie spreche.

Ich denke, dass wir KiWu-Paare Eltern sind, die Kinder betrauern, die nie geboren wurden.
Das ist für Nicht-Betroffene vielleicht schwer nachvollziehbar, aber so denke ich.
Für uns fehlt das Ritual der Beisetzung (wie bei meiner Schwester, wo ich es als
tröstlich empfand und auch ihr Grab aufzusuchen).
Daher kann ich sehr gut nachvollziehen, wenn du sagst: vielleicht braucht es erst das
Ende der Behandlungen, um einen Abschluss zu finden.

Doch ich glaube, dass die Trauerigkeit bleibt, sie sich aber in das Leben integrieren lässt.
Ebenso, wie der Tod eines Familienmitgliedes auch.

Ich wünsche dir sehr, dass du für dich brauchbare Tipps erhalten wirst, wie du das bewerkstelligen
kannst.

Viele Grüße
theia

PS:
Was mir noch einfällt: im Hier und Jetzt planen.
Wenn es heute richtig ist umzuziehen - dann tu es.
Wenn es heute gut ist ein Tier anzuschaffen - machen.
Heute, rückblickend, würde ich (außer natürlich finanziell bei geplanten weiteren Behandlungen)
solche Schritte nicht mehr von der KiWu-Behandlung abhängig machen.

Verfasst: 18 Mär 2015 18:07
von rebella67
Nur kurz, liebe Kosmee: Vielleicht gelingt es euch, Freunde zu finden, denen es ähnlich geht? Die auch trotz vieler Versuche bisher kinderlos geblieben sind? Eventuell findest du diese sogar hier im Forum. Oder im Nachbarforum. Oder über eine Selbsthilfegruppe in eurer Nähe.

Da wäre dann Freundschaft und Verständnis. ...