Artikel aus "Die Welt" vom 01.07.2004

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Gurke
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Artikel aus "Die Welt" vom 01.07.2004

Beitrag von Gurke »

Ein Embryo ist genug bei einer künstlichen Befruchtung
Mehrlingsschwangerschaften sind vermeidbar
Berlin - Kinderlose Paare versuchen oft jahrelang und vergeblich, Nachwuchs zu zeugen. Die künstliche Befruchtung ist dann der letzte Ausweg, den in Deutschland heute rund 60 000 Menschen jährlich wählen. Doch das Bangen fängt dann erst richtig an: Nisten sich die eingepflanzten Embryonen tatsächlich ein, sind sie gesund und - wie viele Kinder wachsen heran? Bislang pflanzen Ärzte den Betroffenen häufig mehrere Embryonen ein, um die Chancen einer Schwangerschaft zu erhöhen. In mehr als jedem dritten Fall kommt es anschließend in Deutschland zu Mehrlingsgeburten; die Risiken für Mutter und Kinder und auch die psychische Belastung sind dadurch weitaus höher. Verpflanzen Mediziner aber nur einen Embryo in den Mutterleib, so entsteht fast genauso häufig eine intakte Schwangerschaft. Das hat eine skandinavische Forschergruppe um die Schwedin Ann Thurin von der Universität Göteborg jetzt herausgefunden - ihre Ergebnisse stellten die Wissenschaftler jetzt auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Reproduktion und Embryologie in Berlin vor.

661 Frauen aus Norwegen, Dänemark und Schweden nahmen an der Studie teil; einer Hälfte von ihnen wurden zwei, der anderen nur ein Embryo implantiert. Die Raten der Schwangerschaften lagen in der ersten Gruppe bei 43,5 Prozent, in der zweiten bei 39,7 Prozent, aber in dieser Gruppe konnte das Risiko von Mehrlingsschwangerschaften deutlich gesenkt werden. In Schweden ist es seit 2003 nur noch erlaubt, einen Embryo zu verpflanzen - seltene Ausnahmen werden gemacht, wenn die Frauen älter als 39 Jahre sind oder schon mehrere fehlgeschlagene Befruchtungsversuche hinter sich haben.

Ein solcher "Single-Embryo-Transfer" ist in Deutschland nicht vorgeschrieben: "Hier zu Lande werden bis zu drei Embryonen verpflanzt, die Anzahl ist abhängig vom Alter der Patientin und ihren Wünschen", sagt Michael Zitzmann vom Institut für Reproduktionsmedizin in Münster. Werden dann Zwillinge oder Drillinge geboren, so kommen diese im Durchschnitt fünf oder neun Wochen zu früh auf die Welt. "Die intensivmedizinische Versorgung einer Frühgeburt kostet bis zu 80 000 Euro", rechnet Klaus Diedrich, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) vor. "Die jährlichen Gesamtkosten für Frühgeburten übersteigen deutlich die Kosten für künstliche Befruchtungen, die bei etwa 500 Millionen im Jahr liegen." Seit Januar 2004 muss ein deutsches Paar die Hälfte der Kosten einer künstlichen Befruchtung selbst tragen. Zu Schweden bestehen noch weitere rechtliche Unterschiede: "Die Auswahl des richtigen Embryos ist für den Erfolg wichtig", erklärt Ann Thurin. Damit setzt sie eine Präimplantationsdiagnostik voraus. Embryonen aber zu kultivieren, ihre Zellen zu begutachten und dann den auszuwählen, der die größten Chancen zur Einnistung hat, ist in Deutschland nicht erlaubt.

Eine Arbeitsgruppe der DGGG feilt bereits an einer eigenen Initiative: Die Wissenschaftler wollen das überholungsbedürftige, 13 Jahre alte Embryonenschutzgesetz dem Fortschritt anpassen. "Wir möchten alles tun, um Mehrlingsschwangerschaften durch die In-vitro-Fertilisation zu verhindern", so Klaus Diedrich. "Das schaffen wir nur, wenn wir die Embryonen auswählen dürfen, die wir in die Gebärmutter einpflanzen."

Zu klären bliebe dann die umstrittene Frage, was mit den überzähligen Embryonen geschehen soll. "Die befruchtete Eizelle gehört den Eltern. Sie sollen entscheiden, ob ein tiefgefrorener Embryo verworfen wird, wenn sie keine weiteren Kinder wollen", meint Diedrich. Für Forschungszwecke dürfen diese Zellen in Deutschland nicht verwendet werden.




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Quelle: Die Welt - 01.07.2004 - von Heike Jänz

zitiert von www.adoption.de
Liebe Grüße
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Danke Daniela. Ich freue mich über die daraus hervorgehende Zahl: 80.000 Euro für die intensivmedizinische Versorgung einer Frühgeburt. Natürlich freue ich mich nicht darüber, daß es so teuer ist, aber wir haben hier vor einiger Zeit darüber spekuliert, wie teuer das wohl ist und konnten keine Zahlen finden. Hinzu kommen weitere Folgekosten für Frühgeburten im Laufe ihres Lebens, die weiterhin offen sind.

Liebe Grüße, Rebella
Liebe Grüße, Rebella
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Gurke
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Beitrag von Gurke »

Hallo Rebella,

ist eigentlich irgendwas über Ansätze seitens unserer Regierung bekannt das Embryonenschutzgesetz mal zu lockern?
Ich finde es unglaublich wie rückständig wir in diesem Bereich sind, aber mit der Meinung stehe ich wohl nicht allein da. :wink:
Liebe Grüße
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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

hi rebella,

na, noch nicht im netz? :wink: habe die frage wg. kosten von frühchen mal in meiner praxis gestellt, als wir dort das arthürchen vorgestellt haben. :lol: dort wurde mir gesagt, man solle mal im klinikum steglitz anrufen. die haben dort die einzige station für ganz frühe frühchen in berlin und müssten so etwas wissen. hab es aber nicht geschafft, vielleicht wär das ja was für dich. die 80.000 EUR kommen mir sehr extrem vor, das betrifft vielleicht nur ganz extreme frühchen? es zählt ja alles als frühgeburt, was vor der 37 ssw kommt, da wird der durchschnitt doch wohl anders liegen, weil ab der 34. ssw geborene kinder ja eventuell sogar ganz schnell entlassen werden, wenn alles ok ist.

gruß

mondschaf
Mit zwei Jungs geboren 2004 und 2007

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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Hi Mondschaf - so früh, um 20:52 - da fange ich immer erst so allmählich an, das erste Kind ins Bett zu bringen. Was Du glaubst? Danke für Deinen Vorschlag mit dem Klinikum Steglitz. Den werde ich wohl in das nächste Jahr verschieben müssen.

Daniela - nein, es ist von Seiten der Regierung keine Rede von einer Lockerung., So ziemlich alle stellen sich dagegen. Es war mal die Rede davon, daß es ein Fortpflanzungsmedizingesetz geben soll, aber so richtig interessiert es dort auch keinen. Ich hoffe auf den Erfolg der Initiative des DGGG.

Liebe Grüße, Rebella
Liebe Grüße, Rebella
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Ruxi
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Beitrag von Ruxi »

Hallo Mädels,

Alles gut und schön was ihr da schreibt, aber ich kann es doch nicht verstehen wieso man so garantiert ein Kind aus einem Embryo bekommen kann.
Dann mußten ja alle Frauen schwnager werden durch IVF/ICSI.
Auch PID kann keine Garantie geben, das Embryo nistet sich ein, auch wenn er ganz gut ist.
Wieso sind die Schweden so sicher und bekommen solche ähnliche Ergebnisse?
Ich glaube nicht daran. Es sind so viele Frauen die auch nicht mit 5-8 Versuche schaffen mit 3 Embryos und dann sollen die nur mit einen schaffen.
Es kann nicht wahr sein.

Fohe Weihnachten,
Ruxi
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Hi Ruxi,

ich hoffe, Ihr hattet frohe Weihnachten! Es ist doch nicht gesagt worden, daß es garantiert ist. Lies mal bitte genauer. Die Erfolgsraten sind ähnlich hoch, aber das Mehrlingsrisiko ist eingedämmt. Außerdem ist gar nicht die Rede von PID, sondern lediglich von augenscheinlicher Selektion am 2. oder 3. Tag.

Gruß, Rebella
Liebe Grüße, Rebella
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