Wie können Drillingsschwangerschaften nach IVF vermieden werden?
Ergebnisse aus dem 15. Jahrestreffen der Europäischen Gesellschaft für Menschliche Reproduktion und Embryologie im Juni 1999 in Tours
Wenig mehr als 10% aller befruchteten Eizellen werden in der Natur zu Kindern. Altersabhängig zeigen schon bis zu 50% der heranreifenden Eizellen genetische Defekte, viele dieser Eizellen können nicht befruchtet werden. Von den befruchteten Eizellen entwickeln sich ca. 50% bis zur Blastozyste, von diesen kann sich nur ca. die Hälfte in der Gebärmutter einnisten. Von diesen frühen Schwangerschaften gehen nochmals ca. 30% zugrunde.
In der Natur entsteht somit Qualität (das lebensfähige Kind) aus Quantität (Vielzahl von Samenzellen, Eizellen, befruchteten Eizellen, Embryonen, Frühschwangerschaften). Die Natur selektiert die meisten genetisch nicht normalen oder nicht entwicklungsfähigen Embryonen in jedem Stadium ihrer Entwicklung.
Um die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft zu erhöhen, werden der Mutter nach IVF/ICSI mehrere (in Deutschland maximal drei, s.u.) Embryonen rückübertragen. Leider ist dadurch die Wahrscheinlichkeit von Mehrlingsschwangerschaften ebenfalls erhöht. Höhergradige Mehrlingsschwangerschaften gehen mit vielen Komplikationsmöglichkeiten für Mutter und Kinder einher und sind daher unerwünscht.
Die generelle Frage lautet also: Wie ist eine maximale Geburtenrate pro Embryotransfer bei gleichzeitiger Vermeidung von Drillingsschwangerschaften zu erzielen?
Die Antwort scheint einfach: indem weniger als drei Embryonen transferiert werden.
Um zu einer Schwangerschaft zu führen, müssen diese Embryonen aber von hoher Qualität sein.
Die Schwierigkeit besteht darin, diese qualitativ hochwertigen Embryonen zu bestimmen. Hierzu bieten sich generell mehrere Methoden (Morphologische Beurteilung von Vorkernstadien, Präkonzeptionsdiagnostik, Präimplantationsdiagnostik, Blastozystenkultur) allein oder in Kombination an.
Von diesen Methoden können in Deutschland auf Grund des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) nur die Beurteilung der Vorkernstadien und mit Vorbehalt die Präkonzeptionsdiagnostik genutzt werden.
Laut Embryonenschutzgesetz (ESchG) dürfen maximal drei Eizellen befruchtet (Befruchtung = Verschmelzen des weiblichen und männlichen Vorkerns 16-20 Stunden nach Eindringen des Spermiums in die Eizelle) und in die Gebärmutter rückübertragen werden. Es dürfen auch nur so viele Eizellen befruchtet werden, wie in derselben Behandlung rückübertragen werden sollen. Will man zur Vermeidung einer Drillingsschwangerschaft nur zwei Embryonen rückübertragen, dürfen auch nur zwei Eizellen zur Befruchtung gelangen, die anderen müssen vernichtet oder eingefroren werden. Das bedeutet, daß bereits im Vorkernstadium die Eizellen ausgewählt werden müssen, die zur Befruchtung gelangen sollen.
Von Scott und Smith (USA) wurden Kriterien für die morphologische Beurteilung von Eizellen im Vorkernstadium vorgeschlagen. Die Zuverlässigkeit dieser Kriterien ist jedoch nicht belegt. Ferner ist das Hauptkriterium, nämlich die frühe Teilung zum 2-Zell-Embryo, in Deutschland nicht anwendbar.
Unter Anwendung der verbleibenden Kriterien konnte Ludwig (Deutschland) zeigen, daß insbesondere bei Patienten über 35 Jahre die Rate bestehender Schwangerschaften nach dem Transfer von zwei Embryonen, die im Vorkernstadium ausgewählt worden waren, vermindert war.
Unabhängig von ihrem äußeren Erscheinungsbild sind 42% der Eizellen im Vorkernstadium genetisch defekt und können sich nicht zu einem gesunden Kind entwickeln (Verlinsky, USA). Bei der Präkonzeptionsdiagnostik nutzt man die Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung (FISH) und überprüft anhand der Chromosomenverteilung in den Polkörperchen indirekt den Chromosomenbestand der Eizelle im Vorkernstadium. So kann man Eizellen mit einwandfreiem Chromosomensatz zur Befruchtung kommen lassen.
Mit Hilfe der Präimplantationsdiagnostik, d.h. der genetischen Untersuchung des Embryos vor Transfer auf Erbkrankheiten können Embryonen mit genetischen Fehlern erkannt und ausgewählt werden. Während ein solcher Embryo im Ausland nicht in die Mutter rückübertragen würde, müßte dies in Deutschland nach dem ESchG geschehen! Der weiterentwickelte Embryo darf dann einige Wochen später gesetzeskonform abgetrieben werden! Dies läßt Präimplantationsdiagnostik in Deutschland nicht sinnvoll erscheinen.
Bei der Blastozystenkultur werden die befruchteten Eizellen/Embryonen 5 Tage kultiviert und entwickeln sich während dieser Zeit zur Blastozyste. Statistisch entwickeln sich aber nur 25-44% (Plachot, Frankreich und Bongso, Singapore) der befruchteten Eizellen zu Blastozysten. Die Einnistungschance einer ausgewählten Blastozyste ist 3-4mal höher als die einer im Vorkernstadium ausgewählten Eizelle. Plachot konnte zeigen, daß nur 51% der Blastozysten zwei Tage vorher, im 8-Zell-Stadium ausgewählt worden wären!
Nach Plachot (Frankreich) und Bongso (Singapore) liegt die Schwangerschaftsrate nach Blastozystenkultur bei ca. 50%. Dabei konnte die Entstehung von Drillingen durch den Transfer von meist nur zwei Blastozysten komplett vermieden werden.
Zum Vergleich: die Schwangerschaftsrate nach IVF/ICSI liegt in Deutschland im Durchschnitt aller IVF-Gruppen bei 17% pro Embryotransfer bei einer Drillingsrate von 3% (prospektives Deutsches IVF-Register, 1997).
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Drillingsschwangerschaften
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