ungerecht

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Ungerecht

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Beitrag von Ungerecht »

Hab am wochenende bekannte getroffen das sie sich umoperieren lässt zahlt alles
Krankenkasse.
Wieso zahlt krankenkasse nicht künstliche befrüchtung ist doch alles ungerecht...
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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

du meinst eine geschlechtsumwandlung?

ich finde es fragwürdig, leistungen da aufzurechnen.
wahrscheinlich können wir uns ebenso wenig vorstellen, wie man sich fühlt, wenn man mit seinem geschlecht zutiefst unglücklich ist, wie manche unseren kinderwunsch und das damit verbundene warten und leiden nicht nachvollziehen können.
da finde ich schon eher fragwürdig, wieso die krankenkassen durch selbstverschuldete krankheiten wie folgen von alkoholmissbrauch oder rauchen oder unfälle durch extremsportarten aufkommen.

andererseits wird sich ein 100% gerechtes system nicht realisieren lassen, zumal jeder andere vorstellungen davon hat, was gerecht ist. muss man erst rauchen, um ungesund zu leben oder ist man ggf. schon selbstverschuldet krank, wenn man nicht jeden tag obst und dafür zuviel schokolade isst? wo soll man die grenzen ziehen?

ich würde eher anders argumentieren: wenn die politiker den geburtenrückgang beklagen und aus diesem grund das elterngeld eingeführt wurde: warum dann nicht auch die kb zu 100% übernehmen?
beim elterngeld ist noch nicht einmal klar, ob es die gewünschten erfolge bringt. ich finde es auch zweifelhaft, wenn das elterngeld die ausschlaggebende motivation für ein paar wär, schwanger zu werden. kein glücklicher start für ein kind!
übernähmen die krankenkassen oder meinetwegen auch der staat die kosten für die künstliche befruchtung zu 100% wäre eine bereits im voraus ziemlich sicher festzulegende anzahl geburten gesichert.

gruß

mondschaf
Mit zwei Jungs geboren 2004 und 2007

„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“ – J. W. von Goethe

„Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es (zu) dir - für immer.“ - Konfuzius

*** Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. ***
ernüchtert

Beitrag von ernüchtert »

@ ungerecht,

die Geschlechtsumwandlung wird bezahlt, weil dieser Störung mehr Krankheitswert zugesprochen wird, und das für die ungewollte Unfruchtbarkeit als Störung aus unerklärlichen Gründen einfach nicht akzeptiert wird.
Beim Recht auf Gesundheitsleistungen geht es nicht um Arbeitnehmer oder Bevölkerungszahlen..
Geburtenratenerhöhung für die Politik oder Verhinderung von Reprotechniken aus politischen Gründen um bösen Forschern das Handwerk zu legen..- alles soll auf dem Rücken einzelner Menschen und Paare ausgetragen werden - lehne ich ab.
und daher KB nur für Leute, die genügend Geld zuzahlen können ?

schau mal hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Transsexua ... _Krankheit

Vielleicht tröstet dich ja der Artikel in der neuen Brigitte, denn es geht vielen so mies mit dem gesellschaftlichen und auch gesetzgeberischen Umgang mit Behandlung der Unfruchtbarkeit und auch endgültig unerfüllbarem Kinderwunsch.
Ich wollte immer ein Kind


Mehr als jedes zehnte Paar in Deutschland wünscht sich vergeblich ein Kind. In Erscheinung treten diese Menschen nicht: Sie halten ihr Schicksal geheim, aus Scham, denn wer redet schon offen über seine Fruchtbarkeit? Diese Männer und Frauen stecken in einem Dilemma: Als Kinderlose zieht man sie öffentlich zur Verantwortung, finanziell wie moralisch. Mit ihrem Kummer dagegen bleiben sie allein. Geschichten aus einer Parallelwelt.

Unterwegs im Land der Baby-Sehnsucht

Kinderlose sind an allem schuld. Findet die Politik. Wie ist es da, ungewollt kinderlos zu sein? Ein Report:
http://www.brigitte.de/frau/familie/dos ... index.html
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Da ich gerade eine Bekanntschaft mit einer transsexuellen Frau geshlossen habe und von ihren Berichten sehr bewegt bin, möchte ich hier mal einiges klar stellen. Es wird keine Geschlechtsumwandlung bezahlt, sondern nur eine Geschlechtsangleichung. Das heißt, es geht hier nur um äußere Merkmale (sichtbare Geschlechtsorgane). Eine Umwandlung ist leider nicht möglich, weil dann ja die transsexuellen Frauen z.B. auch innen alle weiblichen Organe haben müßten und Kinder bekommen könnten. Die Frau, mit der ich jetzt Kontakt habe, leidet z.B. sehr darunter, dass sie keine Kinder bekommen kann. Wir telefonierten und sie weinte dabei. ...
Äußere Merkmale werden auch nur bei Veränderungen an den Geschlechtsorganen bezahlt. Manch Transsexuelle(r) würde z.B. viel besser mit einer OP an den Stimmbändern oder im Gesicht, Haaransatz, ... usw. zurecht kommen. Einfach nur, um nicht mehr in der U-Bahn zusammengeschlagen zu werden, weil man die Transsexualität meist sieht. Aber da wird eben auch nicht gezahlt.

Ich möchte wirklich nicht mit diesen Menschen tauschen müssen. Auch deshalb, weil sie immer noch so diskriminiert werden. ...
Liebe Grüße, Rebella
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Was ich noch vergessen habe. Transsexuelle möchten verständlicherweise gern einen Namen tragen, der ihrem gefühlten Geschlecht entspricht. Und den bekommen sie nur, wenn sie die OP an den Geschlechtsteilen haben machen lassen. Wie man sieht, liegt da gesetzlich noch viel mehr als bei uns im Argen. Sozusagen handelt es sich hier in einigen Fällen um eine Art Zwangs-OP (mit einer anschließenden Selbstmordrate von 50%!).
Liebe Grüße, Rebella
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Gast

Beitrag von Gast »

gibt es eigentlich auch frauen die sich umoperieren lassen oder dieses vorhaben?
hab noch nie was von einer zum mann operierten frau gehört.
schon klar, wir können uns in männerklamotten werfen ohne schief angesehen
zu werden. aber ist es das allein?

ich finde es im übrigen sehr tapfer wie sich die "transen" ihren weg suchen und
denke mir das dies wirklich nicht einfach ist.
die 50 prozent halte ich dagegen wirklich für übertrieben, wo kommt denn so eine
zahl her? und selbst wenn, wäre diese quote ohne geschlechtsumwandlung (bzw
geschlechtsangleichung wie hier wahrscheinlich jemand haarspalterisch drauf rumreitet)
nicht noch höher?

warum zahlt die kk die kosten eines lungenkrebses beim raucher? könnte man genauso
fragen.oder warum die kosten des schienbeinbruchs beim fussballer/skifahrer?
selbst die kosten eines missglückten suizidversuchs werden anstandslos übernommen.

ich schlage vor: die transen haben es schwer genug, wettern wir doch einfach über
Raucher, fussballer, skifahrer, selbstmörder.
ernüchtert

Beitrag von ernüchtert »

Wenn ungerecht über Ungerechtigkeit spricht, wettert sie m.E. gegen niemanden sondern, stellte sich ja nur die Frage der Kassenleistung, die ja auf Anerkennung einer Behandlungswürdigkeit beruht.


Wenn ich mir die Unwissenheit und Blödheit unserer lieben Mitmenschen (inklusive Journalisten )bezüglich der künstlichen Befruchtung, bezüglich des Begriffes Embryo anschaue, die völlig ideologische Überzeichnung der ganzen Sache, dann finde ich Unwissen über eine seltene Störung wie Transsexualität nicht weiter schlimm.

Hier werden jedenfalls von krankheit betroffene Paare zu Nutzern von Lifestylemedizin degradiert - paradoxerweise bezuschusst man dann die so verachteten Paare, deren Anliegen man anscheinend nur wegen der Zeugung von Humankapital für die Demographie befürwortet, das wäre aber dann für mich eher Züchtung und keine individuelle Gesundheitsleistung.

Und das besonders, weil man Humankapital aus besseren gebildeteten Schichten, lieber nicht von Kreti und Pleti will, steuert man das über die Zuzahlung, als Zeugungssubvention - mit Medizin hat das sicher nichts mehr zu tun, sondern mit fragwürdiger Bevölkerungspolitik bei einer großen Gruppe unfruchtbarer Menschen, was die Zahlen und aktuelle Geburtenraten dazu klar belegen.

Nur noch erschreckend, wie man hier mit der krankheitsbedingten Unfruchtbarkeit und Kinderlosen Menschen umgeht.
Es gibt überhaupt keinen Grund den Wert Reproduktiver Gesundheit, der ja für die autonome Entscheidungen oder Familienplanungs-Wünsche für oder gegen Kinder steht, derart zu übergehen.
"in Belgien konnte die Zahl der Mehrlingsschwangerschaften durch das so genannte "belgische Rückerstattungsmodell" deutlich gesenkt werden. Bei dieser Variante werden die ersten beiden IVF-Versuche bei Frauen unter 37 Jahren mit nur einem Embryo unternommen, alle anderen erhalten zwei Embryonen. Dass durch die Verringerung der Mehrlingsquote auf wenige Prozentpunkte gesparte Geld fließt direkt in die Finanzierung der reproduktionsmedizinischen Verfahren. Bis zu sechs Zyklen pro Paar werden übernommen."
http://newsletter.doccheck.com/generato ... 5f469928c5



über Gerechtigkeit und den Bezug zu den " zentralen menschlichen funktionalen Kompetenzen" gibt es einen Artikel bei der SPD Punkt III, wer mag kann ja vergleichen wie unsere Realpolitik bezüglich kinderloser/unfruchtbarer Menschen dazu aussieht:
"..2. Körperliche Gesundheit.Die Möglichkeit zu einer guten Gesundheit besitzen, einschließlich Fortpflanzungsgesundheit [reproductive health]...
..3. Körperliche Unversehrtheit. eine Auswahl hinsichtlich der Fortpflanzung [in matters of reproduction] treffen zu können.
7. Zugehörigkeit [affiliation]..B. Die sozialen Hintergründe der Selbstachtung und Nicht-Erniedrigung besitzen; die Gelegenheit haben, als eine würdige Person behandelt zu werden, deren Wert mit anderen gleich ist. Dies schließt Vorkehrungen der Nicht-Diskrimination auf der Basis von Rasse, Geschlecht, sexueller Orientierung, ethnischer Zugehörigkeit, gesellschaftlichem Rang, Religion und religiöser Herkunft ein."
http://www.kulturforen.de/servlet/PB/me ... index.html


Interessantes Faktum aus der Politik!
Es waren die Grünen, die tatsächlich im Bundestag im Zusammenhang mit dem neuen Eschgesetz ein völliges Verbot der KB in einem Entschliessungsantrag forderten.

steht in der Festschrift 1986-2006 des gen-ethischen Netzwerkes:
" ..Neue politische Koalitionen
Im Unterschied zu den üblichen Frontstellungen beim §218 zeichneten sich bei diesem Gesetzgebungsverfahren jedoch ganz neue politische Koalitionen ab. Damals formierte sich das uns heute in bioethischen Fragen geläufige Bündnis zwischen Konservativen und Grünen(...)
Am Ende stellten sich die Grünen dann doch gegen den Regierungsentwurf, was aber wohl eher politisch-taktische Gründe hatte und teilweise auf die damals bei den Grünen noch einflussreichere feministische Kritik am Embryonenschutzgesetz als reinem Strafgesetz zurückging. Dass der nachgeschobene grüne Entschließungsantrag, die gesamte Embryonenforschung und künstliche Befruchtung zu verbieten, scheiterte, hatte, wie wir mittlerweile wissen, nachhaltige Folgen. Wäre der Antrag durchgekommen, müssten wir uns ­ zumindest in der Bundesrepublik - heute weder mit Stammzellforschung, Klontechniken oder Präimplantationsdiagnostiken (PID) herumschlagen. "
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gi ... nker151461
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Knuddelteufel
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Beitrag von Knuddelteufel »

Hallo ungerecht,

mir geht es auch ähnlich und vielen tausend anderen geht es genauso - vieles können wir nicht verstehen :evil: und nachvollziehen, leider.

Mondschaf spricht mir vieles aus der Seele.

Ich werde nie und nimmer verstehen können, wie jemand die Behandlung kostenlos bekommt, obwohl derjenige selbst verschuldet in eine Krankheit geraten ist wie z.B. Alkohol (besinnungslos saufen), starkes Rauchen oder gar durch gefährliche Sport zum Unfall... :-?

Tjaaaa...
Liebs Grüßle von Conny
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

@Gast: Die Geschlechtsangleichung von Frau zu Mann ist wohl noch nicht in dem Sinne möglich. Etwas dranmodellieren ist ja auch schwerer, als einfach was weg machen.

Die 50% nannte mir die Frau, die als Betroffene in dem Bereich recht engagiert ist und viel weiß. Sie sagt, viele Betroffene erwarten einfach zu viel von dieser OP. Als Nichtbetroffene spekulieren, was für diese Menschen schwerer ist, dafür halte ich mich nicht für fähig. Ich denke, uns fehlt da das Einfühlungsvermögen. Wir können das einfach nur respektieren.

@Knuddelteufel:

Du schreibst: "Ich werde nie und nimmer verstehen können, wie jemand die Behandlung kostenlos bekommt, obwohl derjenige selbst verschuldet in eine Krankheit geraten ist wie z.B. Alkohol (besinnungslos saufen), starkes Rauchen oder gar durch gefährliche Sport zum Unfall..." - Ich werde das auch nie verstehen können ...
Liebe Grüße, Rebella
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Gast

Beitrag von Gast »

ich werde nie verstehen wie Ihr anstatt von
selbst mit zuverantworten
völlig zu verantworten
im Sinne humanen Denkens menschliche Schwächen einbeziehend

...das Problem Eigenverantwortung gegenüber sozialstaatlicher Solidarität vereinfacht und unter dem

religiös hochmoralischen oder allenfalls aus dem Strafrecht bekannten Begriffsbildungen wie

Schuld, schuldig, selbstverschuldet abhakt.

Nach dieser Denke müssten auch selbst" verschuldete" Unfruchtbarkeit von schicksalhafter getrennt werden. Wer keine Kondome benutzt und sich Chlamydien einfängt welche zu Eileiterverschluss führen können, wer aufgrund hohen Übergewichts Hormonstörungen hat, wer sich zu spät Kinder wünscht, obwohl, er in jüngeren Jahren fruchtbar gewesen wäre etc..

Die unterstellte Monokausalität ( eine Ursache ein Wirkung) Fehlverhalten -> Krankheit gibt es so gar nicht, weil wir alle schon von Geburt an, unterschiedliche Neigungen, Schwachpunkte (genetische Dispositionen) haben etc..
Ab-Urteilen ohne jegliche Trennschärfe u. Differenzierung ist fast immer inhuman und KK/Solidargemeinschaft sind nicht da um Schuldige zu bestrafen , sondern um zu helfen, selbst den Unvernünftigen die aber auch Mitmenschen sind.
SGB V - Gesetzliche Krankenversicherung –
§ 1 Solidarität und Eigenverantwortung

Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern.
Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewußte Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Die Krankenkassen haben den Versicherten dabei durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken.
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