Zeitung: AOK BW übernimmt 75%, auch für lesbische Paare

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Moderator: RA Wagner

RA Wagner
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Zusatzleistungen in der GKV

Beitrag von RA Wagner »

Hallo Rebella,

juristischer Aufhänger für die Zusatzleistungen ist § 11 Abs. 6 SGB V. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Krankenkassen müssen durch satzungsmäßige Bestimmungen ausgeübt werden, in denen Art, Dauer und Umfang der Leistungen festgelegt sind. Die Möglichkeit Zusatzleistungen in die Satzung aufzunehmen werden insoweit begrenzt, als dass vom G-BA ausgeschlossene Leistungen nicht angeboten werden dürfen. Im Übrigen ist das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) maßgebend, das aber nur dann verletzt wird, wenn die angebotenen Leistungen unwirksam sind.

Bei der IVF / ICSI handelt es sich um eine anerkannte Kassenleistung, so dass nach meiner Auffassung die AOK Baden-Württemberg in zulässiger Weise von ihrer Berechtigung zur Gewährung von Zusatzleistungen Gebrauch gemacht hat.

RA Wagner
Die erteilte Auskunft kann eine Rechtsberatung unter Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht ersetzen. Es handelt sich somit nur um eine vorläufige erste Einschätzung. Für eine verbindliche Rechtsauskunft fragen Sie bitte hierzu einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl. Aktuelle Meldungen und Urteile (News) zum Kinderwunschrecht sowie zu meiner Person unter www.ra-kinderwunschrecht.de
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Lieber RA Wagner,

das verstehe ich nicht ganz: "Die Möglichkeit Zusatzleistungen in die Satzung aufzunehmen werden insoweit begrenzt, als dass vom G-BA ausgeschlossene Leistungen nicht angeboten werden dürfen."

Was heißt G-BA?

Und wenn Leistungen bei Befruchtungen mit fremden Gameten mit dem §27 SGB V ausgeschlossen werden, also auch IVF/ ICSI mit fremden Gameten, warum ist das dann trotzdem in zulässiger Weise?

Sorry, dass ich noch mal bohre. ...
Liebe Grüße, Rebella
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den0802
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Beitrag von den0802 »

Zur Erklärung G-BA:
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für etwa 70 Millionen Versicherte. Der G-BA legt fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der GKV erstattet werden. Rechtsgrundlage für die Arbeit des G-BA ist das fünfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V).
RA Wagner
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Zusatzleistung IVF/ICSI

Beitrag von RA Wagner »

Hallo Rebella,

neue Untersuchungsmethoden müssen vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) als Kassenleistung förmlich bestätigt werden (§ 135 SGB V). Die Leistungen der IVF und ICSI sind vom G-BA als Kassenleistung anerkannt. Dass nunmehr die AOK BW diese Kassenleistungen auch an eingetragene Lebenspartnerschaften als Zusatzleistung gewährt, ändert an der Art der Leistung nichts. Vielmehr wird nur der Kreis der Berechtigten erweitert.

Nachteil von Zusatzleistungen ist, dass die Krankenkasse (bei Änderung der wirtschaftlichen Lage) ihre Satzung auch wieder ändern kann. Ein dauerhafter Anspruch der Kinderwunschpaare als Kassenleistung ist somit nicht gesichert, was bei einer Änderung des § 27a SGB V gegeben wäre.

RA Wagner
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Danke, RA Wagner und den0802.

Im §27a SGB V heißt es u.a.

"(1) Die Leistungen der Krankenbehandlung umfassen auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, wenn

3. die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sind,
4. ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden"

Die Satzungsregelung der AOK BW setzt nun aber etwas außer Kraft, was der Gemeinsame Bundesausschuss ausgeschlossen hat. Eine KÜ erfolgt auch, wenn eine Lebenspartnerschaft besteht. Dazu schreibt mir auch die AOK BW jetzt:

"Wir leiten die Berechtigung für unser Satzungsregelung aus der bekannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz mit der Ehe ab."

Gleichzeitig wird aber auch 4. außer Kraft gesetzt. Und zwar nur dann, wenn es um "gleichgeschlechtliche weibliche Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz" geht, jedoch nicht, wenn es um verschiedengeschlechtliche Lebenspartnerschaften geht.

Ich meine, mit dieser Begründung müssten nun doch auch verschiedengeschlechtliche Partnerschaften begünstigt werden können. ...


Sehen Sie nun aufgrund dieses Schrittes auch eine Hoffnung für verschiedengeschlechtliche Partnerschaften mit unfruchtbarem Mann, RA Wagner?
Liebe Grüße, Rebella
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Ich habe jetzt von der AOK BW Folgendes zur Antwort bekommen:

"Wir leiten die Berechtigung für unser Satzungsregelung aus der bekannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz mit der Ehe ab."

und

"§ 11 Abs. 6 SGB V als Grundlage für die Satzungsregelung gibt den Krankenkassen einen Spielraum, den die AOK Baden-Württemberg mit der Ihnen bekannten Regelung genutzt hat."


In dem besagten Paragrafen steht:

"(6) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität .... vorsehen. Die Satzung muss insbesondere die Art, die Dauer und den Umfang der Leistung bestimmen; sie hat hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln. Die zusätzlichen Leistungen sind von den Krankenkassen in ihrer Rechnungslegung gesondert auszuweisen."


Wo stehen denn die vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossenen Leistungen?
Liebe Grüße, Rebella
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den0802
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Beitrag von den0802 »

Die hab ich auch schon gesucht und nicht gefunden :?:
RA Wagner
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Kassenleistungen

Beitrag von RA Wagner »

Der Gemeinsamen Bundesausschuss prüft auf Antrag eine neue Behandlungsmethode und lässt sie gegebenenfalls zu (§ 135 SGB V). Somit gibt es keine Liste der nichtzugelassenen Methoden. Die IVF oder ICSI sind vom G-BA bereits zugelassen und damit eine Kassenleistung.

RA Wagner
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Herzlichen Dank, RA Wagner!

Das heißt, es geht hier immer nur um Methoden und nie um Berechtigungsgruppen. Das ist fair.
Liebe Grüße, Rebella
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RA Wagner
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Zusatzleistungen von Krankenkassen

Beitrag von RA Wagner »

Hallo Rebella,

die von mir vertretene Rechtsauffassung (Beschränkung der Leistungen und nicht des Kreises der Berechtigten) wird offensichtlich auch von der AOK BW geteilt.

Im Rahmen der Zulassung der Zusatzleistungen durch die BKK VBU (Leistungen für Paare ohne Trauschein) hat diese bisher nicht die Genehmigung für die Satzungsänderung gemäß § 195 SGB V erhalten, vgl. https://www.meine-krankenkasse.de/metan ... paare.html Es muss somit auch eine entgegenstehende Rechtsauffassung geben, die sich an "dem System" § 27a SGB V orientiert. Eine Begründung für die Ablehnung der Satzungsänderung der BKK VBU ist mir jedoch nicht bekannt. Ich kann daher auch nur vermuten, welche abweichende Rechtsauffassung die Aufsichtsbehörde in Berlin vertritt.

RA Wagner
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