Nicht zu empfehlen: "Spenderkinder" von Oelsner/ L
Verfasst: 29 Feb 2016 18:22
Das o.g. Buch ist letzte Woche herausgekommen und nicht zu empfehlen.
Damit ihr hier einen kleinen Eindruck bekommt, kopiere ich meine Rezension, die ich auch bei Amazoneingestellt habe. Ich freue mich, wenn ihr meine Rezension gut findet und diese sowie die anderen Rezensionen zu diesem Buch bei Amazon bewertet.
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Das Buch wurde geschrieben, um „zum gelingenden Dialog zwischen jenen Eltern und Kindern beizutragen, die dank “künstlicher“ Zeugung bereits Familie wurden. Diesem Ziel wird das Buch in keiner Weise gerecht, da es die Eltern 1.000-fach vor den Kopf stößt. Denn wer als „allgemein farbloser Vater“ oder „Mutter mit obzessivem Kinderwunsch“ betitelt wird, die in einer „vom Fortschrittsglauben besessenen Gesellschaft“ einer „Illusion der Machbarkeit“ unterliegen, „Sperma aus dem Katalog“ kaufen, „gemietete Gebärmütter“ nutzen, um unter „Banalisierung und Kommerzialisierung“ auf dem „Wachstumsmarkt der Reproduktionsmedizin“ „synthetische Babys“ zu zeugen und später ihr „Kind als Objekt“ zu betrachten, kann das Buch einfach nicht ernst nehmen. Das hätten die Autoren, die immerhin Psychotherapeut und Psychologe sind, eigentlich wissen sollen.
Doch ganz abgesehen von solchen Begriffen – es geht einiges durcheinander in diesem Buch, das sich hauptsächlich mit erwachsenen Kindern, die mittels einer Samenspende gezeugt wurden, auseinandersetzt. Zwar wissen die Autoren nicht viel zum Thema Reproduktionsmedizin allgemein, donogener Insemination bei alleinstehenden Frauen, Eizellspende, Embryonenspende und Leihmutterschaft, sie kennen auch weder Eltern noch Kinder, die mithilfe eines dieser Verfahren Familie geworden sind, aber diese Begriffe eigenen sich gut zum Polemisieren. Dafür werden sie auch ausgiebig und immer wieder benutzt. Zahlen aus den verschiedenen Sachgebieten werden durcheinandergeworfen, Quellenangaben teilweise vermieden, Horrorszeniaren entwickelt („Verschwinden des Vaterbildes“), Extrembeispiele werden herangezogen (die 60-jährige Bankerin, Karrierefrau mit Kinderwunsch) und statt Fakten erfährt man etwas über eine „zu vermutende Gefühlslage“.
Nicht belegte Behauptungen werden als Tatsachen hingestellt. So „schadet“ bereits allein die abweichende genetische Abstammung nach Auffassung der Autoren auf Dauer einer Beziehung anstatt dass sie evt. „schaden könnte“ und die sozialen Väter sind eh alles Deppen und impotent. Wohlgemerkt wurden für die Recherchen zu diesem Buch weder Väter noch Mütter interviewt, obwohl es ein Leichtes gewesen wäre, dieses zu tun.
Man stößt auch immer wieder auf Widersprüche. Einerseits wird in den Erfahrungsberichten von Spenderkindern dokumentiert, wie schwierig es werden kann, wenn Eltern und Kinder allzu verschieden sind, andererseits wird vorgeschlagen, anstelle durch eine Samenspende Eltern zu werden, halbwüchsige Flüchtlingskinder zu adoptieren. Dann wiederum wird kritisiert, wenn die zukünftigen Eltern den Spender zur Abstimmung mit ihren eigenen Eigenschaften aus einem „Katalog“ aussuchen. Es wird behauptet, die Paare wollten sich einen „Menschen programmieren“. An anderer Stelle jedoch ist wahrzunehmen, in welcher Weise die Autoren selber Programmoptimierung vorschlagen, nämlich durch eine optimale Steuerung vorgeburtlicher Entwicklungseinflüsse, die sie bereits dadurch gestört sehen, dass die Eltern um die Austragung eines Spenderkindes wissen.
Herr Oelsner und Herr Lehmkuhl, anscheinend selbst etwas von gestern, da sie noch nicht wahrgenommen haben, dass zumindest ein Teil unserer Ärzte und Samenbanken bereits sehr im Sinne der zukünftigen Kinder agieren und dass auch ein großer Teil der Eltern heute offener geworden ist, werfen Eltern und Ärzten ganz pauschalisierend vor, in Überzeugungen der 70-er Jahre zu verharren und schwärmen ganz nebenbei von Kriegs- und Krisenzeiten, in denen ungewollt kinderlose Paare noch „ein Heer von verwaisten Kindern versorgt“ haben oder von den Zeiten als konfessionsübergreifende Partnerschaften noch „Mischehen“ genannt wurden und Homosexualität unter Strafe stand.
Die Auswahl der Interviewten ist sehr einseitig. Es wurden ausschließlich Mitglieder des Vereins „Spenderkinder“ befragt, dem etwa nur 1 Tausendstel aller in Deutschland lebenden Menschen angehören, die durch donogene Insemination gezeugt wurden. Es liegt in der Natur der Sache, dass man sich gerade dann, wenn man sich besonders betroffen fühlt, auch besonders engagiert. So geben die gezeichneten Elternfiguren mit ihrer hohen Trennungsrate vielleicht kein Bild über die 100.000 anderen Elternpaare ab.
Eine vertane Chance. Ein gut recherchiertes Buch zum Thema Samenspende wäre nämlich überfällig. Auch haben zukünftige Eltern durchaus ein Interesse daran, Geschichten erwachsener „Spenderkinder“ zu lesen und daraus Vorlagen für ihre eigenen Entscheidungen abzuleiten. Nur – welche Eltern, die sich durch die ersten 70 Seiten dieses Buches gequält haben, können noch zwischen konstruktiven Hinweisen und Manipulierungen unterscheiden?
Damit ihr hier einen kleinen Eindruck bekommt, kopiere ich meine Rezension, die ich auch bei Amazoneingestellt habe. Ich freue mich, wenn ihr meine Rezension gut findet und diese sowie die anderen Rezensionen zu diesem Buch bei Amazon bewertet.
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Das Buch wurde geschrieben, um „zum gelingenden Dialog zwischen jenen Eltern und Kindern beizutragen, die dank “künstlicher“ Zeugung bereits Familie wurden. Diesem Ziel wird das Buch in keiner Weise gerecht, da es die Eltern 1.000-fach vor den Kopf stößt. Denn wer als „allgemein farbloser Vater“ oder „Mutter mit obzessivem Kinderwunsch“ betitelt wird, die in einer „vom Fortschrittsglauben besessenen Gesellschaft“ einer „Illusion der Machbarkeit“ unterliegen, „Sperma aus dem Katalog“ kaufen, „gemietete Gebärmütter“ nutzen, um unter „Banalisierung und Kommerzialisierung“ auf dem „Wachstumsmarkt der Reproduktionsmedizin“ „synthetische Babys“ zu zeugen und später ihr „Kind als Objekt“ zu betrachten, kann das Buch einfach nicht ernst nehmen. Das hätten die Autoren, die immerhin Psychotherapeut und Psychologe sind, eigentlich wissen sollen.
Doch ganz abgesehen von solchen Begriffen – es geht einiges durcheinander in diesem Buch, das sich hauptsächlich mit erwachsenen Kindern, die mittels einer Samenspende gezeugt wurden, auseinandersetzt. Zwar wissen die Autoren nicht viel zum Thema Reproduktionsmedizin allgemein, donogener Insemination bei alleinstehenden Frauen, Eizellspende, Embryonenspende und Leihmutterschaft, sie kennen auch weder Eltern noch Kinder, die mithilfe eines dieser Verfahren Familie geworden sind, aber diese Begriffe eigenen sich gut zum Polemisieren. Dafür werden sie auch ausgiebig und immer wieder benutzt. Zahlen aus den verschiedenen Sachgebieten werden durcheinandergeworfen, Quellenangaben teilweise vermieden, Horrorszeniaren entwickelt („Verschwinden des Vaterbildes“), Extrembeispiele werden herangezogen (die 60-jährige Bankerin, Karrierefrau mit Kinderwunsch) und statt Fakten erfährt man etwas über eine „zu vermutende Gefühlslage“.
Nicht belegte Behauptungen werden als Tatsachen hingestellt. So „schadet“ bereits allein die abweichende genetische Abstammung nach Auffassung der Autoren auf Dauer einer Beziehung anstatt dass sie evt. „schaden könnte“ und die sozialen Väter sind eh alles Deppen und impotent. Wohlgemerkt wurden für die Recherchen zu diesem Buch weder Väter noch Mütter interviewt, obwohl es ein Leichtes gewesen wäre, dieses zu tun.
Man stößt auch immer wieder auf Widersprüche. Einerseits wird in den Erfahrungsberichten von Spenderkindern dokumentiert, wie schwierig es werden kann, wenn Eltern und Kinder allzu verschieden sind, andererseits wird vorgeschlagen, anstelle durch eine Samenspende Eltern zu werden, halbwüchsige Flüchtlingskinder zu adoptieren. Dann wiederum wird kritisiert, wenn die zukünftigen Eltern den Spender zur Abstimmung mit ihren eigenen Eigenschaften aus einem „Katalog“ aussuchen. Es wird behauptet, die Paare wollten sich einen „Menschen programmieren“. An anderer Stelle jedoch ist wahrzunehmen, in welcher Weise die Autoren selber Programmoptimierung vorschlagen, nämlich durch eine optimale Steuerung vorgeburtlicher Entwicklungseinflüsse, die sie bereits dadurch gestört sehen, dass die Eltern um die Austragung eines Spenderkindes wissen.
Herr Oelsner und Herr Lehmkuhl, anscheinend selbst etwas von gestern, da sie noch nicht wahrgenommen haben, dass zumindest ein Teil unserer Ärzte und Samenbanken bereits sehr im Sinne der zukünftigen Kinder agieren und dass auch ein großer Teil der Eltern heute offener geworden ist, werfen Eltern und Ärzten ganz pauschalisierend vor, in Überzeugungen der 70-er Jahre zu verharren und schwärmen ganz nebenbei von Kriegs- und Krisenzeiten, in denen ungewollt kinderlose Paare noch „ein Heer von verwaisten Kindern versorgt“ haben oder von den Zeiten als konfessionsübergreifende Partnerschaften noch „Mischehen“ genannt wurden und Homosexualität unter Strafe stand.
Die Auswahl der Interviewten ist sehr einseitig. Es wurden ausschließlich Mitglieder des Vereins „Spenderkinder“ befragt, dem etwa nur 1 Tausendstel aller in Deutschland lebenden Menschen angehören, die durch donogene Insemination gezeugt wurden. Es liegt in der Natur der Sache, dass man sich gerade dann, wenn man sich besonders betroffen fühlt, auch besonders engagiert. So geben die gezeichneten Elternfiguren mit ihrer hohen Trennungsrate vielleicht kein Bild über die 100.000 anderen Elternpaare ab.
Eine vertane Chance. Ein gut recherchiertes Buch zum Thema Samenspende wäre nämlich überfällig. Auch haben zukünftige Eltern durchaus ein Interesse daran, Geschichten erwachsener „Spenderkinder“ zu lesen und daraus Vorlagen für ihre eigenen Entscheidungen abzuleiten. Nur – welche Eltern, die sich durch die ersten 70 Seiten dieses Buches gequält haben, können noch zwischen konstruktiven Hinweisen und Manipulierungen unterscheiden?