Forschung an adulten Stammzellen kann problematisch sein

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Chrischn
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Forschung an adulten Stammzellen kann problematisch sein

Beitrag von Chrischn »

01.03.2002

Haben sich die Gemüter nach der Debatte um den Import menschlicher embryonaler Stammzellen wieder beruhigt? Mitnichten. Nach dem Grundsatzbeschluß des Bundestages Ende Januar, den Import embryonaler Stammzellen unter bestimmten strengen Voraussetzungen zu genehmigen, geht der Streit erst richtig los. Wie hoch sollen die Hürden sein, die es Forschern erlauben, die begehrten Zellen zu bekommen? Das soll nun gesetzlich festgelegt werden.

Wie der Gesetzentwurf vorsieht, der gestern vom Bundestag an die Ausschüsse verwiesen worden ist, dürften die Forscher nur Stammzellinien importieren, die vor dem ersten Januar 2002 hergestellt worden sind. Der Grund: Man will damit verhindern, daß weitere Embryonen extra für die Forschung in Deutschland sterben müssen.

Einige Forscher sehen in dieser Stichtagsregelung aber einen Hemmschuh: Wenn es in einigen Jahren geeignetere Stammzellinien gibt, dürfen deutsche Forscher nicht damit arbeiten und haben das Nachsehen, so die Befürchtung.

Kommission will nur Importe etablierter Zellinien gestatten

Der Enquete-Kommission für Medizin-Ethik des Bundestages geht aber die Regelung noch nicht weit genug: Sie hat den Bundestag aufgefordert, nur den Import bereits etablierter Zellinien zuzulassen.

Schon der Bundestag hatte am 30. Januar beschlossen, daß Forscher bei uns keine eigenen Stammzellinien aus importierten Stammzellen herstellen dürfen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) jedoch will das Gesetz lockern: Zu langwierig, zu streng und zu bürokratisch, sei es, so die DFG.

Doch selbst wenn sich der Bundestag schnell auf eine gesetzliche Importregelung einigt, ist erst wenig im Umgang mit embryonalen Stammzellen geklärt. "Der Import embryonaler Stammzellen ist ein Randproblem", betonte Privatdozent Dr. Hans-Georg Koch beim Ethik-Tag am Universitätsklinikum Freiburg. Der Jurist vom Max-Planck-Institut für Internationales Recht in Freiburg will eine breiter angelegte Regelung.

Zellen von Erwachsenen wären nach dem Gesetz Embryonen, wenn man sie totipotent macht.

Als Grund nennt Koch etwa die Forschung an adulten Stammzellen. Diese gilt nach wie vor als ethisch unproblematisch. Forscher arbeiten jedoch daran, solche Zellen erwachsener Menschen wieder in einen embryonalen Zustand zu versetzen, um daraus immunkompatibles Gewebe für Spender zu züchten. Falls dies eines Tages gelingt, wären Stammzellen aus Embryonen ebenso überflüssig wie therapeutisches Klonen.

Das Problem: In Deutschland dürfte man auch mit solchen Zellen nicht arbeiten. Denn nach dem Embryonenschutzgesetz von 1991 wären auch Zellen von erwachsenen Menschen Embryonen, wenn es gelungen ist, sie totipotent zu machen. Denn dort wird definiert, was ein Embryo ist: die befruchtete menschliche Eizelle von der Kernverschmelzung an, sowie totipotente Zellen. Als totipotent gelten Zellen, die sich zu einem kompletten Organismus entwickeln können.

Noch verfügen bei Menschen nur Embryonen bis zum Acht-Zell-Stadium über diese Eigenschaft. Da sich dies in Zukunft ändern kann, plädiert Koch dafür, Embryonen nicht weiter gesetzlich über die Totipotenz zu definieren.

Es sei ein Fehler gewesen, die Definition des Embryos in das Gesetz hineinzuschreiben, gab der frühere Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag, Wolfgang Schäuble (CDU), auf der Tagung zu. "Warum soll gerade der Gesetzgeber das tun?", fragte Schäuble. "Beim Transplantationsgesetz waren wir klüger, dort haben wir nicht gesagt, der Hirntod ist das Ende des Menschen." Vielmehr habe man sich darauf beschränkt, zu bestimmen, was mit der Feststellung des Hirntodes getan werden darf.

"Im Bundestag wurde jetzt aber wieder leidenschaftlich darüber diskutiert, ob man bessere Ergebnisse mit der Forschung an adulten Stamzellen oder an embryonalen Stamzellen erzielt. Ich bin sicher, daß die Abgeordneten des Bundestages in dieser Frage völlig irrelevant sind", bemerkte Schäuble. "Das läßt sich nicht gesetzgeberisch regeln."

Doch immerhin sei mit dem Bundestagsbeschluß ein Kompromiß gefunden worden. Die Diskussion sei nicht zu Ende. "Die nächste spannende Debatte geht um die Präimplantationsdiagnostik", so Schäuble. Am Dienstag hat die Enquete-Kommision ihr Votum bereits verkündet: Sie empfiehlt ein Verbot der PID.

Regeln für den Import

Nach dem gestern beratenen Gesetzentwurf sollen nur menschliche embryonale Stammzellinien importiert werden dürfen, die vor dem 1. Januar 2002 hergestellt worden sind. Damit bliebe die Arbeit der Forscher auf etwa 85 Zellinien beschränkt. Eine Ethikkommission mit Naturwissenschaftlern und Theologen muß dem Import zustimmen und eine Kontrollbehörde soll den Import überwachen. Vorgesehen dafür sind das Robert-Koch-Institut sowie das Paul-Ehrlich-Institut. Wer ohne Genehmigungen menschliche embryonale Stammzellen einführt, kann mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden.
Viele Grüße
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** 11.07.2021 - klein-putz ist schon 20 Jahre alt! **
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