Meist liegen erworbene Störungen vor / Mit Hilfe der modernen Reproduktionsmedizin kann vielen Paaren mit Kinderwunsch geholfen werden
Der unerfüllte Wunsch nach einem Kind beschäftigt mehr Menschen in Deutschland, als allgemein angenommen wird. 15 Prozent aller Paare im zeugungsfähigen Alter suchen mindestens einmal in ihrem Leben professionelle Hilfe auf. "Die meisten kriegen glücklicherweise ihre Kinder", sagt Professor Walter Krause, Androloge an der Philipps-Universität Marburg.
Bei etwa jedem dritten Paar mit unerfülltem Kinderwunsch müssen Ärzte mehr oder weniger stark nachhelfen. Welche Möglichkeiten die moderne Reproduktionsmedizin dabei bietet, darüber wird heute hier auf der Medica in Düsseldorf berichtet. Probleme mit dem Kinderkriegen sind keineswegs nur Frauensache. Die Ursachen seien etwa gleich auf Mann und Frau verteilt, so Krause, der die Veranstaltung zur Reproduktionsmedizin leiten wird.
Überdurchschnittlich häufig, nämlich bei jedem fünften betroffenen Paar, liegen sogar bei beiden Partnern gleichzeitig Störungen vor.
Ermittlung der Ursache ist entscheidend für die Therapie
Was sind die Gründe für unerfüllten Kinderwunsch? Die Ermittlung der Ursache ist entscheidend für eine wirksame Therapie. Mediziner gehen dann von einer Unfruchtbarkeit aus, wenn sich bei regelmäßigem Geschlechtsverkehr (ohne Verhütung selbstverständlich) innerhalb eines Jahres keine Schwangerschaft einstellt. Erbliche Ursachen sind eher die Ausnahme, meist liegen erworbene Störungen vor.
Zu wenig normale und gut bewegliche Spermien verursachen beim Mann am häufigsten Fruchtbarkeitsstörungen. Das kann an einer Mumps-Erkrankung in der Kindheit liegen, an Hormonstörungen oder auch an Krampfadern im Hoden (Varikozele). Weitere Ursachen sind Infektionen der Geschlechtsorgane oder Hodenhochstand.
Um das herauszufinden, gehören außer der körperlichen Untersuchung auch Hormonwert-Bestimmungen und die Ultraschall-Untersuchung der Geschlechtsorgane zur diagnostischen Routine. Mit einer Computer-assistierten Samenanalyse, wobei mit Videokameras sowie speziellen, an die Mikroskope angeschlossenen Computern gearbeitet wird, können mit großer Präzision Zahl, Beweglichkeit und Gestalt der Samenzellen sowie weitere Spezialparameter bestimmt werden. "50 Prozent der Infertilitäts-Ursachen beim Mann sind allerdings unklar", so Krause.
Bei den Frauen häufig hormonelle Störungen
Bei der Frau stehen meist hormonelle Fehlfunktionen der Eierstöcke als Ursache der Unfruchtbarkeit im Vordergrund. Die Reifung der Eizellen ist dann gestört. Weitere Ursachen sind Veränderungen der Gebärmutter oder der Gebärmutterschleimhaut. Teilweise sind auch die Eileiter verklebt, so daß das Ei nicht in Richtung Gebärmutter transportiert werden kann und der Samen den Weg zum Ei nicht findet. Die Frauenärzte werden zunächst den Zyklus der Frau untersuchen, etwa durch Messung der Basaltemperatur. Später kommen eine gynäkologische Untersuchung, die Untersuchung der Fortpflanzungsorgane per Ultraschall und Hormonmessungen hinzu.
Was kann man tun, um den Kinderwunsch eines Paares doch noch zu erfüllen? Bei einem Ungleichgewicht der Hormone oder Störungen der Eizellreifung kommt die Hormontherapie in Frage. Bei Männern können Hormonstörungen jedoch nur selten auf diese Weise behoben werden. Bei eingeschränkter Samenqualität oder unklarer Ursache der Unfruchtbarkeit kann eine intrauterine Insemination helfen. Die Erfolgsraten für Hormontherapie und Insemination liegen bei fünf bis zehn Prozent pro Behandlungsversuch.
Deutlich mehr Erfolge verzeichnen Ärzte mit der künstlichen Befruchtung außerhalb des Körpers, nämlich 20 bis 25 Prozent pro Versuch. Bei der In-vitro-Fertilisation (IvF) etwa wird die Eizellreifung der Frauen hormonell stimuliert, reife Eizellen werden gleichzeitig dem Eierstock entnommen und in einem Glasschälchen mit dem Samen des Mannes zusammengebracht. Zwei, maximal drei befruchtete Eizellen werden dann in den Uterus übertragen, um die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft zu erhöhen.
Sind die männlichen Samen nicht in der Lage, selbständig ein Ei zu befruchten, bleibt noch die Möglichkeit, unter dem Mikroskop ein einzelnes Spermium direkt in das Ei zu spritzen. Diese Mikroinjektion (genannt ICSI - Intrazytoplasmatische Spermieninjektion) ahmt den natürlichen Vorgang des Eindringens der Samenzelle in das Ei nach. Ist diese Art der Befruchtung gelungen, wird der Embryo, wie bei der IvF, nach zwei Tagen in die Gebärmutter verpflanzt, wo er dann unter natürlichen Bedingungen heranwachsen kann.
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Jedes sechste Paar hat Probleme mit dem Kinderkriegen
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