Trauer frisst mich noch auf...

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Gast

Beitrag von Gast »

Für mich ist schon sehr lang ( seit der Pubertät) klar, dass es immer nur einen menschlichen Wunsch nach einem gerechten Schicksal geben kann aber ein gerechtes Schicksal nirgends in der "echten" Welt.
Zufällig sterben oder leiden Menschen, zufällig leben wir hier mit Luxus und Reichtum ..andere in Armut...Als Ungläubige glaube ich auch nicht an eine gerechte göttliche Endabrechung nach dem Tod..die ja gleiche Bedürfnisse erfüllen soll.

Eine gerechte Gesellschaft, die es jedem Recht macht, oder etwa auch noch " zuständig" für das Glück der Leute wäre,.. kann es eben so wenig geben, besonders totalitäre Erlösungs-Ideologien gaukeln so etwas vor.

Mein sicher auch zufälliges unabsehbares Schicksal ist das, was natürlich hauptsächlich meine Betroffenheit beim Kiwu ausmacht,
dafür sehe ich nirgends "Schuldige", was ich bei Krankheit oder Behinderung überwiegend ablehne, allenfalls eine individuelle, oft in menschlicher "Schwäche" liegende Mitverantwortung kann da je nachdem mitspielen.

Aber hinzukommt, dass ich eine andere Grundauffassung dazu habe, inwieweit die Gesellschaft auf den einzelnen Zugriff haben darf, seine Menschen und Grundrechte beschränken darf und hier ganz besonders bezüglich seiner Fortpflanzungs - und Familienbildungsentscheidungen wozu für mich ganz klar auch solche Therapieentscheidungen gehören.
wirksame medizinische Therapien haben immer Haupt-Nebenwirkungen und sehr oft Risiken ( körperliche und psychische) Schön, wenn man sich frei entscheiden kann, darf und gut aufgeklärt ist, was heute durch Internet und Selbsthilfegruppen recht gut möglich ist - Schwarz-Weissdenken ( Hochjubeln-Verdammen) dabei ist wohl eher irreal.

Dazu gehört aber auch mein Ablehnen dieser Denke im Sinne von " wasch mit den Pelz, aber mach mich nicht nass"

1. -klischeehaftes Einordnen, Abwerten oder oft Kategorisieren von Leuten, die solche Therapien machen, weil sie sich Kinder wünschen -
zugleich aber beklagen, ohne Kinder sei unsere Gesellschaft ja so kalt und egoistisch, überaltert und wenig innovativ, Kinderlose, Singles und alte Menschen auch noch abwerten ( was auch nur populistischer Müll und selbst besonders "Kalt" ist)
- die rechtlichen Bedingungen: unsere allerstrengsten und auch noch sich untereinander widersprechenden Gesetze ( Eschgesetz geht eher in Vatikan- oder Bushs christlicher Rechte-Aufassung) und Therapiekostenenreglen, dann aber gleichzeitiges Beschimpfen Kinderloser Menschen als Egoisten und Forderung von einer Art moralischer und finanzieller Bestrafung..Endabrechnung ( zitierfähig)

Das sind NUR äussere Aspekte, die jedoch nicht jeden völlig kalt lassen, spätestens dann wenn das konkrete Konsequenzen für das eigene Leben hat wegen nachgeplapperter dümmlicher Kommentare im Privatleben, Arbeitsplatz oder Drohungen aus der Rentenversicherung rauszufliegen..usw.

Das verdrehte Motto von Behindertenaktivisten, wenn das absurd wortwörtlich gemeint ist " man ist nicht behindert - man wird behindert ", lehne ich ab; sollte man den selben Quatsch dann auch sagen, wenn man sich allenfalls mit IVF fortpflanzen könnte ? Die fruchtbaren Keimzellen würden am möglichen Zusammentreffen gehindert, das ja doch noch durch Therapie möglich wäre..Nonsens.

Nein es gibt unabhängig von solchen Denkschablonen Behinderte und es gibt Kranke, und Unfruchtbarkeit ist klar auch eine Krankheit und schwere körperliche Störung auch wenn das kulturell bedingt nicht sein kann, was nicht sein darf..weil wir ja keine Gebärmaschinen oder Zeugungsautomaten sind - stimmt - trotzdem kein Grund medizinische Fakten zu leugnen und nicht als Krankheit definieren zu dürfen - das ist Ideologie pur.

Der einzelne ist nicht dazu da anhand seines Einzelschicksals für Gemeinschaftsinteressen eingespannt zu werden weder symbolisch, politisch und erst recht nicht praktisch.


Dies ist aber ganz sicher NICHT der Hauptaspekt im Zusammenhang mit der Trauer da ganz innen drin, über die Randia ja hier schrieb - aber auch sie wird damit von aussen konfrontiert werden, falls sie nicht ohne TV,Radio,Internet oder Zeitung lebt,.. zumal diese Art Denke ja von vielen Mitmenschen übernommen wurde und auch da gern mal blöde Sprüche gemacht werden zumal Fortpflanzung ja mit Sex oder Elternstolz zu tun hat..

Bild: Wenn ich am Schienenbein eine fast verheilte Narbe, habe (Randia.. eine offene schmerzende Wunde.. habe) die aber lebenslang unter der Kleidung sichtbar sein wird, dann möchte ich nicht dass mir dauernd jemand dagegentritt - ich kann mein Bein ja nicht dauernd wegziehen wenn ich durchs Leben gehe oder mit einem dick drumgewickelten Schutzpanzer der mich nur noch humpeln lässt.
beim Gehen behindert, dafür bin ich viel zu freiheitsliebend.
Wer sich nicht als Opfer der Verhältnisse sieht, lässt sich nicht von anderen treten ( nicht ernst nehmen)und kann auch aber sicher nicht immer die Straßenseite wechseln ( über den Dingen stehen) dann darf man auch schon mal kurzzeitig wütend sein, notfalls " zurücktreten".
Mymla04
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Beitrag von Mymla04 »

Hallo,
ich reagiere halt doch nochmals (-:

Klar darfst du wütend sein! Und a propos Wunsch nach Gerechtigkeit ja, Gerechtigkeit im realen Leben als möglich ansehen nein - das seh ich genauso.

Ich finde es auch gut, "Denkschablonen" auseinander zu nehmen und klischeehaft zu einfache oder gar bewusst scheinheilige (wasch mir den Pelz...) und nicht durchdachte Aussagen und Ideologien im Detail zu entlarven. Und über den Dingen stehen - nein, wie auch, und das bringt ja auch gar nicht weiter, wenn man dann beispielsweise allen dummen Sprüchen über Rentenkürzungen oder was weiss ich ausweicht. Besser manchmal kontern, soweit man es sich selber zumuten will. Das geht vielleicht auch wieder besser, wenn der eigene Kinderwunsch nicht mehr so akut ist ? - du beschreibst ja das bei dir als fast verheilte Narbe... An einigen Punkten war mir einfach nicht genau klar, was du meinst und was dich genau so wütend macht.

Liebe Grüsse

Mymla
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