Veronikas Artikel zur Schilddrüse

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Chrischn
Gründer von klein-putz
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Veronikas Artikel zur Schilddrüse

Beitrag von Chrischn »

:D Liebe Klein-putzerInnen!

Ich stelle hier noch einmal meinen kompletten Text zum Thema Schilddrüsen-Unterfunktion ein; aus organisatorischen Gründen wird er erst in einiger Zeit seinen Platz auf der Info-Seite bekommen. So lange wollte ich ihn nicht auf meiner Festplatte schmoren lassen; vielleicht sind für einige von euch interessante Infos dabei....


SD-Unterfunktion und unerfüllter Kinderwunsch

Inhaltsangabe

0. Neue Ansätze der Diagnose und Behandlung

1. Wie sollten die SD-Werte bei KIWU idealerweise sein?
1.1 TSH
1.2 FT3 und FT4

2. Die Werte deuten eine Unter- oder Überfunktion an – was tun?
2.1 Kleiner Exkurs: typische Symptome von Unter- und Überfunktion
2.1.1 Symptome Unterfunktion
2.1.2 Symptome Überfunktion
2.2 Es wurden erhöhte SD-Antikörper bzw. eine Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow festgestellt – was bedeutet das?

3. Unterfunktion – wie wird sie behandelt?
3.1 T4-Monopräparate („L-Thyroxin“) versus T3/T4-Kombipräparate: auch hier gibt es neue Erkenntnisse

4. Kranke Schilddrüse und Schwangerschaft / Stimulationsbehandlung für IVF-ICSI

5. Der Zusammenhang zwischen Stress und Schilddrüsenerkrankungen

6. Wo finde ich einen kompetenten Arzt?

7. Abschließende Bemerkungen
Informationsquellen:



0. Neue Ansätze der Diagnose und Behandlung

Schon leichte Funktionsstörungen der Schilddrüse (SD) können die Fruchtbarkeit negativ beeinflussen. Kann die SD nicht genügend Hormone produzieren, so spricht man von einer Unterfunktion (Hypothyreose). Letztere kann verursachen, dass frau nicht schwanger wird, weil der Körper als Reaktion auf das niedrige SD-Hormonlevel u.a. die Ausschüttung der Sexualhormone verändert. Bei Aborten, auch Frühst-Aborten kurz nach der Empfängnis, ist nicht selten die Ursache eine SD-Unterfunktion. Des weiteren hängt der Erfolg von IVF/ICSI-Behandlungen nicht unwesentlich von gut eingestellten SD-Werten ab.
Frauen, deren SD zu aktiv ist, die also eine Überfunktion (Hyperthyreose) aufweisen, haben in der Regel weniger Probleme, schwanger zu werden - es sei denn, die Überfunktion „heizt“ die Bildung von z.B. Endometriose, Eierstockzysten oder Myomen an -, jedoch kann das Fehlgeburtsrisiko bei ausgeprägter Überfunktion etwas erhöht sein.
Die Wechselwirkungen zwischen SD und Fruchtbarkeit sind den Frauenärzten und Repromedizinern in der Regel nur unzureichend bekannt bzw. werden unterschätzt. Ein amerikanischer Wissenschaftler hat bei einer Studie schon Anfang der 90er Jahre festgestellt, dass rund 25% der Fertilitätspatientinnen einer Klinik unerkannte, leichte SD-Unterfunktionszustände hatten.
Hauptproblem ist, dass die Allgemein- und Fachärzte in der Regel mit SD-Diagnosestandards arbeiten, die nach neuen Erkenntnissen überholt sind. Im Klartext: Von den meisten Praxen werden nur fortgeschrittenere Unterfunktions-Zustände diagnostiziert; leichtere, verdeckte Unterfunktionen, die auch schon die Fruchtbarkeit und das Befinden nachhaltig beeinträchtigen können, fallen durchs Raster.
Nicht selten wird an den Folgen von SD-Erkrankungen, z.B. vorzeitige Wechseljahre, Gelbkörperschwäche, hoher Prolaktinspiegel, PCO, Aborte, Zysten, Endometriose... mit zum Teil riesigem Aufwand bis hin zu unnötigen IVF herumgedoktort, anstelle dass der Faktor SD von vornherein nach neuen Erkenntnissen gründlich abgeklärt wird.
Im Folgenden geht es vor allem um die Diagnose und medikamentöse Behandlung der Unterfunktion, besonders hinsichtlich von Kinderwunsch und Schwangerschaft. Die Auswirkungen der SD-Autoimmunerkrankung Hashimoto, bei der sowohl Unterfunktions- als auch Überfunktionsphasen vorkommen, werden ansatzweise erläutert. Frauen, deren SD aufgrund von Morbus Basedow o.ähnl. teil- oder totaloperiert wurde, finden hier Informationen über den Hormonersatz und SD-Autoimmunerkrankungen im Allgemeinen. Auf die Behandlung der reinen Überfunktion gehe ich nicht ein.


Neue Erkenntnisse in Sachen Diagnose und Behandlung der SD-Unterfunktion

In den letzten Jahren hat sich herauskristallisiert, dass die althergebrachten Normwerte zur Beurteilung der SD-Hormonlage, mit der heute noch die meisten Ärzte arbeiten, viel zu weit gefasst sind, und damit viele SD-Unterfunktions-Fälle nicht entdeckt und behandelt werden. Des weiteren belegen neuere Studien, dass der SD-Hormonersatz durch die L-Thyroxin (T4)-Monopräparate die Auswirkungen von SD-Unterfunktionen bei vielen Patienten nur zum Teil beheben. Diese neuen Erkenntnisse sind den meisten Ärzten, (Schilddrüsen-Ärzte und Repromediziner inklusive) nicht bekannt. In den USA hat die dortige Vereinigung der Endokrinologen vor kurzem die SD-Normwerte enger eingegrenzt und trägt so den Forschungsergebnissen z.T. Rechnung. In Deutschland ist eine derartige Entwicklung von „offizieller Seite“ noch nicht abzusehen, das heißt, dass viele Ärzte womöglich noch Jahre und Jahrzehnte mit wissenschaftlich überholten Standards arbeiten werden, zum großen Nachteil der Patienten.





1. Wie sollten die SD-Werte bei KIWU idealerweise sein?

Im Labor werden als Basisdiagnostik zuerst einmal TSH und die SD-Hormonwerte FT3 und FT4 bestimmt. Die Ergebnisse der Blutuntersuchungen können jederzeit von den Ärzten angefordert werden, und sollten mit den folgenden Angaben verglichen werden. Wenn Ärzte mitteilen, dass die SD in Ordnung ist („Euthyreose“), so sprechen sie leider in der Regel von den althergebrachten Beurteilungskriterien.

Neue Empfehlungen von Experten sehen wie folgt aus:
Der TSH-Wert sollte idealerweise dicht um 1,0 sein, Werte bis 1,5 oder 2,0 können auch noch voll ok sein, wenn die restlichen Hormonwerte, der Zyklus und das Befinden in Ordnung sind.

FT3 und FT4 sollten im mittleren bis oberen Normbereich des Labors liegen, ohne sich jedoch dicht an der oberen Grenze zu befinden (Gefahr der Überfunktion). Werte im unterem oder grenzwertig-unterem Normbereich deuten, vor allem mit einem erhöhten TSH-Wert, auf eine SD-Unterfunktion hin. Einheiten und Zahlen / Normbereiche für FT3 und FT4 nenne ich hier nicht, da sie von Labor zu Labor variieren.



1.1 TSH
TSH wird von der Hypophyse ausgeschüttet und „treibt“ die Schilddrüse zur Hormonproduktion an. Arbeitet die Schilddrüse schlecht („Unterfunktion“), so erhöht die Hypophyse die TSH-Ausschüttung, arbeitet sie zu viel („Überfunktion“), sinkt der Wert gegen 0 ab.
Bei den meisten Labors/Ärzten liegt der Normalbereich zwischen 0,5 und 4,0; bei manchen geht er sogar bis 5,0. Statistisch haben jedoch SD-gesunde Männer und Frauen einen durchschnittlichen TSH-Wert, der etwas über 1,0 liegt. Wieso ein TSH-Wert von z.B. 2,9 oder 3,5 normal sein soll und kein medikamentöser Handlungsbedarf besteht, wenn die Person eindeutig Anzeichen einer SD-Unterfunktion hat, ist also mehr als schleierhaft.
Die Empfehlungen gehen also dahin, dass der TSH-Wert bei KIWU, vor allem wenn eine bestehende Unterfunktion mit Hormonen behandelt wird, um 1,0 eingestellt werden soll.
Bei manchen Patientinnen muss der TSH-Wert durch Hormonersatz noch weiter gedrückt werden, manchmal sogar eindeutig in den Bereich der Überfunktion, wenn das Phänomen der Hormonresistenz besteht (Unterfunktionssymptome trotz Werten, die optimal sind).

Zu bemerken ist aber, dass ein einmaliger TSH-Wert nicht aussagekräftig genug ist, um auf ein SD-Problem zu schließen. Auch muss er im Zusammenhang mit den SD-Hormonwerten FT3 und FT4 und dem Gesamtbefinden der Patientin interpretiert werden. TSH ist wie schon beschrieben ein Hypophysen- und kein Schilddrüsenwert; die Hypophyse kann durch alles mögliche fehlgeleitet werden. Besonders bei Patienten mit schon lange währender und / oder starker Unterfunktion kann es zu einer dauerhaften Herunterregulierung der Hypophysentätigkeit kommen, und der Wert verliert an Aussagekraft bzw. gaukelt eine bessere Hormonlage vor, als sie tatsächlich besteht.

1.2 FT3 und FT4
Dies sind die wichtigen SD-Werte.
Unbedingt auf die Bestimmung der „freien“ („F“-) Werte bestehen, da ein Großteil der Hormone (99%) in gebundener Form vorliegt und dem Körper nicht zur Verfügung stehen. Dieser Aspekt ist bei Frauen wichtiger als bei Männern, weil der Östrogenhaushalt maßgelblich bestimmt, wie viele SD-Hormone gebunden werden. T3 und T4 interessieren also weniger, viel mehr FT3 und FT4. Wenn ein Arzt nur den T4-Wert bestimmt, bedeutet das in aller Regel, dass er von SD wenig Ahnung hat.
Der Körper wandelt enzymatisch das T4 in T3 um, wobei das T3 das stoffwechseltechnisch aktivere und wichtigere Hormon ist. Es ist eine Unsitte, dass viele Ärzte nur (F)T4 bestimmen und beachten. Bei vielen Patientinnen, vor allem bei solchen, die T4 („L-Thyroxin“ etc.) als Hormonersatz verschrieben bekommen haben, klappt die Umwandlung in T3 nicht, und sie sind trotz normaler TSH- und (F)T4-Werte mit T3 unterversorgt.

In Sachen Diagnose der Unterfunktion wurde noch nicht das letzte Wort gesprochen. Führende Experten sind sich bewusst, dass auch die Beurteilung der SD-Hormonlage durch die obengenannten Blutwerte ihre Grenzen hat, um eindeutig Unterfunktions-Zustände herauszulesen. Sie bedienen sich deshalb ergänzend anderer Parameter, die auf den ersten Blick erstaunlich erscheinen können: Basaltemperaturmessungen (in der ersten Zyklushälfte), Achillessehnenreflexzeit, Pulswellenerscheinungszeit, Grundumsatz.





2. Die Werte deuten eine Unter- oder Überfunktion an – was tun?

Zunächst einmal sollte man sich in die Hände eines SD-Spezialisten begeben. Dort wird abgeklärt, ob und auf welche Weise die SD erkrankt ist. Zum Untersuchungsrepertoire sollte die Bestimmung der Antikörper für die SD-Autoimmunerkrankungen Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow gehören (TRAK, TPO-AK....). Ein TRH-Belastungstest kann verdeckte SD-Unterfunktionen zum Vorschein bringen. Die Ultraschall-Untersuchung zeigt, ob an der SD Gewebeveränderungen oder Knoten zu sehen sind. Manchmal wird auch gleich ein Szintigramm gemacht, das die Aktivität der SD farblich darstellt. Weitere körperliche Untersuchungen (Abtasten des Halses etc.) und eine Befragung über typische Symptome werden i.d.R. gemacht.

Übrigens:
Jodmangel als Ursache von Unterfunktion ist heutzutage durch die Jodierung von Speisen so gut wie „ausgestorben“, den sogenannten Jodmangelkropf gibt es fast nicht mehr auf unserem Breitengrad. Es soll aber noch Professoren und Doktoren geben, die hartnäckig das Gegenteil behaupten und ihren Patienten systematisch Jod verschreiben.
Da höherdosierte Jod-Gaben SD-Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto auslösen oder vorantreiben (siehe unten), wird diese Verschreibungspraxis von verschiedenen Seiten kritisiert.



2.1 Kleiner Exkurs: typische Symptome von Unter- und Überfunktion

2.1.1 Symptome Unterfunktion:
Unerklärliche Gewichtszunahme, Trägheit, Verlangsamung (geistig und körperlich) und Müdigkeit trotz viel Schlaf, Gedächtnisprobleme, Depressionen, Gleichgültigkeit, aber manchmal auch stärkere Stimmungsschwankungen, Ängstlichkeit bis hin zu Panikattacken / Phobien (wie bei Überfunktion), Zyklusprobleme (Gelbkörperschwäche, PCO, PMS, zu kurzer oder zu langer Zyklus, Schmierblutungen, Ausbleiben des Eisprungs, Endometriose, Zystenbildung, hoher Prolaktinspiegel...), Östrogenmangel, vorzeitige Wechseljahre, Wassereinlagerungen, das Gefühl, aufgedunsen zu sein, ständiges Frieren, trockene Haut, Haarausfall, brüchige Nägel, Verstopfung, hoher Cholesterinspiegel trotz cholesterinbewusster Ernährung, Herzrasen, hochroter Kopf bei körperlicher Anstrengung, schwache Libido

2.1.2 Symptome Überfunktion:
Herzrasen, Nervosität, Zittern, Angstzustände, Stimmungsschwankungen, „Heulanfälle“, unerklärliche Gewichtsabnahme, oft Hungergefühl („man isst wie ein Scheunendrescher“), Rastlosigkeit, wenig Erholungseffekt durch Schlaf, Durchschlafprobleme, Zyklusprobleme (PMS, Zysten, verlängerter Zyklus oder ausbleibender Eisprung bei hohem Östrogenspiegel,...), Schwitzen, ständiges Hitzegefühl, Durchfall, Muskelzuckungen im ganzen Körper....aber auch starke Libido!

Aber: z.B. bei der Hashimoto-Thyreoiditis, die mit Morbus Basedow eine häufige Ursache für SD-Probleme ist, vermischen sich die Symptome von Unter- und Überfunktion je nach Krankheitsphase; auch können sie den Blutwerten widersprechen. Überfunktionssymptome („Hashitoxikose“) bei Werten, die eine Unterfunktion anzeigen, können vorkommen.

Die Symptome sind individuell und je nach Stärke der Funktionsstörung unterschiedlich ausgeprägt!



2.2 Es wurden erhöhte SD-Antikörper bzw. eine Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow festgestellt – was bedeutet das?

Dazu hervorragende Informationen auf den Seiten www.hashimotothyreoiditis.de und www.morbusbasedow.de

Bei beiden Krankheiten werden, stark vereinfacht gesagt, Autoimmunattacken auf die SD gefahren.
Bei Morbus Basedow vergrößert sich die SD, was eine dauerhafte Überfunktion verursacht. Diese kann durch SD-hormonhemmende Medikamente, sog. Thyreostatika, Radiojodtherapie oder OP der SD behoben werden. Weitere Informationen bei der obengenannten Webseite.


Bei Hashimoto kann die SD entweder schrumpfen („atrophe“ Form) oder sich vergrößern („hypertrophe“ Form). Die Krankheitsverläufe können individuell sehr unterschiedlich sein. Bei der schrumpfenden Form werden oftmals bei der Zerstörung selbst vermehrt SD-Hormone freigesetzt („Hashitoxikose“), und die Symptome von Unter- und Überfunktion wechseln sich ab oder existieren nebeneinander, was für den Patienten und vor allem die Ärzte sehr verwirrend sein kann. Nach und nach bleibt eine geschädigte SD zurück, die nicht mehr genügend Hormone bilden kann => Unterfunktion!

3. Unterfunktion – wie wird sie behandelt?
Eine SD-Unterfunktion wird durch SD-Hormonersatz behandelt. Manche Ärzte geben zwar bei leichten SD-Unterfunktionen gerne Jod, aber das sollte man nur einnehmen, wenn Hashimoto eindeutig ausgeschlossen wurde. Jod heizt den Autoimmun-Zerstörungsprozess entscheidend an.
Die Dosis der SD-Hormone legt der behandelnde Arzt fest; wenn ein langsames Steigern der Dosis über mehrere Wochen hinweg verordnet wird, unbedingt Behandlungsplan einhalten. Nebenwirkungen sind bei richtiger Dosierung nicht zu erwarten. Die volle Wirkung setzt erst nach einigen Wochen oder sogar Monaten ein.
Die meisten Ärzte verschreiben als Hormonersatz T4 / Levothyroxin „L-Thyroxin“, unter verschiedenen Markennamen und mit versch. Dosen erhältlich. Die T4-Hormone alleine sind bei vielen Unterfunktionspatienten jedoch nur die „halbe Miete“; sie fühlen sich zwar besser, aber oftmals nicht so wie früher, als sie noch keine SD-Probleme hatten.

Auch bei einer Ganz- oder Teil-OP der Schilddrüse müssen fehlende Hormone ersetzt werden. Wenn die Dosis nicht gut angepasst ist, kann eine Unter- oder Überfunktion entstehen.


3.1 T4-Monopräparate („L-Thyroxin“) versus T3/T4-Kombipräparate: auch hier gibt es neue Erkenntnisse

In früheren Zeiten konnten die Patienten von der Komplett-Wirkung der natürlichen SD-Hormone (Schweine-SD-Extrakte!) mit der Wirkstoffpalette T3+T4+weitere Derivate (z.B. T1+T2, weitgehend unerforscht) profitieren. Seit der Einführung der synthetischen SD-Hormone (Mitte des 20. Jahrhunderts?) hat es sich bei der Ärzteschaft eingebürgert, die T4-Monopräparate zu verschreiben. Der T3-Hormonersatz ist weitestgehend vernachlässigt worden, vermutlich sind die synthetischen T3-Präparate durch die mögliche Nebenwirkung Knochenabbau bei Überdosierung (!) in Verruf geraten. Man ging lange Zeit davon aus, dass das synthetische T4, wie das körpereigene bei normaler SD-Tätigkeit, in T3 umgewandelt wird und eine zusätzliche Gabe von T3 überflüssig, ja zum Teil gefährlich sei. Patienten, die mit einer T4-Behandlung immer noch sagen, dass sie sich nicht „normal“ und gut fühlen, werden gerne in die Psycho-Ecke geschoben.
Neuere Studien haben aber gezeigt, dass es Unterfunktions- Patienten mit T3 / T4- Kombipräparaten i.d.R. viel besser geht: sie haben eine messbar bessere Gedächtnisleistung, messbar bessere Sexualhormon-Werte etc. Wieso? Eine Erklärung wurde schon eingangs angesprochen: Die Umwandlung von T4 in das wichtige T3 klappt bei vielen SD-Kranken nicht in dem vorgesehen Maße. Und schon ein leichter Mangel an T3 kann einem das Leben gründlich verhageln!

Kombipräparate sind zum Beispiel Prothyrid (T3:T4 im Verhältnis 1:10) oder Novothyral (2:10), man kann aber auch L-Thyroxin (T4) mit L-Thybon 20 (T3) frei kombinieren.
Einem Großteil der deutschen Ärzte sind Prothyrid, Novothyral und L-Thybon nicht geläufig. Jedoch lohnt es sich, die Präparate auszuprobieren, wenn man sich mit L-Thyroxin alleine nicht „normal“ fühlt, das Übergewicht nicht los wird, immer noch ständig friert, der Hormonhaushalt immer noch nicht in Schwung gekommen ist etc.....
Viele Betroffene sprechen von einem Unterschied wie „Tag und Nacht“, nachdem sie zu Kombipräparaten gewechselt sind.

Bei einer Dosisänderung oder einem Präparatwechsel sollten die Werte nach einigen Wochen komplett kontrolliert werden. Die Anpassung der richtigen Dosis ist nicht immer einfach, vor allem wenn die Autoimmunattacken stark schwanken; es gilt auch nicht das Motto „viel hilft viel“.

Ich persönlich fahre am besten mit den natürlichen Schweine-Hormonen, „Armour Thyroid“ von Forest Pharmaceuticals (es gibt auch noch andere Marken) aus den USA. Dort werden natürliche SD-Hormone in den letzten Jahren wieder vermehrt verschrieben. Die Wirkung ist bei mir noch besser als bei den synthetischen Kombi-Präparaten. Die natürlichen SD-Hormone sind nur noch den allerwenigsten deutschen Ärzten bekannt, weil sie ja seit Jahrzehnten von den synthetischen verdrängt wurden. Sie sind verschreibungspflichtig; die gesetzlichen KK erstatten sie aber nicht. Armour Thyroid kann problemlos über gute Apotheken innerhalb kürzester Zeit bezogen werden, wenn diese mit einem Importeur zusammenarbeiten. Es ist ein tierisches Produkt, dessen 100%ige Reinheit nicht garantiert werden kann - das darf man in den Zeiten von Rinderwahn & Co. nicht vergessen...


4. Kranke Schilddrüse und Schwangerschaft / Stimulationsbehandlung für IVF-ICSI

Bei Schwangerschaft ist eine engmaschige (alle 2-4 Wochen) Kontrolle der SD-Werte ist vonnöten; eine Anpassung der Hormondosis schon in den ersten Wochen ebenfalls, denn der Bedarf an SD-Hormonen steigt am Anfang der SS sprunghaft an. In Absprache mit dem Arzt sollte die Dosis bei bestehendem Hormonersatz um bis zu 50% gesteigert werden, da durch die SS vermehrt Östrogen ausgeschüttet wird und damit auch mehr SD-Hormone gebunden und inaktiviert werden. Eine geschädigte, geschrumpfte SD kann den Zusatz-Bedarf womöglich nicht mehr decken; schlimmstenfalls wird die Entwicklung des Embryos gestört und er wird abgestoßen.

Es kann auch bei Autoimmunerkrankungen der SD zu Beginn oder im Laufe der SS zu einer verstärkten Attacke auf die SD kommen, bei der vermehrt SD-Hormone freigesetzt werden; es entsteht dann vorübergehend eine Überfunktion. Das selbe gilt auch für die Zeit nach der Geburt („postpartale Thyreoiditis“, die angeblich auch ohne Autoimmunproblem entstehen kann).
Typisch bei z.B. der Hashimoto-Erkrankung ist, dass Schwangerschaften die Krankheit stark vorantreiben, die Frauen schneller, manchmal nach einer Phase der Überfunktion, und endgültig in der Unterfunktion landen. Das kann eine Erklärung sein, wieso manche Frauen während der SS oder einige Monate nach der Geburt stark an Gewicht zunehmen. Die psychischen Symptome der nachgeburtlichen SD-Probleme werden übrigens gerne mit dem Baby Blues verwechselt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass eine SS, vor allem bei Autoimmunerkrankung der SD, den SD-Hormonhaushalt kräftig umkrempelt; so habe ich es auch selber erlebt. Bei Hashimoto, wenn man vorher jahrelang eine Unterfunktion hatte, so kann man plötzlich in die Überfunktion gleiten, und umgekehrt. Dementsprechend ändert sich auch die Fruchtbarkeit. Mir sind sowohl Frauen bekannt, bei denen es mit dem zweiten Kind ratz-fatz in den ersten Monaten nach der Geburt geklappt hat, obwohl sie glaubten, nur mit IVF Erfolg haben zu können (Hashimoto wurde dann später diagnostiziert...), oder solche, bei denen das zweite Kind auf sich warten ließ.

Bei den Stimulationsbehandlungen für künstliche Befruchtungen werden die Östrogen-Werte auch stark in die Höhe getrieben, mit der gleichen Folge wie eingangs beschrieben: es werden mehr SD-Hormone gebunden. Akute Entzündung der SD und Verstärkung einer Unterfunktion können die Folge sein, vor allem wenn mehrere Stimu-Zyklen mit relativ kurzen Abständen gemacht werden. Die Stimulationsbehandlungen können also im Einzelfall die natürliche Fruchtbarkeit und die Einnistungschancen bei Frauen mit Tendenz zur Unterfunktion vermindern. Diesem Effekt kann man gegebenenfalls durch die Einnahme von SD-Hormonen entgegenwirken.

5. Der Zusammenhang zwischen Stress und Schilddrüsenerkrankungen

Dass die SD vorübergehend in Stresssituationen mehr Hormone produziert, ist normal und dient dazu, so viel Energie wie möglich zu mobilisieren. Problematisch wird es bloß, wenn die Stressbelastung anhält und man unglücklicherweise noch eine Veranlagung für eine Autoimmunerkrankung der SD hat. „Hashis“ und „MorbusBasedowler“ sind bei Stress insofern doppelt gestraft, als dass ihr Immunsystem dann vermehrt die SD attackiert und dauerhaft verändert. Bei vielen macht sich die Krankheit nach besonders einschneidenden, stressreichen Ereignissen im Leben – auch wenn sie positiv empfunden werden - bemerkbar: Umzug, Berufswechsel, Heirat, Scheidung, Tod einer nahestehenden Person, Traumata... Aber auch die vielfältigen Belastungen des modernen Lebens reichen aus, um der Krankheit einen Nährboden zu bieten.
Die Stressreaktion fällt durch die Zerstörung oder Vergrößerung, der Entzündung der SD viel stärker aus, weil viel mehr SD-Hormone freigesetzt werden wie bei SD-gesunden Menschen. Nachdem der größte Stress vorbei ist (wenn er denn mal vorbei ist....), leiden die Betroffenen vor allem unter den Folgen der Organzerstörung bzw. –vergrößerung.

Die Hormonlage kann sich bei Autoimmunerkrankten immer mal wieder ändern, aus z.B. einer Unterfunktion kann man durch erneutem Stress, Änderungen im Leben etc. wie auch bei einer SS (oben beschrieben) wieder in eine normale Hormonlage oder eine Überfunktion geraten – und sogar „unerwartet“ und wie durch ein Wunder nach jahrelangem unerfüllten KIWU schwanger werden! Mir sind in der Hinsicht mehrere Fälle von ursprünglich unbehandelten Hashimoto-Betroffenen (Diagnose erst nach der SS) bekannt, bei denen es so gelaufen ist. Schade ist bloß, dass man ihnen die jahrelange Belastung durch den unerfüllten KIWU nicht mit einer adäquaten Behandlung erspart hat.

6. Wo finde ich einen kompetenten Arzt?
Dieses Problem stellt sich besonders für all diejenigen, die nach den bisherigen Standards, nach denen immer noch die große Mehrheit der Ärzte behandelt, noch im Normbereich oder „grenzwertig“ sind, aber mit einem Haufen von Symptomen zu kämpfen haben. Diese werden als gesund abgestempelt und nach Hause geschickt. Auch die Behandlung mit Kombipräparaten bzw. natürlichen SD-Hormonen ist vielen Ärzten nicht bekannt oder wird abgelehnt.
Sehr unangenehm wird es dann i.d.R. für die Patientinnen, wenn sie bei diesen Ärzten, ob SD-, KIWU- oder Hausärzte, darauf beharren, nach neueren Forschungserkenntnissen behandelt zu werden. Von Unglauben bis hin zu sehr abschätzigen Bemerkungen („alles Quatsch“) bekommt man so ziemlich alles zu hören. Es ist sicherlich dramatisch, dass eine derartige Wissenskluft in der Ärztewelt herrscht, was die SD betrifft, aber für den einzelnen Patienten ist es kaum möglich, diese Welt mit ihren Eitelkeiten zu ändern.
Damit sollte man sich also nicht weiter belasten, sondern sich mit anderen Betroffenen austauschen (siehe Informationsquellen), in den Diskussionsforen nach fitten Schilddrüsenärzten in der Region fragen, selber aktiv werden.

Ein Möglichkeit kann auch sein, eine der SD-Koryphäen in Deutschland aufzusuchen, sprich eine Reise als Selbstzahler oder Privat-Patient zu einer der bekannten (Privat)-SD-Praxen zu unternehmen, dort eine Diagnose mit Behandlungsempfehlungen machen zu lassen. Die Routine-Überwachung (Blutwerte...) kann dann vom eigenen Hausarzt o.ähnl. weitergeführt werden; zwischendurch kann man sich immer wieder auf die Ferne mit der SD-Praxis kurzschalten. Eine Telefon-Beratung bei manchen Praxen bei Übersendung von Untersuchungsergebnissen auch möglich.

Bei guten Kassen-SD-Ärzten, deren Adressen sich anscheinend wie ein Lauffeuer rumsprechen, muss man mit sehr, sehr langen Wartezeiten rechnen; viele Monate sind da keine Seltenheit. Bei reinen Privatpraxen liegt die Wartezeit bei ca. 14 Tagen....

7. Abschließende Bemerkungen
Wenn eine leicht Unterfunktion die einzige Ursache für das Fertilitätsproblem war und die SD-Werte nach obenstehenden Angaben wieder gut eingestellt sind, klappt es mit einer Spontan-Schwangerschaft meist innerhalb von wenigen Monaten, auch noch nach Jahren unerfülltem Kinderwunsches. Dies entspricht auch den Erfahrungen meiner behandelnden SD-Praxis. Doch können nicht in allen Fällen die Auswirkungen einer langanhaltenden SD-Unterfunktion und zerstörerischer Autoimmunprozesse, die sich oftmals nicht nur gegen die SD richten, rückgängig gemacht werden.

Informationsquellen:
Die Informationen stammen aus verschiedenen Quellen, die von mir nach bestem Wissen aufbereitet wurden. Sie weichen von der allgemein vorherrschenden Lehrbuchmeinung ab, sind aber das Ergebnis seriöser Forschung und Behandlungserfahrungen anerkannter Professoren und Doktoren. Vieles habe ich stark vereinfacht dargestellt; meine persönlichen Erfahrungen als betroffener Laie sind auch eingeflossen. Auf die Benennung der wissenschaftlicher Quellen habe ich zugunsten der Übersichtlichkeit verzichtet. Weitergehende Informationen gibt es hier:

Auf den von Dr. Leveke Brakebusch / Prof. Heufelder gestalteten Webseiten findet man umfangreiche und vor allem aktuelle Infos über SD-Unterfunktion: www.hashimotothyreoidits.de und –Überfunktion: www.morbusbasedow.de . Dort gibt es jeweils einen ausführlichen Theorieteil und Diskussionsforen.
Dr. Brakebusch, die übrigens Gynäkologin ist, steht gegen eine Spende für vertrauliche Anfragen zur Verfügung.

Im www.schilddruesenforum.de , das von Prof. Hotze, Nachfolger von SD-Papst Prof. Pfannenstiel, kreiert wurde, kann man sich auch mit anderen Betroffenen austauschen. Das Ärzteteam beantwortet z.T. Forums-Fragen. Unter www.schilddruesenpraxis.de findet man Infos über alle SD-Erkrankungen.

www.das-wartezimmer.de : eine Informationsbörse für Hashimoto-Betroffene von Betroffenen, mit Forum, Chat, Bücherlisten, Link-Listen!

Die Amerikanerin Mary J. Shomon hat eine der größten englischsprachigen Infobörsen zum Thema mit www.thyroid.about.com kreiert. Sehr zu empfehlen ist der Newsletter, der einem regelmäßig mit den neuesten Erkenntnissen versorgt.

Noch mehr kann ich die deutsche Taschenbuch-Ausgabe ihres Bestsellers, „Die gesunde Schilddrüse“, erschienen im Mosaik-Verlag, 11 EUR, beziehbar u.a. über Amazon.de, empfehlen. In ihrem Buch geht es um die neusten Diagnose- und Behandlungsaspekte der SD-Unterfunktion; Kinderwunsch und SS, aber auch alternative, komplementäre Heilmethoden behandelt sie ausführlich und für Laien relativ leicht verständlich.

Hochinteressant ist das Werk von Dr. Redha Arem, „The Thyroid Solution“, erschienen bei Ballentine Books New York, auch beziehbar über Amazon.de. Auch er „serviert“ alle neuen Erkenntnisse in Sachen SD, geht fachlich etwas mehr in die Tiefe. Eine spannende Lektüre für interessierte Laien, für die man allerdings sehr gute Englischkenntnisse braucht.
Viele Grüße
Bild
** 11.07.2021 - klein-putz ist schon 20 Jahre alt! **
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