Humor ist etwas, was ich hier im anonymen Bereich meist vermisse.
Gut gekontert

@Natsi
Wurde denn der Name des Pastors in dem Leserbrief veröffentlicht?
„Kinder schämen sich immer mal für ihre Eltern"
Mit über 40 Jahren Eltern werden: Späte Mütter und Väter sind oft gelassener im Umgang mit dem Nachwuchs
Von Sabine Anne Felker
„Will ich Kinder?" Während Frauen sich die Frage mit Anfang oder Mitte 20 noch längst nicht endgültig beantworten müssen, wird sie ab Mitte 30 immer drängender. Und immer häufiger entscheiden sich Paare erst in dieser Lebensphase für das Elterndasein.
Das Leben von Charlotte Weber (alle Namen von der Redaktion geändert) und ihrem Mann Michael wäre um ein Haar so verlaufen, wie es bei ihrer Generation immer öfter der Fall ist: Nach dem Studium die Karriereleiter nach oben klettern, auf Reisen die Welt entdecken und ohne Kinder bleiben. Doch heute, mit Mitte 40, sind die beiden Berliner glückliche Eltern eines zweijährigen Sohnes. Sie gehören zu der wachsenden Gruppe der späten Eltern.
„Irgendwie hat sich die Frage früher gar nicht gestellt. Erst war da das Studium, dann noch eine Umschulung, weil ich in meinem Job keine Anstellung fand, und schließlich wollte ich auch noch arbeiten", erklärt sich Charlotte Weber ihre späte Entscheidung für ein Kind.
Noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts wäre eine solche Entscheidung für eine Frau undenkbar gewesen. Kinder waren unerlässlich für die Alterssicherung. Ohne existierende Rentenversicherung konnte der Lebensabend meist nur durch die Unterstützung der erwachsenen Kinder finanziert werden. Je mehr Nachwuchs ein Elternpaar hatte, desto größer war die Chance, im Alter gut versorgt zu sein.
Mit guten Jobs und dem passenden finanziellen Rückhalt war dies natürlich kein Thema für die Webers. Das Leben genießen - das stand an erster Stelle ihrer Planungen. Lange wollte das Paar deshalb auch gar keine Kinder haben. „Aber dann, irgendwann Mitte 30, wurde mir klar, dass ich mehr wollte, als immer nur arbeiten zu gehen - dass da noch was kommen muss", erzählt die 44-Jährige, wie in ihr der Wunsch nach einem Kind heranreifte. Ihr Mann, so sagt sie, war anfangs weniger euphorisch. „Ich habe das alles mit mir selbst ausgemacht und erst, als ich mich entschieden hatte, mit ihm darüber gesprochen", so Charlotte Weber.
Der Trend der Kleinfamilie
Für die EDV-Beraterin war klar, dass sie ein, maximal zwei Kinder haben wollte. Während in früheren Zeiten viele Kinder eine Selbstverständlichkeit waren, entscheiden sich heutige Familien meist für ein oder zwei Kinder. Finanzielle Erwägungen, aber auch der Wunsch nach Unabhängigkeit spielen dabei eine Rolle. „Um ein Einzelkind kann man sich sehr viel intensiver kümmern und es gezielter fördern", ist sie sich sicher.
Ein halbes Jahr hatten sich die Webers Zeit genommen, um ihren Kinderwunsch zu hinterfragen. Als auch Michael Weber mit ganzem Herzen den Plan mittragen konnte, dauerte es noch ein paar Jahre, bis sich die ersehnte Schwangerschaft einstellte - nach einer künstlichen Befruchtung. „Die Wahrscheinlichkeit, dass man in irgendeiner Weise Unterstützung bei der Erfüllung des Kinderwunsches braucht, steigt eben leider mit dem Alter", räumt die Berlinerin ein.
Kein leichter Weg zum Kind
Bei Charlotte Weber war eine In-vitro-Fertilisation (IVF) nötig. Dabei wurde ihr nach einer Hormonbehandlung eine Eizelle entnommen und im Reagenzglas befruchtet. Den Webers war klar, dass die Chancen, auf diesem Weg ein Kind zu bekommen, schlecht standen. Denn nur bei rund 40 Prozent der Paare verläuft die IVF erfolgreich. Doch Charlotte und Michael Weber hatten Glück: Daniel wurde 2004 geboren. Vorausgegangen waren unzählige Untersuchungen und anstrengende Therapiesitzungen bei Gynäkologen. „Das alles war nicht so ganz einfach, es war nicht nur körperlich, sondern auch seelisch belastend", erinnert sich Charlotte Weber an die schwierige Zeit. Angst, dass es wegen ihres Alters - immerhin war Charlotte Weber bei der Geburt ihres Sohnes 41 Jahre alt - Schwierigkeiten geben könnte, hatte sie nie. „Die Schwangerschaft war super. Ich habe bis zum letzten Tag gearbeitet, und auch Verwandte und Freunde habe sich mit uns gefreut", erinnert sie sich.
Die Erfahrung aber, aufgrund ihres Alters vom Gynäkologen anders behandelt zu werden, als jüngere Mütter, hat sich fest in ihrem Gedächtnis eingebrannt. „Mein Arzt wollte mich zu einer pränatalen Diagnostik überreden, das hat mich wirklich gestört. Auf eine Fruchtwasseruntersuchung habe ich verzichtet, da war mir das Risiko einer Fehlgeburt zu hoch. Die Nackenfaltenmessung habe ich noch machen lassen, aber mich darüber hinterher geärgert. Durch diese Untersuchung kann ermittelt werden, ob ein Kind am Down-Syndrom leidet. Hätte unser Sohn diese Krankheit gehabt, hätte das für uns aber nichts geändert", regt sich die EDV-Beraterin auch heute noch auf. Dass das Risiko, ein Kind mit Down-Syndrom zu bekommen, mit dem Alter der Mutter steigt, war auch Charlotte Weber bewusst, aber sie ließ sich dadurch nicht verunsichern. „Ich habe mich ganz genau informiert und dadurch die Bedenken verloren."
Angst davor, dass ihr Sohn später unter dem höheren Alter seiner Eltern leiden wird, hat sie kaum. „Kinder schämen sich irgendwann immer für ihre Eltern. Sei es wegen des Alters oder wegen der Kleidung. Irgendetwas finden sie immer", ist sie sich sicher. Sollte Daniel aber einmal Ängste entwickeln, dass seine Eltern nicht so lange leben werden wie die seiner Spielkameraden, dann „muss man darüber reden", haben sich Webers fest vorgenommen.
Mehr Ruhe als in jüngeren Jahren
Unterschiede zwischen älteren und jüngeren Eltern nimmt sie kaum wahr - und trotzdem: „Mein Mann und ich, wir haben unsere Ausbildungen und sichere Jobs. Von meiner Umwelt bekomme ich das Feedback, dass ich sehr gelassen mit meinem Sohn umgehe. Früher, in jüngeren Jahren, hätte ich vielleicht nicht so viel Ruhe gehabt", vergleicht sich Charlotte Weber mit jüngeren Müttern und sieht Vorteile. Auch körperlich fühlt sie sich keinesfalls anderen Müttern unterlegen. Charlotte und Michael Weber genießen das Leben mit Daniel und denken an weiteren Nachwuchs: „Mit 50 würde ich wohl auch kein Kind mehr wollen, aber jetzt ist der Kinderwunsch schon noch da", erzählt Charlotte Weber und hofft, dass Daniel vielleicht doch noch ein Geschwisterchen bekommt...
Quelle:
DIE RHEINPFALZ
Samstag, den 21. Oktober 2006
Seite 34