Jetzt will ich mal meinen Bericht vervollkommnen. Mit der Amerikanerin Susan Golombok, deren Studien ich ja als Mama nach donogener Befruchtung schon zu einem großen Teil gelesen hatte, musste ich selbstverständlich ein paar Worte wechseln. Ich finde das so irre, solchen Persönlichkeiten mal so ganz real gegenüber zu stehen. Denn Namen, die man nur irgendwo liest, auch wiederholt, erscheinen einem ja doch irgendwie nur, wie so ein Phantom. Es gibt auf der Welt eigentlich niemanden, der so umfassende Studien in so großer Anzahl über Familien nach donogener Befruchtung durchgeführt und publiziert hat. Gut, der Australier Ken Daniels hat da auch noch recht viel geliefert, aber ich meine, nicht soooo viel. Die Frau erschien mir auch nicht so alt, wie ich erwartet hatte. Ich würde mal sagen, allerhöchstens 10 Jahre älter als ich. Ich musste anstehen. Prof. Geisthövel erkundigte sich bereits umfassend bei ihr. Das war ganz gut so, denn ich konnte dem Gespräch lauschen und später noch mal darauf zurückkommen. Ich habe gemerkt, dass dieser Arzt wirklich sehr interessiert daran ist, seine Patienten gut über diese Situation mit einem Kind nach donogener Befruchtung aufzuklären (keine Selbstverständlichkeit!). Für ihn ist es z.B. selbstverständlich, dass die Daten 30 Jahre aufgehoben werden und er war fest der Meinung, alle anderen Ärzte in Deutschland würden dies auch schon seit Jahren tun. Ich weiß aber aus dem Forum, dass es bei Weitem nicht so ist und stieß mit dieser Äußerung auf großes Erstaunen …
Aber wieder zu Susan Golombok. Ich fragte sie zuerst, ob sie Studien über Kinder aus Eizellspende hat. In Deutschland würden die Politiker behaupten, Eizellspende führe zu gespaltener Mutterschaft und führe zu Verhaltensstörungen beim Kind. Mit dem Begriff „gespaltene Mutterschaft“ konnte sie gar nichts anfangen und ich musste ihr das erstmal erklären, wie das gemeint ist. Ich fragte sie, ob sie mir ein Papier liefern kann, das ich an unsere Politik weiter reiche, damit die das endlich auch mal verstehen. So explizit hat sie so ein Papier über „gespaltene Mutterschaft“ natürlich nicht, aber sie hat ja verschiedene Studien, wo sie auch Familien nach Eizellspende untersucht hat und die sagen alle, dass sich die Kinder völlig normal entwickeln. Sie will mir noch etwas zuschicken, auch zu Familien mit schon etwas älteren Kindern. Sie hat meine Adresse mitgenommen.
Später habe ich auch noch Prof. van den Daele angesprochen. Er war ja Mitglied im Nationalen Ethikrat, der jetzt aufgelöst wurde. Ich fragte ihn, welche Möglichkeiten er sieht und ob er überhaupt Chancen sieht, das deutsche ESchG zu ändern. Seine klare Antwort war: „Nein!“ Er habe ja jetzt sowieso nichts mehr mit Politik zu tun, aber seine Erfahrung aus dem Ethikrat sagt ihm das. Sie hätten dort schon versucht, etwas zugunsten der PID zu erreichen, sind damit aber regelmäßig abgeprallt. Dann allerdings sagte er, für was anderes als für die PID müsse man das ESchG ja auch nicht lockern. Ich verwies dann auf die Weiterkultivierung von mehr als 3 zur Erhöhung der Erfolgsraten und zur Minimierung der Mehrlingsschwangerschaften. Ich hatte den Eindruck, er hätte davon noch nie was gehört. Tja, wenn so ein Ethikrat DAS nicht mal weiß … Unverständnis! Auch mein Hinweis auf die Eizellspende und Embryonenspende schien nicht so besonders gut angekommen zu sein. Die Pause war vorbei. Wir mussten das Gespräch abbrechen. Gut, der Mann kann wohl sowieso nichts mehr für uns ausrichten. …
Zu den letzten Vorträgen. Die waren überschrieben mit: „Reproduktion, Religion und Gesetz“. Eigentlich ja MEIN Thema. Schade, dass ich zu wenig mitbekommen habe. Ich meine aber mitbekommen zu haben, dass das Thema nicht scharf genug abgehandelt wurde.
John Harris, den ersten Redner, habe ich gar nicht verstanden. Danach haben zwei Italiener gesprochen. Maurizio Mori von der Universität Turin zuerst. Er sagt, bei der Nutzung der Reproduktionsmedizin müssten scharfe und saubere Grenzen gesetzt werden. Er spricht von Einmischung in die Fortpflanzung und Manipulation des Lebens. Reproduktive Freiheit ist nicht das Gleiche, wie z.B. die Freiheit, zu lesen und zu kommunizieren. Lesen wäre ausschließlich eine Selbstrealisierung, Reproduktion ist aber zusätzlich gerichtet auf die Schaffung einer neuen Person. Daher will er Limits setzen. Eltern hätten nicht die Aufgabe, das Beste für ihre Kinder zu tun, sie hätten aber die Aufgabe, ihnen angemessene Bedingungen zu schaffen. Nur durch Limits könne dieses gewährleistet sein.
(Meine Wertung: Schön und gut. Ich finde diese Aussagen trotzdem viel zu schwammig. WO will ER die Limits haben? …)
Giuseppe Banagino von der Universität Rom sagt, Sexualität hätte seine ausschließliche Bedeutung für die Fortpflanzung schon früh in der Evolution verloren. Früher hätten die Menschen jeweils immer einen Partner mit hohen Qualitäten gesucht, um ihre Gene an gesunde, durchsetzungsfähige Kinder weiter zu geben. Neben der Fortpflanzung hat Sexualität dann aber auch noch eine kommunikative Bedeutung bekommen. Dabei geht es z.B. darum, mit wem man gern zusammen lebt. Heute sind die Menschen dazu in der Lage, beide Formen der Sexualität auseinander zu halten. Er hofft, dass die katholische Kirche offen für beide Formen von Sexualität wird.
Er sagte auch noch, die Tatsache, dass heute Fortpflanzung ohne Sex gehe, müssen wir Menschen erstmal reflektieren. Wir brauchen eben Zeit, um uns zu besinnen, wie wir damit umgehen sollen.
Abschließend in dieser Runde sprach dann Edgar Dahl. Er sagt, viele sind der Meinung, Ethik würde von den 10 Geboten und 2.000 Jahren christlicher Geschichte abhängen. Es wäre moralisch richtig, was Gott und befiehlt und moralisch falsch, was Gott verbietet. Diese Ansicht stellt er mit dem Hinweis auf dieses Dilemma in Frage (Hab grad vergessen, wer dieses Dilemma erstmals formuliert hatte, finde aber auch, dass man immer wieder darauf hinweisen sollte.):
„Ist etwas gut, weil Gott es für gut befindet oder findet Gott etwas gut, weil es gut ist?“ Diese Frage zeigt uns, dass wir Gott gar nicht brauchen, um festzustellen, was gut ist.
Menschen sagen auch, alles hätte seinen Zweck. Etwas zu tun, was diesen vorbestimmten Zweck zunichte macht, wäre gegen die Natur und schlecht. Man nennt das die Theorie des Naturrechts. Ein Dr. Pangloss soll gesagt haben, „die Beine sind für Strümpfe gemacht, also tragen wir Strümpfe. Die Nase ist für ……“ usw. wurden da wohl noch verschiedene Körperteile beschrieben, wofür die gemacht wären. Ich hab´s wieder nicht so gut mitbekommen. Aber er wollte sicher sagen, dass das mit dem Naturrecht so eine heikle Sache ist. Immerhin gibt es ja in der Natur so einige Dinge, die so gar nicht im Sinne von uns Menschen ablaufen.
Nun, sie haben jeder 20 Minuten geredet. Ihr seht an meinen kurzen Ausführungen, dass ich ganz sicher noch einige wichtige Punkte überhört habe. Aber das, was ich zum Thema Reproduktion, Religion und Gesetz unbedingt gesagt hätte, war nicht dabei. … Und selbst diese moderate Religionskritik wurde anschließend noch heftig diskutiert. Ja, solange es nicht mal in diesen Kreisen erkannt wird, wo die Ablehnung einer Änderung des ESchG her kommt, kann ja auch wirklich nichts passieren. Prof. Felberbaum z.B., der ja in seinem Vortrag ganz klar sagte, das ESchG müsse dringend geändert werden, sagte doch zu mir: „Grüß Gott!“ - Ich: „Nee, den grüß ich nicht. Seine Kirche ist Schuld, dass sich das ESchG nicht ändert!“ - „Warum?“ - „Na, weil Gott doch direkt nach der Kernverschmelzung die Seele einhaucht.“ - Er: „Thomas von Aquiem hat da aber was anderes gesagt.“ - Ich: „Nun, das ist lange her und inzwischen gilt eine andere Auffassung.“
Im letzten Teil der Veranstaltung bekam der anwesende Prof. Robert Edwards, der Mediziner, der Luisa Brown zum Leben verholfen hat, einen Preis verliehen. Er sprach dann etwa 30 Minuten über seine Arbeit. War schon irgendwie rührend. Der Mann war auch beide Tage voll anwesend und sehr rege an der Diskussion beteiligt. Zwei Ausgaben seiner sehr informativen Zeitschrift: „Ethics, Law and Moral Philosophy of Reproductive Biomedicine“ lagen für die Teilnehmer zum Mitnehmen aus. Man kann das wohl auch unter
www.rbmonline.com lesen. Zumindest steht diese Adresse da vorn mit drauf.
Kurz vor dem Gehen bekam ich dann noch mit, dass Reinhard Merkel schon vor mehr als einem halben Jahr einen Gesetzentwurf zur Zulassung der Eizellspende ausgearbeitet hat. Die FDP wollte diesen einreichen. Die FDP hat diesen Entwurf auch, aber sie hat ihn immer noch nicht vor den Bundestag gebracht, weil es nämlich überhaupt nicht „in“ ist, sich für die Rechte von ungewollt Kinderlosen einzusetzen. Keiner will das hören. Das Stammzellgesetz ist jetzt eben auf der Tagesordnung und da hat das gar keinen Zweck, mit so einem Entwurf heraus zu rücken. …
Ja, das war´s dann. Ich hoffe, ihr konntet alle etwas für euch aus meinem Bericht mitnehmen. Wenn einer noch Fragen hat, gern.