Die Wunschkinder sind da und die Kassen leer

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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Hallo Mondschaf,

von der Seite kann ich deinen Ärger schon verstehen. Ja, sind wir alle. Aber über die Einnahmen und Ausgaben von Steuern entscheidet die Regierung. Wenn die Mist bauen, bleibt das ja sowieso immer beim Steuerzahler hängen. ...

Im Fall der Nichtkostenübernahme von Kinderwunschbehandlungen sehe ich das so, dass das eine ungerechtfertige Ausgrenzung aus der Solidargemeinschaft ist. Und wenn die Solidargemeinschaft die Kosten nicht trägt, muss sie evt. mit den Konsequenzen leben. Und sie soll eigentlich auch die Konsequenzen spüren, um auf den Mißstand aufmerksam zu werden. Dass ja gar nicht wir einfachen Steuerzahler das so entschieden haben, sondern die Regierung in unserem Namen, ändert nichts daran.

Genauso muss ja z.B. auch die Krankenkasse die Abermillionen Euro für eine Frau zahlen, die sich bei ihrem Mann mit HIV angesteckt hat, weil sie die Kinderwunschbehandlung nicht bezahlen konnten, die eine Ansteckung verhindert hätte. Und die Krankenkasse - das sind dann ganz richtig auch wieder wir. ...
Liebe Grüße, Rebella
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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

hallo rebella,

wegen der kiwu-behandlungen bin ich völlig bei dir.

wenn sich allerdings leute für solche fragwürdigen finanzierungen entscheiden, finde ich es nicht fair, den steuerzahler nach dem motto "ist der ruf erst ruiniert, lebt's sich gänzlich ungeniert" zu belasten.
es gibt gerade heutzutage über internet etc. einfache möglichkeiten, sich zu informieren.
Aber über die Einnahmen und Ausgaben von Steuern entscheidet die Regierung. Wenn die Mist bauen, bleibt das ja sowieso immer beim Steuerzahler hängen.
dass politiker vielfach dumm und ungerecht entscheiden, wissen auch alle. das sollte aber m.a. kein freifahrtschein sein, sich es auf dem rücken der arbeitnehmer gut gehen zu lassen. nur weil einer fehler macht, ist das doch kein freibrief für eigenes unsoziales verhalten.

dein argument, dass die solidargemeinschaft die auswirkungen spüren soll, zieht aus meiner sicht insofern nicht, als für die solidargemeinschaft ursache und wirkung doch garnicht klar ist. leute verschulden sich aus tausenden von gründen und dass es in diesem fall nun kiwu war, merkt doch keiner. deshalb wird aus solchen schicksalen nichts gelernt werden.

hallo threaderöffnerin,

das ist ausdrücklich keine kritik an dir, denn du hast dich ja gegen die insolvenz entschieden!!

liebe grüße

mondschaf
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Beitrag von anonymbenutzer »

eine Privatinsolvenz ist doch immer nur allerallerletzte Option und nur in Abwägung einer verzweifelten, ausichtslosen Situation bestenfalls das kleinere Übel.

Bei RTL gibt es ja eine Fernsehserie " Raus aus den Schulden" hier sind die Leute meistens schon von der Verschuldung ( die ja viele haben) in die Überschuldung geraten - sie haben scheinbar keine Möglichkeit mehr von den Schulden runter zu kommen.

Manchmal aber doch - auch ohne Privatinsolvenz - wie die Serie zeigt.

Ursachen für private Insolvenzen sind übrigens meist Krankeit/Scheidung/Arbeistlosigkeit.

Beim Problem der Threaderöffnerin droht bisher "nur" das Abgleiten in die Überschuldung, daher muss sofort gehandelt werden, wie sie selbst weiß.

Ausserdem ist ja das Ende der Fortbildung des Mannes klar absehbar - dann wird er vermutlich wieder volles und sogar ein höheres Gehalt dank besserer Qualifikation beziehen ?

die Bundesregierung/Familienministerium gibt Tipps zur Schuldenregelung und auch Musterbriefe zum download, wenn man über die Schulden verhandeln möchte.

http://www.meine-schulden.de/

Stiftung Warentest empfiehlt eine private Internetkreditvermittlung SMAVA, die ein Ebaygründer aufgebaut hat.

Geldanleger verleihen privat Geld, allerdings ist das nicht so ganz privat, denn auch hier prüft eine Bank vorab die Kreditnehmer zu Sicherheit.

http://www.test.de/themen/geldanlage-ba ... 9/1533339/

http://www.smava.de/index.html
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Hallo Mondschaf,

da kannst du natürlich eine philosophische Frage draus machen. Ist es mit unserer Moral vereinbar, dass wir uns von der Gesellschaft etwas zurück holen, was sie uns zuvor unmoralmäßig verweigert hat?

"wenn sich allerdings leute für solche fragwürdigen finanzierungen entscheiden, finde ich es nicht fair, den steuerzahler nach dem motto "ist der ruf erst ruiniert, lebt's sich gänzlich ungeniert" zu belasten."

Erstmal möchte ich zwischen den Leuten differenzieren, die sich für solche fragwürdigen Finanzierungen entscheiden. Da gibt es ganz sicher die, die entweder aufgrund geringerer Intelligenz oder aufgrund derzeitiger psychischer Belastungen gar nicht in der Lage waren, die Fragwürdigkeit zu durchblicken. Dann mag es die geben, die die Falle schon erkennen, aber aufgrund einer großen Notlage das Angebot trotzdem annehmen. (Jeder hier würde kurz vor dem Verdursten sicher auch Salzwasser trinken. ...) Auf der anderen Seite mag es die einfach nur Leichtsinnigen geben, vielleicht auch Spekulanten, die nach dem Motto leben: "Das zahl ich eh nicht zurück!" Einzig die letzte Gruppe würde ich hier als unfair bezeichnen wollen.

Davon mal abgesehen sind die Kreditzinsen sicher auch deshalb so hoch, weil die Banken schon einkalkuliert haben, dass sie einen gewissen Anteil ihrer Gelder nie wieder sehen werden. Da zahlen also die ehrlichen Rückzahler für die, die nicht zurück zahlen, mit.


Zitat: "das sollte aber m.a. kein freifahrtschein sein, sich es auf dem rücken der arbeitnehmer gut gehen zu lassen. nur weil einer fehler macht, ist das doch kein freibrief für eigenes unsoziales verhalten."

Richtig. Aber zählt die Threaderöffnerin deiner Ansicht nach wirklich dazu, wenn sie doch Insolvenz beantragt??? Hätte sie sich damit einen Freifahrtschein gezogen? Hätte sie es sich damit auf dem Rücken der Arbeitnehmer gut gehen lassen? Ich meine, nein. Denn sie hat es ja versucht, ehrlich zurück zu zahlen. Nun stößt sie aber an ihre Grenzen. Und die Gesellschaft läßt es sich ja letzten Endes auf ihrem Rücken gut gehen. Denn die Kinder, die sie jetzt groß zieht, werden später doppelt und dreifach für die Gesellschaft arbeiten müssen.

Meine obige Frage: "Ist es mit unserer Moral vereinbar, dass wir uns von der Gesellschaft etwas zurück holen, was sie uns zuvor unmoralmäßig verweigert hat?" kann ich nur mit ja beantworten. Ich denke, jemand, der vorher reichlich unsozial behandelt wurde, muss sich nicht dafür schämen, der gleichen Gruppe gegenüber (hier: der Gesellschaft) in dem Maße auch unsozial zu sein, dass ihm ein erträgliches und mit etwas mehr Sonne erwärmtes Leben wieder möglich wird.

Aber ganz davon abgesehen bin ich sowieso der Auffassung, dass Mütter von kleineren Kindern in unserer Gesellschaft sowieso immer die Möglicheit haben sollten, zu Hause bei ihren Kindern zu bleiben, wenn sie es denn wollen. Und dies ganz ohne finanziellen Druck!
Liebe Grüße, Rebella
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Beitrag von anonymbenutzer »

Um mal bei bei den Formulierungen hier zu bleiben:

die Gesellschaft/ Solidargemeinschaft verweigert nicht Kinder

sondern verweigert allenfalls unfruchtbaren Paaren die finanzielle Unterstützung bei der freiwilligen Entscheidung:
die individuelle Nutzung medizinisch ermöglichter Chancen, mit Unterstützung menschliches Leben zu zeugen.
Ob dann Empfängins,Einnistung, Schwangerschaft ist sowohl individuell zufällig/schicksalhaft als auch statistisch klar begrenzt.

für mich gehört das Thema Unfruchtbarkeit nach wie vor zum Thema Krankheit/Krankheitsfolge und Behinderung und ist daher primär überwiegend eine individiuelle Sache.

Das Hauptproblem ist dabei, dass man in dieser einmaligen Situation diese Krankheit/Folge(Behinderung) eben nur als Paar haben kann, was dem üblichen Krankheitsbegriff in Bezug auf Idividuen völlig entgegensteht - andererseits wie sollte man denn sonst überhaupt das Recht auf reproduktive Gesundheit definieren wenn man den Paarbezug hier für unzulässig hält- absurd und irreal,
..denn Einzelpersonen könnten sich nur per KLONEN/ = menschliche Ableger ungeschlechtlich vermehren-das ist Unsinn !

Nicht vergessen werden darf, das all dies gilt nur dann, wenn ein individueller Paar-Kinderwunsch besteht.

Das nutzen taktierende Politiker und all die konservativen Bekämpfer/Innen der KB um die Sache zu diskreditieren und moralisch zu diffamieren ,oder das was eigentlich hinter dem Begriff KIWU steht einfach platt umzudeuten, nur ein Wunsch..wie Autos, Reisen...obwohl es doch völlig klar ist das es eine Kindersehnsucht ist, welche für viele ( nicht zwingend für alle)zum menschlichen Dasein dazugehört - etwas tiefergehendes als irgendwelche Wünsche.


Total ablehnend stehe ich bei solchen primär existentiell-individuellen Lebens-Gesundheits-Fragen diesen übertriebenen Kollektivinteressen/Zugriffen gegenüber.

diese Kollektivideen beruhen einerseits auf moralistischer Symbolpolitik einerseits die Argumentation

des Kinderzeugens aus Nachhaltigkeitsgründen fürs Kollektiv - > Argument der späteren Beitragszahler (tja aber nur wenn sie nicht krank, behindert sind, abhängig von Schulbildung, abhängig von Biografie...Drogensucht, Kriminell..psychisch gestört aufgrund familiärer Probleme, zukünftiger Arbeitsmarkt ? )

...ebenso die angebliche Kollektivgefahr, die ach so unmoralische,da unnatürliche Zeugung mit ihren Missbrauchsgefahren würde die Gesellschaft/ das Menschenbild verändern.

Es gibt sehr viele Paare, die sich ebenso verschulden mit Behandlungsversuchen, dann aber letzendlich kinderlos bleiben..oder besser keine Beitragszahler hervogebracht haben,..was ist mit denen ?

die haben dann der die angblich geforderte Nachhaltigkeits-Zeugungs-Leistung nicht erbracht.

ganz zu schweigen von Auslandsversuchen Auslandsadoptionen...


und die angebliche Logik eine Frau sei vom der Solidargemeinschaft gezwungen, sich wegen KIWU mit HIV anzustecken, absichtlich aus safer Sex zu verzichten ...die ist für mich eine sehr exotische Einzelmeinung.

Individuum Vernunft, Verantwortung und individuelle freier Wille, individuell nach Glück ( dazu gehört auch Gesundheit /reproduktive Rechte) streben DÜRFEN - nicht Berechnen oder unter Zwang handeln - nur das allein hat für mich allein Bedeutung.


Natürlich habe ich Verständnis für die Unvernunft der Frau, die das Aidsrisiko eingeht im Sinne menschlicher Schwäche..

ebenso ist es doch klar, dass viele lieber den niedrigschwelligen Kredit . eben mal die Karte belasten-
langwierigen ungenhemen Verhandlungen bei der Bank vorziehen..

an verständlichen menschlichen individuellen Schwächen Fehlleistungen ist aber doch nicht immer die böse Gesellschaft oder der Staat schuld, und Menschen sind auch keine allein sozial programmierten/Konstruierten Marionetten..


Diese Verrechnungsmentalität, die Symbolpolitik in Bezug auf Familie/Fortpflanzung/Krankheit/Behinderung nimmt für mich ganz schön totalitäre Züge an, wenn das derart in Bezug aufs Kollektiv gesehn wird ...Grusel ! aber das gilt ja heute ganz Schick-unschuldig als " Nachhaltig" !

auch die vielen Ehescheidungen/ das Nichtheiraten das bewusste Verzichten auf gegenseitige Unterhaltspflicht/ Eingehen einer rechtlich bindenden Verantwortungsgemeinschaft schaden demnach finanziell ebenso dem Kollektiv - s.o.
all die Spielarten ungesunder Lebensführung etc
...am besten man schafft gleich den fehlbaren v.a. selbstbestimmten individuellen "menschlichen" Menschen ganz ab..


Bei der Chancengewährung/Unterstützung eine eigene Familie zu gründen geht es für mich ganz allgemein formuliert im Sinne der linksliberalen Philosophin Martha Nussbaum ( Fähigkeitenansatz/ Capabilitiy approach) um die Frage der Gerechtigkeit/reproduktiven Rechten klar um

- Unterstützung bei der Handlungsbefähigung
- Gewähren von Verwirklichungschancen


und sicher nicht darum dass jedes ( ?? wirklich jedes??) Kind laut Frau Kässmann angeblich der Solidargemeinschaft 70.000 Euro wert sei..und andere dann diese Kosten gegn die KB verrechnen wollen..


all das ist immer freiwillig und ebenso anerkennenswert finde ich Paare, die von sich aus freiwillig den Mut aufbringen - aufzugeben.

" Die Sportler brauchten mehr Mut zum Aufgeben." sagt ein aktuell Arzt der Bergwacht - nachdem 2 Sportler nach einem Berglauf zu Tode kamen - das gilt für mich immer - FREIWILLIG.
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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

hi rebella,
Meine obige Frage: "Ist es mit unserer Moral vereinbar, dass wir uns von der Gesellschaft etwas zurück holen, was sie uns zuvor unmoralmäßig verweigert hat?" kann ich nur mit ja beantworten. Ich denke, jemand, der vorher reichlich unsozial behandelt wurde, muss sich nicht dafür schämen, der gleichen Gruppe gegenüber (hier: der Gesellschaft) in dem Maße auch unsozial zu sein, dass ihm ein erträgliches und mit etwas mehr Sonne erwärmtes Leben wieder möglich wird.
hmm, wenn du das zu ende denkst, wird wohl jeder sich von der politik in irgendeiner sache ungerecht behandelt fühlen. für dich ist es die kürzung der leistungen der krankenkassen für kiwu, für andere menschen sind es andere themen. ich kenne z.b. eine frau, die fast ihr ganzes hab und gut in den tierschutz investiert...

wenn sich nun jeder das, was ihm seiner ansicht nach unrechtmässig verweigert wird, sozusagen auf privatem wege wiederholte, lebten wir in einer gesellschaft von egoisten. in der jeder ausschließ´lich seine ziele verfolgt. und gerade das scheint mir doch ein grund für die schlechte politik in deutschland zu sein, dass nämlich jedes lobby-grüppchen nur an sich denkt und kein politiker und keine interessenvereinigung mal vorschläge macht, die nicht nur ihren direkten klientel etws bringen, sondern wirklich um gerechtigkeit bemüht sind.

außerdem, was ist denn dann mit den paaren, die sich alles durchrechnen und dann zu dem schluss kommen, dass sie sich die kiwu-behandlung nicht leisten können? die sind dann ja doppelte verlierer.

wenn du deinen gedankengang weiterführst, lässt sich auch anderes denken: jemand tötet einen guten freund oder verwandten von mir. tja, todesstrafe gibt es nicht, angenommen, ich würde sie aber befürworten, fühle ich mich ungerecht behandelt, also erledige ich das mal schnell selber....
Erstmal möchte ich zwischen den Leuten differenzieren, die sich für solche fragwürdigen Finanzierungen entscheiden. Da gibt es ganz sicher die, die entweder aufgrund geringerer Intelligenz oder aufgrund derzeitiger psychischer Belastungen gar nicht in der Lage waren, die Fragwürdigkeit zu durchblicken. Dann mag es die geben, die die Falle schon erkennen, aber aufgrund einer großen Notlage das Angebot trotzdem annehmen. (Jeder hier würde kurz vor dem Verdursten sicher auch Salzwasser trinken. ...) Auf der anderen Seite mag es die einfach nur Leichtsinnigen geben, vielleicht auch Spekulanten, die nach dem Motto leben: "Das zahl ich eh nicht zurück!" Einzig die letzte Gruppe würde ich hier als unfair bezeichnen wollen.
ok, dem kann ich zustimmen. dennoch denke ich, dass die gesellschaft für sich im nachhinein als falsch herausstellende entscheidungen einzelner individuen nicht unbegrenzt aufkommen muss.

liebe grüße

mondschaf
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Beitrag von rebella67 »

Das ist natürlich auch eine Sache, die mit Bedacht ermessen werden sollte, Mondschaf. Du hast völlig Recht, wenn jeder zusieht, dass er selber nicht zu kurz kommt, dann leben wir in einer Gesellschaft, die irgendwie ganz schlecht funktioniert. Aber ist es nicht schon so? Du siehst rund um dich herum, wie sich jeder selbst bedient und kriegst ganz für dich selbst das Gefühl: Bin ich bescheuert? Die bedienen sich alle - und ich? Und dann bedienst du dich eben auch, wo du kannst. Andere machen es auch so und dann kommen wir alle ganz schnell da hin, wo wir jetzt nämlich schon fast sind. Ein paar ehrliche Leute gibt es immer noch, ja. Aber die sind irgendwie auch ganz schön blöd, nicht? Und je mehr Ungerechtigkeiten es gibt, desto mehr Leute wollen sich doch zurückholen, was ihnen genommen wurde. Du als Einzelne kannst da mit einem vorbildlichen Verhalten nichts tun, weil du dabei selber in den A…. gekniffen bist.

Wenn es jedoch mehr Gerechtigkeit gäbe und sich jeder Bürger in diesem Land geschätzt sehen dürfte, würden solche Selbstbedienungen ganz von selber (fast) aufhören.

Ich will hier nicht den Eindruck erwecken, als würde ich mich überall selbst rücksichtslos bedienen. Aber ich will nicht leugnen, dass ich z.B. kein schlechtes Gewissen habe, dass ich mit meinen Kindern über viele Jahre bewusst zu Hause geblieben bin und wir natürlich als Familie alle Sozialleistungen, die wir kriegen konnten, mitgenommen haben. Nicht gesetzeswidrig, aber doch alle Angebote genutzt. Dafür haben wir unserem Land zwei zukünftige Steuerzahler spendiert. Ist das nichts? Arbeitslose gibt es ja eh genug. Ob ich nun arbeitslos bin (und in der Zeit mich um meine Kinder kümmere, dass was Anständiges aus ihnen wird) oder der gerade erwachsen gewordene Sohn in der Nachbarschaft (der seine freie Zeit mit ´ner Bierpulle in der Hand abgesessen hätte) - das kommt doch für den Steuerzahler auf das Gleiche bei raus.

Und bin ich dabei wirklich Egoist? Unsere Kinder haben einen Vorteil davon, der Nachbarssohn hat einen Vorteil davon (weil er statt meiner arbeiten darf), die Schule hat einen Vorteil davon, weil ich da auch mal meine Zeit investiere, und noch so mancher mehr.

Zitat: „was ist denn dann mit den paaren, die sich alles durchrechnen und dann zu dem schluss kommen, dass sie sich die kiwu-behandlung nicht leisten können? die sind dann ja doppelte verlierer.“

Ja, da haste Recht. Da wir aber in einer Ellenbogengesellschaft leben, sind das sowieso alle, die nicht auch mal schubsen können. Da bin ich dann eher die, die solche Menschen auch mal zum Zurückschubsen animiert. Egal, ob nun Kiwu-Paare oder Menschen mit anderen Problemen …

Zu deinem Fall mit der Todesstrafe: Ich bin schon froh, dass in der Beziehung nicht so einfach Selbstjustiz möglich ist. Ich bin mir aber sicher, wenn jemand meine Kinder vorsätzlich beseitigen würde und der Staat lässt ihn trotzdem frei rum laufen, würde ich wirklich selber Hand anlegen. …
Liebe Grüße, Rebella
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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

moin moin rebella,

so ein mist, wollte den garten aufräumen und nun regnet es. :evil:
Aber ist es nicht schon so? Du siehst rund um dich herum, wie sich jeder selbst bedient und kriegst ganz für dich selbst das Gefühl: Bin ich bescheuert?
das seh ich etwas anders. manchmal hat man in der tat den eindruck, dass es so ist. aber es gibt doch genügend menschen, die nicht so sind und sich nicht nur korrekt verhalten, sondern sich in ihrer freizeit sogar noch für andere engagieren!
und man kann für sich schon den anspruch haben, zu der einen oder der anderen gruppe zu gehören, finde ich!
ich würde meine ansprüche an mich da nicht nur an dem messen, was die anderen tun, denn, wie ich schon schrieb, du findest für jeden ansatz ein "vorbild".
und wenn du dich an den egoisten orientierst, trittst du doch denen, die es nicht so machen, ins gesicht.
ich hätte für mich ein schlechtes gefühl, wenn mir z.b. jemand zuviel wechselgeld rausgibt und ich es einfach einsacke mit der rechtfertigung, dass sicher nicht alle leute in dieser situation zu mir ehrlich sind.
vor einiger zeit hatte ich riesen ärger mit meinem auto, weil mir einer reingefahren ist, als es geparkt an der straße stand. war ein richtig großer schade, wertmindernd, schweißarbeiten mit selbstbeteiligung. natürlich ist da die versuchung groß, genauso zu handeln, wenn mir als täter etwas ähnliches passiert. aber vielleicht trifft es einen grundehrlichen menschen, der das auto verkaufen will, um seine kiwu-behandlungen zu bezahlen. :wink: scherz beiseite, ich hoffe, du verstehst, was ich meine.
die solidargemeinschaft ist zwar anonym, aber die grundwerte des verhaltens sind doch ähnlich?
Dafür haben wir unserem Land zwei zukünftige Steuerzahler spendiert. Ist das nichts?
hmm, ich find das argument mit der finanzierung der kb und den zukünftigen steuerzahlern etwas problematisch. statistisch gesehen ist das so, aber es kann doch niemand sagen, ob gerade die eigenen kinder zu steuerzahlern werden oder im gegenteil der solidargemeinschaft zusätzliche kosten verursachen werden, weil sie der gemeinsacft auf der tasche liegen.
natürlich können wir als eltern unser bestes geben, aber die sicherheit haben wir nicht.
und selbst, wenn unsere kinder unterstützung von anderen annehmen, können sie dafür unterschiedlichste gründe haben, sie können es mit absicht tun oder sie suchen vielleicht verzweifelt nach arbeit, die sie nicht finden...

wenn ich die wahl habe, als steuerzahler jemanden zu finanzieren, die sich für ihre kinder einsetzt und im bereich kiwu auch für andere tätig ist (den einsatz für die familie würde ich mal noch als "erweiterten egoismus" interpretieren :wink: ) oder jemanden, der herumlungert und nichts sinnvolles tut, ist auch klar, wie meine wahl ausfällt.
die argumentation betrachtet aber die frage sozusagen von außen. unabhängig davon, dass ich um mich herum schaue, wer denn ggf. statt mir arbeitslos ist, kann ICH mich doch bemühen, einen platz in der gemeinschaft einzunehmen, der auch gibt und nicht nur nimmt.
Zu deinem Fall mit der Todesstrafe: Ich bin schon froh, dass in der Beziehung nicht so einfach Selbstjustiz möglich ist. Ich bin mir aber sicher, wenn jemand meine Kinder vorsätzlich beseitigen würde und der Staat lässt ihn trotzdem frei rum laufen, würde ich wirklich selber Hand anlegen. …
das hab ich gewusst, dass du das schreiben würdest *g* *g* ist ja das erste, was einem so als eltern in den sinn kommt.
ich habe mich auch gewundert, dass bei diesem belgischen kinderschänder, der ja offensichtlich von der belgischen justiz und politik gedeckt wurde, nicht jemand hand angelegt hat. das ist dann aber für mich schon ein notfall, da es in dem fall ja drum gegangen wäre, das leben zukünftiger kinder zu schützen. der staat war da offensichtlich korrupt und hat seiner aufgabe nicht in einer weise erfüllt hat, die manche vielleicht nicht angemessen finden (knast statt todesstrafe), sondern er ist seiner aufgabe wie sie auch im gesetz steht und für die gemeinschaft vereinbnart wurde, überhaupt nicht nachgekommen. so ein attentat wäre für mich schon in die kategorie von notwendigem zivilem ungehorsam gefallen.

liebe grüße

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Beitrag von anonymbenutzer »

Wenn es jedoch mehr Gerechtigkeit gäbe und sich jeder Bürger in diesem Land geschätzt sehen dürfte, würden solche Selbstbedienungen ganz von selber (fast) aufhören.
das meinst Du tatsächlich ernst ? so ticken wir Menschen u. Gesellschaften doch nicht, klingt nach Paradiesstory oder UTOPIA ..
Dafür haben wir unserem Land zwei zukünftige Steuerzahler spendiert.
damit ist also das sog. " Abkindern" ( Ehekredit des Staates wird Schritt um Schritt erlassen, desto mehr kids man seinem "Staat spendiert" )gemeint ?

gesellschaftliche Anerkennung als arbeitslose Mutter, in diese Falle tappen doch so viele junge Frauen, sie brechen die Schule ab, werden schwanger - sicher ist da auch die unbestimmte Sehnsucht nach Sinn und Wärme nach einer idealen unbelasteten Beziehung.

und was haben diese vielen Mädchen dann später von diesem Mutterkult-Gesäusel ?
Sie stehen als Alleinerziehende ohne Schulabschluss da und leben von Sozialhilfe ...und dieses Modell ist wegen solcher Verrechnungsideen besonders toll ?

Wer sich also irgendwie als Opfer fühlt, sich so definiert, oder tatsächlich Opfer einer Sache ist, der darf sich dann am Kollektiv die Wiedergutmachung zurückholen, bei den angeblich Schuldigen...?

die gleiche simple Moral haben doch all die kleinen Kaufhausdiebe, weil der böse Konzern XX so viel Cash macht, kann man also klauen.. ??
jeder macht sich seine Privatgerechtigkeit - ohne Spielregeln gibt es aber auch keinerlei Vertrauen mehr - aber Hauptsache die selbsgemachte private Egomoral wird bedient..?

wenn man nicht mehr auf Spielregeln vertrauen kann, dann schlägt das IMMER in indirekte oder direkte Gewalt um - dann gilt letzlich nur noch das Recht des "Stärkeren".

Übrigens wurde das schon mal versucht, die Geburtenzahlen anzuheben, mit "Ehestandsdarlehen" der Anerkennung der Gebärleistung für den Staat und es wurden damals dennoch nur 1-2 Kinder im Schnitt geboren..

Es gibt keinerlei Pflicht zum Kind - es gibt die Freiheit zum Kind ( reproduktive Rechte !)und in unserer Demokratie das Ideal der Chancen-Verteilungsgerechtigkeit, aber immer auch der Selbst(Mit)verantwortung solang die Gesellschaft FREI ist.

Übrigens dieses ganze Ofergehabe ist langsam out und abgegriffen, weil das einfach als Instrument so vieler Interessengruppen missbraucht wurde. Gottseidank !
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Beitrag von Mondschaf »

ohne Spielregeln gibt es aber auch keinerlei Vertrauen mehr
das finde ich sehr bedenkenswert. zu einem gewissen maße muss man einfach die entscheidungen der politik akzeptieren, auch wenn man sie nicht richtig findet, wenn man im austausch dafür sicherheit haben will, dass man sich - im prinzip - auf ein bestimmtes verhalten der mitmenschen auch verlassen kann.
wobei ich denke, dass es spielregeln gibt, bei denen es in ordnung - ja sogar im sinne der gemeinschaft - ist, sie zu brechen, siehe beispiel belgischer kinderschänder.
Wenn es jedoch mehr Gerechtigkeit gäbe und sich jeder Bürger in diesem Land geschätzt sehen dürfte, würden solche Selbstbedienungen ganz von selber (fast) aufhören.
rebella, diesen zustand wird es nie geben. die menschen haben unterschiedliche interessen und es sind nur bergenzt viele mittel da, die für diese interessen verteilt werden können. ich werde nie meine bekannte davon überzeugen können, dass kiwu ein "wichtigeres" thema als tierschutz ist.
umgekehrt warte ich noch auf das argument, das mich davon überzeugen wird, wieso es sinnvoll ist, milliarden für das thema raumfahrt zu verschwenden... :wink:
da bleiben nur zwei möglichkeiten, nämlich entweder auf eine bessere - in diesem fall weniger egoistische - welt zu verzichten oder bei sich selbst anzufangen.

liebe grüße

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