Eizellspende-Freispruch für Mediziner aus Augsburg

Nera
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Beitrag von Nera »

Guten Abend,

Erstmal zu den Studien:

Ich würde nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass ich alle Studien kenne. Sollte ich die absolute super-Studie nicht kennen, kannst du, Rebella, mir sicher sagen, wo ich sie finde.

Von den meisten, die mir bekannt sind, finde ich die Resultate ziemlich oberflächlich. Da muss man echt aufpassen mit Überinterpretationen, ich weiß, dass man gerne mal dazu neigt, gerade wenn man mit wissenschaftlichen Methoden nicht vertraut ist. Wenn eine Studie zum Ergebnis kommt, dass Spenderkinder nicht sonderlich auffällig sind (sei es in der Schule, im Umgang mit anderen Menschen, gesundheitlich etc), ist das nicht falsch, im Gegenteil, das passt ziemlich gut auch zu meiner persönlichen Beobachtung. Auch ich stelle fest, dass die meisten Kinder (bzw. späteren Erwachsenen) aus Samenspenden recht unauffällig sind, zumindest die, die ich kennen gelernt habe. "Wir" sind nicht irgendwie anders oder trauriger oder dümmer oder mehr in Verbrechen involviert oder ähnliches. Wenn überhaupt, dann finde ich fallen "wir" eher positiv auf. Die meisten, die ich kenne (17 Jahre und älter), haben studiert oder zumindest die Voraussetzungen dafür, sind gebildet, führen ein gutes Leben, sind beziehungsfähig, haben ein gutes soziales Netzwerk, einige haben eigene Kinder... Gibt natürlich auch ganz klar Ausnahmen, ich kenne zum Beispiel ein junges Mädchen, das an einer schweren psychischen Erkrankung leidet (mit langen Klinikaufenthalten etc), aber ich finde, im Großen und Ganzen geben Spenderkinder ein eher positives Bild ab. Da sehe ich noch nicht mal den kleinsten Unterschied zwischen Früh- und Spätaufgeklärten.

Ich kann mir gut vorstellen, dass sich Eltern durch solche Ergebnisse beruhigter fühlen. Es erweckt den Eindruck, wenn Spenderkinder positiv auftreten, dann können die Auswirkungen, einen Elternteil nicht zu kennen, ja nicht so schlimm sein oder eben, wie es hier geäußert wurde: dann hab ich als Mutter ja alles richtig gemacht. Ich meine, ganz ehrlich, es gibt mit Sicherheit wesentlich schlimmeres als das. Aber wo ist der Maßstab? Und wer hat überhaupt das Recht dazu, hier einen Maßstab zu setzen?
Ich würde sagen, es gibt ganz bestimmt Menschen, die aus Samenspende entstanden sind und sich daraus ihr Leben nicht versauen lassen. Die sagen, ja, ich weiß, dass dass so ist, aber es kümmert mich nicht großartig. Es gibt Wichtigeres für mich. - Also eher "nicht nennenswert beeinflusst".
Ich würde sogar behaupten, das trifft auf die fast alle Spenderkinder zu, dass sie sich das Leben dadurch nicht versauen lassen (möchten). Ich will auch gar nicht bestreiten, dass man als Spenderkind nicht auch trotzdem ein gutes Leben führen kann, ganz im Gegenteil. Ich finde Spenderkinder haben ziemlich gute Bewältigungsstrategien. Trotzdem ist "Bewältigung" immer mit Abstrichen verbunden.

Mir geht es gar nicht darum, irgendwas künstlich zu problematisieren, auch wenn ich die (möglichen) Probleme durchaus sehe. Worum es doch geht ist, dass sich viele Spenderkinder bevormundet fühlen, wenn so über sie hinweg entschieden wird, dass sie ihren biologischen Vater - wenn nicht für immer, dann zumindest für mehrere Jahre - nicht kennen dürfen. Und das ist es doch: Diese Kinder werden genau unter dieser Bedingung gezeugt (das ist der Unterschied zu Adoptionen). Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie man ernsthaft annehmen kann, dass sich das nicht auch auf das Leben dieser Menschen auswirkt. Die Folgen haben v.a. unterschwelligen Charakter. Das zeigt sich nicht unbedingt in der Frage: bist du glücklich? Oder inwiefern stört es dich, deinen biologischen Vater nicht zu kennen?

Die einen werden vielleicht rebellischer (in dem Sinne, dass sie sich z.B. öffentlich für Veränderungen einsetzen) als andere, die das einfach hinnehmen. Wobei wiederum andere vielleicht ihre Eltern schützen wollen und - um sie nicht noch zusätzlich zu verletzen - die Anonymität sogar gut heißen... hat alles so seine Vor- und Nachteile, aber ich denke der Grundtenor ist der gleiche. Und darüber hätte ich nur zu gerne mal eine tiefenpsychologische Studie.

Ich finde es wichtig, dass ein Bewusstsein geschaffen wird, in was für eine Situation man einen Menschen damit bringt und was man sich als Eltern, aber v.a. als Mediziner damit eigentlich rausnimmt. Dafür reicht es m.E. nicht aus einfach zu sagen, naja, die Kinder sind ja nicht auffällig, dann kann man anonyme Spenden doch bedenkenlos fortführen. Und wenn das Kind nur früh genug aufgeklärt wird und es irgendwann seinen biologischen Vater auch kennen lernen kann, ist doch nichts dabei. Das Ziel sollte nicht sein, Eltern zu beruhigen, sondern ihnen Ihr Handeln bzw. die Folgen bewusst zu machen. Aus meiner Sicht ist das für Eltern der einzig authentische Weg, Verantwortung zu übernehmen und dem Kind bei diesem Thema gerecht zu werden...
Den Gefrierprozess gibt es auch in der Natur. Und auch in der Natur können eingefrorene Zellen von Lebenwesen ewig erhalten bleiben. - Ob das nun also die Natur macht oder der Mensch selber, macht nicht wirklich einen Unterschied. - Hast du zu Hause eine Gefriertruhe oder ein Gefrierfach an deinem Kühlschrank? Beunruhigt es dich nicht, etwas zu essen, was dort mal "künstlich eingefroren" war?
Lach... Hast du menschliche Spermien in deinem Gefrierfach? Oder schon mal Spermien im Winter irgendwie gefunden? Also ich nicht...
Für mich macht es einen Unterschied, dass gerade diese Zellen, mit denen ich gezeugt wurde, eingefroren waren. Ich leide nicht darunter, dass es so ist, aber es ist ein komisches Gefühl...
rebella67 hat geschrieben:Kennst du denn "Embryonenspendekinder", mit denen du dich darüber ausgetauscht hast? Also ich habe mich sehr lange und intensiv mit meiner transsexuell geborenen Freundin ausgetauscht und auch Vieles von ihr gelernt.
Ich gehe von der Tatsache aus, wie es ist einen Elternteil oder beide Eltern nicht zu kennen. Da kenne ich so einige, auch nicht nur Spenderkinder, sondern z.B. auch Adoptivkinder, mit denen ich mich ebenfalls intensiv ausgetauscht habe.

Klar, ist die Embryonenspende nicht gleichzusetzen mit Samenspenden, das behaupte ich auch nicht. Aus meiner Sicht kommen dort eher Aspekte dazu, die das ganze noch schwieriger und nicht gerade besser machen. (Nicht nur einen, sondern beide Elternteile nicht zu kennen, zwei biologische Mütter, 2. Wahl etc.). Darüber kann ich jedoch nur spekulieren, da hast du vollkommen recht.
Außerdem weißt du gar nicht, wie du heute in Bezug auf die Spende fühlen würdest, wenn du es "schon immer" gewusst hättest und wenn der Spender nicht anonym wäre.
Du tust immer gerade so, als würde das auf alle heute gezeugten Spenderkinder zutreffen. Eltern, die ihre Kinder aufklären sind immer noch die Minderheit (und selbst in aufklärenden Familien kann eine geheimhaltende Stimmung vorherrschen). Zudem sind die Spender (wenn es keine privaten Spender sind) auch heute noch anonym, bis die Kinder ein bestimmtes Alter erreicht haben.


Nun zum Thema Religion:

Danke für den Text (warum gibst du die Quellen nicht auch im Forum an?). Ich hab ihn mir interessiert durchgelesen, sage aber gleich vorweg, dass ich deine Schlussfolgerungen schwierig finde und sie auch noch immer nicht ganz verstehe.

Ich bin wie gesagt ganz deiner Meinung, dass es für die Gesetzgebung nicht ausreicht, nur auf die Grundsätze der Kirche zu vertrauen, finde es aber aus aufschlussreich, sich das anzuhören, gerade bei solchen Fragen, wo es nun mal weltanschauungssache ist und es kein richtig oder falsch gibt. Die anderen Religionen einzubeziehen finde ich ebenso interessant.

Genauso richtig ist es die Erkenntnisse der Biologie heranzuziehen, was beim Embryonenschutzgesetz ja zweifelsfrei der Fall ist. Ich sehe bei der Formulierung ehrlich gesagt überhaupt keinen Einfluss der Kirche, sondern rein biologische, naturwissenschaftliche Begründungen, sodass ich deinen Aufschrei ehrlich gar nicht nachvollziehen kann. Du machst das rein daran fest, dass eben Vertreter der Kirche auch im Ethikrat sitzen und weil dir das Gesetz nicht gefällt sind sie die Übeltäter.
Die Regelung im deutschen Embryonenschutzgesetz entspricht der Forderung der christlichen Kirchen, das sich entwickelnde menschliche Leben ab dem Zeitpunkt der Befruchtung mit Menschenwürde zu belegen, und damit sein Verwerfen zu verhindern.
Du selbst möchtest doch auch das Verwerfen verhindern und möchtest damit doch eigentlich noch viel früher ansetzen, oder nicht? Da müsstest du doch eher das Christentum bejubeln, im Gegensatz zu den anderen Religionen.

Hintergrund des Gesetzes ist, dass geteilte Mutterschaften verhindert werden sollen. Das Gesetz macht hier jedoch eine Ausnahme, indem es sagt, okay, ab dem Zustand der Kernverschmelzung ist dies akzeptabel. Würde das Gesetz die Ansätze des Judentums oder einer anderen "liberalen" Religion befolgen, dann dürften noch nicht mal Zygoten gespendet werden.

Tut mir Leid, ich hab echt Schwierigkeiten, dich zu verstehen.

Hast du mal geschaut, wie die einzelnen Religionen zur gespaltenen Mutterschaft stehen? Oder was es da generell für Bedenken gibt?
Wenn Atheisten an ungewollter Kinderlosigkeit leiden und dazu verurteilt werden, dies aufgrund göttlicher Prinzipien zu bleiben, fühlen sie sich in besonders starkem Maße in ihrem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf Selbstbestimmung verletzt. In einem Staat, der sich als weltanschaulich neutral bezeichnet und der in seinem Grundgesetz die Trennung von Staat und Kirche verankert hat, ist es eindeutig grundgesetzwidrig und in höchstem Maße die Persönlichkeit verletzend, ja, Menschenrechte verletzend, wenn man Menschen dazu verpflichtet, sich unter Ignorierung fundamentaler menschlicher Bedürfnisse den Gesetzen einer Religion oder sogar einer bestimmten Religion zu unterwerfen.
Nun lass aber mal die Kirche im Dorf (sorry für den schlechten Wortwitz)...
Deshalb sollten wir den Eltern die Möglichkeit geben, das nach ihrer persönlichen Religion oder Weltanschauung zu leben bzw. eben danach auch zu entscheiden.
Die Frauen/Eltern können mit ihren Eizellen und Spermien tun und lassen, was sie wollen, solange es in ihrer eigenen Macht ist. Das Problem ist ja, dass noch ein Dritter involviert ist, der die Vermittlung durchführt und bei der Zeugung assistiert. Laut Embryonenschutzgesetz trifft die Strafe beim Gesetzverstoß auch nicht die Mutter, sondern denjenigen, der die Befruchtung bzw. Zusammenführung von Eizellen und Spermien durchführt, sofern es in der Absicht erfolgt, sie an andere nicht-genetische Eltern zu vermitteln.

Amen...
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Katharinchen
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Beitrag von Katharinchen »

Die übrig gebliebenen Embryonen, um die es hier die ganze Zeit geht, sind zu dem Zweck
gezeugt worden, um sie der Frau, der die EZ entnommen wurden, einzupflanzen.
Es ist nicht ungewöhnlich, 10 bis 20 EZ zu befruchten, weil sich sowieso nur jeder 10. Embryo
zu einem Kind entwickelt.

Bei manchen Paaren klappt es aber auch mit so vielen EZ nicht, andere werden gleich
beim ersten TF schwanger. Das weiß man aber nicht vorher, daher werden die Vorkerne
meistens alle eingefroren. Ich kenne ein Paar, das immer alle übrigen Vorkerne aus mehreren
Behandlungen verwerfen ließ und nur die kultivierten Embryonen erhalten hat. Sie
wurden aber auch in vier weiteren Behandlungen nicht schwanger. Im Nachhinein haben
sie sich geärgert, dass sie mit dem Verwerfen der Vorkerne die Chance auf ein Kind aus
Kryo-Embryonen verworfen haben.

Und umgekehrt gibt es eben auch Paare, die ihren Kinderwunsch erfüllt haben, aber immer
noch mehrere PNs auf Eis haben, die sie aber nicht verwerfen lassen wollen, weil sie eben das
Potential zum Leben haben. Die Embryonen aber wurden bei allen nur zu dem Zweck gezeugt,
um sie der Frau, der die EZ entnommen wurden, zu übertragen. Hier in D zumindest wird
kein Embryo gezielt zu dem Zweck gezeugt, um ihn einer anderen Frau zu übertragen.

Mein Sohn stammt aus einer Kryo-Behandlung, er war drei Monate eingefroren, das ist
für mich als Mutter auch ein komisches Gefühl. Wie mag es da erst für jemanden sein, der
selbst eingefroren war? Ich kann Dein Gefühl daher nachvollziehen.
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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

nera,
Mir geht es gar nicht darum, irgendwas künstlich zu problematisieren, auch wenn ich die (möglichen) Probleme durchaus sehe. Worum es doch geht ist, dass sich viele Spenderkinder bevormundet fühlen, wenn so über sie hinweg entschieden wird, dass sie ihren biologischen Vater - wenn nicht für immer, dann zumindest für mehrere Jahre - nicht kennen dürfen. Und das ist es doch: Diese Kinder werden genau unter dieser Bedingung gezeugt (das ist der Unterschied zu Adoptionen). Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie man ernsthaft annehmen kann, dass sich das nicht auch auf das Leben dieser Menschen auswirkt. Die Folgen haben v.a. unterschwelligen Charakter. Das zeigt sich nicht unbedingt in der Frage: bist du glücklich? Oder inwiefern stört es dich, deinen biologischen Vater nicht zu kennen?

Die einen werden vielleicht rebellischer (in dem Sinne, dass sie sich z.B. öffentlich für Veränderungen einsetzen) als andere, die das einfach hinnehmen. Wobei wiederum andere vielleicht ihre Eltern schützen wollen und - um sie nicht noch zusätzlich zu verletzen - die Anonymität sogar gut heißen... hat alles so seine Vor- und Nachteile, aber ich denke der Grundtenor ist der gleiche. Und darüber hätte ich nur zu gerne mal eine tiefenpsychologische Studie.
also ich weiss nicht. ich verstehe auch nach deinen ausführungen immer noch nicht, worin für dich das problem liegt.
wenn ich deine gedanken zu ende denke, dürfte man doch gar keine kinder kriegen. weil jeder was für seine kinder entscheidet. leute die jung kinder kriegen, entscheiden, dass diese junge eltern haben. wir haben unseren kindern, ohne sie zu fragen, recht alte eltern "vorgesetzt". ebenso werden kinder im allgemeinen nicht gefragt, wenn sie ein geschwister kriegen. obwohl manche, würde man sie fragen, da nicht begeistert von wären. ;-)

ich denke, dass jeder sein päckchen zu tragen hat und die spende ist, auch wenn du es nicht gerne hörst, für mich nur eine variante davon.

du hältst selbst viele studien - sicher zu recht - für unseriös.
woher willst du denn wissen, ob die spende wirklich die ursache dafür ist, dass jemand rebellisch oder angepasst ist? "rebellischer" setzt ja zudem die annahme voraus, dass die person unter anderen umständen anders geworden wäre.
ich versuche bei meinem adoptivkind gerade nicht immer alles mit der adoption zu begründen. in die falle tappen meiner ansicht nach viele. es ist ja auch irgendwie bequem, alles, was einem fremd erscheint, mit etwas zu begründen, für das man selbst nichts kann.
ich nehme die adoption sehr ernst. ich denke auch, dass es einen einfluss auf einen menschen hat, wenn er innerhalb der ersten 3 jahre ca 10 x den wohnort und teilweise die bezugspersonen gewechselt hat. ich akzeptiere, dass das so war und dass es einen einfluss auf ihn hatte. und habe das gefühl, dass es nicht gut für einen menschen sein kann, wenn man immer annimmt, dass er unter anderen umständen anders geworden wäre oder sich zu überlegen, wie er geworden wäre, wenn das nicht so gewesen wäre. das heisst ja, dass er durch als misslich beurteilte umstände irgendwie im vergleich zu seinem "wahren" charakter "verbogen" wurde. damit ist auch leicht die wertung verbunden, dass jemand in irgendeiner hinsicht "besser" (weniger rebellisch, weniger angepasst....) wäre, wenn etwas nicht gewesen wäre.
bei meinem sohn habe ich (bis jetzt) den eindruck, dass er eher daran gewachsen ist und dass sich positive eigenschaften verstärkt haben. wer weiss, vielleicht hätte er die eine oder andere liebenswerte eigenschaft nicht, wenn es anders gewesen wäre.
zweifelsohne gibt es aber menschen, die mit solchen herausforderungen nicht so gut umgehen können. wo man am ende auch nicht genau weiss, ob das nun der grund für ein scheitern war oder der mensch eben einfach mit einem labilen charakter geboren wurde.

liebe grüße

mondschaf
Mit zwei Jungs geboren 2004 und 2007

„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“ – J. W. von Goethe

„Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es (zu) dir - für immer.“ - Konfuzius

*** Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. ***
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Nur kurz 3 Sachen, weil ich nicht stillhalten kann. Eigentlich wollte ich gar nicht lesen, weil ich die Tage keine Zeit habe. ....

Die Fußnoten konnte ich aus Word nicht mitkopieren. Das würde einen enormen Zeitaufwand brauchen. Daher gibt es den text mit Fußnoten nur als Datei.

Den Begriff "gespaltene Mutterschaft" gibt es nirgendwo anders als in Deutschland. Der ist ein deutsches Hirngespinst. Höre dich mal im Ausland um. Auch im Judentum oder anderen Religionen kennt man so einen Begriff nicht. Ich habe gerade mit einem jüdischen Religionswissenschftler darüber gesprochen. Für diesen ist auch die Embryonenspende o.k.

Zu deinem letzten Satz: Vorausgesetzt, Embryonenspende würde ohne Mediziner gehen. Man könnte also Embryonen per Kühlbehälter versenden und die Frau transferiert sich den Embryo selber. (Wäre ja denkbar.) - Wäre dann das Problem für dich gelöst?
Liebe Grüße, Rebella
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Nera
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Beitrag von Nera »

Katharinchen,

mir ist schon klar, dass die Embryonen und Vorkerne in erster Linie gezeugt werden, um sie der genetischen Mutter zu übertragen.

Wir diskutieren ja die Frage, was mit den übrig gebliebenen Embryonen und Vorkernen passieren soll. Wobei halt v.a. die Spende von Vorkernen mit dem Gesetz schwierig zu vereinbaren sind.

Ehrlich gesagt, verstehe ich noch immer nicht genau, warum es nicht möglich sein soll, übrig gebliebene Embryonen oder Vorkerne zu verhindern. Ist halt mit mehr Aufwand verbunden, sollte doch aber möglich und verkraftbar sein, wenn dadurch dieses Dilemma verhindert werden könnte...

@mondschaf:
wenn ich deine gedanken zu ende denke, dürfte man doch gar keine kinder kriegen. weil jeder was für seine kinder entscheidet.
Nee, in diese Richtung denke ich überhaupt nicht. Sicherlich wird jeder Mensch durch bestimmte Entscheidungen der Eltern geprägt. Und letztlich mag das auch "nur" ein Päckchen sein, wie auch andere ihre Päckchen tragen. Es geht hier nicht darum, zu bewerten, dass dieses Schicksal irgendwie besonders schlimm ist oder besonders großen Schaden anrichtet. Aber hier wird das Kind klar bevormundet, in einem Lebensbereich wo man aus meiner Sicht nicht bevormundet werden sollte. Bei Adoptionen werden Eltern für Kinder gesucht, dessen biologische Eltern sich aus bestimmten Gründen nicht um das Kind sorgen können oder wollen. Spenderkindern wird der biologische Vater vorenthalten, weil sich Eltern ein Kind wünschen, dem sie Eltern sein können. Das ist eine komplett andere Herangehensweise...

Dass sich das Kind damit arrangieren kann, wenn es z.B. liebevoll umsorgende (soziale) Eltern hat, ist durchaus möglich, trotzdem hat die Entscheidung Konsequenzen für das Kind. Und nicht nur für das Kind, sondern für die ganze Familie, in der nun ein ziemliches Ungleichgewicht herrscht.

Außerdem kommen auch bei Spenderkindern - wie bei allen anderen Menschen - immer noch weitere Päckchen hinzu, die das Leben eben so mit sich bringt.
du hältst selbst viele studien - sicher zu recht - für unseriös.
Die Studien sind mit Sicherheit nicht unseriös, sie sind in dem Teilbereich, den sie abbilden, und innerhalb der Grenzen, die sie sich selber stecken, in Ordnung. Was ich sage, ist, dass diese nicht überinterpretiert werden sollten. Beispiel: Bei einer Studie, die das Verhalten der Kinder untersucht, ist es schwierig, Rückschlüsse auf das Erleben der Kinder zu ziehen. Erleben und Verhalten ist nicht das gleiche.

Statt "rebellisch" hätte ich vielleicht eher "engagierter" schreiben sollen. Ich dachte dabei an jene, die sich z.B. im Spenderkinder Verein engagieren und aktiv was an der gesellschaftlichen Situation im Hinblick auf die Spenderkinder verbessern möchten. Ist nur ein Beispiel.
"rebellischer" setzt ja zudem die annahme voraus, dass die person unter anderen umständen anders geworden wäre.
Meine Herangehensweise ist eine andere. Was du machst, ist dir ein allgemeines Verhalten anzuschauen und zu überlegen, was da die Ursache ist. Ich bin da ganz deiner Meinung. Die Ursachen, die zu einem bestimmten Verhalten führen, sind vielfältig und ich bin auch kein Fan davon, alles nur auf eine Adoption oder Samenspende zurückzuführen. Das ist in der Tat nicht so leicht, das wirklich einzuschätzen. Manchmal liegt der wahre Grund vielleicht ganz woanders, manchmal ist aber vielleicht wirklich genau das das Problem. Vielleicht ist es auch ein Mix. Kann man so pauschal nicht sagen.

Ich selbst hab beim Problem angesetzt und verschiedene Bewältigungsstrategien durchdacht. Wobei man dazu sagen muss, dass das ja keine bewusste Entscheidung ist. Sie formt auch nicht den Menschen in seiner Persönlichkeit. Es ist nur ein Verhalten, ein bestimmter Umgang.

@rebella:

Was glaubst du denn, warum das "Hirngespinst" der gespaltenen Mutterschaft überhaupt existiert? Hast du dich damit mal näher auseinander gesetzt?
Vorausgesetzt, Embryonenspende würde ohne Mediziner gehen. Man könnte also Embryonen per Kühlbehälter versenden und die Frau transferiert sich den Embryo selber. (Wäre ja denkbar.) - Wäre dann das Problem für dich gelöst?
Was ich meinte, war eher auf das Gesetz bezogen. Das fängt aber schon früher an als beim Versand des Embryos, nämlich mit der Imprägnierung der Eizelle durch eine Spermienzelle. Auch das ist schon verboten, sobald klar ist, dass die Eizelle einer nicht-genetischen Mutter übertragen wird, da ist eigentlich egal, ob das nun die Mutter selbst vornimmt (sofern sie das kann) oder ein Dritter.

Aber da sieht man schon, dass das auf natürlichem Wege gar nicht geht, dass dafür immer technische Hilfsmittel erforderlich sind. Wenn Frau sich einen anderen Mann als Vater ihres Kindes sucht ist das eher möglich. Auch auf natürlichem Wege. Das sind halt einfach die Unterschiede, die die Natur so eingebaut hat.
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Beitrag von rebella67 »

Nur zu deinem letzten Absatz, liebe Nera: Stell dir vor, die Imprägnierung der Eizelle erfolgte für einen Transfer bei der genetischen Mutter. Diese jedoch wurde krank und darf kein weiteres Kind austragen. Also spendet sie den Embryo und sie lässt ihn sich tiefgefroren aushändigen. Anschließend spendet sie ihn einer Frau, die ihn sich selbst transferiert. - Nochmal: Wäre das Problem DANN für dich gelöst?
Liebe Grüße, Rebella
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Nera
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Beitrag von Nera »

Wenn die Eizelle schon zu einem Embryo herangewachsen war, ist die Spende ja eh erlaubt. Dann kann es auch gleich ein Mediziner vornehmen...
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Diese Antwort verstehe ich nicht. Ist es nun wie von mir oben beschrieben ein Problem oder nicht? - Warum sollte es ein Mediziner vornehmen, wenn das ein Problem für dich wäre und die erste Variante nicht?
Liebe Grüße, Rebella
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Beitrag von Nera »

Es ging mir nicht darum, zu erläutern, was für mich ein Problem ist oder nicht, sondern was mit dem Gesetz schwierig zu vereinbaren ist.

Aber gut, weil du es bist, nochmal spezifischer zu deinem Szenario. Du hast mich glaub ich an einer Stelle missverstanden. Ist ja auch schwierig mit den ganzen Müttern...

Hier sind zwei Sachverhalte:

1. die Frau die ursprünglich ein eigenes genetisches Kind wollte, dann aber erkrankte, sodass der bereits gezeugte Embryo übrig blieb. Das sind ja im Prinzip genau die Bedingungen, die eine Embryonenspende auch per Gesetz möglich machen.

Wenn ich dich richtig verstanden habe, beklagst du dich, dass Frauen, die sich in genau dieser Situation befinden, z.B. auch über Eizellen in früheren Entwicklungsstadien frei entscheiden können sollten, weil diese Frauen möglicherweise schon eine Beziehung zu dem noch nicht entwickelten Kind aufgebaut haben. Darauf hatte ich mich ursprünglich bezogen, indem ich dir vor Augen führen wollte, dass man nicht einfach handeln kann, wie man will, sofern man einen Dritten einbezieht, der an bestimmte Rechte und Gesetze gebunden ist. So was sollte schon vorweg klar sein, wenn man sich überhaupt auf so eine Behandlung einlässt. Wenn das nicht klar genug ist, dann sind das echt schlechte Mediziner, die ihre Patienten nicht gut genug aufklären. Ein Aspekt, über den ich mich wahrscheinlich auch ärgern würde.

Du versuchst jetzt diesen Assistierenden Dritten auszuschalten. Allerdings auf der falschen Seite... Bei deinem Szenario wurde der genetischen Mutter ja bereits assistiert, bevor sie krank wurde. Deshalb macht das keinen großen Unterschied.

2. Der andere Sachverhalt ist die Empfängerin, die nicht die genetische Mutter des Kindes ist, das Kind aber gerne austragen und groß ziehen würde. Das ist komplizierter: Wenn sie die Überführung des Embryos selbst vornimmt, rutscht sie in eine Position die auch der Assistierende ausführen würde und die eben in ihrer Freiheit limitiert ist. Durch das Gesetz. Weil es eben nicht ihre eigenen Eizellen sind, die sie sich da einsetzen möchte.

Da es sich hier jedoch schon zuvor um einen Embryo gehandelt hatte, ist der Transfer rechtlich gesehen erlaubt. Ob sie das selbst durchführt oder nicht, ist da eigentlich schnuppe
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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

hallo nera,
Aber hier wird das Kind klar bevormundet, in einem Lebensbereich wo man aus meiner Sicht nicht bevormundet werden sollte. Bei Adoptionen werden Eltern für Kinder gesucht, dessen biologische Eltern sich aus bestimmten Gründen nicht um das Kind sorgen können oder wollen. Spenderkindern wird der biologische Vater vorenthalten, weil sich Eltern ein Kind wünschen, dem sie Eltern sein können. Das ist eine komplett andere Herangehensweise...

Dass sich das Kind damit arrangieren kann, wenn es z.B. liebevoll umsorgende (soziale) Eltern hat, ist durchaus möglich, trotzdem hat die Entscheidung Konsequenzen für das Kind. Und nicht nur für das Kind, sondern für die ganze Familie, in der nun ein ziemliches Ungleichgewicht herrscht.

Außerdem kommen auch bei Spenderkindern - wie bei allen anderen Menschen - immer noch weitere Päckchen hinzu, die das Leben eben so mit sich bringt.
was ist denn nun deine position? dem satz
Aber hier wird das Kind klar bevormundet, in einem Lebensbereich wo man aus meiner Sicht nicht bevormundet werden sollte.
entnehme ich, dass du im grunde dagegen bist.

wie ich schon schrieb, diese art von bevormundung findet sehr oft statt. z.b. weiss mittlerweile jeder, wie schwierig es ist, geschwister eines behinderten kindes zu sein. dennoch gibt es eltern, die ein behindertes kind haben und weitere kinder bekommen. auch in solchen familien herrscht ein starkes ungleichgewicht.

wärst du nun dagegen, dass eltern nach einem behinderten kind noch weitere kinder kriegen?

ich gebe dir ja recht, dass eltern sich gedanken machen sollten, in welchem umfeld ihr kind aufwächst und was elterliches tun für konsequenzen auf das kind haben kann.

natürlich sollten die ärzte auch besser aufklären, ich war schon recht entsetzt, als ein repro doc mich mal eben ohne ein wort zur aufklärungsproblematik von der eizellspende überzeugen wollte. an der stelle war allerdings definitiv keine geldgier im vordergrund, sondern der wunsch, einem paar zu einem kind zu verhelfen.
also selbst wenn sich ärzte in unserem gemeinsamen anliegen unsachgemäss verhalten, kann ein guter wille dahinterstecken. das sollte man auch sehen, denke ich.
ich persönlich bin sogar für eine pflicht-beratung bei spenden in sachen aufklärung, auch wenn rebella da in einer diskussion anderer meinung war. ;-) weil ich schon den eindruck habe, dass manche ein kind um jeden preis wollen und sich über die konsequenzen keinerlei gedanken machen. nicht jeder liest hier mit, viele paare mit kinderwunsch schotten sich auch ab und es fehlen ihnen die informationen und anregungen, sich darüber gedanken zu machen.

dennoch erlebe ich hier ganz "normale" familien mit spenderkindern - "remote" und auch persönlich und habe aufgrund dieser erfahrungen den eindruck, dass du schon sehr dazu neigst, eher die problematische seite zu betrachten und das in familien, die offen damit umgehen tatsächlich nicht so ein problem darstellt.

liebe grüße

mondschaf
Mit zwei Jungs geboren 2004 und 2007

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