Erstmal zu den Studien:
Ich würde nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass ich alle Studien kenne. Sollte ich die absolute super-Studie nicht kennen, kannst du, Rebella, mir sicher sagen, wo ich sie finde.
Von den meisten, die mir bekannt sind, finde ich die Resultate ziemlich oberflächlich. Da muss man echt aufpassen mit Überinterpretationen, ich weiß, dass man gerne mal dazu neigt, gerade wenn man mit wissenschaftlichen Methoden nicht vertraut ist. Wenn eine Studie zum Ergebnis kommt, dass Spenderkinder nicht sonderlich auffällig sind (sei es in der Schule, im Umgang mit anderen Menschen, gesundheitlich etc), ist das nicht falsch, im Gegenteil, das passt ziemlich gut auch zu meiner persönlichen Beobachtung. Auch ich stelle fest, dass die meisten Kinder (bzw. späteren Erwachsenen) aus Samenspenden recht unauffällig sind, zumindest die, die ich kennen gelernt habe. "Wir" sind nicht irgendwie anders oder trauriger oder dümmer oder mehr in Verbrechen involviert oder ähnliches. Wenn überhaupt, dann finde ich fallen "wir" eher positiv auf. Die meisten, die ich kenne (17 Jahre und älter), haben studiert oder zumindest die Voraussetzungen dafür, sind gebildet, führen ein gutes Leben, sind beziehungsfähig, haben ein gutes soziales Netzwerk, einige haben eigene Kinder... Gibt natürlich auch ganz klar Ausnahmen, ich kenne zum Beispiel ein junges Mädchen, das an einer schweren psychischen Erkrankung leidet (mit langen Klinikaufenthalten etc), aber ich finde, im Großen und Ganzen geben Spenderkinder ein eher positives Bild ab. Da sehe ich noch nicht mal den kleinsten Unterschied zwischen Früh- und Spätaufgeklärten.
Ich kann mir gut vorstellen, dass sich Eltern durch solche Ergebnisse beruhigter fühlen. Es erweckt den Eindruck, wenn Spenderkinder positiv auftreten, dann können die Auswirkungen, einen Elternteil nicht zu kennen, ja nicht so schlimm sein oder eben, wie es hier geäußert wurde: dann hab ich als Mutter ja alles richtig gemacht. Ich meine, ganz ehrlich, es gibt mit Sicherheit wesentlich schlimmeres als das. Aber wo ist der Maßstab? Und wer hat überhaupt das Recht dazu, hier einen Maßstab zu setzen?
Ich würde sogar behaupten, das trifft auf die fast alle Spenderkinder zu, dass sie sich das Leben dadurch nicht versauen lassen (möchten). Ich will auch gar nicht bestreiten, dass man als Spenderkind nicht auch trotzdem ein gutes Leben führen kann, ganz im Gegenteil. Ich finde Spenderkinder haben ziemlich gute Bewältigungsstrategien. Trotzdem ist "Bewältigung" immer mit Abstrichen verbunden.Ich würde sagen, es gibt ganz bestimmt Menschen, die aus Samenspende entstanden sind und sich daraus ihr Leben nicht versauen lassen. Die sagen, ja, ich weiß, dass dass so ist, aber es kümmert mich nicht großartig. Es gibt Wichtigeres für mich. - Also eher "nicht nennenswert beeinflusst".
Mir geht es gar nicht darum, irgendwas künstlich zu problematisieren, auch wenn ich die (möglichen) Probleme durchaus sehe. Worum es doch geht ist, dass sich viele Spenderkinder bevormundet fühlen, wenn so über sie hinweg entschieden wird, dass sie ihren biologischen Vater - wenn nicht für immer, dann zumindest für mehrere Jahre - nicht kennen dürfen. Und das ist es doch: Diese Kinder werden genau unter dieser Bedingung gezeugt (das ist der Unterschied zu Adoptionen). Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie man ernsthaft annehmen kann, dass sich das nicht auch auf das Leben dieser Menschen auswirkt. Die Folgen haben v.a. unterschwelligen Charakter. Das zeigt sich nicht unbedingt in der Frage: bist du glücklich? Oder inwiefern stört es dich, deinen biologischen Vater nicht zu kennen?
Die einen werden vielleicht rebellischer (in dem Sinne, dass sie sich z.B. öffentlich für Veränderungen einsetzen) als andere, die das einfach hinnehmen. Wobei wiederum andere vielleicht ihre Eltern schützen wollen und - um sie nicht noch zusätzlich zu verletzen - die Anonymität sogar gut heißen... hat alles so seine Vor- und Nachteile, aber ich denke der Grundtenor ist der gleiche. Und darüber hätte ich nur zu gerne mal eine tiefenpsychologische Studie.
Ich finde es wichtig, dass ein Bewusstsein geschaffen wird, in was für eine Situation man einen Menschen damit bringt und was man sich als Eltern, aber v.a. als Mediziner damit eigentlich rausnimmt. Dafür reicht es m.E. nicht aus einfach zu sagen, naja, die Kinder sind ja nicht auffällig, dann kann man anonyme Spenden doch bedenkenlos fortführen. Und wenn das Kind nur früh genug aufgeklärt wird und es irgendwann seinen biologischen Vater auch kennen lernen kann, ist doch nichts dabei. Das Ziel sollte nicht sein, Eltern zu beruhigen, sondern ihnen Ihr Handeln bzw. die Folgen bewusst zu machen. Aus meiner Sicht ist das für Eltern der einzig authentische Weg, Verantwortung zu übernehmen und dem Kind bei diesem Thema gerecht zu werden...
Lach... Hast du menschliche Spermien in deinem Gefrierfach? Oder schon mal Spermien im Winter irgendwie gefunden? Also ich nicht...Den Gefrierprozess gibt es auch in der Natur. Und auch in der Natur können eingefrorene Zellen von Lebenwesen ewig erhalten bleiben. - Ob das nun also die Natur macht oder der Mensch selber, macht nicht wirklich einen Unterschied. - Hast du zu Hause eine Gefriertruhe oder ein Gefrierfach an deinem Kühlschrank? Beunruhigt es dich nicht, etwas zu essen, was dort mal "künstlich eingefroren" war?
Für mich macht es einen Unterschied, dass gerade diese Zellen, mit denen ich gezeugt wurde, eingefroren waren. Ich leide nicht darunter, dass es so ist, aber es ist ein komisches Gefühl...
Ich gehe von der Tatsache aus, wie es ist einen Elternteil oder beide Eltern nicht zu kennen. Da kenne ich so einige, auch nicht nur Spenderkinder, sondern z.B. auch Adoptivkinder, mit denen ich mich ebenfalls intensiv ausgetauscht habe.rebella67 hat geschrieben:Kennst du denn "Embryonenspendekinder", mit denen du dich darüber ausgetauscht hast? Also ich habe mich sehr lange und intensiv mit meiner transsexuell geborenen Freundin ausgetauscht und auch Vieles von ihr gelernt.
Klar, ist die Embryonenspende nicht gleichzusetzen mit Samenspenden, das behaupte ich auch nicht. Aus meiner Sicht kommen dort eher Aspekte dazu, die das ganze noch schwieriger und nicht gerade besser machen. (Nicht nur einen, sondern beide Elternteile nicht zu kennen, zwei biologische Mütter, 2. Wahl etc.). Darüber kann ich jedoch nur spekulieren, da hast du vollkommen recht.
Du tust immer gerade so, als würde das auf alle heute gezeugten Spenderkinder zutreffen. Eltern, die ihre Kinder aufklären sind immer noch die Minderheit (und selbst in aufklärenden Familien kann eine geheimhaltende Stimmung vorherrschen). Zudem sind die Spender (wenn es keine privaten Spender sind) auch heute noch anonym, bis die Kinder ein bestimmtes Alter erreicht haben.Außerdem weißt du gar nicht, wie du heute in Bezug auf die Spende fühlen würdest, wenn du es "schon immer" gewusst hättest und wenn der Spender nicht anonym wäre.
Nun zum Thema Religion:
Danke für den Text (warum gibst du die Quellen nicht auch im Forum an?). Ich hab ihn mir interessiert durchgelesen, sage aber gleich vorweg, dass ich deine Schlussfolgerungen schwierig finde und sie auch noch immer nicht ganz verstehe.
Ich bin wie gesagt ganz deiner Meinung, dass es für die Gesetzgebung nicht ausreicht, nur auf die Grundsätze der Kirche zu vertrauen, finde es aber aus aufschlussreich, sich das anzuhören, gerade bei solchen Fragen, wo es nun mal weltanschauungssache ist und es kein richtig oder falsch gibt. Die anderen Religionen einzubeziehen finde ich ebenso interessant.
Genauso richtig ist es die Erkenntnisse der Biologie heranzuziehen, was beim Embryonenschutzgesetz ja zweifelsfrei der Fall ist. Ich sehe bei der Formulierung ehrlich gesagt überhaupt keinen Einfluss der Kirche, sondern rein biologische, naturwissenschaftliche Begründungen, sodass ich deinen Aufschrei ehrlich gar nicht nachvollziehen kann. Du machst das rein daran fest, dass eben Vertreter der Kirche auch im Ethikrat sitzen und weil dir das Gesetz nicht gefällt sind sie die Übeltäter.
Du selbst möchtest doch auch das Verwerfen verhindern und möchtest damit doch eigentlich noch viel früher ansetzen, oder nicht? Da müsstest du doch eher das Christentum bejubeln, im Gegensatz zu den anderen Religionen.Die Regelung im deutschen Embryonenschutzgesetz entspricht der Forderung der christlichen Kirchen, das sich entwickelnde menschliche Leben ab dem Zeitpunkt der Befruchtung mit Menschenwürde zu belegen, und damit sein Verwerfen zu verhindern.
Hintergrund des Gesetzes ist, dass geteilte Mutterschaften verhindert werden sollen. Das Gesetz macht hier jedoch eine Ausnahme, indem es sagt, okay, ab dem Zustand der Kernverschmelzung ist dies akzeptabel. Würde das Gesetz die Ansätze des Judentums oder einer anderen "liberalen" Religion befolgen, dann dürften noch nicht mal Zygoten gespendet werden.
Tut mir Leid, ich hab echt Schwierigkeiten, dich zu verstehen.
Hast du mal geschaut, wie die einzelnen Religionen zur gespaltenen Mutterschaft stehen? Oder was es da generell für Bedenken gibt?
Nun lass aber mal die Kirche im Dorf (sorry für den schlechten Wortwitz)...Wenn Atheisten an ungewollter Kinderlosigkeit leiden und dazu verurteilt werden, dies aufgrund göttlicher Prinzipien zu bleiben, fühlen sie sich in besonders starkem Maße in ihrem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf Selbstbestimmung verletzt. In einem Staat, der sich als weltanschaulich neutral bezeichnet und der in seinem Grundgesetz die Trennung von Staat und Kirche verankert hat, ist es eindeutig grundgesetzwidrig und in höchstem Maße die Persönlichkeit verletzend, ja, Menschenrechte verletzend, wenn man Menschen dazu verpflichtet, sich unter Ignorierung fundamentaler menschlicher Bedürfnisse den Gesetzen einer Religion oder sogar einer bestimmten Religion zu unterwerfen.
Die Frauen/Eltern können mit ihren Eizellen und Spermien tun und lassen, was sie wollen, solange es in ihrer eigenen Macht ist. Das Problem ist ja, dass noch ein Dritter involviert ist, der die Vermittlung durchführt und bei der Zeugung assistiert. Laut Embryonenschutzgesetz trifft die Strafe beim Gesetzverstoß auch nicht die Mutter, sondern denjenigen, der die Befruchtung bzw. Zusammenführung von Eizellen und Spermien durchführt, sofern es in der Absicht erfolgt, sie an andere nicht-genetische Eltern zu vermitteln.Deshalb sollten wir den Eltern die Möglichkeit geben, das nach ihrer persönlichen Religion oder Weltanschauung zu leben bzw. eben danach auch zu entscheiden.
Amen...