Verfasst: 20 Jun 2007 23:39
Hallo Lola, da du jetzt ja doch ein bisschen diskutiert hast, kann ich das nicht ganz unkommentiert lassen. Mißverstädnisse lasse ich nun einfach mal nicht gern stehen. Du siehst es mir hoffentlich nach. Letzten Endes bleibt es dir ja überlassen, ob du es liest.
Zitat: „Der Evangelischen Kirche heute noch generell Machthunger zu unterstellen, halte ich für falsch und eine überaltete Vorstellung von der Kirche.
Zitat von dir: "Die bedauernswerten gläubigen Menschen hatte man leicht unter dem Scheffel."
Ich fühle mich weder bedauernswert, noch unter dem Scheffel!“
Ich schrieb bewusst vorsichtig „hatte“. Dass die Leute heute etwas emanzipierter sind als früher, ist mir schon klar. Zumindest in den höher entwickelten Ländern. Davon mal abgesehen, sind nicht alle Menschen in der Kirche so weit denkend, wie du anscheinend. Die meisten Menschen nehmen alles, was die Kirche sagt und was so in den Medien drin steht, ziemlich unreflektiert als bestehende Wahrheit an. Meine Erfahrung zeigt, dass die wenigsten Menschen gern mitdenken. Und wer nicht gern mitdenkt, ist eben auch heute noch für die Kirchen leichter zu haben. Erst recht, wenn es um Menschen geht, die schon seit frühester Kindheit christlich indoktriniert wurden.
Tja, Machthunger. Ist es nicht nach euerm offiziellen Glauben so, dass ihr alles mit den Armen teilen solltet? Dieser Grundsatz gilt aber auch heute noch in der Kirche nur für das Kirchenvolk, nicht für die Institution. Wie sonst ist es zu erklären, dass die Kirchen in Deutschland neben rund 380 Mrd. Euro kapitalisierbarem Vermögen rund 115 Mrd. Euro Geldvermögen haben und dieses jedes Jahr um rund 1,5 Mrd. Euro aufstocken, anstatt es in soziale Projekte fließen zu lassen? (Tschuldigung, dass ich jetzt die Zahlen für kath. und ev. Nicht auseinander klambüser. Quelle ist Carsten Frerk: „Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland.“) Weiterer Machthunger zeigt sich in den penetranten Werbeaktionen, um Kinder auch nichtkonfessioneller Elternhäuser an sich zu binden. Als Mutter eines schulpflichtigen Kindes werde ich dieser Aktivitäten immer wieder gewahr.
Zitat: „Ich erwarte aber auch, in meinem Glauben respektiert zu werden, ohne als "merkwürdig", "unsicher" und "bedauernswert" betitelt zu werden.“
Nö, ich kann das schon respektieren, dass es Menschen gibt, die an höhere Mächte glauben. Meinetwegen auch an Jahwe, solange sie seine Gewaltaufforderungen nicht beherzigen oder an Jesus, so lange sie nicht anderen den Teufel austreiben wollen. Wir haben ja hierzulande zum Glück mal ganz offiziell eine Glaubensfreiheit (incl. Weltanschauungsfreiheit). Die möchte ich auf keinen Fall abschaffen. Soll schon jeder glauben, was er oder sie will. Mir geht es einzig und allein darum, dass gläubige Menschen oder eben Institutionen, die einem Glauben zugehörig sind, ihren Glauben und die sich daraus ergebenden Verhaltensnormen nicht per Einmischung in die Gesetzgebung solchen Menschen aufdrängen, die diesem Glauben gar nicht zugehörig sind. Darüber hinaus wünsche ich mir eine ehrliche Aufarbeitung unserer Geschichte und dass unsere Kinder ohne Ideologisierung unverzerrt und mit der vollen Wahrheit unterrichtet werden, um später wirklich selbst bestimmt entscheiden zu können, was sie glauben wollen und was nicht.
Zitat: „Und gab es in der Grundschule nicht die Möglichkeit, euren Sohn vom Religionsunterricht befreien zu lassen?“ - Sicher. Was heißt befreien? Wir haben unseren Sohn da gar nicht erst angemeldet. Aber da unser Umfeld so wenig aufgeklärt ist, haben sich alle anderen Eltern der Klasse dafür entschieden, ihre Kinder in den RU zu geben. Keine schöne Situation für unseren Sohn. Er wird in den Freistunden auch ziemlich stiefmütterlich behandelt. Wegen der Aufsichtspflicht darf er nicht wie gewünscht in die Bücherei gehen. Dann wurde er lange Zeit in eine andere Klasse abgeschoben. Nach meiner hartnäckigen Beschwerde (es war die Androhung einer Klage nötig!) muss er da nun nicht mehr hin. Zunächst ging er in die Betreuung. Da nun aber keine Betreuerinnen mehr in der Zeit da sind, sitzt er inzwischen in der Stunde ganz allein in einem Betreuungsraum. (Von Aufsichtspflicht ist von der Seite der Schule jetzt keine Rede mehr.) Dazu kommen dann die ganzen Gespräche der Klassenkameraden über den Religionsunterricht, den sie ja ach so lieben, weil er verständlicherweise aus dem Grund, dass die Kinder die Religion lieben sollen, so gestaltet wird, dass die Kinder gern dort hingehen. Das ist nervend für meinen Sohn! Gut, er weiß gerade deshalb von mir inzwischen viel über die Kirche (positiver Effekt). Aber er hat schon die Erfahrung gemacht, dass seine Freunde das, was er weiß, gar nicht hören wollen. Die machen bei dem Thema schon genauso dicht, wie die Erwachsenen. Glaubst du, das ist schön für ein Kind?
Zitat: „was befähigt denn Politiker zu ihren Entscheidungen? Denken christliche Menschen nicht über ethische Fragen nach? Vermitteln Kirchen schlechte Werte, so dass sie ncht gehört werden sollten? Warum dürfen Arbeitgeberlobbyisten zu Themen gehört werden, die überwiegend Arbeitnehmer betreffen?“
Sicher denken christliche Menschen über ethische Fragen nach. Aber leider trennen sie nicht immer die Vernunft von ihrem Glauben. Wer z.B. dogmatisch den Beginn des Menschseins, der Menschenwürde und des absoluten Schutzanspruchs zur Zeit der abgeschlossenen Kernverschmelzung festlegt, weil Gott da die Seele eingehaucht haben soll, der handelt aus religiösen Motiven, nicht aber aus Vernunft. Wir nichtreligiösen Menschen haben aber den Anspruch, eine Ethik leben zu dürfen, die allein auf Vernunft basiert. Verstehst du, was ich meine? Was würdest du dazu sagen, wenn irgendwelche Organisationen den Staat zu Gesetzen motivieren, die euch das Beten verbieten? Wegen dem Mitspracherecht und der Demokratie. Willst du doch auch nicht. Ich denke, man sollte jedem das Seine lassen, solange der damit nicht die Rechte anderer verletzt.
Zu den christlichen Werten kann ich mal nur auf einen Artikel von Michael Schmidt-Salomon verlinken. So gut wie er kann ich das eh nicht schreiben. Er bringt aber die Legende von den christlichen Werten auf den Punkt: http://www.leitkultur-humanismus.de/entgleisungen.htm
Mit dem zu starken Einfluss der Arbeitgeberlobbyisten bin ich übrigens auch nicht einverstanden. Aber das steht ja auf ´nem anderen Blatt. Ich mag nicht gern das eine mit dem anderen rechtfertigen.
Zitat: „Der Evangelischen Kirche heute noch generell Machthunger zu unterstellen, halte ich für falsch und eine überaltete Vorstellung von der Kirche.
Zitat von dir: "Die bedauernswerten gläubigen Menschen hatte man leicht unter dem Scheffel."
Ich fühle mich weder bedauernswert, noch unter dem Scheffel!“
Ich schrieb bewusst vorsichtig „hatte“. Dass die Leute heute etwas emanzipierter sind als früher, ist mir schon klar. Zumindest in den höher entwickelten Ländern. Davon mal abgesehen, sind nicht alle Menschen in der Kirche so weit denkend, wie du anscheinend. Die meisten Menschen nehmen alles, was die Kirche sagt und was so in den Medien drin steht, ziemlich unreflektiert als bestehende Wahrheit an. Meine Erfahrung zeigt, dass die wenigsten Menschen gern mitdenken. Und wer nicht gern mitdenkt, ist eben auch heute noch für die Kirchen leichter zu haben. Erst recht, wenn es um Menschen geht, die schon seit frühester Kindheit christlich indoktriniert wurden.
Tja, Machthunger. Ist es nicht nach euerm offiziellen Glauben so, dass ihr alles mit den Armen teilen solltet? Dieser Grundsatz gilt aber auch heute noch in der Kirche nur für das Kirchenvolk, nicht für die Institution. Wie sonst ist es zu erklären, dass die Kirchen in Deutschland neben rund 380 Mrd. Euro kapitalisierbarem Vermögen rund 115 Mrd. Euro Geldvermögen haben und dieses jedes Jahr um rund 1,5 Mrd. Euro aufstocken, anstatt es in soziale Projekte fließen zu lassen? (Tschuldigung, dass ich jetzt die Zahlen für kath. und ev. Nicht auseinander klambüser. Quelle ist Carsten Frerk: „Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland.“) Weiterer Machthunger zeigt sich in den penetranten Werbeaktionen, um Kinder auch nichtkonfessioneller Elternhäuser an sich zu binden. Als Mutter eines schulpflichtigen Kindes werde ich dieser Aktivitäten immer wieder gewahr.
Zitat: „Ich erwarte aber auch, in meinem Glauben respektiert zu werden, ohne als "merkwürdig", "unsicher" und "bedauernswert" betitelt zu werden.“
Nö, ich kann das schon respektieren, dass es Menschen gibt, die an höhere Mächte glauben. Meinetwegen auch an Jahwe, solange sie seine Gewaltaufforderungen nicht beherzigen oder an Jesus, so lange sie nicht anderen den Teufel austreiben wollen. Wir haben ja hierzulande zum Glück mal ganz offiziell eine Glaubensfreiheit (incl. Weltanschauungsfreiheit). Die möchte ich auf keinen Fall abschaffen. Soll schon jeder glauben, was er oder sie will. Mir geht es einzig und allein darum, dass gläubige Menschen oder eben Institutionen, die einem Glauben zugehörig sind, ihren Glauben und die sich daraus ergebenden Verhaltensnormen nicht per Einmischung in die Gesetzgebung solchen Menschen aufdrängen, die diesem Glauben gar nicht zugehörig sind. Darüber hinaus wünsche ich mir eine ehrliche Aufarbeitung unserer Geschichte und dass unsere Kinder ohne Ideologisierung unverzerrt und mit der vollen Wahrheit unterrichtet werden, um später wirklich selbst bestimmt entscheiden zu können, was sie glauben wollen und was nicht.
Zitat: „Und gab es in der Grundschule nicht die Möglichkeit, euren Sohn vom Religionsunterricht befreien zu lassen?“ - Sicher. Was heißt befreien? Wir haben unseren Sohn da gar nicht erst angemeldet. Aber da unser Umfeld so wenig aufgeklärt ist, haben sich alle anderen Eltern der Klasse dafür entschieden, ihre Kinder in den RU zu geben. Keine schöne Situation für unseren Sohn. Er wird in den Freistunden auch ziemlich stiefmütterlich behandelt. Wegen der Aufsichtspflicht darf er nicht wie gewünscht in die Bücherei gehen. Dann wurde er lange Zeit in eine andere Klasse abgeschoben. Nach meiner hartnäckigen Beschwerde (es war die Androhung einer Klage nötig!) muss er da nun nicht mehr hin. Zunächst ging er in die Betreuung. Da nun aber keine Betreuerinnen mehr in der Zeit da sind, sitzt er inzwischen in der Stunde ganz allein in einem Betreuungsraum. (Von Aufsichtspflicht ist von der Seite der Schule jetzt keine Rede mehr.) Dazu kommen dann die ganzen Gespräche der Klassenkameraden über den Religionsunterricht, den sie ja ach so lieben, weil er verständlicherweise aus dem Grund, dass die Kinder die Religion lieben sollen, so gestaltet wird, dass die Kinder gern dort hingehen. Das ist nervend für meinen Sohn! Gut, er weiß gerade deshalb von mir inzwischen viel über die Kirche (positiver Effekt). Aber er hat schon die Erfahrung gemacht, dass seine Freunde das, was er weiß, gar nicht hören wollen. Die machen bei dem Thema schon genauso dicht, wie die Erwachsenen. Glaubst du, das ist schön für ein Kind?
Zitat: „was befähigt denn Politiker zu ihren Entscheidungen? Denken christliche Menschen nicht über ethische Fragen nach? Vermitteln Kirchen schlechte Werte, so dass sie ncht gehört werden sollten? Warum dürfen Arbeitgeberlobbyisten zu Themen gehört werden, die überwiegend Arbeitnehmer betreffen?“
Sicher denken christliche Menschen über ethische Fragen nach. Aber leider trennen sie nicht immer die Vernunft von ihrem Glauben. Wer z.B. dogmatisch den Beginn des Menschseins, der Menschenwürde und des absoluten Schutzanspruchs zur Zeit der abgeschlossenen Kernverschmelzung festlegt, weil Gott da die Seele eingehaucht haben soll, der handelt aus religiösen Motiven, nicht aber aus Vernunft. Wir nichtreligiösen Menschen haben aber den Anspruch, eine Ethik leben zu dürfen, die allein auf Vernunft basiert. Verstehst du, was ich meine? Was würdest du dazu sagen, wenn irgendwelche Organisationen den Staat zu Gesetzen motivieren, die euch das Beten verbieten? Wegen dem Mitspracherecht und der Demokratie. Willst du doch auch nicht. Ich denke, man sollte jedem das Seine lassen, solange der damit nicht die Rechte anderer verletzt.
Zu den christlichen Werten kann ich mal nur auf einen Artikel von Michael Schmidt-Salomon verlinken. So gut wie er kann ich das eh nicht schreiben. Er bringt aber die Legende von den christlichen Werten auf den Punkt: http://www.leitkultur-humanismus.de/entgleisungen.htm
Mit dem zu starken Einfluss der Arbeitgeberlobbyisten bin ich übrigens auch nicht einverstanden. Aber das steht ja auf ´nem anderen Blatt. Ich mag nicht gern das eine mit dem anderen rechtfertigen.