Begriff der Unteilbarkeit

bl968
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Beitrag von bl968 »

Hallo Rebella,

ich weiss, dass wir beide mit unseren Ansichten nicht auf eine Schiene kommen werden. Das erwarte ich auch gar nicht. Du hast genauso ein Recht auf eine eigene Meinung wie ich und beide können wir sie darstellen und damit versuchen, andere zum Nachdenken zu bringen. In diesem Forum hast du da naturgemäß natürlich die besseren Chancen auf Zustimmung ;-)

Deshalb beschränke ich mich diesmal auf die Beantwortung deiner Frage. Ich berate ja nicht bei ungewollten Schwangerschaften in den ersten 12 Wochen sondern bei medizinischer Indikation. Auch da versuche ich nicht auf Teufel komm raus, Frauen zum Austragen zu überreden. Die Frau muss hinterher auch aus sich selbst heraus überzeugt sein, sonst hat es keinen Zweck. Aber ich habe kaum eine Beratung erlebt, wo nicht die Frau auch irgendwo selbst den Wunsch zum Austragen hatte (es handelt sich ja in der Regel um Wunschkinder) und nur meinte, es würde eben aufgrund irgendwelcher Umstände nicht gehen. Da kann man mit Information und Mutgeben schon einiges machen. Das wichtigste ist m.E. zu versuchen, den Frauen aus dem Schockzustand zu helfen, in dem m.E. praktisch alle nach der Diagnose drinstecken.

Was die Beratung bei ungewollter Schwangerschaft betrifft, hättest du glaube ich mit deinem Projekt kaum eine Chance. Schau mal www.eltern.de im Forum ungewollte Schwangerschaft, da wurde dieses Thema vor einiger Zeit diskutiert.
Entweder möchte die Frau das Kind und traut es sich nur aufgrund äußerer Umstände nicht zu (wie bei med. Indikation), dann wird sie es nie adoptieren lassen, wenn sie sich zum Austragen entschließt. Oder sie will das Kind nicht, dann wird sie auch nicht durch eine Schwangerschaft gehen. Natürlich mag es Ausnahmen geben, aber davon wissen die meisten über Adoption sicher Bescheid. Das einzige, was ihr versuchen könntet, wäre, der Adoptionsfreigabe den Tabustatus zu nehen, den sie m.E. in der Gesellschaft noch immer hat.

P.S. Wenn du magst, schreib vielleicht doch mal, ob und warum du reproduktives Klonen in dem von mir beschriebenen Fall ablehnen würdest, wenn du den persönlichen Kinderwunsch so hoch hängst. Würde mich doch sehr interessieren.

Liebe Grüße, BL
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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

Hallo BL,
ja, was Rebella fragt, würde mich auch mal interessieren: Wie oft ändert eine Frau in der Beratung ihren Wunsch nach einer Abtreibung (soll keine Anmache sein, leider ist es in D wesentlich geächteter, ein Kind auszutragen und zur Adoption freizugeben als abzutreiben. Ich bewundere den Mut jeder Frau, die sich für diese Alternative entschließt - und fürchte, dass eine Bratung da gegen die gesellschaftliche Ächtung halt nicht ankommt.)

Übrigens habe ich auch hier bei klein-putz gelesen, dass in den Beratungen im Gegenteil oft zur Abtreibung gedrängt wird und die andere Alternative nicht dargestellt wird. Kann es jedoch aus eigener Erfahrung nicht beurteilen. Ich denke, wir haben hier ein Generationenproblem. Viele derer, die heute solche Beratungen durchführen, haben für die Abtreibung und das Selbstbestimmungsrecht der Frau gekämpft und für die war es eine Errungenschaft (was es ja aus EINER Perspektive betrachtet auch ist). Sie haben nicht ganz begriffen, dass es auch das umgekehrte Problem gibt. Es ist ja leider oft so, dass man manchmal, wenn man für eine Sache kämpft, etwas zum Fanatismus neigt (hier erlebe ich das ja umgekehrt bei einigen auch so, dass sie aus meiner Sicht extrem intolerant gegen Abtreibungen sind, die ich in manchen Fällen schon für berechtigt halte - zumindest versuche ich, die Beweggründe zu verstehen, die eine Frau zu dieser Entscheidung treiben). Entsprechend laufen dann vielleicht auch die Beratungen ab, aus dem, was ich hier gelesen habe, scheint es nur wenige zu geben, die das so darstellen wie Du.

Ich halte auch die Gesetzgebung zur Abtreibung nicht für eine ethisch runde und somit vorbildhafte Sache, sondern das ist doch mal wieder ein typischer Kompromiss, wo die angebliche Ethikfraktion (überwiegend mit Männern besetzt, die die Probleme durch ungewollte Kinder nicht haben: Schwierigkeiten einen Job oder einen neuen Partner zu finden, Gefahr der Verarmung... ) ihre Hände in Unschuld waschen können und die Emanzipationsfraktion aufgrund einer letztlich nun völlig unlimitierten Legalisierung triumphieren kann (Abtreibungen > 18. Woche halte ich nun wirklich trotz aller frauenbewegten Gedanken für unethisch und auch sachlich völlig überflüssig - egal, was man zum Menschsein der Embryonen denkt: ab diesem Zeitpunkt ist ein Kind nun wirklich ein Individuum. Ich kann für mich ethisch nicht akzeptieren, dass in einem OP ein Kind abgetrieben wird und nebenan alles für das Überlebens eines Frühchens in der gleichen Woche getan wird).
In diesem Sinne denke ich tatsächlich, dass dem Gesetzgeber der Abbruch egal ist, sondern halt ein Kompromiss her musste, mit dem alle Parteien und Lobbyvereine leben können.
Du hast recht, dass man es auch positiv sehen könnte, das diese Regelung eben aufgrund der juristischen Grauzone zum eigenen Nachdenken über Ethik anregen soll. Aber das halte ich für eine positive Nebenwirkung, nicht für den Willen des Gesetzgebers. (Naja, wie Du siehst, trau ich Politikern nicht viel Idealismus zu. :wink: )

Hallo Rebella,
mit so einer Broschüre ist es wahrscheinlich nicht getan, sondern die Gesellschaft müsste Freigabe zur Adoption als Alternative zur Abtreibung akzeptieren? Eine Schwangere müsste keine dummen Kommentare und schlechten Meinungen fürchten, wenn sie sagt, dass sie das Kind zwar austrägt, aber dann zur Ado freigibt.

Interessanter Vorschlag, die Weiterkultivierung rechtlich so wie die Abtreibung zu handhaben. Das wäre in der Tat eine Alternative, die vielleicht mehr Aussicht auf Erfolg hat!

Liebe Grüße

Mondschaf
Mit zwei Jungs geboren 2004 und 2007

„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“ – J. W. von Goethe

„Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es (zu) dir - für immer.“ - Konfuzius

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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

Hallo BL,

jetzt haben sich unsere Postings überschnitten und einen Teil meiner Frage hast Du ja schon beantwortet.
Dass eine Frau aufgrund besserer Informationen und der Überwindung der Fremdheit an den Gedanken an ein eventuell behindertes Kind ihre Meinung ändert, kann ich schon besser verstehen. Gerade Kinder mit Down Syndrom erscheinen einem ja als auf ihre Art eher glückliche Menschen, aber wer kennt schon Behinderte in seinem eigenen Umfeld.
Gut, dass Du so berätst. Ich war selbst ziemlich entsetzt, dass uns die Ärzte überwiegend zu invasiven und riskanten Vorsorgeuntersuchungen drängten - nur die Spezialisten fragten mal uns, was wir denn eigentlich TUN WÜRDEN, wenn unser Kind behindert wäre (und die leben ja immerhin von diesen Untersuchungen, das war also gute Beratung im Interesse des Patienten). Naja, wir sind ja Dickköpfe und lassen uns nicht so leicht überreden, aber ich denke, viele machen es dann, weil der Arzt es ja wissen muss. Ich bin schon ziemlich entsetzt, wie selbstverständlich da Risiken in Kauf genommen werden und über das Lebensrecht von Menschen entschieden wird. Bzw., Entscheidung kann man das noch nicht mal nennen, weil eine Entscheidung doch voraussetzt, dass man ernsthaft zwei Alternativen sieht.

Liebe Grüße

Mondschaf
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Hallo BL,

das Statement zu dem reproduktiven Klonen war zwar nicht von mir, aber natürlich habe ich eine Meinung dazu. Dies einfach nur deshalb zu tun, weil man als Mensch ohne Partner ?keinen Fremden an der Genetik seines Kindes beteiligen will? finde ich nicht so ganz überzeugend. Allerdings hat jeder seine speziellen Beweggründe, warum er in seiner Situation eine bestimmte Form der Kinderwunschbehandlung wünscht. Da ich selbst sehr enttäuscht darüber bin, daß viele Menschen auch den für uns einzigen Weg zum Wunschkind, hinter dem ich voll stehe, ablehnen, möchte ich mich nicht mit so viel Intoleranz behängen, daß ich wiederum die Wege anderer ablehne.

Ich sage hier auch ehrlich, daß ich selbst (zu einer Zeit, als alles neu für mich war und als ich wenig informiert war) das reproduktive Klonen einmal für uns in Betracht gezogen habe. Zu der Zeit als wir erfahren haben, daß mein Mann absolut sicher kein Kind zeugen kann und als ich dann las, eine Samenspende würde deshalb in vielen Kreisen abgelehnt werden, weil diese Kinder ihre Herkunft ? zumindest zum einen Teil ? nicht erfahren würden, fand ich so eine Lösung genial. Ein Klon von meinem Mann mit seinen Genen und in meinem Bauch gewachsen wäre mit Sicherheit unser beider Kind. Und seine genetische Abstammung wäre auch klar. Alles Bestens!

Später las ich aber dann darüber, daß mögliche gesundheitliche Folgen für das Kind nicht abzuschätzen wären. Außerdem würden solche Kinder wohl wesentlich schneller altern und früh sterben. Ob das nun alles so stimmt ? das kann ja keiner mit Sicherheit sagen, weil es keine Beispiele gibt. Heute, wo wir ja nun unsere beiden Jungs haben, ist das überhaupt nicht mehr wichtig für mich. Ist doch ganz klar, daß unser Weg jetzt viel besser war. Ein bischen langweilig wäre es ja auch gewesen, wenn man schon von vornherein weiß, wie seine Kinder in x Jahren mal aussehen oder denken werden, was ihre Interessen sind. Jetzt haben wir eine Welt voller Spannung. Wir haben das Klonen nicht gebraucht, um glücklich zu werden. Und ? Du wirst es kaum glauben ? mich stört das auch, daß man dabei wohl einem entwicklungsfähigen Embryo den Zellkern mit all seinen genetischen Informationen entnehmen müsste, um ihn gegen einen anderen zu tauschen. Wohler wäre mir dabei, wenn man dazu einfach eine Körperzelle zur embryonalen Entwicklung umprogrammieren könnte.

Unter der Voraussetzung, daß man eine Körperzelle umprogrammieren könnte, damit daraus ein Klon eines Menschen wird und daß dabei mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch ein gesunder Mensch wird, hätte ich überhaupt gar nichts gegen das reproduktive Klonen in solchen Fällen einzuwenden, in denen man damit einem Paar, das auf einem anderen Weg kein Kind bekommen kann, zum ? genetisch eigenen ? Wunschkind verhilft.

Deinen Tipp, bei www.eltern.de mal nachzulesen, werde ich annehmen. Hatte auch schon mal ergebnislos nach einem Forum gesucht, in dem sich abtreibungswillige Frauen austauschen. Leider hatte ich aber bisher nicht die Zeit, mich intensiv damit auseinanderzusetzen.

Wenn ich Dich noch was fragen darf ? mich würde mal interessieren, wie Du solche Paare berätst, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine schwere Erbkrankheit auf ihr Kind übertragen würden, sich aber sehr ein Kind wünschen.

Liebe Grüße, Rebella
bl968
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Beitrag von bl968 »

Hallo Rebella,

um zuerst deine Frage zu beantworten: ich versuche die Eltern ehrlich über die wahrscheinlichen Auswirkungen der Erkrankung zu informieren. Wenn sie sich dann für Kinder entscheiden, und das Risiko annehmen können, finde ich das eher bewundernswert als verwerflich. Ich hatte allerdings noch nie einen Fall, in dem für das Kind starke, nicht behandelbare körperliche Schmerzen zu erwarten gewesen wären (ob es das gibt, kann ich nicht sicher sagen).
Nach meiner Erfahrung neigen allerdings Eltern dazu, bereits m.E. eher geringe Einschränkungen für ihr Kind als nicht akzeptabel zu empfinden.

Größere Probleme habe ich mit der "Schwangerschaft auf Probe" und der PID, aber darüber haben wir ja schon an anderer Stelle gesprochen. Unter verantwortlicher Zeugung eines Kindes verstehe ich eigentlich "nur" die Bereitschaft, das Kind (ggf. bereits im Embryonalstadium) so zu akzeptieren wie es ist.

Übrigens wird beim reproduktiven Konen keinem Embryo der Zellkern entfernt, sondern einer unbefruchteten Eizelle. Insofern wird kein existenter entwicklungsfähiger Embryo "umprogrammiert".

Mich stört am reproduktiven Klonen (natürlich ;-) ) hauptsächlich die Unzahl der Embryonen, die dabei abgetötet würden, weil sie nicht gesund sind. Daneben noch evolutionäre und psychologische Gründe.

Ein weiteres "Abtreibungsforum" ist noch www.frauenberatung.de.vu. Dort wird von den meisten Beratern stark gegen Abtreibung argumentiert, aber man erfährt trotzdem einiges über die Psyche von Frauen, die über eine Abtreibung nachdenken.
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Hallo BL,

ich finde das schon ganz schön hart, wenn ich mir vorstelle, in meiner Familie gibt es eine schwere Erbkrankheit, die ich zu 50% vererben kann. Sicher habe ich meine Angehörigen leiden sehen. Und dann komme ich zu einer Beraterin wie Du es bist und die sagt mir, ich soll es darauf ankommen lassen und das Kind dann eben ggf. akzeptieren. Ich glaube, das würde genauso an mir vorbei gehen wie die Botschaft, ich solle dann eben meine Kinderlosigkeit akzeptieren, an mir vorbei gegangen ist. Verwerflich finde ich die Entscheidung für ein behindertes Kind allerdings auch nicht. Das muß jeder für sich selber wissen.

Hältst Du das auch bei solchen Paaren so, die aufgrund genetischer Probleme bereits mehrere Fehl- oder gar Todgeburten hatten oder ein Kind nach wenigen Tagen verloren haben. Sagst Du denen auch, sie sollen es eben noch mal probieren und darauf ankommen lassen?

Wie siehst Du das bei einer schweren Krankheit, die nur entweder Mädchen oder Jungs betrifft? Man könnte doch z.B. eine Geschlechtswahl auch so durchführen, indem man das Spermium vor der ICSI untersucht. Das würde keinem bereits bestehenden Embryo schaden. Lehnst Du das auch ab?

Daß allerdings eher geringe Einschränkungen als nicht akzeptabel empfunden werden, verstehe ich auch nicht. Läßt sich das mal prozentual (gemessen an der Anzahl der zu erwartenden Kinder mit geringen Einschränkungen) ausdrücken? Leider sind es gerade solche Leute, die die Ablehnung sinnvoller medizinischer Verfahren auch in schweren Fällen bewirken.

Kannst Du Aussagen darüber treffen, wie viele Paare trotz Deiner Beratung anschließend zur PID ins Ausland fahren?

Danke für die Aufklärung zum reproduktiven Klonen. Habe ich das jetzt so richtig verstanden, daß von x gezeugten Klonen immer eine große Anzahl (genetisch?) krank ist und daß man dies auch schon im frühsten Embryonalstadium feststellen kann? Wieviele sind es im Schnitt? Warum ist das so? Theoretisch müssten sie doch die gleichen genetischen Merkmale haben wie ihr ?Original?.

Evolutionäre Gründe ? ich kann mir nicht vorstellen, daß so ein Klon die Evolution durcheinander bringt. Es würden ja auch nur relativ wenige sein. Außerdem wäre das doch kein Eingriff in die Keimbahn.

Wie auch immer ? ich wünsche Dir ein schönes Wochenende! Gruß, Rebella
bl968
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Beitrag von bl968 »

Hallo Rebella,

da hast du mich aber gründlich mißverstanden. Ich RATE den Eltern nicht, es darauf ankommen zu lassen, sondern ich finde es eher bewunderns- als verurteilenswert, wenn sie sich nach Darlegung aller Optionen (ggf. auch PID) und deren Konsequenzen AUS SICH SELBST HERAUS dafür entscheiden.
Eine genetische Beratung beinhaltet keinen Ratschlag zu oder gar Anweisungen für ein bestimmtes Verhalten, sondern sie soll durch Information (und Empathie) den Eltern ermöglichen, eine Entscheidung zu treffen, die am ehesten in Übereinstimmung mit ihren (ethischen, religiösen, familienplanerischen usw.) Vorstellungen steht.

Was gehäufte Fehlgeburten im ersten Schwangerschaftsdrittel betrifft: die einzigen anderen Alternativen zum "Drauf-ankommen-lassen" sind doch Verzicht auf genetisch eigene Kinder und PID. Und ob die PID mit einer Schwangerschaftsrate von 15% pro Behandlungsversuch (bei chromosomal bedingten Fehlgeburten) bei Paaren, die auch normal schwanger werden können, wirklich immer das schonendere Verfahren ist?

Gegen eine Spermienselektion bei geschlechtsgebundenen Erbkrankheiten habe ich persönlich nichts, sie ist den meisten Paaren aber nicht zuverlässig genug. Ich kenne kein Paar, das sich dafür entschieden hat.

Allgemeine Zahlen zur Ablehnung geringer Einschränkungen habe ich nicht, nur für ein bestimmtes Beispiel (Klinefelter-Syndrom) kenne ich eine Studie: 66% Abbrüche bei Beratung nur durch den Frauenarzt, 30% Abbrüche bei genetischer Beratung nach der Diagnose und 8% Abbrüche bei genetischer Beratung bereits vor der Fruchtwasseruntersuchung.

Da ich die Paare bei entsprechender Nachfrage selbst über PID informiere, fahren sie m.E. nicht "trotz" meiner Beratung ins Ausland. Persönlich kenne ich zwei Paare, die diesen Weg gewählt haben: beide hatten je zwei Behandlungsversuche, bei keinem ist eine Schwangerschaft eingetreten. Das eine Paar (beta-Thalassämie) hat sich dann zum Austragen eines betroffenen Kindes entschieden, das andere (myotone Dystrophie) zur Adoption. In der Regel habe ich aber nach der Beratung leider keinen regelmäßigen Kontakt mehr zu den Paaren.

Zum reproduktiven Klonen: Dolly war das Ergebnis von insgesamt 277 Embryonen, die meisten sind schon sehr früh abgestorben, Dutzende hatten schwere Fehlbildungen. Wahrscheinlich liegt das an Fehlern bei der Reprogrammierung des adulten Zellkerns. Genetik ist eben nicht nur die reine DNA-Sequenz...

Und mit evolutionären Gründen meinte ich, dass ohne die ständige Neumischung der Gene bei der sexuellen Zeugung die Evolution erheblich behindert wird. EIN Klon würde nicht stören, richtig, aber viele eben schon. Aber wie gesagt - das ist eher ein untergeordneter Aspekt.

Auch dir ein schönes Wochenende
Gruss, BL
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Hallo BL,

das hört sich ja schon ganz anders und sehr sympathisch an. Ich meine auch, daß so eine Beratung den Paaren immer noch selbst die Entscheidung überlassen muß.

Eine Schwangerschaftsrate von 15% pro Behandlungsversuch mit PID ist sicher nicht immer das schonendere Verfahren, aber in vielen Fällen schon. Sicher machen Paare mit Aussicht auf ein Kind mit einer schweren Erbkrankheit lieber 7 Versuche als jahrzehntelang unter erheblichen persönlichen Einschränkungen ein schwerstbehindertes Kind zu pflegen.

Die hohen Abbruchraten beim Klinefelter Syndrom machen mich sehr traurig, weil ich ja davon selbst ein besonders liebes Exemplar zu Hause habe. Das geht in der Tat zu weit! Und wie bereits gesagt ? solche Paare verhindern die gesellschaftliche Akzeptenz dieser Möglichkeiten, auch gleich mit für die schweren Fälle.

277 Embryonen für einen Klon ? da braucht man doch dieses Verfahren gar nicht mehr zu verbieten. Wer ist schon so bescheuert und nimmt so einen Versuch mit all seinen Kosten, Hormonen, psychischen Problemen, ? für ca. 1% Erfolgswahrscheinlichkeit inkauf?

Liebe Grüße, Rebella
bl968
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Beitrag von bl968 »

Hallo Rebella,

ich meinte eigentlich die PID als Alternative bei gehäuften Fehlgeburten. Da geht es nicht um das "jahrzehntelange Pflegen eines schwerstbehinderten Kindes". (Im übrigen wäre das bei den wenigsten "Indikationen" zu PID zu erwarten und die Baby-take-home Rate liegt auch eher bei 10%, weil die ja nicht identisch mit der Schwangerschaftsrate ist). Sicher will jedes Paar selbst entscheiden, ob es die PID in Anspruch nehmen will. Nur die ideale Lösung, als die sie in den Medien manchmal dargestellt wird, ist sie m.E. sicher nicht, auch wenn man die ethischen Erwägungen zu Embryonen mal beseite läßt und nur die physische und psychische Belastung der Paare in Rechnung stellt.

Dir geht der Abbruch von Schwangerschaften mit Klinefelter-Syndrom zu weit (vielleicht auch, weil du da positive Erfahrungen hast?). Mir persönlich geht der Abbruch von Schwangerschaften mit Mukoviszidose und vielen anderen Erbkrankheiten zu weit. Vielleicht, weil ich da positive Erfahrungen habe? Gesellschaftliche Akzeptanz? Bei einer Volksabstimmung über PID würde sie vermutlich erlaubt. Probleme sehen eher die, die sich damit intensiver auseinandergesetzt haben (z.B. das Bürgerforum in Dresden). Und der Schwangerschaftsabbruch bei medizinischer Indikation - egal welches kindliche Syndrom zugrunde liegt - ist doch längst mehrheitlich gesellschaftlich akzeptiert.

Wer so bescheuert ist, sich ein Klonkind zu wünschen, kann ich dir nicht sagen, aber ganz sicher gibt es diese Leute. Auch die künstliche Befruchtung hatte am Anfang eine Erfolgsrate von unter 5% und die Paare haben trotzdem Schlange gestanden. Außerdem fällt dieses Argument weg, sobald man Eizellen im Labor reifen lassen kann, was sicher irgendwann möglich sein wird.

Wen es für solche Vokabeln wie "schwerstbehindert", "medizinisch sinnvoll" usw. eine einheitliche, allgemein akzeptierte Definition gäbe, wäre das alle einfacher. Aber die wird es nie geben...

Gruß, BL
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Hallo BL,

sicher würde das Klonen irgendwann einfacher werden. Aber ich bin trotzdem fest davon überzeugt, daß es nur wenige Paare gäbe, die diese Möglichkeit in Anspruch nähmen. Denn natürlich wünschen sich die meisten Menschen ein Kind von ihrem Partner. Auch wir, die dazu invasive Verfahren durchführen lassen, sind noch so romantisch veranlagt. Wir machen es ja nicht aus lauter Spaß an der Technik, sondern nur, weil es eben nicht anders geht. Und wir wünschen uns doch einfach nur ein Kind, nicht ein bestimmtes. Wir lassen uns dabei recht gern überraschen. 5% Erfolgsaussicht, um ein Kind zu bekommen, hätte ich sicher auch auf mich genommen, weil einfach die Fortpflanzung eines der menschlichen Grundbedürfnisse ist. Aber 5% Erfolgsaussicht für einen Klon, wo es doch auch noch anders gehen könnte, mit 17%? Das täte ich nicht.

Mit der geringeren Baby-Take-Home-Rate haste natürlich recht. Da habe ich wohl gerade geschlafen als ich das schrieb. Wo ich doch sonst so peniblich mit Zahlen bin.

Ich finde, die Entscheidungen der meisten Betroffenen basieren sowieso viel zu oft auf zu wenig richtiger Information. Das beobachte ich auch hier im Forum. Zum Beispiel wünschen ganz viele Paare den Blastozystentransfer, obwohl der .- für sich genommen - gar nichts bringt, eher kontraproduktiv ist. Die späte Selektion ist ja das Erfolgskriterium. Für mich selber stelle ich auch immer wieder fest, daß ich einige Auffassungen ändern muß, weil eben neue Informationen dazu kommen. Man steht ja im Verlauf der Behandlung oft vor entscheidenden Fragen. Soll ich übrige Embryonen kyrokonservieren oder verwerfen? Wieviele soll ich mir transferieren lassen? ? Sinnvoll wäre sicher eine neutrale Pflichtlektüre, die auf alle möglichen Positionen und Aspekte zu einem Verfahren hinweist. Erst nach dem Lesen dieser sollte es dann möglich sein, eine Entscheidung zu treffen. Ich wette, viele Paare würden sich so anders entscheiden. Das belegt ja auch Dein Klinefelter-Beispiel, das nach einer vernünftigen Aufklärung eine wesentlich niedrigere Abtreibungsrate hatte.

Gruß, Rebella
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