"keine Angst nicht" - Berni, die von dir zitierte Erlösungstheorie ist wirklich schwer zu verstehen. Ich denke bei solchen Texten immer, die sind absichtlich so schwer verständlich geschrieben, damit sie keiner wirklich verstehen soll. Sie sollen aber beeindrucken: Oh, da hat jemand was ganz Kluges geschrieben. Und ich bin so doof, ich verstehe das nicht. Bloß nicht zugeben! Da tu ich mal lieber so, als hätte ich verstanden, dann gelte ich auch als schlau.

Der Vorteil solcher Texte für den Verfasser ist auch, dass, wenn jemand das nicht in seinem Sinne interpretiert, der Verfasser immer noch sagen kann: Völlig falsch verstanden!
Ich kann irgendwie nur im Dunkeln tappen, aber ich versuch´s mal ganz mutig: Der Beitrag richtet sich an unser Grundbedürfnis Sicherheit. Der Mensch hat von klein auf das Bedürfnis nach Sicherheit. Die Erfüllung dieses Bedürfnisses will man offensichtlich bieten.
Da wird also einer hingerichtet (evt. nicht ursächlich von Gott gewollt?), d.h. Verletzung des Sicherheitsbedürfnisses. Etwas, wovor wir alle Angst haben, tritt ein. Und der Verfasser des Artikels sagt, macht nichts, ist zwar passiert, aber jeder, dem so was passiert, der wird hinterher sofort von Papas Armen aufgefangen (=Sicherheit). Die Menschheit braucht deshalb keine Angst mehr vor Verletzung des Grundbedürfnisses Sicherheit zu haben. Sie ist von dieser Angst "erlöst". Und damit das auch jeder schön verinnerlichen konnte, bedurfte es natürlich der Zurschaustellung. Wir alle verstehen ja besser, wenn wir etwas nicht nur theoretisch erklärt kriegen, sondern wenn das dann auch noch visuell unterstützt wird. Und da Gott nicht so ganz wirklich allmächtig ist, konnte er sich nur unserer Eigenschaft bedienen, in Bildern besser zu verstehen und musste uns das auf diese scheußliche Art an seinem Sohn demonstrieren. Leider hatte er eben nicht die Macht, uns das auf nettere Art zu zeigen. - Richtig?
Tja, falls es so gemeint ist, gebe ich zu bedenken, dass es nicht immer gut ist, sich in Sicherheit zu wiegen. Das kann auch zu allzu großer Waghalsigkeit ausufern. Macht ja so zu sagen nichts, wenn man dabei drauf geht, nicht? Papa fängt einen ja auf. (z.B. Selbstmordattentäter; gut, das ist wieder Islam, aber auch Religion mit dem Glauben an einen Gott, der einen auffängt.) Die Schwierigkeit liegt eben auch an der Ausnutzbarkeit solches Glaubens von oben. (Christen, die für ihren Gott in den Krieg gezogen sind. Die haben sich sicher zum Teil auch in Sicherheit gewogen. Macht nichts, wenn sie bei drauf gehen. Gott fängt sie auf. Das muss nicht nur aus Befehl von oben passieren, sondern geht auch aus dem eigenen Wahn heraus - z.B. Aufforderungen in der Bibel nachkommen zu müssen, bestimmte Menschengruppen zu quälen.) Kinderschänder und -mörder könnten sich das auch sagen: Macht ja nichts. Ich quäle das Kind einfach mal und damit es gleich erlöst wird, schicke ich es hinterher in Gottes Arme. ...
Für mich selber kann ich sagen, dass ich auch ein Sicherheitsbedürfnis habe und das Gefühl von Angst kenne. Aber ich würde mir das nicht gern durch so einen Glauben nehmen lassen. Denn es ist doch ein Trugschluss. Was ist, wenn ich in dem Vertrauen auf Gott und Sicherheit mein Leben verwirkt habe und wenn dies hinterher wirklich vorbei ist (also keine ewige Seeligkeit im Himmel)? Irgendwie angearscht, nicht? Gut, man könnte sagen, ich bin tatsächlich erlöst. Erlöst von meinem Leben und den Widerlichkeiten, denen jeder von uns im Leben mal begegnet. Aber das wollte ich doch nicht wirklich! Ich wollte doch eigentlich noch leben!
Kennt ihr Christen ganz wirklich nicht das Gefühl der Angst? Das nehme ich euch nicht ab!
Erlösen tut uns das auch nicht nur vom Angstgefühl, sondern auch gleich noch vom Denken. Und das ist mindestens ebenso gefährlich.
Ich bin froh, mir aller meiner Sinne bewusst zu sein. Und da gehört eben auch die Angst dazu. Wir können in einer humanistischen Gesellschaft zwar nicht alle Menschen in jeder Situation auffangen, jedoch können wir ganz real sehr viele Menschen auffangen, indem wir ihnen humane (=menschliche) Lebensbedingungen geben. Angst in Maßen, so zu sagen als Alarmsignal, ist wichtig für unser Handeln und auch wichtig zum Begreifen unser selbst. Michael Schmidt-Salomon schreibt von "Sinn und Sinnlichkeit" - Lebenssinn nicht im Übersinnlichen, sondern im Sinnlichen. Das ist für mich ein schönes Bild. Und da fühle ich mich auch mal in den Arm genommen, aufgefangen, wenn ich so was lese.