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Verfasst: 31 Okt 2014 23:41
von Jabuco
In all den Diskusionen scheint es Frauen mit langer Ausbildung ohne "Karriere" nicht zu geben (Wie definiert sich Karriere?). Nach Abi, Studium und Praktikum zum Berufsstart war ich Anfang 30 und ohne Mann. Schon da war die Zeit zur Reproduktion ganz erheblich zusammen geschnurrt. Der Berufsstart war anstrengend und die Sache mit der Liebe erstmal sekundär und ratzfatz war ich Mitte 30., damit bereits deutlich im "erhöhten mütterlichen Alter". Mit Ende 30 bin ich dann trotz aller Maßnahmen einfach nicht mehr schwanger geworden. Ich wäre froh gewesen wenn mir mein erster Arbeitgeber das Einfrieren der Eizellen (zu einem dann ja schon späten Zeitpunkt) angeboten hätte ...
Verfasst: 31 Okt 2014 23:48
von sweetlara
...aber kein Mann setzt so lange aus wie die meisten Frauen mit der Geburt. Und wenn es ein Mann tut (es gibt ja inzwischen auch Männer mit längerer Elternzeit und anschließender Teilzeit), dann werden sie nicht anders behandelt als die Mütter mit gleichem Verhalten. Nur ist das eben selten, dass ein Mann sich so intensiv der Familie widmet. Genauso wird aber eine Führungskraft nicht akzeptiert, wenn sie stärker privatisiert und sich mehr der Familie widmen will. Sie kann sich sicherlich leichter als andere Hilfe einkaufen - aber das ist ja nicht immer das Gewünschte. Ich glaube, die Mechanismen sind viel einfacher und demokratischer, als es hier einige sehen.
Viele Grüße, Lara
Verfasst: 01 Nov 2014 00:00
von sweetlara
@jacubo: Ich hätte das Angebot zum social freezing auch begrüßt - nur habe ich mich damals, als die Zeit dafür da war, nicht so mit dem Thema befasst. Und ich finde es jetzt total gut, dass es so ein Angebot gibt und es offen angesprochen wird. Denn damit haben Frauen mehr Zeit, ihr Leben zu planen und zu ordnen. Ein Freibrief ist das aber sicher auch nicht: Wer Karriere gemacht hat, den wird der Arbeitgeber und der Job genauso weiter fordern, wenn er spät schwanger wird. Da wird man sich ggf immer noch keine ausgiebige Privatisierung leisten können.
Viele Grüße, sweetlara
Verfasst: 01 Nov 2014 00:13
von Jabuco
Im Zuge der Diskusionen rund um social freezing und Eizellspende wird die Problematik der Reproduktion viel intensiver dargestellt. Das hätte ich mir vor 10 Jahren schon gewünscht. Ich habe mich viel zu lange viel zu jung gefühlt ...
Verfasst: 01 Nov 2014 17:09
von Florine77
Die Diskussion um das Social Freezing finde ich wirklich entlarvend fuer die Situation der Frauen im Berufsleben. Offentlich ist jede Frau, die in einem halbwegs qualifizierten Beruf taetig ist, eine Karrierefrau. Das sagt doch viel ueber die gesellschaftliche Sichtweise in Zeiten, in denen Frau fuer Ihren eigenen Unterhalt verantwortlich sind.
Ich finde aber, dass sich hier eine sehr interessante Diskusion um das Social Freezing und Berufsleben entwickelt hat. Ich wuerde daher gerne meine Erfahrungen mit Euch teilen, was noetig ist Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Als Karrierefrau wuerde ich mich zwar nie bezeichnen, aber ich habe immerhin "durchgehalten" und bin mit meiner Situation zufrieden. Fuers Geschwisterchen muss ich jetzt eben kaempfen:
Was finde ich wichtig und hilfreich?:
1. Fuer mich am wichtigstens: ein stuetztenden Umfeld: Ein Partner der einen unterstuetzt - praktisch (Elternzeit, mit krankem Kind zu Hause bleiben usw.) und moralisch (Die dummen Sprueche kommen und manchmal auch die Zweifel.). Aber Achtung, wir wollen die Vaeter auch nicht dort haben, wo viele Frauen jetzt sind. Eltern, Familie oder Freunde in der Naehe sind sehr von Vorteil. Ohne die Unterstuetzung geht nichts.
2. Lara hat recht: Kurze Elternzeiten, moeglichst Vollzeit oder nahe dran arbeiten. Da muss man wirklich die Zaehne zusammenbeissen, Kaffee rein und die Kleinen vertragen viel mehr als oft gedacht. Es wird im Verlauf leichter, die Vaeter muessen so auch von Anfang an mehr mitmachen und die Strukturen, in denen nur die Mutter verantwortlich ist, verfestigen sich nicht so. ABER in den skandinavischen Laendern geht es doch auch, das Vaeter und Muetter Elternzeiten nehmen ohne Karriereknick. Da muss sich allgemein was aendern. Ausserdem sind meiner Erfahrung nach langwierige Achillessehnenrisse vom Fussball, und komplizierte Skiverletzungen bei Maennern auch keine Karrierekiller. Sondern werden so hingenommen. Dabei sind das auch klare Faelle von "Privatisierung" und tragen nicht zur Sicherung der Rente bei.
3. Gute Organisation und realistische Planung fuer ein Berufsleben mit Kind: Das ist meiner Erfahrung nach sehr schwer. Das Leben mit Kind ist oft nicht planbar. Wessen Familie einmal von einem Kita-Brech-Durchfall betroffen war, kennt das. Da geht nichts mehr! Blutende Platzwunde in der Kita, Papa auf Kongress und Oma auf Kreuzfahrt! Und irgendwas ist eigentlich immer. Man jongliert parmanent und ab und zu geht ein Ball auf den Boden. Wenn das ein Arbeitgeber dann nicht mit macht, kann man es vergessen. UND Kinder brauchen einfach Zeit. Farben Zahlen, Sprechen, Schuhe binden usw. Das koennen Kitas nicht alles leisten. Ausserdem am veraendert sich mit einem Kind. Nach einem Sitzungsmarathon geht man um 20.00 Uhr nicht mehr mit den Kollegen auf ein Bier, wenn man einen 6Monate alten Schreihals hat. Diesen Punkt habe ich z.B. ohne Kind nicht ganz richtig eingeschaetzt. Da bringt einen die Realitaet oft an die Grenzen.
4. Ein Chef der einen unterstuetzt und foerdert: Wenn ein Chef denkt, Mutter gehoert nach Hause, kann man strampeln wie man will. Man wird scheitern. Leider wird ein Kind oft als Makel und Risiko gesehen. Bekommt am Unterstuetzung geht vieles.
5. Ein organisiertes Arbeitsumfeld: Es geht irgendwann nicht mehr, wenn wichtige Events immer erst am Abend vorher oder gar morgens angesagt wird und man haengt erstmal eine Stunde am Telefon um alles zu organiseren. Geht nicht dauernd.
6. Ausbildung und Qualifiaktion vor der Familienplanung beenden: Da wird man heute eben alt und da hilft Social Freezing. Natuerlich ist das kein Freibrief, aber es macht einen weniger leicht ersetzbar und ein bisschen Routine hilft einfach die erste schwere Zeit zu ueberbruecken.
7. Mut und Selbstbewusstsein: Wenn es nicht geht, einfach wegbewerben und auch mal Forderungen stellen. Das kann man heute als gut ausgebildete Frau in viel Branchen.
Wie sind Eure Erfahrungen?
Verfasst: 02 Nov 2014 20:07
von rebella67
Ich mache mir gerade Gedanken darum, ob der Begriff "Karrierefrau" aufwertend oder abwertend ist.
Verfasst: 02 Nov 2014 21:09
von Mondschaf
liebe rebella,
Ich mache mir gerade Gedanken darum, ob der Begriff "Karrierefrau" aufwertend oder abwertend ist.
mir scheint es, dass man das nicht verallgemeinern kann.
im kiwu-kontext klingt es für mich abwertend - in dem sinne "wärst du bei dem geblieben, was dir rollenmässig zugedacht ist, dann hättest du jetzt kleine probleme".
in beruflichen kontexten kann ich mir vorstellen, dass der begriff auch wertschätzend verwendet werden kann.
was mich an dem begriff stört, ist eben, dass zumindest im kiwu-kontext vielle frauen ja eine "karriere" garnicht unbedingt anstreben, sie wollen nur entsprechend ihrer qualifikation arbeiten.
das begriffspaar "kinder oder karriere" ist für mich daher eine verzerrte darstellung.
weil gerade frauen, die wirklich karriere machen - verbunden mit dem entsprechenden einkommen, sich die kindermädchen usw. wieder leisten können (siehe v.d. leyen usw., bei promi-frauen scheinen schwangerschaften ja eher gut anzukommen und kein karrierehindernis zu sein). für die stellt sich die frage garnicht in dem maße wie für die mehrzahl der frauen, die "nur" etwas gelernt oder studiert haben.
liebe grüße
mondschaf
Verfasst: 02 Nov 2014 23:44
von rebella67
Ja, ganz richtig. Wobei ich es mir auch nicht gewünscht hätte, mein Baby einer Kinderfrau zu überlassen, um sofort wieder 10 Stunden pro Tag oder mehr außer Haus sein zu können.
Man bekommt ja die Kinder nicht nur dafür, dass sie dann da sind, sondern auch dafür, um eine Beziehung zu ihnen haben zu können.
Verfasst: 03 Nov 2014 06:04
von ajamue
Genau Rebella. Aber genau so ist es, ansonsten ist die Karriere vorbei.
Verfasst: 11 Nov 2014 20:43
von free
das ist doch mal ein schöner bericht aus dem blickwinkel des mannes
http://www.medizin.uni-halle.de/fileadm ... 1.2014.pdf