Nera hat geschrieben:Liebe Rebella,
ich sehe eigentlich, egal wie man es auslegt, Schwierigkeiten, die auf Gesetzesverstöße hindeuten, wenn man die Vorkerne weiter kultiviert: wenn man die Vorkerne als Embryonen bezeichnen will, dann dürften es nicht mehr als 3 Embryonen sein. Wenn man sie als Eizellen betrachtet, ist die Spende sowieso verboten in Deutschland.
Für mich ist es hier ganz ehrlich für die moralische Bewertung des Ganzen nicht Ausschlag gebend, ob es verboten ist. Ich weiß einiges darüber, wie das ESchG zustande gekommen ist. Es war ein Kompromiss. Es gibt hier insbesondere ein konservatives und ein liberales Lager, die da im Kräftestreit gelegen haben - und heute immer noch liegen. - Ein Kompromiss aus diesen beiden Lagern muss nicht unbedingt eine ethisch sinnvolle Regelung hervorrufen. Nach meiner Bewertung ist das hier auch deutlich missglückt.
Ich fände es gut, wenn jetzt mehr darüber diskutiert wird, wenn wissenschaftliche Studien angefertigt werden, derer es derzeit aufgrund des Desinteresses der Vergangenheit mangelt. Und wenn dann endlich mal eine vernünftige Regelung gefunden wird.
Nera hat geschrieben:mir stößt es echt negativ auf, wenn ich mitkriege, wie manche (nicht alle) Reproduktionsmediziner Gesetze missachten ... Vielleicht kann man das erst nachvollziehen, wenn man selber mal in die Situation kommt, dass die eigenen Rechte aufgrund des Handelns eines Reproduktionsmediziners mit Füßen getreten werden.
Ich kann es nachvollziehen, dass es einem negativ aufstößt, wenn die eigenen Rechte aufgrund des Handelns anderer Personen mit Füßen getreten werden. Dazu muss die andere Person nicht Reproduktionsmediziner sein. Ich kann es nachfühlen, wenn die eigenen Rechte - wie z.B. bei einigen erwachsenen Spenderkindern - aufgrund eines Reproduktionsmediziners mit Füßen getreten werden. Dann sollte/ könnte man gegen genau diesen vorgehen. Sich dann aber andere Reproduktionsmediziner zu suchen und gegen die vorzugehen, weil sie zufällig denselben Beruf haben, das kann ich nicht nachvollziehen.
Also meine Rechte wurden zum Beispiel mal von einem Arbeitgeber mit Füßen getreten. In dem Fall war es gegeben, gegen diesen Arbeitgeber vorzugehen. Hätte ich aber einen anderen Arbeitgeber angezeigt, bei dem ich gar nicht beschäftigt war, dann wäre das doch seltsam rüber gekommen. ...
Ich glaube nicht, dass Reproduktionsmediziner als Berufsgruppe mehr Dreck am Stecken haben als andere Berufsgruppen. - Meines Erachtens sollte man mehr differenzieren, wenn man sich jemanden zum Anschwärzen aussucht.
Nera hat geschrieben:Wenn schon dabei gemauschelt wird, wo dann noch? Auch früher gab es schon das Recht der Kenntnis der Abstammung. Das hat viele Mediziner nicht gejuckt. Sicherlich ist der Erkenntnisstand heute ein anderer, aber bei Embryonenspenden fangen wir gerade wieder ziemlich bei Null an...
Am Meisten gemauschelt wird bei unserem Gesetzgeber selber. .... Trotzdem müssen wir mit ihm klar kommen. Und andere Staaten haben noch schlimmere Gesetzgeber.
Du schreibst oben selber, der Erkenntnisstand ist heute ein anderer. Genau deshalb geht es heute bezüglich der Samenspende besser. - Die Mediziner haben über Jahre in einer gesetzlichen Grauzone gehandelt. Dass es dabei zu "Mauscheleien" kommen kann, ist eigentlich vorprogrammiert. In einer öffeneren gesellschaftlichen Atmosphäre und mit mehr Rechtssicherheit hätte man nicht gemauschelt.
Auch bezüglich Embryonenspende bräuchten wir mehr Rechtssicherheit.
Nera hat geschrieben:Dafür sind die Spenderkinder oder gar der Verein keine Dankbarkeit schuldig. Es ist traurig, wenn das noch immer nicht selbstverständlich ist. Sicherlich wissen sie das jedoch zu schätzen.
Natürlich sind sie nichts schuldig in dem Sinne. Aber sie sollten es zu schätzen wissen, da es eben bisher leider keine Selbstverständlichkeit war. Ich verstehe aber unter "zu schätzen wissen" nicht, dass man denjenigen dann anzeigt.
Nera hat geschrieben:An dieser Stelle war es nur eine Person, aber natürlich mit Erwähnung des Vereins, wo sich ja deiner Meinung nach nur radikale, spät aufgeklärte, von ihren Eltern enttäuschte Spenderkinder befinden, wie du an anderer Stelle ausführst.
Ich fand es an der Stelle passend, auf den Hintergrund dieser Person hinzuweisen. Sonst hätte ich nur schreiben können, "Ich weiß, wer es war, sage es aber nicht." - Der Hintergrund ist in diesem Fall schon von Interesse. Wäre diese Person kein Spenderkind, hätte sie nicht die Anzeige erstattet.
Ich habe auch nicht gesagt, dass sich in euerm Verein "nur radikale, spät aufgeklärte, von ihren Eltern enttäuschte Spenderkinder befinden", sondern dass es größerenteils "spät aufgeklärte, von ihren Eltern enttäuschte" sind und einige wenige davon recht radikal sind.
Nera hat geschrieben:Aus Sicht der Kinder finde ich das nochmal schwieriger, erstmal beide Elternteile nicht zu kennen und dann auch noch zu wissen, dass es quasi nur der Zufall so wollte, dass eben meine Geschwister bei den leiblichen Eltern aufwachsen und ich nicht. ... Insofern: ich weiß nicht, ob das so legitim und selbstverständlich sein sollte, diese befruchteten Eizellen an andere Paare abzugeben.
Darüber, ob das legitim ist oder nicht, sollte aber nicht ein Richter entscheiden, der einfach nur das bestehende Gesetzgummiband in dem konkreten Fall deutet. Darüber sollte es einen großen Diskussionsprozess geben können, der auch einschließt, wie man die Embryonenspende so gestalten kann, dass es nach Möglichkeit keine bzw. wenige Interessenkonflikte gibt.
Verbote helfen oft nicht weiter. Sie lösen den Konflikt nicht immer. Im Fall von unerfülltem Kinderwunsch werden durch Verbote die Schauplätze nur ins Ausland verlagert. Und da geht es dann meistens noch komplizierter ab.
Auch ,ob die Spende eines bereits bestehenden Embryos oder extra für die Spende gezeugter Embryonen nun für das Kind besser oder schlechter ist, darüber gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen.