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Verfasst: 05 Mär 2016 09:25
von Nera
@free: Wenn dir Sätze wie "wenn aus Teddys Babys werden" helfen, dein ganz persönliches Schicksal besser anzunehmen und deinen Alltag zu meistern, dann kann ich das nur bestärken. In einem solchen Buch, wie es nun erschienen ist, wäre eine solche Wortwahl aber etwas überzogen, oder?

@Mondschaf: es geht mir darum, dass sich unter der Oberfläche Dynamiken abspielen, die über die Aufklärung des Kindes hinausgehen. Deshalb beschreibe ich die Szene mit dem vermuteten Fremdgang auch nur als "Symptom". (Das Fass mit der Aufklärung mache ich gar nicht erst auf, sondern gehe ganz naiv davon aus, dass hier die Wichtigkeit der frühen Aufklärung schon angekommen ist, toi toi toi).

Hier ist an einigen Stellen der "Schmerz" der Betroffenen betont worden. Natürlich ist es schmerzhaft, wenn man erfährt, dass man auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen kann. Aber in der Regel ist es genau dieser Schmerz, der dann problematisch für das Kind wird (sofern man sich einen Spender oder eine Spenderin gesucht hat). Das Kind dient als Lösung für den Schmerz der Eltern. Dem Kind selbst tut man damit nichts Gutes. Nur sich selbst. Das heißt nicht, dass das Kind dadurch zum Tode verurteilt ist, aber es ist zumindest kein Umstand, der sich förderlich auf seine Entwicklung auswirkt. Trotz Aufklärung, trotz der Möglichkeit den Spender kennen zu lernen. Es wird immer in ein kompliziertes, unauflösliches Familiengeflecht eingebunden sein. Früher oder später wird das Thema jeden Menschen bzw. jedes Spenderkind beschäftigen. Genau das gilt es als Eltern zu beachten und anzuerkennen. Bis jetzt wird das hier aber immer nur heruntergespielt.

@Rebella: wenn ich dich richtig verstehe, dann stört Dich an der Katalog-Formulierung, dass sie impliziert, es wäre genau das, was die Eltern möchten: ein Kind nach den eigenen Vorstellungen zusammenbauen und eben aus dem Katalog auswählen.

Gleichzeitig bist du selbst mit einer längeren Liste von Merkmalen zum Reproduktionsmediziner gegangen, die der Spender nach deinen/euren Wünschen erfüllen sollte, Interessen, Hobbys, Charakterzüge. Sorry, - auch wenn die tatsächliche Auswahl des Spenders doch nur bei äußeren Merkmalen blieb - das IST "Sperma aus dem Katalog"!

Es ist mir durchaus klar, dass eine gewisse Vorauswahl getroffen wird und ich sehe auch gewisse Vorteile, wenn der gewählte Spender dem sozialen Vater ähnlich sieht. Aber das ändert nichts an dem Prozedere selbst. Man kann doch einfach dazu stehen, dass er/sie damals eine katalogähnliche Auswahl getroffen hat. Mit 2 Listen sogar! Ich könnte es auch "Einkaufsliste" nennen, immerhin hast du für die DI auch Geld bezahlt und eine Rechnung bekommen. ;)

Natürlich führt das zu einer Spannung, die immer wieder darin mündet, dass man eine Reproduktionsmethode gewählt hat, die mit natürlicher Fortpflanzung (und damit den natürlichen/besten Konditionen für das Kind) nichts mehr zu tun hat. Und letztlich führt sie wieder in den Anfangsschmerz zurück.

Ich glaube, dass dieses Spannungsverhältnis hier für viele sehr schwer auszuhalten ist, und deshalb in so vielen Formulierungen Gespenster gesehen werden, wo gar keine sind. Im Übrigen habe ich eine solche "Stimmungsmache", wie du sie wohl auch schon in anderen Medien gesehen haben willst, selbst noch nicht wahrgenommen (und ich bin dahingehend sehr belesen ;) ).

Amen und guten Tag.

Verfasst: 05 Mär 2016 09:41
von Mondschaf
Nera hat geschrieben:
Hier ist an einigen Stellen der "Schmerz" der Betroffenen betont worden. Natürlich ist es schmerzhaft, wenn man erfährt, dass man auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen kann. Aber in der Regel ist es genau dieser Schmerz, der dann problematisch für das Kind wird (sofern man sich einen Spender oder eine Spenderin gesucht hat). Das Kind dient als Lösung für den Schmerz der Eltern. Dem Kind selbst tut man damit nichts Gutes. Nur sich selbst. Das heißt nicht, dass das Kind dadurch zum Tode verurteilt ist, aber es ist zumindest kein Umstand, der sich förderlich auf seine Entwicklung auswirkt. Trotz Aufklärung, trotz der Möglichkeit den Spender kennen zu lernen. Es wird immer in ein kompliziertes, unauflösliches Familiengeflecht eingebunden sein. Früher oder später wird das Thema jeden Menschen bzw. jedes Spenderkind beschäftigen. Genau das gilt es als Eltern zu beachten und anzuerkennen. Bis jetzt wird das hier aber immer nur heruntergespielt.
liebe nera,

du schreibst, "das kind dient als lösung für den schmerz der eltern".
meinst du nicht, das kinderwunsch immer etwas egoistisches ist. die kinder lösen immer schmerzen, wünsche usw. der eltern? (es sei denn, dass sie "unfälle" sind und garnicht gewünscht waren - was im übrigen kein wirklich schöner start ins leben ist)
egal ob frau beim ersten mal schwanger wird, ob es etwas länger gedauert wird, ob die eltern vermittels repromedizin genetisch eigene kinder bekommen, ob sie sich spender suchen oder adoptieren oder pflegekinder aufnehmen?
ob das eher wünsche oder eben auch schmerzen werden, hängt doch nur von der dauer des unerfüllten kinderwunsches ab.

den größten altruismus könnte man immer noch pflegeeltern für dauerpflegen unterstellen, weil die ein kind in obhut nehmen, um ihm bessere chancen im leben zu geben. trotz dem damit verbundenen risiko für alle, dass das kind die pflegefamilie wieder verlässt.

und selbst da ist egoismus eins der treibenden motive.
wir sind anerkannte pflegeeltern und wenn mir dann altruismus unterstellt wurde, habe ich mich immer dagegen gewehrt.
während des anerkennungsprozesses sind wir sicher altruistischer geworden und unsere motivation oder vielmehr die gewichtung unserer motivation hat sich verändert. aber wer nicht den eindruck hat, dass in der familie eine schmerzende lücke ist, dass da noch ein platz für jemanden ist, eine pflegemutter hat es in einem seminar so schön formuliert, "bei ihnen ist noch platz im herzen", der nimmt auch kein pflegekind.
es gab im rahmen der anerkennung viele gespräche und es wurde uns vermittelt, dass es gut ist, diesen egoismus so wie er eben ist anzuerkennen und wahrzunehmen.

deine gedanken zu ende gedacht dürfte doch niemand kinder bekommen, weil das kind vor der zeugung nie gefragt wird, ob es überhaupt leben will? und ob es von den sozialen oder anderen eltern abstammen will usw.? was ist dann mit kindern, die z.b. in einem krieg geboren werden?
will ein sehr talentiertes kind wirklich bei einer stumpfen familie aufwachsen, die seine talente nicht erkennt und fördert oder das finanziell nicht schafft? wollen unsere kinder relativ alte eltern wie wir es sind, oder hätten sie lieber junge? will ein kind in eine familie geboren, für die es nur ein statussymbol ist und ansonsten in teure internate abgeschoben wird?

ist da die DI nicht nur ein sonderfall?

liebe grüße

mondschaf

Verfasst: 05 Mär 2016 09:48
von Sonneninsel
Nein, dieser Schmerz wird nicht auf die Kinder produziert ,ich bin kein dummes Ding ,unser Kleiner ist super selbständig ,frech redet den ganzen Tag er ist ein ganz natürliches Kind ,dass tiefe Wurzeln hat ,sein Wesen ist so ausgeglichen ,er ist einfach da und lebt glücklich in der Kindlichen Leichtigkeit ich glaube eher das tiefe Wunden eher bei dem liegen der so ein Verhalten in eine Spende interpretiert. Sag ja,selber erst mal diesen Weg gehn ,da kann man noch so belesen sein.

Verfasst: 05 Mär 2016 11:55
von rebella67
Sonneninsel hat geschrieben:ich bin Neu hier ,,könntest du mir ein Buch empfehlen wo es darum geht Kinder aufzuklären .nochmals möchte ich den Gedanken aufführen wie viele Menschen die diesen Weg gehen Jahrelanges Leid seelisch wie körperlich ,ertragen bis sie auf dem Weg der Spende sind.Keiner marschiert zur Samenbank und zeugt easy ein Kind .Die Kinderlosigkeit ist eine große Belastung für eine Partnerschaft.
Liebe Sonneninsel,

die beste Aufklärungsliteratur in deutscher Sprache findest du bei Petra Thorn und ihrem Verlag FamArt. Schau mal, was es dort gibt. Dort wird u.a. auch die Reihe "Offen gesprochen" veröffentlicht, die im Englischen "Telling and Talking" heißt und vom Verein DI-Netz e.V., in dem ich Mitglied bin, übersetzt wird. Jeder Band bezieht sich auf ein bestimmtes Alter des Kindes. Der nächste Band, der herauskommen wird, ist jedoch einer, in dem es darum geht, wie man sein Umfeld aufklären kann.

In englischer Sprache gibt es aber noch so Einiges mehr. ...

Verfasst: 05 Mär 2016 12:02
von free
Nera hat geschrieben:@free: Wenn dir Sätze wie "wenn aus Teddys Babys werden" helfen, dein ganz persönliches Schicksal besser anzunehmen und deinen Alltag zu meistern, dann kann ich das nur bestärken. In einem solchen Buch, wie es nun erschienen ist, wäre eine solche Wortwahl aber etwas überzogen, oder?
warum überzogen?in der traumatherapie ist es durchaus üblich banale sätze zu formulieren um den schmerz zu relativieren um ihn dann schritt für schritt zu zulassen um das geschehene aufzuarbeiten.oder glauben sie ernsthaft die frauen unterziehen sich reproduktiven maßnahmen aus lifestyle gründen oder weil sie probleme mit dem ich und dem über-ich haben beim verlust ihres kinder in der 16 ssw?????? vielleicht können sie jetzt meine latente verägerung beim benutzen dieser öberflächlichen begriffe nachvollziehen.denn wenn sie 4-6 aborte in folge hatten oder der mann erfährt die diagnose unfruchtbarkeit dann ist das ein traumatisches geschehen und es ist ein no-go dieses in dieser zeit tiefenpsychologisch betrachten zu wollen.damit richten sie mehr schaden als nutzen an.psychoanalyse benötigt stabilität.

Verfasst: 05 Mär 2016 12:55
von free
Nera hat geschrieben:@Mondschaf: es geht mir darum, dass sich unter der Oberfläche Dynamiken abspielen, die über die Aufklärung des Kindes hinausgehen.
fein,ich bin dabei.dann fangen wir mal an.das selbst entwickelt sich auf drei ebenen.inhalte des bewusstseins-strom der sinneswahrnehmung wie empfindungen,gefühle,gedanken. identität-konzeptualisiertes selbst -die summe der bewertungen wie kategorisierungen,standpunkte,bewertungen.das selbst als kontext unseres erleben-unsere perspektive ab früher kindheit. und nun sagen sie mir bitte,ist es hilfreich für die gesunde entwicklung eines kindes aus einer sperma oder eizellspende oder leihmutterschaft, diese reproduktiven maßnahmen so mit negativen merkmalen in der öffentlichkeit zu belegen,wie sperma aus dem katalog,einkaufsliste,gemieteter bauch,gespaltene mutterschaft,das geschäft mit der guten hoffnung?wer profitiert davon?das kind sicherlich nicht.wie sie ja oben sehen spielt die öffentliche bewertung und kategorisierung schon eine große rolle bei der findung der identität.da ist es nicht gerade klug ein kind in so einem feindlichen und negativ bewerteten umfeld aufzuklären.können sie in etwa erahnen warum mütter ihre kinder eigentlich überhaupt nicht mehr aufklären wollen? was sie instinktiv oder auch bewusst davor scheuen lässt?können sie mir folgen wenn ich ihnen sage,dass das auch ein anliegen von rebella ist vorurteile abzubauen damit unsere kinder aufgeklärt werden und sie es besser haben? aber meine frage bleibt weiterhin. wer profitiert nun von diesen begriffen in der öffentlichkeit?die traumatisierten frauen und männer?oder vielleicht doch das selbst,das individium,das diese wörter erfindet?aber wozu?macht das sinn?

Verfasst: 05 Mär 2016 14:27
von Nera
@Mondschaf,
Ja, puren Altruismus gibt es meiner Meinung nach nicht und ich stimme dir zu, dass es doch sehr übertrieben wäre, dies vorauszusetzen, wenn man sich ein Kind wünscht. Ich finde auch die Haltung gut, eben genau zu diesem "Egoismus" zu stehen. Nichts anderes versuche ich hier zu betonen. Dass man dazu steht, was ist. Dass das Kind einen anderen Vater hat und man diesen wie "aus dem Katalog" anhand verschiedener Merkmale ausgewählt hat, oder sich im Falle einer Leihmutterschaft (so hart es klingt) die Gebärmutter einer anderen Frau "gemietet" hat etc.pp. Das ist offensichtlich nicht leicht, wäre aber wichtig, um einen (scheinbar sehr herbeigesehnten) Dialog konstruktiv führen zu können. Aber vielleicht kann das auch erst das Ziel des Dialogs sein.

Ich denke hier muss man Schmerz von Schmerz unterscheiden. Denn der Schmerz von DI-Eltern liegt darin begründet, dass der Kinderwunsch nicht mit dem Partner als Vater des Kindes erfüllt werden kann. Das ist auf psychodynamischer Ebene sehr einschneidend für die Paarbeziehung. Es ist damit mehr als nur der Wunsch nach einem Kind, auf das man vielleicht ein bisschen länger warten muss.

Nein, ich denke nicht, dass niemand mehr Kinder bekommen sollte. Der Unterschied zwischen einem Kriegskind und einem Spenderkind ist, dass die Situation des Spenderkinds bewusst von den Eltern und Ärzten und Spendern herbeigeführt wird.

@Sonneninsel:
Niemand behauptet, dass die Kinder, die aus Samenspenden entstehen, keine fröhlichen oder "normalen" Kinder werden können. Die Kinder sind aber nun mal das Produkt einer komplizierten Konstellation. In dem Buch wird das wie folgt beschrieben: "Die Reproduktionsmedizin schickt ihre "Spenderkinder" mit einem gewissen Potenzial an Bruchstellen auf den Lebensweg. [...] ab einem bestimmten Belastungsgrad und bei bestimmten Konstellationen kann etwas zerbrechen. So gibt es in der Biographie von "Spenderkindern" einige "Kannbruchstellen", die ihrer speziellen Konstellation geschuldet sind."

@free: dein persönlicher Schmerz ist sicherlich schlimm. Und ich kann mir nur annähernd vorstellen, wie es ist, mehrere Schwangerschaftsabbrüche erleiden zu müssen. Aber lass uns das nicht vermischen. Das Buch dient nicht dazu Traumata zu bearbeiten, und stellt nicht den Anspruch eines Therapieersatzes. Es geht schlichtweg darum die zugrunde liegenden Dynamiken sichtbar zu machen, und das halte ich für äußerst wichtig, um ein umfassendes Verständnis (in dem Fall in erster Linie für die Kinder!) zu gewinnen. Dafür ist es auch wichtig, die Dinge beim Namen zu nennen und nicht mit Teddys o.ä. zu verweichlichen. Das wäre den Spenderkindern gegenüber (um die es hier geht) auch ziemlich respektlos.

Aber um mich nochmal zu wiederholen: die von euch so sehr kritisierten Begrifflichkeiten entsprechen keiner (negativen) Wertung der Autoren und das ist auch klar gekennzeichnet.

Verfasst: 05 Mär 2016 15:08
von rebella67
Nera hat geschrieben: @Rebella: wenn ich dich richtig verstehe, dann stört Dich an der Katalog-Formulierung, dass sie impliziert, es wäre genau das, was die Eltern möchten: ein Kind nach den eigenen Vorstellungen zusammenbauen und eben aus dem Katalog auswählen.
Gleichzeitig bist du selbst mit einer längeren Liste von Merkmalen zum Reproduktionsmediziner gegangen, die der Spender nach deinen/euren Wünschen erfüllen sollte, Interessen, Hobbys, Charakterzüge. Sorry, - auch wenn die tatsächliche Auswahl des Spenders doch nur bei äußeren Merkmalen blieb - das IST "Sperma aus dem Katalog"!
Es ist mir durchaus klar, dass eine gewisse Vorauswahl getroffen wird und ich sehe auch gewisse Vorteile, wenn der gewählte Spender dem sozialen Vater ähnlich sieht. Aber das ändert nichts an dem Prozedere selbst. Man kann doch einfach dazu stehen, dass er/sie damals eine katalogähnliche Auswahl getroffen hat. Mit 2 Listen sogar! Ich könnte es auch "Einkaufsliste" nennen, immerhin hast du für die DI auch Geld bezahlt und eine Rechnung bekommen. ;)
Natürlich führt das zu einer Spannung, die immer wieder darin mündet, dass man eine Reproduktionsmethode gewählt hat, die mit natürlicher Fortpflanzung (und damit den natürlichen/besten Konditionen für das Kind) nichts mehr zu tun hat. Und letztlich führt sie wieder in den Anfangsschmerz zurück.
Ich glaube, dass dieses Spannungsverhältnis hier für viele sehr schwer auszuhalten ist, und deshalb in so vielen Formulierungen Gespenster gesehen werden, wo gar keine sind. Im Übrigen habe ich eine solche "Stimmungsmache", wie du sie wohl auch schon in anderen Medien gesehen haben willst, selbst noch nicht wahrgenommen (und ich bin dahingehend sehr belesen ;) ).
@Nera: Mich stört am Meisten an der Katalog-Formulierung, dass damit assoziiert wird, wir wären kaltherzige berechnende Wesen, die aus reiner Kalkulation auswählen und ganz im Gegensatz zu anderen Eltern, die Kinder bekommen, unser "Kind als Zweck" betrachten.

Dem ist nicht so. Es gibt vielschichtige menschliche Bewegungsgründe. Wir beobachten in anderen Familien (und kennen das ja auch aus unserer eigenen Herkunft), dass Eltern und Kinder sich in gewisser Weise zumindest ähneln. Das ist unser seit Bestehen der Menschheit inneres Programm. Deshalb sind auch unsere Vorstellungen damit verbunden, dass unsere Kinder in gewisser Weise Ähnlichkeit mit uns haben werden. Dieser ganze Prozess, der dahin führt, dass wir uns für Kinder entscheiden, zum Beispiel, beinhaltet die Vorstellung, das Kind könnte vielleicht so oder so sein. Es ist nicht so, dass das Kind so oder so sein "muss", aber wir stellen uns eben unser Kind schon mal vor. Und das ist nicht nur bei uns so, sondern gewiss bei den meisten Eltern, die Kinder bekommen. Alle werdenden Eltern versuchen doch irgendwie, sich ihr Kind schon mal vorzustellen.

Nun kommt die Erkenntnis, der Mann ist zeugungsunfähig. Es wird kein Kind von seinen Genen geben. "Wir möchten aber dennoch ein Kind bekommen", sagen sich dann viele Paare. Es gibt einen Prozess der Trauerbewältigung. Abschied von dem zuerst "erdachten" Kind - hin zu einem weiteren Kind. Und da muss man sich dann auch überlegen, welche Rahmenbedingungen bestehen sollten, um sich für dieses "weitere" Kind voll zu öffnen. Man schaut sich z.B. die Männer aus der Umgebung an und stellt fest, mit einem Teil von denen fällt einem diese Vorstellung leichter, mit einem anderen Teil nicht so leicht. Mir war es zum Beispiel immer total wichtig, dass mein Mann diesen Schritt auch akzeptieren kann. Dahinter wäre ich selber mit meinen eigenen Vorstellungen auch zurückgeblieben. Mein Mann hatte zum Beispiel zunächst die Vorstellung, ein Onkel von ihm solle diese Rolle übernehmen. Er fühlt sich diesem Onkel auch nah. Das konnte ich mir z.B. weniger vorstellen, aber ich hätte mich einverstanden erklärt, wenn das für ihn die Bedingung gewesen wäre. ... Es kam darauf an, dass sich mein Mann mit dem Weg, den wir gehen, gut fühlt. Dann hätte ich mich damit letztlich auch gut gefühlt.

Es ist wohl in den Menschen evolutionsbiologisch verankert, dass die Vorstellungen von den späteren Kindern etwas damit zu tun haben, wie man selber ist. Da müsste man einen Evolutionsbiologen fragen. Allein die Vorstellung, der Spender hat gewisse Gemeinsamkeiten mit uns, wirkte sich positiv auf unsere Gefühle aus. Wir Menschen sind offenbar so und warum sollten wir das dann verdrängen? Rein rational betrachtet haben unsere Spender vermutlich recht wenige Gemeinsamkeiten mit uns. Ein Mensch reduziert sich doch nicht auf seine Haar- und Augenfarbe. Wir sind komplexe Wesen mit tausenden von Merkmalen.

Ja, wir hatten damals diese Listen. Die Vorstellung, der Spender könnte uns in seinen Eigenschaften ähnlich sein und zumindest einiges davon auch auf das Kind übertragen, wäre schön gewesen. Wie wir aber in unserem eigenen Beispiel erfahren haben, war es nicht wirklich wichtig, dass diese Eigenschaften tatsächlich auch beim Spender vorhanden sind. Denn auch unsere Kinder sind komplexe Menschen mit tausenden von Eigenschaften. Diese wurden teilweise auch durch unsere soziale Beziehung geprägt. Wir haben nie eine Eigenschaft unserer Kinder, die wir bei uns nicht kennen, infrage gestellt. Es spielt schlicht keine Rolle.


Deine Aussage: „Es ist mir durchaus klar, dass eine gewisse Vorauswahl getroffen wird und ich sehe auch gewisse Vorteile, wenn der gewählte Spender dem sozialen Vater ähnlich sieht. Aber das ändert nichts an dem Prozedere selbst.“ Enthält 2 Elemente. Einmal hast du sogar Verständnis für die Auswahl und siehst Vorteile darin. Dein zweiter Satz klingt aber für mich total kaltherzig. Weil ein Beharren darauf, es weiterhin „Katalogauswahl“ zu nennen, heißt auch, sich über die Gefühle der Eltern hinwegzusetzen, für die es keine Katalogauswahl war.

Würdest du es auch Katalogauswahl nennen, wenn man sich einen Ehepartner sucht? Von dem hat man vorher ja auch Vorstellungen. Es kommen dann also nur Männer (bzw. Frauen) in Betracht, die gewisse Grundvoraussetzungen mitbringen. Ist das nicht auch wie eine Auswahl aus dem Katalog? Warum nennt das dann keiner so?


Deine Aussage: „immerhin hast du für die DI auch Geld bezahlt und eine Rechnung bekommen. ;) „ ist z.B. auch wieder etwas, was schmerzt. Denn ich habe es mir nicht ausgesucht, dass ich dafür Geld bezahlt habe und eine Rechnung bekam. Ich empfand das von vornherein als herabwürdigend, dass ich dafür eine Rechnung bekam. Ich meine, Samenspenden sollten eher eine soziale Tat sein und auch die Solidargemeinschaft der Menschen, die ganz unproblematisch Eltern werden können, sollte hier helfen und die Kosten übernehmen. Dafür engagiere ich mich seit 14 Jahren. Für mich wäre die DI so stimmiger und die Übernahme durch die Solidargemeinschaft würde eine Achtung vor unserer Entscheidung ausdrücken. Sie würde uns das Gefühl vermitteln, keine Aussätzigen zu sein. – Nun mussten wir aber eine Rechnung bezahlen. Da die DI wichtig für uns war, haben wir die Herabwürdigung hingenommen. Es ist für mich schwer, das dann auch noch als Vorwurf ertragen zu müssen.

Deine Aussage: „dass man eine Reproduktionsmethode gewählt hat, die mit natürlicher Fortpflanzung (und damit den natürlichen/besten Konditionen für das Kind) nichts mehr zu tun hat.“ Ist sehr absolut. Selbstverständlich hat das noch sehr viel mit natürlicher Zeugung zu tun. Eizellen und Samenspenden sind echt. Im Fall der Insemination gelangen die Spermien durch dieselbe Körperöffnung und auf demselben Weg zu der Eizelle. Die Befruchtung ansich ist selbst im Fall der IVF oder ICSI immer noch natürlich. Der Verschmelzungsprozess geschieht ganz von selber. Und auch alle weiteren Schritte, die Einnistung, …. – alles ganz natürlich. Ist das nicht schön? – Wie kann man da sagen, es hätte NICHTS mehr damit zu tun?


Weiter beschreibst du: „habe ich eine solche "Stimmungsmache", wie du sie wohl auch schon in anderen Medien gesehen haben willst, selbst noch nicht wahrgenommen“ – Das ist wohl das Problem, durch das Unverständnis entsteht. Man kann sich immer schwer in andere einfühlen, wenn man deren Ausnahmesituation nicht selbst erlebt hat. Wenn man aber kommunizieren würde und die Betroffenen anhören würde, dann könnte man sich ein wenig mehr in sie einfühlen. Dann könnte man das respektieren und würde eine andere Wortwahl treffen.

Die Autoren des besagten Buches haben aber ganz bewusst keine Eltern befragt und wollten auch gar nichts über deren Befindlichkeiten wissen. Weil, in ihren Augen sind die Eltern eh nur Monster. Dabei sind die Eltern die wichtigsten Personen für die Kinder. Und ein Psychologe und Psychotherapeut müssten das wissen, dass in eine Therapie von Kindern oft auch die Eltern mit einbezogen werden müssen. Ein gutes Buch hätte eben alle Seiten berücksichtigt.

Verfasst: 05 Mär 2016 15:24
von rebella67
Nun zu dem von dir zitierten Buchausschnitt, Nera:

"Forciert durch gesellschaftspolitische Themen wie Work-Life-Balance, Frauen und Beruf oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften und deren Kinder- oder Adoptionswünsche dominiert in der Darstellung die Perspektive der Eltern. Besonders unverhohlen zeigte sie sich in der Kontroverse zwischen den Designern Domenico Dolce und Stefano Gabbana mit dem Sänger Elton John. Während die einen "synthetische Babys", "gemietete Gebärmutter" und "Sperma aus dem Katalog" ablehnen und den natürlichen Lauf der Dinge akzeptieren, hält Ihnen die Gegenseite ein altertümliches Denken vor, denn durch die In-Vitro-Fertilisation könnten viele Menschen ihren Traum vom Kinderkriegen erst erfüllen."

Erstens hat die Kontroverse zwischen Designern und einem berühmten Sänger nichts mit dem zu tun, was sich tausendfach bei ganz gewöhnlichen Menschen abspielt. Zweitens war es bestimmt kein Zufall, dass hier „Designer“ herangezogen wurden. Wie gern unterstellt man uns doch, wir würden uns Kinder designen? Das ist einfach unverschämt. Drittens zeigen die Autoren hier auch dann, wenn sie die Begriffe in Gänsefüßchen setzen, dass sie durchaus diese Begriffe selbst befürworten. Sonst wäre das anders formuliert. Insofern hatte ich das Recht, sie für die Vverwendung dieser Begriffe zu kritisieren.

Und letztlich dominiert in der Darstellung nicht die Perspektive der Eltern. Schau dir die vielen Medienberichte der letzten Jahre an, seitdem es den Verein Spenderkinder gibt. Spenderkinder wurden in fast allen Berichten ausführlich betrachtet, während Eltern auch da kaum befragt wurden. Und wenn wir als Eltern mal gefragt werden, dann gibt es fast immer nur oberflächliche Darstellungen. Also nichts, wo wir uns wirklich äußern können. – In der Zeit vor dem Verein Spenderkinder gab es nur verhältnismäßig wenige Medienberichte. Und die waren dann eben auch fast immer nur oberflächlich. – Ich begrüße es, dass es in den letzten Jahren deutlich mehr Berichte gab. Nur eben kann doch nicht die Rede davon sein, dass darin die Darstellung der Perspektive der Eltern dominierte.

Verfasst: 05 Mär 2016 15:41
von rebella67
Nera hat geschrieben:dass man sogar versucht, eine Hetzkampagne dagegen zu starten. ...

Ich lese aus Ihren Beiträgen so viel Verachtung und Wut heraus, die Sie auf wirklich beleidigende Art und Weise gegen die Autoren und die dort interviewten Spenderkinder, v.a. gegen Stine richten, gleichzeitig werfen Sie selbst so vieles durcheinander, dass mir wirklich die Worte fehlen.

... würden Sie vielleicht gut daran tun, sich selbst mal mit Ihren eigenen Abwehrmechanismen und den zugrunde liegenden Dynamiken auseinanderzusetzen.

Ich verfolge die Situation rund um Spenderkinder usw. nun auch schon mehrere Jahre. Wie Sie darauf kommen, dass Stina oder andere Spenderkinder des gleichnamigen Vereins gegen die Eltern wettern und sie "nicht respektieren", ist mir unbegreiflich und konnte ich selbst noch nicht beobachten.
Ist es denn eine Hetzkampagne, liebe Nera, wenn ich darüber informiere, dass da schon wieder ein Buch mit so vielen unflätigen diskriminierenden Begriffen herausgekommen ist? Das sollten doch auch diejenigen, die angegriffen wurden, wissen.

Sage mir bitte, mit welchen Begriff ich die Autoren beleidigt habe. Und mit welchem habe ich die interviewten Spenderkinder beleidigt? Wen verachte ich? Woher meine Wut kommt, kannst du evt. aus meinen vorherigen Postings schon ableiten. - Was werfe ich denn durcheinander?

Wo siehst du bei mir Abwehrmechanismen? Was wehre ich denn ab?

Zu dem letzten oben von dir zitierten Abschnitt verlinke ich mal hierhin: http://www.spenderkinder.de/leseempfehl ... /#comments (bitte inclusive der dort abgegebenen Kommentare. Zwei der Kommentare von Elternseite sind von mir. Weitere Kommentare, die ich noch geschrieben hatte, wurden leider nicht mehr veröffentlicht und damit eine weitere Diskussion, die offenbar nicht erwünscht war, abgebrochen. ... ) - Mich hat dort insbesondere geärgert, in welcher Weise Stina die vielfach diskriminierenden Begriffe gewürdigt hat. Meine Kritik wurde in keiner Weise ernst genommen In der Antwort dazu u.a.

"Menschen, die sich damit nicht auseinandersetzen möchten, sollten das Buch wirklich besser nicht lesen um sich der damit verbundenen Selbstkritik bzw. Verletzung nicht auszusetzen."

"Wir setzen uns aber für eine offene Auseinandersetzung mit diesem Thema ein, die auch die unbequemen individuellen und gesellschaftlichen Hintergründe beleuchtet" und

"Wir halten diese Auseinandersetzung aber für wichtig, weil ..."

Daraufhin wurde mir dann der Mund verboten. Was für eine Auseinandersetzung also, frage ich mich, wurde da für wichtig gehalten?