Hallo,
so, jetzt kann ich antworten und ich hoffe, dass ich mich jetzt verständlicher mitteile.
Wir haben hier ja zwei Sachverhalte, die wir diskutieren. Einmal eine Begriffsbestimmung (ab wann gilt eine Eizelle als befruchtet und welche Konsequenzen folgen daraus?) und dann die ethische Frage (was sollte erlaubt sein, welche Interessen gilt es zu berücksichtigen etc.). Ich versuche mal nacheinander darauf einzugehen.
Zunächst mal zu den Begrifflichkeiten:
Für mich sind diese Eizelle und Spermien, egal ob befruchtet oder nicht, alles andere als "Sachen", deshalb gehe ich an künstliche Befruchtungsmethoden ja auch sehr vorsichtig heran. Und natürlich leben diese Zellen. Sie würden ja sonst absterben, gäbe es keine Kryokonservierung bzw. den menschlichen Körper, wo sie sich ja normalerweise befinden. Diese ganze Definitionsgeschichte, ab wann eine Eizelle befruchtet ist usw. dient jedoch nicht der Bestimmung, ab wann ein Organismus "lebt", sondern ab wann ein Organismus als menschliches "Individuum" betrachtet werden kann. Das Gesetz möchte das menschliche Individuum nochmal gesondert schützen, als "nur" die Gameten.
Dass hier keine klare Grenze gezogen werden kann, ist vollkommen klar. Da spielen ja auch Fragen rein, ab wann hat der Mensch ein Bewusstsein, Gefühle etc. So recht kann das ja keiner wissen, aber das liegt in der Natur von Gesetzen und Wissenschaften, dass Festlegungen getroffen werden sollen. Ich persönlich finde den Gedankengang, der hinter dem Gesetz steht, recht logisch und nachvollziehbar.
Die Trennlinie wird im Gesetz (wie auch generell in der Biologie...) mit der Kernverschmelzung gezogen. Also dem Zeitpunkt, zu dem sich ein individuelles Genom gebildet hat, der den Bauplan eines ganz bestimmten Menschen enthält, der später vielleicht Tom heißt, blaue Augen hat und sich für Technik begeistern kann. Ok, anscheinend müsste es korrekterweise "Auflösung der Kernmembranen" heißen, woraufhin die Anordnung der mütterlichen zusammen mit den väterlichen Chromosomen in einem gemeinsamen Spindelapparat erfolgt. Da spricht aus meiner Sicht auch nichts gegen, wenn es so im Gesetz angepasst würde. Soll ja schon alles seine Richtigkeit haben. Wobei ja diese Biologin anscheinend auch selbst von der "kernverschmolzenen Eizelle" spricht, also so ganz falsch ist es ja scheinbar doch nicht...
Natürlich ist der Embryo auch weiterhin Einflüssen ausgesetzt, aber in gewisser Weise entwickelt er sich doch recht konstant. Ich kann auch gut verstehen, dass man als Eltern mit diesen Embryonen bereits recht früh eine Beziehung eingeht, das würde mir bestimmt nicht anders gehen.
Jetzt nochmal gesondert zu den Vorkernen:
Eizellen im Vorkernstadium enthalten zwar auch schon die jeweiligen DNA-Stränge, aber diese sind eben noch nicht zusammengeführt, also noch nicht miteinander verbunden. Das ist schon ein Unterschied. Laut Gesetz erfüllen sie damit nicht die Anforderungen, um an fremde Menschen vermittelt werden zu dürfen. Ab wann eine Eizelle als befruchtet gilt, ist ja klar definiert. Vorher gelten sie als nicht befruchtet, sodass deren Vermittlung strafbar ist.
In der Stellungnahme des Ethikrats wird das gut zusammengefasst:
"Eine Eizelle, die sich noch im Befruchtungsvorgang zwischen der Imprägnation und der Kernverschmelzung befindet (Vorkernstadium), darf nicht (aufgetaut und) weiter kultiviert werden, wenn dies in der Absicht geschieht, den später entstehenden Embryo auf eine Frau zu übertragen, von der die zur Erzeugung des Embryos verwendete Eizelle nicht stammt."
Jetzt noch zur ethischen Frage:
Es gibt sicherlich Menschen, die es schon ethisch bedenklich finden, überhaupt Eizellen zu entnehmen und diese, gemeinsam mit entsprechenden Spermien unter künstlichen Bedingungen zu präparieren. Da bin ich dann doch etwas liberaler. Für mich fängt das Kritische jedoch auch schon da an, dass zu viele Zellen als nötig entnommen werden bzw. Embryonen oder Vorkerne übrig bleiben, die die genetischen Eltern nicht mehr "behalten" können oder wollen. Genau da versucht das Gesetz ja eine Lösung zu finden. Das eigentliche ethische Dilemma beginnt also schon viel früher. Aus meiner Sicht sollte man hier eher einen Weg finden, dass dies nicht vorkommt.
Gerade unter dem Gesichtspunkt, dass ich weiß, wie es ist, einen genetischen Elternteil nicht zu kennen, finde ich es wirklich sehr schwierig, Embryonen nicht nur an einen nicht-genetischen Vater, sondern zusätzlich auch noch an eine nicht-genetische Mutter zu vermitteln und ich glaube auch, dass sich das kein Mensch freiwillig aussuchen würde.
Bei der Entscheidung über deren Verwendung gilt es an meiner Sicht schon zu unterscheiden, in welchem Stadium sich diese übrig gebliebenen Zellen befinden. Ist dieser Organismus schon als Individuum zu betrachten oder nicht?
Wie gesagt, diese Frage ist schwierig zu beantworten. Ich persönlich gehe da jedoch sehr mit der Auffassung dieses Gesetzes mit, auch wenn ich verstehen kann, dass man selbst auf die einzelnen, selbst separierten (unbefruchteten) Eizellen und Spermien schon einiges projizieren kann. Ich z.B. finde die Vorstellung, dass die Spermien meines biologischen Vaters, aus denen ich entstanden bin, tiefgefroren irgendwo mehrere Wochen und Monate gelagert haben, auch ziemlich komisch. Ich hab einmal sogar diese "Behälter" für die Kryotechnik gesehen und mir erklären lassen. Das wurde mir damals von der entsprechenden Fachperson (!) so vorgestellt: "wollen Sie mal sehen, wo Sie drin waren?" Das fand ich sehr strange und würde das selber so nie bezeichnen. Ich weiß, dass das nicht "ich" bin, die da eingefroren war, sondern eben nur die Spermien. Ich wurde erst ich, als die Spermien mit den Eizellen meiner Mutter zusammengeführt wurden und sich mein ganz eigenes Genom ausgebildet hat usw.
Wenn der Befruchtungsprozess bereits abgeschlossen war, bevor die Entscheidung gefallen ist, dass der Embryo nicht mehr an die genetischen Eltern zurückgeführt wird, sehe ich ein, dass eine Vermittlung an andere Paare legitim ist. Wenngleich ich immer noch der Meinung bin, dass das einige Herausforderungen mit sich bringt.
Wenn der (noch nicht beendete) Befruchtungsprozess fortgesetzt wird mit dem Ziel sie an fremde Eltern zu vermitteln, habe ich ein Problem damit. Und genauso sieht es auch das Gesetz.
Zum Schluss nochmal zur Anzeige. Nur nebenbei, eine Anzeige ist keine Klage...
rebella67 hat geschrieben:Das Netzwerk Embryonenspende ist jedoch ein Netzwerk aus. älteren und jüngeren Ärzten, mit denen man durchaus auch ohne Anzeige in einen Dialog kommen kann.
Ich zitiere dich mal selbst: "Die Antworten, die wir erhalten haben, waren nicht besonders wertschätzend. Sie waren eher abwiegelnd. - Auf solcher Grundlage kann natürlich auch Hass entstehen."
Das ist keine wirklich gute Grundlage für einen Dialog, findest du nicht?
free hat geschrieben:Katharinchen hat geschrieben:
Es werden niemals Vorkerne auf eine Frau übertragen.
so wie ich nera verstanden habe,muss dieses laut deren auffassung vom gericht geprüft werden.weil auf der internetseite des embryonetzwerk ursprünglich von "fast embryonen" die rede war(was jetzt nach neras angaben geändert worden ist) und "fast embryonen" zellen im vorkernstadium sind. wenn man nun deren gedanklichen ausführungen und deutscher rechtsauffassung folgt,sind sie unbefruchtet und somit "eizellspende".ob das jetzt einer natürlichkeit folgt,also tatsächlich möglich ist,ist nicht von interesse.
Nein, da hast du mich missverstanden. Es ist richtig, dass Vorkerne in diesem Stadium nicht übertragen werden und das weiß auch das Gesetz.
Überprüft wird, ob Vorkerne aufgetaut und weiter kultiviert werden, in der Absicht den späteren Embryo auf eine fremde Frau zu übertragen.
Auf der Internetseite stand auch nicht „fast Embryonen“, sondern soweit ich weiß „Eizellen im Vorkernstadium“, aber da will ich jetzt nicht meine Hand ins Feuer legen bei dem Vokabular. Heute steht es dort immer noch genauso deutlich, z.B, beschrieben als „imprägnierte“ Eizellen.
http://www.netzwerk-embryonenspende.de/ ... ahren.html