KiWu-Med. abartig? Kiwu-Kinder monströs? Protest erwünscht!!

Hier kommt alles rein, was in den anderen Rubriken überflüssig ist.
Gans
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Beitrag von Gans »

Mannomann, hier ist ja ganz schön was passiert in den letzten Tagen. Ich musste eben erst mal die letzten Seiten nachlesen um wieder auf dem aktuellen Stand der Dinge zu sein...
Vielen Dank rebella und Mondschaf für die weiteren Briefe, sie sprechen mir aus der Seele.

Was mich tröstet, ist, dass die gute Frau L bereits vorher durchaus nicht unkritisch betrachtet wurde und ihre Auszeichnung mit dem Büchner-Preis schon letztes Jahr entsprechende Kommentare hervorrief. Besonders schön fand ich folgende drei Charakterisierungen: zum einen wurde sie als "Gegenwartslegasthenikerin" betrachtet, zum anderen als "Kleinbürgerin, die die Gegenwart bekämpft" und als "vom Reinlichkeitswahn der schwäbischen Hausfrau getriebene Langeweilerin" (Juni 2013, Georg Diez im Spiegel online). Das zeigt, dass ihr Problem nicht an der KB an sich liegt, sondern sie sich insgesamt über ihre kritische Haltung zu allen ihrer Meinung nach so vulgären und scheußlichen Neuerungen der Gesellschaft definiert, egal ob es sich um Tätowierungen, Privatfernsehen, KB, Organspende, gleichgeschlechtliche Paare, Onanie etc. handelt. Alleine beim Schreiben muss ich schon den Kopf über diese Aufzählung schütteln ... die Dame benutzt meiner Meinung nach die Literatur als Ersatz für eine dringend notwendige Psychotherapie!

Es wird immer verschiedene Meinungen zu Themen geben, allerdings ist es wirklich gefährlich, dass sich bei L. eine gewisse Popularität mit Unwissen (allenfalls Halbwissen) und Frustration paart. Leider bekommt sie durch ihr Standing in der Gesellschaft tatsächlich eine gefährliche Bühne, ihre Ansichten zu äußern und beeinflusst dadurch viel zu viele leichtgläubige, ebenso unwissende und frustrierte Adepten!

Es ist wirklich schwer zu entscheiden, was in solchen Fällen auch kontraproduktiv sein kann. L jedenfalls hat sich geschickt ins Gespräch gebracht und ist bekannter als zuvor.
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Liebe Grüße, Rebella
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Eisbärfrau
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Beitrag von Eisbärfrau »

Auch in der Zeit von gestern ist ein Artikel über sie zu lesen...
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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

hmm,
ich habe den artikel im stern gelesen und mich eigentlich schon wieder geärgert.

auch ich halte ein nachdenken über die reproduktionsmedizin für sinnvoll. insbesondere bei den möglichkeitnen wie HI, eizellen- und embryonenspende und dem recht eines menschen auf seine genetische herkunft bestehen in meinen augen nicht nur in deutschland, sondern in den meisten "medizintouristisch" relevanten ländern große baustellen. nur wenige länder haben da in meinen augen tragfähige regelungen wie z.b. england mit einem zentralen spenderregister.
dennoch führe ich keinen kritischen dialog mit jemandem, der den dialog eröffnet, in dem er mir im übertragenen sinne ins gesicht spuckt.
und diese haltung "ja, sie überzieht, aber...." ärgert mich ganz gewaltig.
ich kann es nur wiederholen: wenn jemand z.b. behinderte als halbwesen bezeichnet, würde auch keiner sagen "ja, sie überzieht, aber sie hat ja recht, es gibt zahlreiche probleme und wir brauchen einen kritischen diskurs". sondern eine solche aussage wäre - zu recht - das ende jeglicher diskussion. warum nicht dann auch bei den kinderwunschpaaren?

liebe grüße

mondschaf (u.a. ebenfalls pflege- und dann adoptivmutter)
Mit zwei Jungs geboren 2004 und 2007

„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“ – J. W. von Goethe

„Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es (zu) dir - für immer.“ - Konfuzius

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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

p.s. habe grad gesehen, dass rebella den artikel in dem anderen trhead schon kritisch "auseinandergenommen" hat - genauso sehe ich das auch.
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Mymla04
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Beitrag von Mymla04 »

Liebe Rebella

Ich denke, es würde vielleicht mehr bringen, wenn du zu einzelnen Zitaten (oder gebündelt) auch gleich deine Widerlegung dazuschreibst, sonst wirkt das weniger überzeugend. Manche der Zitate finde ich jetzt nämlich nicht soo abstrus, sie enthalten zumindest Körnchen von Wahrheit. Die pauschale Diffamierung aller Kinder, die nicht durch Geschlechtsverkehr entstanden sind, ist aber wirklich inakzeptabel, das kann nicht unwidersprochen bleiben, finde ich auch.

Als wichtigste Änderung würde ich noch den Namen der Frau richtig schreiben ...

Lieben Gruss
Mymla
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Beitrag von Mymla04 »

Liebes Mondschaf
Hallo ! :)
ich kann es nur wiederholen: wenn jemand z.b. behinderte als halbwesen bezeichnet, würde auch keiner sagen "ja, sie überzieht, aber sie hat ja recht, es gibt zahlreiche probleme und wir brauchen einen kritischen diskurs". sondern eine solche aussage wäre - zu recht - das ende jeglicher diskussion. warum nicht dann auch bei den kinderwunschpaaren?

liebe grüße

mondschaf (u.a. ebenfalls pflege- und dann adoptivmutter)
Ja, da hast du schon recht. - Ich würde sagen, das war bestimmt von der Wewitshcarof (oder wie heisst sie noch?) eine ganz gezielte Provokation um sich ins Gespräch zu bringen und die Auflagen ihrer Bücher zu steigern, und wir sollten besser ihren Namen schnell wieder vergessen. Was die Spiegel-Journalistin geschrieben hat, spricht mich aber an. Was sie über die Rücksicht auf die entstehenden Kinder antönt, finde ich wirklich einen wichtigen Punkt (sie hat das dazu gebracht, darauf zu verzichten; gut, vielleicht waren da auch noch andere Motive, aber sie schreibt es ja ausdrücklich auch niemandem vor, es genauso zu machen wie sie und du und ein Pflegekind zu sich zu nehmen, was sicher mindestens so viele Mut braucht wie eine weitere ICSI zu machen). Und sie plädiert für einen MENSCHLICHEN statt menschenverachtenden Dialog (nicht mit der Frau L., aber zum Thema). Würde ich auch unterstützen.

Lieben Gruss
Mymla
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Mymla04 hat geschrieben:Liebe Rebella

Ich denke, es würde vielleicht mehr bringen, wenn du zu einzelnen Zitaten (oder gebündelt) auch gleich deine Widerlegung dazuschreibst, sonst wirkt das weniger überzeugend. Manche der Zitate finde ich jetzt nämlich nicht soo abstrus, sie enthalten zumindest Körnchen von Wahrheit. Die pauschale Diffamierung aller Kinder, die nicht durch Geschlechtsverkehr entstanden sind, ist aber wirklich inakzeptabel, das kann nicht unwidersprochen bleiben, finde ich auch.

Als wichtigste Änderung würde ich noch den Namen der Frau richtig schreiben ...

Lieben Gruss
Mymla
Liebe Mymla,

ja, natürlich enthält das Körnchen von Wahrheiten. Es ist nicht grundlegend falsch. Aber das ist dann auch wieder das Problem. Die Leser erkennen die Körnchen und picken das Drumherum auch gleich mit in sich hinein.

Zu den Zitaten die Widerlegung dazuschreiben - Das habe ich alles schon getan. Ich habe die Zitate ja aus einem Aufsatz herausgezogen, den ich mal geschrieben habe. Allerdings wäre das Schreiben dann wieder seeeeehr lang. ...
Liebe Grüße, Rebella
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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

liebe mymla,

körnchen wahrheit... naja.
ich finde den artikel schon sehr tendenziös. z.b. das mit den frühchen: hier zählt sie vermutlich auch die frühchen durch mehrlingsschwangerschaften mit.
und die sind ja ggf. nur indirekt aufgrund der ivf/icsi. nicht zuletzt das deutsche embryonenschutzgesetz begünstigt frühchen (es gibt ja studien, dass bei selektion und einsetzen EINES - des besten - embryos die erfolgswahrscheinlichkeit fast gleich ist, aber mehrlingsschwangerschaften verrinigert werden).

dann die den repromedizinern unterstellte raffgier, man bekommt ja beim lesen den eindruck, dass die einen allesamt übers ohr hauen wollen.
sicher gibt es schwarze schafe. es ist gut möglich, dass die reproduktionsmedizinischen leistungen auch im vergleich zu manchen anderen ärztlichen leistungen zu hoch bewertet sind. ich finde, es ist eine generelle fehlentwicklung bei diem punktesystem der krankenkassen, dass aparate-medizin ungleich besser bezahlt wird als z.b. patientengespräche. je mehr technik ein arzt in seiner praxis hat, um so besser verdient er, so scheint mir das zu sein.
aber da stehen die repromediziner doch nicht alleine da.
es gibt in jeder bevökerungsgruppe von industrie über parteien bis kirchen leute, die unmoralisch sind und denen es nur auf ihren gewinn ankommt.
daher finde ich die bemerkung unsachlich, sie weckt nicht gerechtfertigte emotionen.

am bedenklichsten finde ich aber folgendes:
Ich wünsche mir, dass wegen der Worte einer verkopften Schriftstellerin nicht ab sofort jeder Mensch in Acht und Bann gelegt wird, der laut über die Hintergründe und Schattenseiten des Kinderwunsch- Business nachdenkt. Erst das komplette Bild hilft, eine bewusste Entscheidung zu treffen.
ich habe bis jetzt KEINE EINZIGE zuschrift gelesen, die gegen eine diskussion über die künstliche befruchtung gewesen wäre. die kritiker weigern sich doch nur, darüber auf dem niveau der frau L. zu diskutieren.
mit dieser aussage suggeriert die autorin, dass wer frau L. kritisiert, automatisch und unweigerlich die repromedizin unkritisch verherrlicht.
also entweder der leser der ergüsse der frau L. schließt sich der meinung "klar überzieht sie, ABER sie hat ja recht" an oder der leser outet sich als technikgläubiger unkritischer und ureflektierter zeitgenosse, der ohne fragen zu stellen dumm-dankbar alles macht, was technisch möglich ist.

liebe grüße

mondschaf
Mit zwei Jungs geboren 2004 und 2007

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Mymla04
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Beitrag von Mymla04 »

Liebes Mondschaf, liebe Rebella und alle andern

Ich habe mich bei „ein Körnchen Wahrheit“ nicht auf Lewitscharoffs Entgleisungen bezogen! Und auch nicht auf den Spiegel-Artikel. (Ich finde, mit den Frühchen hat die Journalistin nur gesagt, dass es nicht falsch ist, auch die Folgen für die Kinder, und das KANN EINE DAVON sein, in die Überlegung einzubeziehen, wie weit man gehen will. Sie hat nicht gesagt, dass sie das EschG gut findet, gegen Single Embryo Transfer ist oder dass alle Reproduktionsmediziner Halsabschneider sind. Dass es aber bestimmt Praxen gibt, die über Gebühr profitieren, da gibts aber bestimmt durchaus auch ein Körnchen Wahrheit. Ich schreibe jetzt meine Beispiele hier nicht auf, geht leider momentan nicht. Es ist aber schon eine Spezialität der Repromedizin, dass sie halt immer sagen kann, sorry, es gibt keine Garantien. Natürlich gibts das auch in der übrigen Medizin nicht, aber nicht in diesem extremen Ausmass. )
Und aufs Niveau der Lewitscharoff hat die Journalistin (Sylvia Margret Steinitz heisst sie, hab nochmals nachgesehen) sich auch nicht herabgelassen, finde ich, im Gegenteil. Sie sagt doch (jedenfalls ist das der Lead des Artikels, hoffentlich von ihr gemacht?):

„Vergessen wir die grausige Provokation Sibylle Lewitscharoffs. Reden wir lieber über eine Kultur, in der die Schattenseiten der Reproduktionsmedizin gern verdrängt werden.“
(Tja, ich finde ja, die Reproduktionsmedizin ganz allgemein ist noch zu stark ein Tabuthema, nicht nur ihre Schattenseiten. Aber das ist wieder ein anderes Thema.)

Und am Schluss schreibt sie dann auch noch (der Satz gleich nach deinem Zitat):
"Erst das komplette Bild hilft, eine bewusste Entscheidung zu treffen. Wie die dann aussieht, geht allerdings niemanden etwas an. Mich nicht und Frau Lewitscharoff auch nicht."
Genau. Wenn sie jemandem ihren eigenen Weg als allein richtig verkaufen wollen würde, ohne dass ersichtlich würde, dass sie nachvollziehen kann, wovon sie redet, dann hätte ich sofort extrem Mühe. Das tut sie aber eben nicht, im Gegensatz zu S.L, die ihre eigene Abscheu für massgebend hält.
Also, da gibts wirklich keinen Grund zur Aufregung, finde ich. Wir sind ja doch auch offen für andere Standpunkte, oder (-;? (Zur Vermeidung von Missverständnissen: Ich meine jetzt natürlich ausdrücklich nicht den Standpunkt von Frau L.!)


Also aber das meinte ich eigentlich gar nicht, sondern nur ich bezog mich auf die in Rebellas Reaktions-Mail angehängten Aussagen von weiteren Exponentinnen, die Rebella in einen Zusammenhang bringt mit der von ihr kritisierten (von mir auch!) Haltung von S. L.; Rebella sieht alle diese Aussagen wohl in Zusammenhang mit einer von ihr grundsätzlich missbilligten christlichen Warte. Ich finde es nur nicht so hilfreich, auf diese Art eine Front aufzubauen zwischen „reaktionär-christlichen“ und „humanistisch-atheistisch-fortschrittlichen“ Positionen. (Rebella hat das nicht genau so ausgedrückt, aber zwischen den Zeilen kann man es m.E. so lesen.)

Ich finde es im Gegenteil wichtig, das Thema differenziert anzusehen und nicht einfach zu polemisieren. Diese Zitatensammlung müsste wohl Punkt für Punkt diskutiert werden, das würde tatsächlich sehr weit führen und es ist sicher nicht alles darin einfach nur rückständige Sicht von engstirnigen kleinkarierten christlich Verblendeten. Sondern es hat eben durchaus Körnchen von Wahrheit drin. - Fürs Mail finde ich die Zitate zu gemischt, aus dem Zusammenhang genommen und so unkommentiert eben nicht hilfreich. Darum würde ich sie weglassen, es wirkt nicht sehr souverän, einen so respektlosen und dummen Angriff zu beantworten mit einem Rundumschlag auf alle möglichen andern Persönlichkeiten, die sich mal kritisch zur Repromedizin geäussert haben.

Um konkret zu sagen, wo ich bei den Zitaten Wahres oder zumindest Diskutierenswertes sehe: Beispiel 1 und 2 (siehe weiter unten):
In der Schweiz wird gerade politsch drüber befunden, ob man PID, die bisher verboten war, nun zulassen will und für welche Fälle. Soll auch ein Aneuploidiescreening zugelassen sein oder nicht? Das heisst, wenn ein Embryo auf Mukoviszidose-Gen untersucht wird, darf bzw. Soll auch gleich aussortiert werden nach Trisomie 21, zum Beispiel? Und wie stehts mit dem Geschlecht, darf die Biologin das dann auch gleich mitteilen, wenn eine Familie gern einen Jungen hätte? Ich finde das ganz schwierige Fragen. Natürlich gibts Argumente dafür, es zuzulassen. Wie schrecklich die Vorstellung, den falschen Blasto einzusetzen, nachher womöglich bei einer Pränataldiagnostik über eine Abtreibung entscheiden zu müssen oder abwarten, bis das Kind kurz nach der Geburt stirbt ... unvorstellbar, gerade in unserer Situation!

Und doch und doch. Wie weit soll die Machbarkeit gehen, wem soll was erlaubt sein bei der Auswahl und wie wirkt sich das auf die gesellschaftliche Einstellung aus, auf die Einstellung gegenüber Eltern und ihren behinderten Kindern, die „vermeidbar“ gewesen wären.

Das nur zu diesen zwei Beispielen.

1:
der Druck auf Frauen, ein perfektes Kind zur Welt zu bringen, steigt. Eltern müssten die genetisch determinierten Merkmale ihrer Kinder verantworten. Kinder hätten darunter zu leiden, dass ihre Eltern sie nur aufgrund bestimmter Merkmale angenommen haben. (Schneider, Ingrid (2002): Embryonen zwischen Virtualisierung und Materialisierung Kontroll- und Gestaltungswünsche an die technisierte Reproduktion, in: Technikfolgenabschätzung, Schwerpunktthema Genderforschung und Technikentwicklung, Nr. 2 / 11. Jahrgang - Juli 2002, S. 45-55 und Graumann, Sigrid (2001): Zur Problematik der Präimplantationsdiagnostik. Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament B 27, S. 17-25)

2.
„Würde man den Eltern ein solches Recht zugestehen, wäre nicht länger einsichtig, weshalb Eltern eigentlich nicht ihre Kinder nach dem Geschlecht oder der Intelligenz auswählen können sollten.“ (Sacksofsky, Ute (2005): Anforderungen an ein Fortpflanzungsmedizingesetz - Verfassungsmäßige Rahmenbedingungen, In: Fuat S. Oduncu/ Katrin Platzer/ Wolfram Henn (Hg.), Der Zugriff auf den Embryo. Ethische, rechtliche und kulturvergleichende Aspekte der Reproduktionsmedizin, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, S. 66)


Hingegen finde ich die Argumentation in den folgenden beiden Beispielen-Zitaten sehr realitätsfremd und ziemlich abseitig. Die Frau, die (ohne Repromedizin) noch gar nicht weiss, dass sie schwanger ist, hat zu ihrer befruchteten Eizelle bestimmt keine Beziehung der Fürsorge. Nur schon die Formulierung ist ja abstrus. Im Gegenteil könnte man argumentieren, dass wir, wenn wir unsere Hoffnung in unsere Keimzellen, ob befruchtet oder nicht, setzen, schon früher eine „Beziehung“ dazu haben. Naja, ich weiss nicht, das definiert wohl jede wieder anders. „Krümel“, „Kämpfer“, - manche Frauen haben offensichtlich eine Beziehung zum Embryo. Ich eher nicht, es ist für mich nur eine Hoffnung, eine Möglichkeit. Und zu viel hoffen will frau ja nicht, also kann die Frau Kollek von Beispiel 4 schon ein bisschen Recht haben damit, dass das Verhältnis zum Embryo in diesem Stadium „entemotionalisiert“ ist. Aber wieso sollte es „emotional“ sein? Doch erst, wenn der Embryo in der Gebärmutter in mir ingenistet ist und ich weiss, es könnte ein Kind draus werden. Zumindest haben wir damit Hoffnung auf ein Kind, was für uns nicht so selbstverständlich ist wie für Frauen, die jeden Monat selbstverständlich und berechtigt diese Hoffnung haben dürfen. Vom Zeitpunkt des positiven Tests an aber zu vergleichen, welche „Mutter“ nun die wertvollere Beziehung zum Kind begonnen hat, finde ich vermessen. Die Hoffnung und auch Angst vor Verlust ist aber vielleicht bei Frauen wie uns mit ganz verschiedenen enttäuschten Hoffnungen grösser, würde ich vermuten. Aber das zu behaupten ist vielleicht auch schon vermessen, ich kann mich noch erinnern, wie ich mich beim ersten Mal (nach ca. neun Monaten Warten allerdings auch schon) über den positiven Test nach ganz normalem GV gefreut habe. Und wie enttäuscht ich war, als es nicht gehalten hat. Ich kann von mir nur sagen, dass ich wohl beim ersten Mal noch unbeschwerter gehofft habe. Aber ich sehe gefühlsmässig keinen Unterschied zwischen meiner Beziehung/Hoffnung aufs Kind bei der ersten (gescheiterten) spontanen Schwangerschaft, der dritten dito, den unterdessen schon drei gescheiterten Transfers (ob Kryo oder Blasto, Hoffnung war da und ist enttäuscht worden) oder dazwischen dem ersten (geglückten) ICSI-Versuch. Dort war die Hoffnung vielleicht naturgemäss am höchsten, nach dem positiven Test, und ich hatte bald eine gute Beziehung zum Embryo, ohne gross eine Verbindung zu dem kleinen Zellhaufen-Bild herzustellen, von dem wir ein Foto hatten ...

Für mich klingen die Argumente (3 und 4) nur akademisch und nicht hilfreich.
3.
Die Theologin und Professorin für Moraltheologie und Sozialethik Hille Haker bemängelt die fehlende Beziehung der Mutter zu ihrer befruchteten Eizelle. Sie sagt: „Während in der Schwangerschaft eine Beziehung der Fürsorge zwischen Mutter und Kind beginnt, fördert die in vitro Situation die Distanzierung und Objektivierung des Embryos zu einem „Zellhaufen“. (Haker, Hille (2002): Ethik der genetischen Diagnostik, Paderborn, S. 233)


4.
Regine Kollek, Professorin für Technologiefolgenabschätzung der modernen Biotechnologie in der Medizin mit Forschungsschwerpunkt Biotechnik, Gesellschaft und Umwelt, spricht von einer Entemotionalisierung des Verhältnisses vom Embryo (Kollek, Regine (2000): Präimplantationsdiagnostik, Embryonenselektion, weibliche Autonomie und Recht. Tübingen, Basel (Ethik in den Wissenschaften, Bd.11), S. 210)


Naja, vielleicht hätte ich mich gar nicht hier einmischen sollen. Aber gut, die gute Schriftstellerin werde ich jetzt wohl kaum lesen (gut, denn es ist schade um die Zeit für schlechte Bücher, und so wie es tönt sind sie nicht besonders lesenswert), und es schadet wohl nicht, wenn jetzt ein wenig Meinung von mir zu dem Thema auch im Netz herumgeistert (-:

Liebe Grüsse
Mymla
Leben allein ist nicht genug! Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume muss man haben.
Hans Christian Andersen
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