Stellungnahme der evangelischen Kirche

Aktionen, (Leser-) Briefe, TV-Beiträge als Downloads, etc.
rebella67
Rang5
Rang5
Beiträge: 13586
Registriert: 10 Jan 2002 01:00

Beitrag von rebella67 »

http://derstandard.at/?url=/?id=1227289273611

Stellungnahme eines evangelischen Theologen (Ulrich Körtner) zu "Dignitas Personae".

Interessant u.a. dies:

"Die moderne Reproduktionsmedizin wird von der evangelischen Kirche, von Judentum und vom Islam grundsätzlich befürwortet. "

Da scheint dieser Ulrich Körtner nicht ganz up to date zu sein. Oder ist mir hier ein grundsätzlicher Bewußtseinswamdel in der evangelischen Kirche durch die Lappen gegangen? Denn: Nach einer EKD-Erklärung vom 22. Mai 2001 steht auch der frühe Embryo unter dem Schutz der Menschenwürde, so dass sich Abwägungen zur Präimplantationsdiagnostik oder zur embryonalen Stammzellforschung von selbst verböten.
Liebe Grüße, Rebella
------------------------------------------
rebella67
Rang5
Rang5
Beiträge: 13586
Registriert: 10 Jan 2002 01:00

Beitrag von rebella67 »

Diesen Brief habe ich heute verfasst und nehme ihn in diese Sammlung hier auf. Mal sehen, ob´s eine Antwort gibt.

Sehr geehrter Herr Körtner,

mit Verwunderung habe ich Ihren Artikel "Die neuen Bioethik-Direktiven des Vatikans fügen sich harmonisch in Schönborn Argumentationslogik", veröffentlicht am 18.12.08 in "derStandard" gelesen. Suggeriert dieser Artikel doch, die evangelische Kirche wäre ein Freund der ungewollt Kinderlosen, die sich in reproduktionsmedizinische Behandlung begeben.

Sie schreiben u.a. "Dabei unterstellt die römische Kirche, dass bereits befruchte Eizellen Personen oder "embryonale Menschen" sind." und "Die moderne Reproduktionsmedizin wird von der evangelischen Kirche, von Judentum und vom Islam grundsätzlich befürwortet."

Das jedoch entspricht nicht unseren Erfahrungen. Ich bin Mutter von zwei Söhnen nach reproduktionsmedizinischer Behandlung und engagiere mich seit Jahren für die Verbesserung der Situation ungewollt Kinderloser. Ich habe mich dabei auch sehr intensiv für die Positionen der Kirchen interessiert, weil ich gemerkt habe, dass der eigentliche Grund für die schlechte Situation, nämlich für den Wortlaut des ESchG und für die unzureichende Finanzierung von Kinderwunschbehandlungen direkt bei den christlichen Kirchen zu suchen ist.

Prof. Hartmut Kreß schreibt in seinem Artikel: "Der ontologische und moralische Status des Embryos aus der Sicht protestantischer Ethik", in: "Der Zugriff auf den Embryo. Ethische, rechtliche und kulturvergleichende Aspekte der Reproduktionsmedizin" u.a.

"In den evangelischen Kirchen - den verschiedenen Landeskirchen oder den konfessionell lutherischen Kirchen oder der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ... haben sich zahlreiche Stimmen der katholischen Bewertung angeschlossen. Zwar haben die Sprecher evangelischer Kirchen die spezifisch katholische Begründung nicht zu Eigen gemacht, die Personwürde des Frühembryos beruhe auf der Einstiftung einer Geistseele durch Gott zum Zeitpunkt der Befruchtung der Eizelle. Davon abgesehen sprach der EKD-Ratsvorsitzende Manfred Kock aber sogar davon, in der Frage des Embryonenschutzes passe zwischen ihn und den Vorsitzenden der katholischen deutschen Bischofskonferenz kein Stück Papier. Wichtig wurde eine EKD-Erklärung vom 22. Mai 2001. Ihr zufolge steht der frühe Embryo unter dem Schutz der Menschenwürde, sodass sich Abwägungen zu Präimplantationsdiagnostik oder embryonaler Stammzellforschung von selbst verböten. ... Was die In-vitro-Fertilisation anbelangt, haben Rat und Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland im November 1987 erklärt, um des Embryonenschutzgesetzes willen sei hiervon "abzuraten". ..."

Das passt auch zu unseren Erfahrungen, die wir bisher mit Vertretern der evangelischen Kirche gesammelt haben [siehe dazu bitte im Anhang nach!].

Wir freuen uns trotzdem, dass Sie persönlich offenbar die moderne Reproduktionsmedizin befürworten. Wir freuen uns, wenn Sie sich im Rahmen Ihrer Arbeit für die Rechte ungewollt Kinderloser einsetzen und ihre Möglichkeiten nutzen, die evangelischen Kirchen zu einem Umdenken zu bewegen. Wenn Sie uns darüber informieren, was Sie konkret dafür getan haben, registrieren wir das gern.

Mit freundlichen Grüßen

...
Liebe Grüße, Rebella
------------------------------------------
JBB
Rang3
Rang3
Beiträge: 3595
Registriert: 10 Feb 2002 01:00

Beitrag von JBB »

Wenn Sie uns darüber informieren, was Sie konkret dafür getan haben, registrieren wir das gern.
:gröhl:
Liebe Grüße
Bea

mit zwei erwachsenen ICSI Kindern
rebella67
Rang5
Rang5
Beiträge: 13586
Registriert: 10 Jan 2002 01:00

Beitrag von rebella67 »

Und ich habe doch wirklich noch gestern Abend, also postwendend, eine Antwort erhalten:

Sehr geehrte Frau ...,

vielen Dank für Ihre Mail und den angefügten Bericht. Neben Prof. Kreß
gehöre ich zu jenen evangelischen Bioethikern, die an der Position des
ehemaligen Ratsvorsitzenden Kock offen Kritik geübt haben. Auch die
Position des derzeitigen Ratsvorsitzenden Huber, wie sie im Zusammenhang
mit der Debatte über die Stammzellforschung formuliert, ist von uns
beiden öffentlich und in wissenschaftlichen Publikationen kritisiert
worden. Ich bin einer jener Autoren, die seinerzeit die Stellungnahme
"Starre Grenzen überwinden" in der FAZ veröffentlicht haben und bin
zusammen mit meinem Kollegen Reiner Anselm Herausgeber des Sammelbandes
"Streitfall Biomedizin" (Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003), in dem
die Verfasser der erwähnten Stellungnahme ihre Position(en) nochmals im
Detail erläutert haben. Daß die EKD und etliche deutsche Landeskirchen
gegenüber der IVF reserviert eingestellt sind, ist mir bewußt. Ich lege
aber Wert auf die Feststellung, daß es im Unterschied zur katholischen
Kirche keine dogmatische Festlegung der evangelischen Kirche in dieser
Frage gibt. Inzwischen ist auch deutlich geworden, daß daß der
seinerzeit behauptete Konsens zwischen katholischer und evangelischer
Kirche so nicht besteht. Von meinen eigenen Veröffentlichungen möchte
ich in diesem Zusammenhang nur meine Monographie "'Lasset uns Menschen
machen'. Christliche Anthropologie im biotechnologischen Zeitalter"
(C.H. Beck, München 2005) erwähnen. Über meine weitern Publikationen,
Funktionen und Aktivitäten auf dem Gebiet der Medizin- und Bioethik
können Sie sich auf meiner Homepage informieren
(http://etfst.univie.ac.at/index.php?id=16835).

Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Körtner
Liebe Grüße, Rebella
------------------------------------------
JBB
Rang3
Rang3
Beiträge: 3595
Registriert: 10 Feb 2002 01:00

Beitrag von JBB »

Oh, das ist ja interessant und sehr erfreulich!
Liebe Grüße
Bea

mit zwei erwachsenen ICSI Kindern
rebella67
Rang5
Rang5
Beiträge: 13586
Registriert: 10 Jan 2002 01:00

Beitrag von rebella67 »

Ja, das hat mich auch sehr gefreut und da kommt auch noch mal was Freundliches von mir zurück.

Es ist ja immerhin tröstlich, dass es nun doch mehr als einen Theologen gibt, der sich von der Vernunft steuern läßt. Wir sollten ihn ermutigen, so weiter zu machen, denn er wird es sicher nicht leicht haben.
Liebe Grüße, Rebella
------------------------------------------
JBB
Rang3
Rang3
Beiträge: 3595
Registriert: 10 Feb 2002 01:00

Beitrag von JBB »

Ich habe ihm soeben eine freundliche Mail geschickt.
Liebe Grüße
Bea

mit zwei erwachsenen ICSI Kindern
rebella67
Rang5
Rang5
Beiträge: 13586
Registriert: 10 Jan 2002 01:00

Beitrag von rebella67 »

Sehr schön. Da warst du schneller als ich. Ich habe im Moment noch so viel zu tun mit der CEDAW Geschichte, so dass ich kaum noch für was anderes Zeit habe. ... Ich war froh, gestern wenigstens diesen Text hinbekommen zu haben. Aber ich schaffe es die Tage schon noch.
Liebe Grüße, Rebella
------------------------------------------
Antworten

Zurück zu „Gesundheitsreform und Versorgungsstrukturgesetz“