Sehr guter Artikel zur Lage der deutschen Repro-Medizin

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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

Hi Birgit,

vielen Dank für den interessanten Link! Tja, schön wäre das, wenn sowas in etwas komprimierterer Form halt auch in populäreren Zeitungen stünde....

Hi Andreas,

hmmm.. Zuzahlung ok oder nicht? Interessante Frage... Ich finde, es lassen sich sowohl Argumente dafür als auch dagegen finden.

Du hast völlig recht, dass die Zuzahlungen bei den Patienten die Auseinandersetzung mit der Behandlung, mit Alternativen und mit erweiterter Diagnose stärken werden. Das ist eindeutig positiv, denn wir lesen ja alle immer wieder, dass es bei Paaren mit mehreren Versuchen dann plötzlich klappt, nachdem sie an einem ganz anderen Punkt angesetzt haben (Schilddrüse, Immu...)

Dagegen spricht, dass Kinder ein gesamtgesellschaftliches Interesse sind, von daher sollten aus meiner Sicht auch alle dafür zahlen.
Es kann ja schließlich keiner etwas dafür, dass er ungewollt kinderlos ist.
Warum sollten dann nur die aufgrund einer Laune der Natur betroffenen Paare die teuren Behandlungen bezahlen müssen?
Es ist bei Reisen oder Autos ja nicht vom Zufall abhängig, ob man sie bezahlen muss. Jeder muss für Reisen oder Autos bezahlen.

Bei einer Reise oder einem Auto ist der Entscheidungsspielraum auch größer, diese Bedürfnisse lassen sich in mehreren Varianten erfüllen. Ich muss keine Luxuskreuzfahrt machen, sondern kann auch preiswert Verwandte besuchen, und ein Gebrauchtwagen oder ein kleines Auto fährt auch. Aber Kinder kriegt man oder eben nicht, es gibt keine Varianten.

Abgesehen davon finde ich 50% Zuzahlung auch gleich ganz schön heftig, egal, ob man es sich leisten kann oder nicht. Auch Paare, die es sich leisten könnten, müssen sich eventuell verschulden, weil sie mittlerweile andere Verpflichtungen eingegangen sind und die Beträge nicht einfach verfügbar haben. Und die Leute, die es wirklich aus der Portokasse zahlen würden, sind ohnehin privat versichert.

Dazu kommt noch die zusätzliche Belastung, die Frage, ob die Investition nun lohnt oder man das Geld in den Sand gesetzt hat, ist der Sache sicher nicht unbedingt förderlich.

Die von Dir genannten Vorteile könnte man aus meiner Sicht auch durch andere Mittel erreichen, die mir angemessener erscheinen:

- Zuzahlung eines geringeren Betrages, z.B. 25%
- 100% Abrechnung, aber mit den jeweils preiswertesten Medikamenten, teurere Medikamente müssen dann zugezahlt werden. (Ob das fair ist, müsste durch mehr neutrale vergleichende Untersuchungen noch geprüft werden. Ich gehe mal davon aus, dass alle Medis eine ähnliche Wirksamkeit haben, wenn man im DIR nachschaut, scheint das ja so zu sein.) Diese Variante hätte auch den Vorteil, dass ein größerer Druck auf die Pharmaindustrie ausgeübt wird, die ja bei dem ganzen Reformenunwesen immer sehr ungeschoren wegkommt.
- 100% Zuzahlung fürs erste Kind, bei weiteren Versuchen Eigenbeteiligung (hoffentlich verärgere ich damit jetzt niemanden :oops: ... auch dies müsste man medizinisch begründen, wahrscheinlich sinkt ja die Unsicherheit beim zweiten Kind etwas, wenn es schon einmal geklappt hat? Aber das kann ich nicht wirklich beurteilen.)

Aber Du hast eine interessante Diskussion aufgworfen.

So, jetzt muss ich mich wieder dem Hausputz widmen. :(

Gruß

Mondschaf
Zuletzt geändert von Mondschaf am 16 Jan 2004 17:39, insgesamt 1-mal geändert.
Mit zwei Jungs geboren 2004 und 2007

„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“ – J. W. von Goethe

„Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es (zu) dir - für immer.“ - Konfuzius

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*Tigger*
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Beitrag von *Tigger* »

Liebe Rahel (Mondschaf),

ich bin ganz deiner Meinung! Den Luxus kann jeder selbst bestimmen (kleines Auto, Kurzurlaub etc.), aber beim Kinderwunsch gibt´s dafür keine Alternativen!
Auch ich halte die 50% für zu hoch und die nur noch 3 Versuche für zu wenig.
Auch dazu stand im Ärzteblatt was treffendes:
Dies gilt um so mehr, als gerade solche Paare weit überdurchschnittlich eine konservative Lebensplanung haben, in deren Mittelpunkt nach wie vor Familie und Kinder stehen. Und oft verfügen sie auch nicht über die notwendigen Finanzen, da die Rolle der Frau stark auf Familie und Mutter zugeschnitten ist.
Von diesen Paaren werden wieder viele, wie schon gehabt, "ihr letztes Hemd geben" um sich die Behandlungen leisten zu können. Und viele werden sich wieder drei Embryonen einsetzen lassen, mit der Folge, daß die Zwillings- und Drillingsschwangerschaften rapide ansteigen.
Das es beim 2. Kind leichter wird, kann ich dir leider nicht bestätigen. Ich dachte das auch immer, aber nun sind wir in unserem letzten Versuch und leider bis jetzt negativ! Aber gerade beim 2. Kind wird es für viele Paare fast unmöglich sein, denn schließlich fehlt dann meist schon ein Gehalt und bei den knappen Finanzen dann noch die 50% Zuzahlung für 3 oder mehr Versuche(eventuell noch Kryo)?
Ich finde wir sollten jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken und uns damit abfinden, denn dann wird sich garantiert in Zukunft gar nichts mehr daran ändern!!

bis dann, mach´s gut....
liebe Grüße
Bea

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Nov. ´02 Kryo negativ
1.+2. ICSI negativ
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Mondschaf
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Beitrag von Mondschaf »

Hi Bea,

Hausputz fertig! :D :D :D :D

Ich wollte Dir mit dem zweiten Kind bestimmt nicht auf die Füße treten. :oops: Es ist ja etwas, was ich nicht beurteilen kann und was ich nur so als Idee, über die man diskutieren kann, mal einwerfen wollte. Du hast recht, dass es mit den Finanzen dann eher knapper aussieht.

Eine weitere Variante wär ja noch die Zuzahlung nur im Erfolgsfall. Ich denke, jeder würde das Geld für die Versuche gerne aufbringen und fast jeder auch können, wenn die Sicherheit vorhanden wäre, dass es klappt.
Auf diese Weise würde man die Paare entlasten, bei denen es nicht klappt, es wird dann vermieden, dass die zum Schluß nicht doppelt bestraft sind durch die traurige Erkenntnis, dass sie auf diesem Wege nicht zu dem erhofften Kind kommen und dann noch durch einen ziemlich großen finanziellen Verlust. Der Druck wäre auch geringer, weil jeder weiss, dass er im schlimmsten Fall (alles erfolglos) wenigtens ohne finanzielle Verluste rauskommt.

Wobei ich 50% dann immer noch ziemlich happig finde, wenn gleichzeitig über Geburtenrückgänge gejammert wird.

Wir sollten hier mal die Gelegenheit haben, eine alternative Gesundheitsreform zu entwerfen, ich bin ja ziemlich selbstkritisch, aber ich glaube, da würde wirklich was Gutes bei rauskommen und alle Mal etwas besseres als dieses lausige Ergebnis.

Dir alles Gute für den letzten Versuch! :knuddel: *dd*

Gruß

Mondschaf
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*Tigger*
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Beitrag von *Tigger* »

Hi du Putzteufel,

keine Sorge, du hast mir nicht auf die Füße getreten!! 8)
Ich dachte doch auch, beim 2. Kind wird alles einfacher, dabei hängt man dann noch viel mehr in den Seilen..... :-?
Aber du hast schon Recht! Wenn ich wüßte, es würde klappen, dann würde ich die Versuche auch selbst bezahlen und einen Kredit aufnehmen!!! :wink:

bye bye :)
liebe Grüße
Bea

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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Hallo, Ihr,

ich möchte mich der Diskussion auch anschließen. Ich sehe auch die positiven Effekte, die Andreas genannt hat. Außerdem natürlich noch den Effekt, daß hier endlich mal Kinderwunschpaare auf die Barrikaden gehen. Denn es gibt ja außer der Kostenbelastung noch viel mehr, was so nicht hingenommen werden kann. Aber, die Kostenbelastung ist einfach viel zu hoch.

Ich habe natürlich auch ein Kostenmodell anzubieten, welches sowohl Einkommen als auch die Höhe der Behandlungskosten berücksichtigt. Man könnte z.B. die Eigenbeteiligung für einen Versuch mit Kosten in durchschnittlicher Höhe (z.B. 3.000 Euro) mit 1% des Bruttoeinkommens festlegen. Ein Paar mit 20.000 Euro Bruttoeinkommen würde danach für einen Versuch, der 3.000 Euro kostet, 200 Euro zahlen, das Paar mit nur 5.000 Euro Bruttoeinkommen 50 Euro und das Paar mit 50.000 Euro Bruttoeinkommen 500 Euro. Wer es schafft, den Versuch für weniger als 3.000 Euro durchzuführen, bekommt einen Bonus in Abhängigkeit von der Höhe der Ersparnis, wer mehr ausgibt, muß draufzahlen. Das ganze ließe sich auch noch ausbauen, so daß bei höherem Einkommen mehr Prozente anfallen.
Außerdem müssten die verschiedenen Abrechnungsmodelle EBM und GOÄ entfallen und ein Gebührenkatalog, der etwa in der Mitte liegt, geschaffen werden. Denn die Ausgaben für die Praxis sind immer die gleichen. Es kann ja nicht sein, daß die Selbstzahler die Kassenpatienten noch mitfinanzieren müssen. Die Spielräume der Praxen, mit 1-fachem bis 2,3-fachem Satz abzurechnen, müssten außerdem stark eingeschränkt werden.

Liebe Grüße, Rebella
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colonia
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Höchstgrenze

Beitrag von colonia »

Hallo!

Ich denke, daß wir alle absolut zufrieden wären, wenn bei der Kiwu - Behandlung genauso wie bei allen anderen Zuzahlungen die Höchstgrenze von max. 2% des Bruttoeinkommens zählen würde. Denn das ist ein Betrag, der wohl für alle noch überschaubar wäre. Oder sehe ich das falsch?
Das Problem ist doch nur, daß der Betrag den wir zahlen sollen keine Zuzahlung ist, sondern ein Eigenanteil und somit eben 50% beträgt, die sich kaum einer leisten kann.

Grüße aus Köln
colonia
JBB
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Beitrag von JBB »

Ich finde, Colonia hat es auf den Punkt gebracht
Liebe Grüße
Bea

mit zwei erwachsenen ICSI Kindern
Andreas
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Beitrag von Andreas »

Hi miteinander,

@ *Tigger*: ich stecke den Kopf nicht in den Sand. Meines Erachtens ist die Zeit der Einflussnahme auf die Reform aber längst vorbei. Wenn die Paare dieses Forums sich im Sommer nicht so engagiert hätten (Briefe, Berlin-Demo, TV-Beiträge, Politiker-Kontakte etc.), wäre Kiwu ersatzlos gestrichen worden. Die Engagierten haben es im Herbst ja schon geahnt: einige Paare merken erst jetzt, da die Reform greift, was sie bedeutet. Der momentane Protest wäre im Sommer und Herbst wirkungsvoller gewesen.

@ all: so weit sind wir in der Kostenfrage nicht voneinander entfernt. Die pauschale 50-%-Regelung ist für mich nicht sozial. Ein einkommensabhängiges Modell wäre gerechter. Ich denke in Reballas Richtung.

@ Mondschaf: ich sehe Kiwu wie Du als gesellschaftspolitische Aufgabe. Als solche müsste die Behandlung wie Abtreibung etc. aber aus Steuergeldern und nicht von den Kassen gezahlt werden. Die "Krankheitsargumentation" ist ja leider nicht wasserdicht.

Mit Rebella teile ich weiterhin die Auffassung, dass der augenblickliche Aufruhr der Kiwu-Paare auf andere Projekte (ESchG, DIR, Qualitätsmanagement bei Kiwu etc.) gelenkt werden sollte. Diese Themen stehen auf der Tagesordnung. Die Gesundheitsreform wird vor 2007 nicht geändert. Öffentlichkeitsarbeit können wir Kiwu-Paare aber immer gebrauchen. Wenn das bei den augenblicklichen Aktionen (siehe wunschkinder.net) herauskommt, ist das auch sehr wichtig.

Viele Grüße. Andreas
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*Tigger*
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Beitrag von *Tigger* »

Hi Andreas,

SORRY, ich habe nicht gemeint, dass du den Kopf in den Sand steckst!! Ich weiß doch, dass du sehr engagiert bist und uns immer mit Rat zur Seite stehst! :)
Dafür sind wir dir auch sehr sehr dankbar!!!! :wink:
Ich habe nur gemeint, dass man weiterhin AKTIV bleiben sollte.
Was die Zuzahlung/Eigenleistung anbelangt: wenn ich das Geld hätte, würde ich es sofort tun!!! Aber dass sich nur noch Leute mit dickem Portemonnaie den Wunsch nach eigenen Kindern leisten können ist diskriminierend! :evil: Denn schließlich kommen ja auch oft noch die Kosten für Hatching, Kryo etc. hinzu.
In unserem Bekanntenkreis gibt es ein tolles Beispiel dafür (was aber nicht heißen soll, dass ALLE so sind!!!!!) :
Ein Ehepaar, selbstständig, dickes Haus, dick geerbt, 2 dicke Autos, Luxusurlaub.......als sie erfahren haben, dass man dieses Jahr 50% dazuzahlen muß, haben sie schnell noch einen Versuch letztes Jahr gemacht - negativ! Jetzt lassen sie die anderen Versuche verfallen, denn 50% Zuzahlung können sie sich nicht leisten!
Da kommt mir die Galle hoch!!!! Und unsereins würde zur Not sogar einen Kredit dafür aufnehmen!!!
In einem Punkt gebe ich dir auch volkommen Recht: das Gute daran ist, dass man jetzt bei Problemen vielleicht auch nach Alternativen sucht!

Meinst du denn, es hat noch Sinn zu klagen wegen Zusatzversuche oder 40+ ???
Oder gibt es dafür auch keine Chance mehr???
liebe Grüße
Bea

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5.ICSI Einnistung aber HCG rückläufig
Somit Ende vom Kiwu!!
Andreas
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Beitrag von Andreas »

Hi *Tigger*,
*Tigger* hat geschrieben: SORRY, ich habe nicht gemeint, dass du den Kopf in den Sand steckst!!
o.k., dann habe ich das falsch aufgefasst. Jetzt ist es ja geklärt.
*Tigger* hat geschrieben:Ein Ehepaar, selbstständig, dickes Haus, dick geerbt, 2 dicke Autos, Luxusurlaub.......als sie erfahren haben, dass man dieses Jahr 50% dazuzahlen muß, haben sie schnell noch einen Versuch letztes Jahr gemacht - negativ! Jetzt lassen sie die anderen Versuche verfallen, denn 50% Zuzahlung können sie sich nicht leisten!
-> daher wäre ein einkommensabhängiges Modell gerechter.
*Tigger* hat geschrieben:Meinst du denn, es hat noch Sinn zu klagen wegen Zusatzversuche oder 40+ ???
-> lies Dir zu den Klage-Aussichten mal durch, was ich hier geschrieben habe:
http://www.klein-putz.de/forum/viewtopic.php?t=13516

Viele Grüße. Andreas



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