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Embryonenspende wirklich verboten?

Verfasst: 30 Sep 2004 12:03
von rebella67
Hallo an alle, die mir hier helfen können,

mein Artikel zum ESchG für die erste Seite hier sollte auch das Verbot der Embryonenspende beinhalten. Nun habe ich das Gesetz mal genauer gelesen und bin gar nicht so sicher, ob diese denn nun ganz wirklich mit dem dort enthaltenen Wortlaut verboten ist.


Bei der Embryonenspende wird keine unbefruchtete Eizelle übertragen, es muß keine Eizelle zu einem anderen Zweck künstlich befruchtet werden, als eine Schwangerschaft bei der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt und es muß auch keiner Frau ein Embryo entnommen werden, um ihn dann einer anderen Frau zu übertragen.

Im Fall, daß ein Paar seine ?übrigen? Embryonen im Vorkernstadium einfrieren lässt und später nicht mehr übertragen lassen will / kann, könnte es demnach diese Embryonen einem Paar spenden, das sie ?adoptiert?. Das würde auch Sinn machen, da damit die Erhaltung der sogenannten ?Vor-Embryonen? ermöglicht wird. Der Vorgabe der Bundesärztekammer, daß eine Konstellation, bei der es sowohl eine genetische als auch eine austragende Mutter gibt, zu verhindern ist, wäre damit zwar nicht gefolgt, aber immerhin haben die ?Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der assistieren Reproduktion? ja sowieso nur den Charakter eines antizipierten Gutachtens und werden auch in anderen Punkten nicht eingehalten.

Etwas fraglich ist für mich noch, ob diese Passage

?2. es unternimmt, eine Eizelle zu einem anderen Zweck künstlich zu befruchten, als eine Schwangerschaft der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt,?

verletzt wird. Wie wird hier ?künstlich befruchten? definiert? Versteht man darunter das Zusammenführen von Ei- und Samenzelle oder den Kernverschmelzungsprozeß? Nach meinem Lesen in den Richtlinien der Bundesärztekammer komme ich wieder darauf, daß die Befruchtung als Vorgang definiert wird, wohl vom Zusammentreffen beider Zellen bis zum Ende des Kernverschmelzungsprozesses. Aber welcher Abschnitt davon ist ?künstlich?? Streng genommen doch eigentlich nur das Injizieren des Spermiums bei der ICSI. Alles andere passiert doch von selber. Wenn nun so ein Vorembryo aufgetaut wird, bei dem der Befruchtungsprozeß schon begonnen hat, und man diesem jetzt nur die Voraussetzungen bietet, damit er seinen Befruchtungsvorgang von selbst abschließen kann, kann man doch eigentlich nicht davon sprechen, daß es hier jemand unternommen hat, eine Eizelle künstlich zu befruchten.

Wie seht Ihr das?

Liebe Grüße, Rebella

Verfasst: 30 Sep 2004 13:13
von Neschi
Hallo Rebella,

das wäre eine interessante Frage für einen Musterprozess. Aber ich nehme an, daß das aus "ethischen Gründen" dann sehr schnell verboten wird. Könnte ja sein, daß dann eine Art "Leiheltern" gegen richtig Kohle am laufenden Band Versuche durchführen lassen, um die Embryonen zu verkaufen.

Verfasst: 30 Sep 2004 13:56
von Sanne
wieso verkaufen? natürlich unentgeltlich zur adoption freigeben, wie es mit bereits geborenen kindern auch geschieht :)
das thema interessiert mich auch. wir haben nämlich noch drei eskimos übrig und würden die gern hergeben, aber eben nicht vernichten lassen *seufz*

lg Sanne

Verfasst: 30 Sep 2004 23:42
von rebella67
Genau, natürlich ohne Kohle! Da müßte jetzt nur mal der richtige Doc dafür finden. Hat einer Lust, da mal herumzufragen? Ich nehme mal an, da gäbe es, wenn es eine Gesetzeslücke ist, nur wenige Ärzte, die mitmachen.

Schön, Sanne, daß Du so denkst. Ich hätte das für uns auch so gesehen. Du wärst doch ein gutes Beispiel für einen Musterprozeß, weil Du nach meiner Erinnerung geschrieben hattest, ein weiteres Kind auszutragen, das wäre gefährlich für Dich. Im Falle, daß Ihr das in Deutschland nicht hinkriegt - vielleicht lassen sich die Kyros ja auch nach Tschechien bringen?

Ich würde mich trotzdem noch über weitere Meinungen hier freuen.

Gruß, Rebella

Verfasst: 01 Okt 2004 08:44
von Neschi
Seien wir doch mal realistisch mit dem Geld! Selbstverständlich würde man Embryonen-Verkauf verbieten und genauso selbstverständlich würde es ihn geben. :evil: Gibt es in vielen Ländern, z.B. USA, doch auch, wenn es um Adoptionen geht. Eltern, die besonders schnell ein Kind haben wollen oder die nicht die "Zulassung" bekommen, kaufen sich ein Kind über eine der privaten Vermittlungsagenturen. Ähnlich würde das mit Sicherheit auch hier in D mit Kryos laufen! Natürlich illegal, *liebernicht* aber genauso wird's gemacht, darauf verwette ich mein zukünftiges Weihnachtsgeld!

Theoretisch :roll: könnte man ...

(man will ja niemanden auf dumme Gedanken bringen :wink:, auch nicht die Kiwu-Praxen, also schnell weg damit)

Verfasst: 01 Okt 2004 10:07
von Sanne
soll ich jetzt hier zugeben, dass ich genau den gedanken auch schon hatte...? ;)

m.e. führt grad die legalisierung dazu, dass nicht unter der hand gemauschelt wird. die ärzte (oder jemand anderes befugtes) könnte ja die empfänger nach den merkmalen der spender aussuchen, so ähnlich wie es auch bei HI geschieht.

sicher gibt es immer auch missbrauch, aber das gibt es überall. warum also eine grundsätzlich sinnvolle sache verbieten, nur weil es ein paar schwarze schafe gibt oder weil deutschland ein paar komplexe hat!?

liebe grüsse von Sanne

Verfasst: 01 Okt 2004 18:43
von rebella67
Ich glaube eher, daß so viele Embryonen frei gegeben werden würden, daß man gar nicht genug Empfänger zusammen bekäme .... Da braucht man dann ja auch nicht an Bezahlung denken, um schneller ans Ziel zu kommen.

Verfasst: 04 Okt 2004 15:16
von rebella67
Das habe ich gerade mal dazu in einem älterebn Artikel in der Ärztezeitung gefunden:

Embryo-Adoption ist nicht verboten

BERLIN (fst). Die Embryonenspende ist nach Auskunft des Bundesgesundheitsministeriums nicht verboten. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Hubert Hüppe (CDU) hervor. Diese Regelungslücke, so das Ministerium, sei vertretbar, weil das Embryonenschutz-Gesetz mit seinen Regelungen zur Ersatzmutterschaft das Entstehen einer gespaltenen Mutterschaft schon im Vorfeld zu verhindern versuche. Hüppe bezeichnete die Embryonen-Adoption als "humane und ethisch akzeptable Alternative" zur dauerhaften Kyrokonservierung des Embryos. Sie müsse aber auf medizinisch begründete Fälle beschränkt bleiben.

http://www.aerztezeitung.de/docs/2001/0 ... 7.asp?cat=

Verfasst: 04 Okt 2004 15:19
von rebella67
Und das noch:

Embryo-Adoption wäre eine sinnvolle Option für kinderlose Paare

Von Dr. Michael Thaele

Noch ist in Deutschland aufgrund des Embryonenschutzgesetzes eine Adoption gefrorener Embryonen nicht möglich. Prinzipiell ist das aber eine sinnvolle Alternative für kinderlose Paare, die vielleicht auch künftig bei uns realisiert werden könnte.

Denn der Bundesverband Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands und die Deutsche Gesellschaft für gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin haben gefordert, mit dem geplanten Fortpflanzungsmedizingesetz auch das Kultivieren und Einfrieren von Embryonen zu ermöglichen. Bisher dürfen bei der In-vitro-Fertilisation (IvF) nämlich nur Eizellen im Vorkernstadium eingefroren werden.

Grund für die Forderung nach Embryonenkultivierung ist zunächst, daß man erst auf der Embryonalebene, also beim Entstehen der Blastozyste, wirklich sehen kann, welche Embryonen überhaupt zu einer Einnistung fähig sind. Beim Vorkernstadium ist das kaum möglich. Unsere IvF-Ergebnisse sind daher im internationalen Vergleich schlechter. Mit der Möglichkeit der Weiterkultivierung bis zur Blastozyste könnten eben auch Embryonen eingefroren werden. Sollten diese von den Eltern nicht mehr gewünscht werden, könnten sie auch zu einer Adoption freigegeben werden. Das hätte den Vorteil, daß in der ethischen Diskussion um das Vernichten von Embryonen eine Alternative mit "Lebensperspektive" entstünde.

Wir kennen zudem bereits Paare aus Deutschland, die im Ausland - nicht nur in den USA, sondern auch etwa in Belgien - Embryo-Adoptionen gemacht haben. Ein Grund war dabei zum Beispiel auch, daß beide Partner die Veranlagung für eine schwere Erbkrankheit haben.

Rechtlich ist das kein Problem, denn deutsches Recht endet an deutschen Grenzen. Das Kind, das geboren wird, gilt als ehelich, wenn es in einer Ehe geboren wird, und die Mutter gilt als leibliche Mutter. Wie bei jeder Adoption hat das Kind natürlich ein Recht auf Kenntnis seiner Herkunft.

Generell müßte man Embryo-Adoptionen natürlich ordentlich regeln, so wie andere Adoptionen auch. Unbedingt verhindert werden muß eine Kommerzialisierung von Embryo-Adoptionen. Dies ist eine unverzichtbare Forderung deutscher Reproduktionsmediziner, die in einer Kommerzialisierung eine ethisch nicht vertretbare Entwicklung gegen die Menschenwürde sehen.

Dr. Michael Thaele aus Saarbrücken ist Vorsitzender des Bundesverbandes Reproduk-tionsmedizinischer Zentren Deutschlands.

http://www.aerztezeitung.de/docs/2001/0 ... 1.asp?cat=

Verfasst: 04 Okt 2004 15:20
von rebella67
Noch eins:

Chancen für Adoption von Embryonen sind derzeit gering
Embryonenschutzgesetz verbietet Züchten und Einfrieren von Embryonen / Gesetz hat Lücken und Inkonsequenzen

Reproduktionsmediziner fordern, mit dem geplanten Fortpflanzungsmedizingesetz auch das Züchten und Einfrieren von Embryonen zu ermöglichen. Sie gehen sogar noch einen Schritt weiter: Wenn nach einer IvF Embryonen übrigbleiben, sei es sinnvoll, sie kinderlosen Paaren zur Adoption anzubieten. Eine solche Regelung hat Vor- und Nachteile, sagte der Tübinger Ethiker Professor Urban Wiesing im Gepräch mit Angela Speth.

Ärzte Zeitung: Um die Adoption von Embryonen zu ermöglichen, müßte das Embryonenschutzgesetz zunächst einmal erlauben, sie zu züchten und einzufrieren. Besteht denn überhaupt Aussicht auf eine derartige Gesetzesänderung?

Wiesing: Daß es keine derartigen Absichten gibt, hat die Justizministerin Däubler-Gmelin noch vor wenigen Wochen betont. Und doch ist das Embryonenschutzgesetz wegen seiner Lücken und Inkonsequenzen auf die Dauer schwer aufrechtzuerhalten.

Ärzte Zeitung: Und die wären?

Wiesing: Eine Lücke betrifft zum Beispiel die embryonalen Stammzellen: Sie herzustellen ist in Deutschland verboten, sie zu importieren nicht. Also besorgen sich deutsche Forscher die Zellen ganz legal im Ausland. Weiteres Beispiel: Die Reproduktionsmediziner umgehen das Embryonenschutzgesetz, indem sie befruchtete Eizellen kurz vor der Kernverschmelzung einfrieren. Das ist ein Trick - denn ob es moralisch einen Unterschied macht, ob die Vorkerne voreinanderliegen oder schon verschmolzen sind, wage ich sehr zu bezweifeln. Drittes Beispiel: Im Reagenzglas besitzt der Embryo den gleichen Rechtsschutz wie ein Erwachsener. In der Gebärmutter dagegen ist er zeitweilig völlig ungeschützt. Keine Partei diskutiert zum Beispiel, daß Millionen Frauen die Spirale benutzen, die ja die Einnistung eines lebensfähigen Keims verhindert. Auch die jährlich 130 000 Abtreibungen werden geduldet.

Ärzte Zeitung: Reproduktionsmediziner befürworten die Adoption gefrorener Embryonen als Ausweg aus dem jetzigen Mißverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage: Auf ein Neugeborenes, das zur Adoption freigegeben wird, kommen in Deutschland vier Elternpaare, die es aufnehmen möchten.

Wiesing: Ja, aber dieses Mißverhältnis erstreckt sich lediglich auf gesunde neugeborene Kinder, ältere, gar eventuell behinderte Kinder haben dagegen oftmals Schwierigkeiten, Adoptiveltern zu finden und müssen manchmal jahrelang in Heimen verbringen.

Ärzte Zeitung: Aber es ist doch wohl ein legitimes Bedürfnis, ein gesundes Baby zu bekommen.

Wiesing: Zweifellos. Doch bleibt die Frage, ob das Rechtfertigung genug ist, die Adoption gefrorener Embryos zu erlauben. Es besteht der Grundsatz, daß eine Adoption dem Wohl des Kindes dienen, ihm ein gutes Zuhause ermöglichen soll. Sie dient ausdrücklich nicht dazu, die Bedürfnisse potentieller Eltern zu befriedigen.

Ärzte Zeitung: Das würde die Forderung nach einer Freigabe der Adoption von Embryonen nicht gerade unterstützen. Gibt es denn auch Argumente, die dafür sprechen?

Wiesing: So sehr das Embryonenschutzgesetz die Adoption auch verbietet, so gibt es im Sinne des Embryonenschutzes doch wiederum gute Gründe, sie zu gestatten. Angenommen, überzählige Embryonen wären - aus welchen Gründen auch immer - eingelagert: Dann erschiene es nur folgerichtig, überzählige Embryonen einem adoptionswilligen Paar zu übergeben, statt den Kühlschrank abzustellen und sie einfach sterben zu lassen.

Ärzte Zeitung: Somit stehen sich ein Für und ein Wider gegenüber - was könnte bei einer Entscheidung den Ausschlag geben?

Wiesing: Rechtspragmatiker würden eine solche Adoption mit Skepsis betrachten. Man muß nicht alles erlauben, was in Einzelfällen sinnvoll sein mag. Wie berechtigt Bedenken sind, hat sich am Beispiel der Leihmutterschaft bestätigt. Obwohl sie gelegentlich sinnvoll sein mag, hat man in Deutschland mit Blick auf die juristischen Folgen darauf verzichtet. In den USA, wo sie erlaubt wurde, kommen jetzt auf die Gerichte Prozesse zu, weil so manche Leihmutter entgegen allen Abmachungen doch Ansprüche auf das Kind erhebt. Bei der Weitergabe gefrorener Embryonen wäre ähnliches zu befürchten. Insofern würde dem ersten Grundsatz, wonach die Adoption nicht den Bedürfnissen der Eltern dient, aus rechtspragmatischen Gründen doch der Vorrang gebühren. Außerdem sollte man vermeiden, daß die leiblichen Eltern sich die erfolgversprechenden Embryonen aussuchen und die anderen zur Adoption freigeben.

Ärzte Zeitung: Ein Verbot hätte womöglich zur Folge, daß adoptionswillige Paare sich ihr Wunschbaby im Ausland besorgen.

Wiesing: Das wird sich nicht vermeiden lassen. Diese Situation ergibt sich oft, zum Beispiel bei der Präimplantationsdiagnostik, die ja ebenfalls hier verboten ist. Da reisen Paare eben in die Niederlande, nach Belgien oder Großbritannien. Das Dilemma liegt darin, daß technologische Entwicklung und Regulation auseinanderbrechen: Technologien sind global, zumal ihnen im Zeitalter des Internet keine Wissensbarrieren entgegenstehen. Die Gesetzgebung aber ist national. Es gibt nur ganz wenige Institutionen, die international Regeln aufstellen könnten, zum Beispiel der Europarat. Aber selbst dessen Bioethik-Konvention ist in Deutschland nicht ratifiziert worden. Dennoch brauchen wir auf internationaler Ebene dringend Mindeststandards, aber in absehbarer Zeit sehe ich dafür kaum eine Chance.

Ärzte Zeitung: Selbst Befürworter der Embryo-Adoption halten die Kommerzialisierung für eine gewisse Gefahr. Wie reell ist sie?

Wiesing: Innerhalb Deutschlands, wo es ein einigermaßen funktionierendes Sozialsystem gibt, wird man sie in den Griff bekommen. So wurde ja zum Beispiel die Organspende erfolgreich ent-kommerzialisiert. Aber solange in anderen Ländern ein Gutteil der Menschheit in größter Armut lebt, wird sich nicht verhindern lassen, daß jemand aus der Notlage anderer Kapital schlägt. Was sich etwa schon beim Engpaß an Spendernieren bewahrheitet hat, würde auch für den dringenden Wunsch nach einem Kind gelten. Das internationale Gefälle ist einfach zu groß.

Ärzte Zeitung: Haben die Eltern die Pflicht, das Kind über seine Herkunft aufzuklären?

Wiesing: Jeder Mensch hat das Recht, seine biologische Herkunft zu kennen. Deswegen ist bei der Fremdsamenspende in Deutschland ein "Mix" aus verschiedenen Samen unzulässig. Man sollte die Offenbarung der biologischen Herkunft an das Interesse und die Fähigkeiten des Kindes anpassen und sie in dieser Situation begleiten.

http://www.aerztezeitung.de/docs/2001/0 ... 1.asp?cat=