Renate Schmidt will das Alterslimit bei Adoption abschaffen
Verfasst: 14 Dez 2004 00:04
Familienministerin Renate Schmidt will das Alterslimit abschaffen / Jugendämter sollen leiblichen Eltern Kontakt zu Kindern ermöglichen
Regine Zylka
BERLIN, 12. Dezember. Angesichts des demografischen Wandels in Deutschland will die Bundesregierung es künftig auch älteren Paaren ermöglichen, Kinder zu adoptieren. "Wir wollen die Adoptionsrichtlinien den Gegebenheiten anpassen und sind im Moment dabei, sie zu überarbeiten", sagte Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) im Gespräch mit der Berliner Zeitung. In einem "Land des langen Lebens" gehöre es nun einmal dazu, dass es nicht nur junge Eltern gebe.
Eine Höchstaltersgrenze für Adoptiveltern ist zwar in keinem Gesetz vorgeschrieben. In der Praxis werden Säuglinge und Kleinkinder jedoch nur an Ehepaare vermittelt, die nicht älter als 35 Jahre sind. Bundeskanzler Gerhard Schröder (60), der dennoch gemeinsam mit seiner Frau Doris Schröder-Köpf (41) ein Mädchen aus Russland adoptiert hat, hatte angeregt, diese Praxis zu überdenken. Er forderte zudem die Deutschen auf, mehr Kinder anzunehmen. 2003 wurden hier zu Lande 5 330 Kinder adoptiert. Die Tendenz ist aber stark rückläufig. So verringerte sich seit 1993 die Zahl der Adoptionen um fast 40 Prozent.
Renate Schmidt gab jedoch zu bedenken, dass es nicht nur deshalb zu wenig Adoptionen gebe, weil die Eltern gemessen an den geltenden Regeln zu alt seien. Vielmehr würden zu wenig leibliche Eltern, die zum Beispiel ihr Kind in Pflege gegeben hätten, den Weg für eine Adoption frei machen. Die Ministerin appellierte deshalb an die zuständigen Jugendämter, die so genannte offene Adoption stärker zu propagieren, bei der die leibliche Mutter weiter Kontakt zu ihrem Kind haben darf. "Ich bin überzeugt: Das kann etwas Wunderbares sein", sagte die Ministerin. Die offene Adoption könne vor allem dem Kind zugute kommen, "weil es weiß, wo es herkommt und daher stabiler ist".
Schwerpunkt Demografie
Indirekt plädierte die Familienministerin zudem für eine Liberalisierung der Reproduktionsmedizin. Die Regeln für künstliche Befruchtungen lägen zwar im Verantwortungsbereich von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Grundsätzlich denke sie jedoch, "dass wir den engen Zeitkorridor, in dem Frauen heute Kinder kriegen, wieder vergrößern müssen", sagte Renate Schmidt.
Die Zahl der künstlichen Befruchtungen ist in diesem Jahr drastisch gesunken, nachdem im Rahmen der Gesundheitsreform die Vorschriften verschärft worden sind. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen nur noch die Hälfte der rund 2 500 Euro teuren Behandlung. Zudem wurde der Kreis der Berechtigten sowie die Zahl der Behandlungszyklen eingeschränkt. Der Vorstandschef der Kaufmännischen Krankenkasse, Ingo Kailuweit, nannte diese Kostenersparnis kontraproduktiv, weil so deutlich weniger Kinder geboren würden. "Wir sollten nicht die demografische Entwicklung beklagen, sondern aktiv daran etwas ändern", sagte er dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Nach Expertenschätzungen werden in diesem Jahr nur noch rund 10 000 Kinder nach einer künstlichen Befruchtung zur Welt kommen. 2003 waren es noch etwa 16 000 Kinder.
Renate Schmidt kündigte zudem an, dass die SPD und die Bundesregierung sich im kommenden Jahr verstärkt dem Thema demografischer Wandel widmen werden. "Wir müssen anfangen, politische Maßnahmen bevölkerungsorientiert zu überdenken", sagte die Ministerin.
Regine Zylka
BERLIN, 12. Dezember. Angesichts des demografischen Wandels in Deutschland will die Bundesregierung es künftig auch älteren Paaren ermöglichen, Kinder zu adoptieren. "Wir wollen die Adoptionsrichtlinien den Gegebenheiten anpassen und sind im Moment dabei, sie zu überarbeiten", sagte Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) im Gespräch mit der Berliner Zeitung. In einem "Land des langen Lebens" gehöre es nun einmal dazu, dass es nicht nur junge Eltern gebe.
Eine Höchstaltersgrenze für Adoptiveltern ist zwar in keinem Gesetz vorgeschrieben. In der Praxis werden Säuglinge und Kleinkinder jedoch nur an Ehepaare vermittelt, die nicht älter als 35 Jahre sind. Bundeskanzler Gerhard Schröder (60), der dennoch gemeinsam mit seiner Frau Doris Schröder-Köpf (41) ein Mädchen aus Russland adoptiert hat, hatte angeregt, diese Praxis zu überdenken. Er forderte zudem die Deutschen auf, mehr Kinder anzunehmen. 2003 wurden hier zu Lande 5 330 Kinder adoptiert. Die Tendenz ist aber stark rückläufig. So verringerte sich seit 1993 die Zahl der Adoptionen um fast 40 Prozent.
Renate Schmidt gab jedoch zu bedenken, dass es nicht nur deshalb zu wenig Adoptionen gebe, weil die Eltern gemessen an den geltenden Regeln zu alt seien. Vielmehr würden zu wenig leibliche Eltern, die zum Beispiel ihr Kind in Pflege gegeben hätten, den Weg für eine Adoption frei machen. Die Ministerin appellierte deshalb an die zuständigen Jugendämter, die so genannte offene Adoption stärker zu propagieren, bei der die leibliche Mutter weiter Kontakt zu ihrem Kind haben darf. "Ich bin überzeugt: Das kann etwas Wunderbares sein", sagte die Ministerin. Die offene Adoption könne vor allem dem Kind zugute kommen, "weil es weiß, wo es herkommt und daher stabiler ist".
Schwerpunkt Demografie
Indirekt plädierte die Familienministerin zudem für eine Liberalisierung der Reproduktionsmedizin. Die Regeln für künstliche Befruchtungen lägen zwar im Verantwortungsbereich von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Grundsätzlich denke sie jedoch, "dass wir den engen Zeitkorridor, in dem Frauen heute Kinder kriegen, wieder vergrößern müssen", sagte Renate Schmidt.
Die Zahl der künstlichen Befruchtungen ist in diesem Jahr drastisch gesunken, nachdem im Rahmen der Gesundheitsreform die Vorschriften verschärft worden sind. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen nur noch die Hälfte der rund 2 500 Euro teuren Behandlung. Zudem wurde der Kreis der Berechtigten sowie die Zahl der Behandlungszyklen eingeschränkt. Der Vorstandschef der Kaufmännischen Krankenkasse, Ingo Kailuweit, nannte diese Kostenersparnis kontraproduktiv, weil so deutlich weniger Kinder geboren würden. "Wir sollten nicht die demografische Entwicklung beklagen, sondern aktiv daran etwas ändern", sagte er dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Nach Expertenschätzungen werden in diesem Jahr nur noch rund 10 000 Kinder nach einer künstlichen Befruchtung zur Welt kommen. 2003 waren es noch etwa 16 000 Kinder.
Renate Schmidt kündigte zudem an, dass die SPD und die Bundesregierung sich im kommenden Jahr verstärkt dem Thema demografischer Wandel widmen werden. "Wir müssen anfangen, politische Maßnahmen bevölkerungsorientiert zu überdenken", sagte die Ministerin.