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Wieviele Eizellen dürfen weiterkultiviert werden?

Verfasst: 04 Jan 2010 16:45
von kl.mausi
Hallo,

ich lese immer wieder, das es es möglich ist, mehr als 3 EZ weiterzukultivieren, meine Praxis weigert sich aber, da der gesetzgeber vorgibt, es dürfen max. 3 ez weiterkultiviert werden. jeder weiß aber das die chancen bei 3 ez sehr gering sind, überhaupt blastos zu bekommen. können sie mir da weiterhelfen, welche möglichkeitne gibt es in deutschland?

vielen dank
nicole

Verfasst: 04 Jan 2010 19:56
von marina2
Hallo,
es gibt einige Praxen in Süddeutschland die bis zu 6 EZs weiterkultivieren lassen dürfen, z.B.
Dr. Gagsteiger in Ulm. Deshalb bin ich gleich ins Ausland gegangen, denn die dt. Gesetze sind furchtbar und eindeutig gegen die Frauen *mecker*
lg marina

Verfasst: 07 Jan 2010 11:00
von cruzeiro
Gaggsteiger setzt damit eine durchaus schlüssige Rechtsauffassung von Prof. Taupitz (Uni Mannheim) und Prof. Frommel (Uni Kiel), beides nahmhafte Medizinrechtler um. Leider hat sich die Bundesärztekammer dieser Auffassung nicht anschliessen können, sondern vertrat bislang die Rechtsauffassung der ex-Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne), bzw. deren damaliger Staatssekretärin, Frau Ulrike Riedel. Letztere berät übrigens jetzt die Ethikkommission, vor einigen Monaten hat sie sich als Gegnerin von Babyklappen geoutet, vor wenigen Wochen dann wurde es die offizielle Position des Ethikrates, Babyklappen wieder abzuschaffen.

Wenn in einem Parlament solche wichtigen Fragen letztlich vollkommen ohne Führung jedem selbst überlassen bleiben, so darf man sich nicht wundern, wenn letztlich die Hinterbänkler, Lobbyisten und Staatssekretäre die eigentliche Regierung dieses Landes sind.

Guido Westerwelle hat nun gerade gestern gefordert, das Land solle mehr Mut bei Zukunftstechnologien zeigen, z.B. bei der Gentechnik.

Hier muss nun nur Herr Rössler tätig werden und Position im Sinne seines "Chefs" bekennen, d.h. dass das Gesundheitsministerium sich ab sofort der Rechtsauffassung von Taupitz, Frommel und Günter anschliesst. Dann würde vermutlich auch die Bundesärztekammer ihre Richtlinie ändern und dann wäre das Embryonenschutzgesetz mit seiner berühmt-berüchtigten Dreier-Regel in Deutschland ausgehebelt, de facto ab Kundtuung der geänderten Position des Gesunheitsministeriums würde es in Deutschland sofort mit der Blastozystenkultur aller imprägnierten Eizellen losgehen, kein Zentrum in Deutschland würde sich dem verschliessen können.

Adressat deines Anliegens ist also das Bundesgesundheitsministerium. Dieses steht erstmals seit vielen Jahren jetzt unter Führung der FDP. Hier könnte man mit einem Federstreich eine sehr nutzbringende, praktisch kostenlose Reform durchbringen. Da die FDP an sich damit auch keine ihrer Wählerstimmen verschrecken würde und das eigentliche Gesetz ja gar nicht geändert würde, wäre dies eine gute Gelegenheit das deutsche Embryonenschutzkartell endlich zu zerstören.

Dir wird das leider wohl nicht helfen, aber steter Tropfen hölt den Stein. Und ich hoffe sehr, dass der Bundesgesundheitsminister solche strategischen Zusammenhänge bald blickt, sobald er sich eingearbeitet hat.

Bis dahin bleibt halt nur der Gang ins Ausland. Es ist aber wichtig, sich eine gute Klinik auszusuchen. Die Vor-Untersuchungen sind aber Kassenleistungen, diese also noch in Deutschland durchführen und dann gut vorbereitet ins Ausland.

LG cruzeiro

Verfasst: 09 Jan 2010 14:32
von atonne
Hallo,

wir sind damals extra nach Süddeutschland gefahren, um die Kultivierung von mehreren EZ und damit Blastos zu erreichen. In Berlin traut sich keine PX, offiziell zuzugeben, dass sie das machen, aber das es trotzdem PXen hier gibt, die das machen, weiß ich aus sicheren Quellen.

Leider hat sich dann herausgestellt, dass in dem einzigen Versuch, wo eine Weiterkultivierung von mehreren möglich gewesen wäre, die PX in Süddeutschland sich wegen schlechter Qualität entschieden hat, lieber doch einzufrieren, statt alle vorhandenen bis Tag 3 oder 5 weiterzukultivieren (angeblich zu unserem besten, dabei würde man doch gerade bei schlechter Quali weiterkultivieren und nicht einfrieren :evil:), mit dem Resultat, dass die 2 gefrosteten nicht wieder aufgewacht sind :(.

Außerdem gibt es in D keine PX, die sich traut, Blastos einzufrieren (außer in Notfällen), da das einen Haufen Papierkram bedeutet und sie in Rechtfertigungsnot geraten. Wenn sich also aus 6 befruchteten EZ mehr als 3 Blastos entwickeln, dann werden eben maximal 3 eingesetzt und die restlichen verworfen (ist nicht so unwahrscheinlich, ich hatte mal an Tag 4 aus 4 befruchteten 3 Morulas trotz meines Alters von damals 35, eine Freundin mit 35 Jahren aus 16 befruchteten an Tag 5 insgesamt 9 Blastos, bei jüngeren Frauen ist die Quote ja eher besser).

Aus all diesen Gründen haben wir uns jetzt entschieden, nach Ö zu gehen, da wird konsequent weiterkultiviert, auch wenn nur wenige Embys zur Auswahl stehen, und es können auch Blastos eingefroren werden.

Natürlich hoffe ich, dass sich in D noch mal was bewegt, aber so lange können wir nicht warten, zumal in D dann ja die Technik zum Einfrieren von Blastos noch gar nicht angewendet wird und erst Erfahrung gesammelt werden muss.

Viele Grüße, Atonne

Verfasst: 15 Jan 2010 14:12
von Dr. Eue
Hallo Zusammen,

auch wenn ich jetzt bei einigen Leuten ins Fettnäpfchen treten sollte: der Nutzen der Kultivierung und Selektion von Embryonen bei der Blastozystenkultur wird m.E. oft überschätzt. Die österreichischen Ergebnisse bei der klinischen SS - Rate liegen nur unwesentlich über denen des deutschen DIR. Man darf nicht außer Acht lassen, dass die Abortraten höher sind und sich aus den hohen Stimulationsdosen, die verwendet werden, um viele Eizellen zu generieren oft gravierende Nebenwirkungen ergeben (Überstimulationen, die Langzeitwirkung der hohen Hormondosen ist auch nicht ausreichend untersucht). Eine Blastozystenkultur lohnt sich wirklich nur unter bestimmten Umständen und es gibt einige gute IVF - Zentren in D, die ganz ohne Selektion sehr hohe Schwangerschaftsraten erzielen. Den Streß, der mit einer Reise ins Ausland und der Behandlung dort verbunden ist, kann auch kontraproduktiv sein.

MfG

Dr. Eue

Verfasst: 16 Jan 2010 06:37
von atonne
Sehr geehrte Frau Dr. Eue,

aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass im Ausland (zumindest in Österreich in der Klinik, in der ich bin, ein großes bekanntes Zentrum) nicht höher stimuliert wird als in Deutschland, mein Stimulationsplan sieht sogar eine etwas weniger hohe Dosis als in meinem letzten Versuch in Deutschland vor. Angestrebt werden wegen der Qualiät wie in Deutschland auch 10-12 Eizellen.

Außerdem wird das deutsche DIR aus meiner Sicht dadurch verfälscht, dass in Bayern und Badenwürttemberg viele Praxen - auch ganz offen - Blastozystenselektion betreiben.

Viele Grüße, Atonne