Rebellas Aufklärungstagebuch

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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Heute mal wieder eine neue Meldung von mir in diesem Bereich, die unser Sohn bestimmt gar nicht mit der Samenspende in Verbindung bringen würde. Ich schreibe es hier trotzdem, weil in der gesellschaftlichen Diskussion um die Samenspende immer mal wieder das Thema aufkommt, sollte man das dem Kind "antun"? Auch die organisierten erwachsenen Spenderkinder, die fast alle spät aufgeklärt wurden, diesen Vertrauensbruch erlebt haben und bei denen ich doch immer wieder spüre, dass sie sich in gewisser Weise gegen die Entscheidung ihrer Eltern stemmen, thematisieren das ja, dass ihre Eltern keinen Anspruch gehabt haben sollen, das zu tun.

Wir haben im Urlaub einen Film über das Weltall gesehen und darüber, dass ferne bewohnbare Planeten gesucht werden. Es wurde dort gesagt, wenn man einen solchen Planeten finden würde, müsste ein großes Raumschiff mit vielen Menschen losgeschickt werden und dieses Raumschiff würde erst Generationen später ankommen. Da habe ich gesagt, wenn man das täte, würden die, die in das Raumschiff einsteigen und dann Kinder bekommen, damit deren Kindeskinder eines Tages den fernen Planeten erreichen, ihren Kindern ja zumuten, ein Leben fern von der Erde, unserer Heimat, mit der wir doch fest verwurzelt sind, zu führen. Wäre das nicht den Kindern gegenüber eine Zumutung? - Darauf antwortete unser 16-Jähriger ganz sachlich und emotionslos, Kinder müssten nun mal da leben, wo sie hingeboren werden. Die müssen sich einfach damit abfinden. Das ist nun mal so.

Ich habe seine Aussage wiederum doch auf die DI bezogen. ...
Liebe Grüße, Rebella
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Da ich gerade an einem Dokument zum Thema Abstammungsrecht arbeite, das auf die gesetzliche Entwicklung Einfluss nehmen könnte, habe ich heute mit unserem Ältesten ein kleines Interview geführt. Ich wollte von ihm ein paar Einstellungsfragen wissen.

Zuerst habe ich ihn gefragt, ob er auch der Meinung ist, dass es gesetzlich festgelegt werden sollte, dass Eltern ihre Kinder über die Entstehung per Samenspende rechtzeitig aufklären müssen (Verpflichtung). Da sagte er, das wäre ihm eigentlich egal. Dann fragte ich, da es derzeitig solche politischen Ideen gibt, ob er es unterstützen würde, die Samenspende über eine Adoption zu regeln. Also wenn Papa ihn hätte adoptieren müssen. Da sagte er, auch das wäre ihm absolut egal. Ihm wäre es auch egal, wenn ein Spendername in seiner Geburtsurkunde gestanden hätte. Das ist ihm alles nicht wichtig. Es gäbe für ihn auch viel Wichtigeres.

Im weiteren Gesprächsverlauf habe ich ihm erzählt, dass einige Wunscheltern nach Tschechien fahren, wenn sie mit den Gesetzen in Deutschland nicht zufrieden sind. Und dort wären die Spenden anonym. Mit der Anonymität hätte er ebenfalls kein Problem gehabt, aber plötzlich hatte er die Idee, dass er es nicht gewollt hätte, dass sein Erzeuger ein Tscheche ist. Und er hätte auch plötzlich gern gewusst, aus welchem Land er käme. Ich fragte ihn dann, ob es ein Pole oder ein Franzose hätte sein durfen, oder vielleicht ein Däne? Oder ein Ami? Bei dem Dänen war er sich nicht sicher, aber den Polen und Franzosen wollte er auch nicht. Der Ami wäre o.k. gewesen. - Seine subjektive Beurteilung hängt natürlich damit zusammen, was er mit dem betreffenden Land verbindet. Die Sprache Französisch mag er nicht so gern und den Tschechen und Polen geht es wirtschaftlich nicht so gut wie uns. Der Ami wäre wohl durchgegangen, weil er gern englisch mag und jetzt auch schon das dritte Mal nach Amerika fliegt. Eine gewisse Verbundenheit ist da wohl Ausschlag gebend. Ich vermute, seine Entscheidung hätte auch davon abhängen können, wo es die besten Fußballmannschaften gibt. - Vielleicht ein kleiner Anlass für die, die im Ausland ihre Kinder entstehen lassen, dass sie es ihren Kindern auch von Anfang an beibringen, dieses Land zu lieben. ...

Später erzählte er mir, er wolle mit 18 gern jeden Monat Blut spenden gehen. Das wäre eine schöne Einkunftsquelle. Samen spenden wollte er aber nicht. Er würde seine Kinder lieber bei sich zu Hause haben wollen. Er kann sich aber auch nur vorstellen, dass die Spender aus finanziellen Gründen spenden. warum sollte man sonst soetwas tun? Für ihn wäre eine Spende aus finanziellen Gründen auch bei seinem Spender völlig o.k. und normal gewesen. Ich erzählte ihm dann von der altruistischen Spende. Das konnte er sich schwer vorstellen, aber o.k. Einige Spender sagte ich, spenden auch deshalb, weil sie die Vorstellung schön finden, dass da viele Kinder von ihnen durch die Welt laufen und sie sich nicht um die kümmern müssen. Diese Vorstellung hingegen fand er wiederum seltsam. Er hat mich auch völlig verwirrt angeguckt als ich ihm erzählte, dass ich als Studentin nach dem Mauerfall bei meiner ersten Blutspende danach, für die ich plötzlich 50 DM bekommen sollte, dieses Geld abgelehnt habe. Meine Befangenheit, für eine Blutspende Geld anzunehmen, widersprach völlig seiner Vorstellungswelt. Ebenso komisch hätte er vermutlich auch geguckt, wenn ich ihm erzählt hätte, es gäbe Spender, die das Geld nicht annehmen (habe mal von so einem Fall gelesen). ...
Liebe Grüße, Rebella
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Heute nun habe ich unseren jüngeren Sohn befragt.

Dieser hätte es nicht gut gefunden, wenn Papa ihn hätte adoptieren müssen. Er wäre nicht gern ein adoptiertes Kind. Er meinte ganz von selber - ohne dass ich ihn auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht habe, man könnte ja dafür einen anderen Begriff wählen.

Dass ein Kind nicht mehr seinen Papa als Papa wollte und gegen einen Spender eintauschen wollte, das war für ihn unvorstellbar.

Er wollte aber unbedingt wissen, dass er durch einen Spender entstanden ist. Daher meinte er, ja, dazu sollten die Eltern verpflichtet sein.
Liebe Grüße, Rebella
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enti53
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Beitrag von enti53 »

rebella67 hat geschrieben:.

Dass ein Kind nicht mehr seinen Papa als Papa wollte und gegen einen Spender eintauschen wollte, das war für ihn unvorstellbar.

Er wollte aber unbedingt wissen, dass er durch einen Spender entstanden ist. Daher meinte er, ja, dazu sollten die Eltern verpflichtet sein.
Ich bin gerade über den ersten Satz so gerührt...
Deine Jungs sind eine grosse Quelle der Weishit und Sachlichkeit bezüglich des Themas finde ich. Ich lese Dein Tagebuch sehr gerne. Vielen Dank dafür rebella!
LG Enti53
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Das freut mich, liebe enti. Ich empfinde es auch als sehr wertvoll, zu hören, was sie für Ansichten dazu haben.

Allerdings bin ich mir auch bewusst, dass Menschen individuell sind und durchaus anders denken könnten. Ich weiß auch, dass Mädchen sich häufiger für den Spender interessieren als Jungen. Ich kann deshalb hier auch immer nur eine einseitige Sicht des Kindes präsentieren. (Naja, 2-seitig, da ich ja zwei Kinder habe. :-) )

Ich kenne aber einige andere Familien, insbesondere von unseren Berliner Familientreffen. Da sind die Kinder maximal 10 Jahre alt. Die werden aber auch älter und da ist es doch wirklich spannend, was für unterschiedliche oder auch gleichseitige Ansichten der früh aufgeklärten Kinder, die aus einer Samenspende entstanden sind, dann zutrage treten. Ich bin überzeigt davon, dass das ein ganz anderer Schlag wird als die sehr spät aufgeklärten heute erwachsenen organisierten Menschen aus Samenspende so von sich geben.
Liebe Grüße, Rebella
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Vor ein paar Tagen kam mal wieder das Thema auf. Mein Mann spricht es gern an. Unser Großer ist dann gern genervt, weil er es gar nicht andauernd hören will.

Allerdings äußerte er bei der Gelegenheit, dass er froh ist, nicht Papas Krankheiten haben zu müssen. Er konnte die ja nicht von ihm erben. Er ist also zufrieden, dass es so ist, wie es ist.
Liebe Grüße, Rebella
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Chicoree72
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Beitrag von Chicoree72 »

Interessant zu lesen, dass es Deinem Ältesten wichtig wäre (oder ist) aus welchem Land der Samenspender kommt. Wir haben ein ganz wundervolles Baby aus einer Embryonenspende aus Tschechien. Dein Rat, das Land zu lieben, aus dem der/die Spender/Spenderin kommt/kommen setzen wir schon um. Ich liebe heute noch die tschechischen Kinderfilme, schaue oft Luzie oder die Märchenbraut auf DVD beim Bügeln :-) Und den Maulwurf schauen wir uns auch gerne an. Die Oma meines Mannes war aus CZ, also bestehen Beziehungen. Und wir lieben Prag, waren zusammen 6mal dort (mein Mann in seiner Jugend auch schon 3-4mal). Ganz zu schweigen von der tschechischen Küche. Es fällt uns nicht schwer, ein positives Bild von diesem Land zu vermitteln.
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Das klingt gemütlich, liebe Chicoree. Ja, ich mag auch tschechische Märchen und tschechische Knödel.

Unsere Jungs können wir jedoch weder für Märchen noch für Trickfilme begeistern. Regelmäßige Fahrten in den Wintersport dorthin hätten es gewiss eher getan. Allerdings sind unsere auch da schon mit Österreich und Italien "versaut", weil sie dort mit der Schule hingefahren sind. Als wir einmal im Riesengebirge waren, gefiel es ihnen zwar auch, war nach Ansicht unseres Ältesten aber schon wieder nicht hoch genug. .... - Wir haben ja keine Spende aus Österreich. Wäre es aber so, hätten wir vermutlich unsere Kinder früher dorthin sozialisieren müssen. So, wie ihr das tut. :-)
Liebe Grüße, Rebella
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Nordfräulein
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Beitrag von Nordfräulein »

Ich finde deine Erfahrungen auch sehr interessant, Rebella. :)

Unsere Kinder sind auch durch Samenspende entstanden, da wir in einer homosexuellen Partnerschaft leben, war Verheimlichen nie eine Option. Wir haben von Anfang an damit gelebt und wenn unsere Kinder von Außenstehenden gefragt werden, ob sie denn auch einen Vater haben, antworten sie wahrheitsgemäß und etwas genervt mit ja. Bei uns wird das Thema von Außen immer wieder an unsere Familie heran getragen. Manchmal aus Neugier, manchmal aus Verwirrung, manchmal auch weil man unser Lebensmodell abstoßend findet.
Bisher haben unsere Kinder aus meiner Sicht einen guten Umgang gefunden.

Ende letzten Jahres wurden unsere zwei Ältesten von entfernten Bekannten gefragt, ob sie es nicht schöner fänden, wenn sie eine Mutter und einen Vater hätten, statt zwei Müttern. Unsere Tochter (5) hat kategorisch verneint. Sie fände "es ganz schlimm nur eine Mutter zu haben". Begründung: "Mami kann besser kochen und Mama besser Geschichten erzählen". Und das braucht man schließlich beides.

Unser Sohn (acht Jahre) betrachtet die Sache sehr abgeklärt. Er hätte es auch ok gefunden, wenn seine Eltern ein Mann und Frau gewesen wären. Oder zwei Männer. Er findet, dass man seine Eltern immer lieb hat und er nicht tauschen wollen würde, egal wie es ist. Und Eltern sind die Menschen, die einen lieben und sich um einen kümmern, wenn man noch klein ist. Und da ist es egal wer das macht, ob Mamas, Papas oder beides. Und er hätte nun mal zwei Mütter und das wäre so und sollte auch so bleiben.

Ich bin gespannt, wie sich das Thema beim Großen in der Pubertät verändert (oder auch nicht?).
Die Erfahrungslage zu Kindern in homosexuellen Beziehungen ist zwar grundsätzlich sehr positiv, aber die "erforschte" Generation sind zumeist Kindern, die von einem Partner aus einer früheren heterosexuellen Beziehung mit in die neue Partnerschaft gebracht wurden. Das ist ja doch eine andere Ausgangslage. Ich mache mir zwar keine Sorgen, aber bin gespannt und neugierig, was die Zukunft bringt.
Sie + Sie = Muck *19.07.2007 - Motte *21.01.2011 - Mister *26.09.2013 - Mäusken *02.01.2014 - Osterhäschen *28.03.2016 - Bonuskind *12.2012
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Beitrag von rebella67 »

Nordfräulein hat geschrieben: Ende letzten Jahres wurden unsere zwei Ältesten von entfernten Bekannten gefragt, ob sie es nicht schöner fänden, wenn sie eine Mutter und einen Vater hätten, statt zwei Müttern.
Einige unserer Mitmenschen haben wirklich viel Einfühlungsvermögen, stimmt´s, Nordfräulein? - Aber deine/ eure Kinder sind cool. Ich habe deinen Bericht gern gelesen.
Liebe Grüße, Rebella
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