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Ein ausführlicher Radiobericht über die PID

Verfasst: 31 Mär 2011 10:14
von AnjaG1977
Hallo,

hier ein sehr ausführlicher und meiner Meinung nach gelungener Bericht über die PID, der alle Seiten beleuchtet und zu Wort kommen lässt.

http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/ ... Id=6841118

Gruß
Anja

Verfasst: 31 Mär 2011 23:27
von rebella67
Naja, schon etwas besser.

Allerdings wurde auch hier wieder eine Familie ausgewählt, die kein klassischer Fall für eine PID wäre. Die häufig zu Wort kommende Regine Kolleg, die immer wieder betont, dass ihre ablehnende Haltung aus ihrer Sicht als Biologin käme, ist eine ausgesprochene Kirchenlobbyistin. Und warum zusätzlich ausgerechnet ein Theologe dazu so viel sagt, ist für mich unverständlich. Weil, die Sicht der Theologie soll uns in solchen Fragen, die auch nicht- und andersreligiöse Menschen betreffen, vollkommen schnurz sein. Sie ist unrelevant und hat gar nichts in solchen Sendungen zu suchen.

Verfasst: 01 Apr 2011 10:16
von mijo
Ich finde manchmal darf man auch mal Theologen zu Wort kommen lassen:

"Wir leben in einem säkularen Staat, daher stellt sich die Frage, ob eine christliche Ethik heute für alle Bürger allgemeinverbindliche Vorgaben machen kann. Für jeden einzelnen gilt, dass er auf der Grundlage seines Glaubens und seines Gewissens eine persönlich verantwortete Entscheidung treffen muss. Das staatliche Recht ist nicht auf eine bestimmte Auffassung von christlicher Moral verpflichtet, sondern auf die Einhaltung der Menschenrechte und die Achtung der Menschenwürde. Dazu gehört auch das Recht auf reproduktive Autonomie."

http://www.evangelisch.de/themen/gesell ... enken23953

Verfasst: 01 Apr 2011 22:30
von rebella67
Hi mijo,

beachtlich für evangelisch.de . Muss ich ja sagen. Zu beachten ist, dass dieser Prof. Körtner seine persönliche Meinung sagt, die sehr ehrenwert ist, aber nur von wenigen Menschen geteilt wird, die einen Posten in der evangelischen Kirche haben.

Im Übrigen kann ich mich erinnern, dass mir dieser Mann schon mal positiv aufgefallen ist und dass ich daraufhin einige Male hin und herkorrespondiert habe mit ihm. Ich habe ihm geschrieben, dass wir unsere Kinder dank heterologer IVF haben und dass ich sehr verärgert über den Standpunkt seiner Kirche bin. Ich habe ihm auch meine seitenweise Abhandlung zum Embryonenschutzgesetz geschickt. Zwar hat er darauf dann nicht mehr geantwortet, offenbar hat er es aber verarbeitet.

Verfasst: 01 Apr 2011 23:04
von rebella67
Hi Anja,

ich habe diese Radiosendung inzwischen auf mich wirken lassen und möchte doch noch mal was dazu sagen. Der Vorteil gegenüber der ARD Reportage, die kürzlich ausgestrahlt wurde, war eigentlich nur Prof. Diedrich, der ganz gut rüber kam. Außerdem wurden nicht so viele PID Gegner in der Masse gebracht. Ich hatte hier auch nicht den Eindruck, dass man die Aussage eines PID Befürworters für bestimmte wecke missbraucht hat. Sonst war es aber recht ähnlich.

Eine Sendung, die ein Beispiel von angeblich Betroffenen bringt, das wirklich keine PID haben muss, weckt automatisch Ablehnung auch bei Leuten, die sich noch nicht entschieden haben, ob pro oder contra. Dazu dann noch 2 Kirchenlobbyisten, die ihren Standpunkt gegen die PID, der durchaus christlich begründet ist, mit Scheinargumenten übertünchen - "Nein, nein, ich sage das ja gar nicht als Christ, sondern nur als Mensch, als Biologin, und da darf man mir doch zuhören." - das ist wirklich unter aller Sau.

Interessant in diesem Zusammenhang ist sowas hier: http://www.ttn-institut.de/node/96

Verfasst: 03 Apr 2011 11:01
von cruzeiro
mijo hat geschrieben:Ich finde manchmal darf man auch mal Theologen zu Wort kommen lassen:

"Wir leben in einem säkularen Staat, daher stellt sich die Frage, ob eine christliche Ethik heute für alle Bürger allgemeinverbindliche Vorgaben machen kann. Für jeden einzelnen gilt, dass er auf der Grundlage seines Glaubens und seines Gewissens eine persönlich verantwortete Entscheidung treffen muss. Das staatliche Recht ist nicht auf eine bestimmte Auffassung von christlicher Moral verpflichtet, sondern auf die Einhaltung der Menschenrechte und die Achtung der Menschenwürde. Dazu gehört auch das Recht auf reproduktive Autonomie."

http://www.evangelisch.de/themen/gesell ... enken23953
Genau wegen solcher Menschen in der evangelischen Kirche bin ich auch nicht ausgetreten. Und meine beiden Kinder sind deswegen auch evangelisch - obwohl sie prinzipiell auch katholisch hätten sein können. Obwohl letzteres ja auch schon nicht stimmt, denn die katholische Kirche hat ja selbst da ein Problem ... ...

Verfasst: 03 Apr 2011 13:07
von mijo
Rebella: Ja leider sagt er nur seine persönliche Meinung. Die finde ich für einen Theologen aber schon sehr beachtlich. Viele (zumindest bei denen, die öffentlich auftreten) schaffen es leider nicht, eine so differenzierte Meinung zu formulieren. Ich finde auch in erster Linie, die von mir zitierte Passage sehr wichtig. Diese Selbsterkenntnis der großen Religionen würde mir ja schon vollkommen reichen. Sie brauchen sich nicht für IVF, ICSI, PID & CO aussprechen. Sie sollen sich aber einfach aus Belangen heraushalten, die die gesamte Gesellschaft betreffen. Ich möchte mich keinen Gesetzen unterwerfen müssen, die nicht auf den Grundlagen von Menschenrechten, sondern auf theologischen Grundlagen beruhen. Für sich genommen, können die religiösen Gemeinschaften gerne eigene Regeln aufstellen. Aber in der Gesetzgebung eines säkularen Staates haben DÜRFEN sie einfach kein Mitspracherecht haben.

cruzeiro:
Ich bin auch evangelisch (noch jedenfalls) und beschäftige mich schon seit Jahren immer wieder mit einem Kirchenaustritt. Es ist nicht das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich von dieser Kirche mißverstanden und im Stich gelassen fühlen. Darum hat mich die Position zur IVF ganz besonders interessiert. Und ich muss sagen, dass sie mich noch deutlich mehr enttäuscht, als es die katholische Kirche tut. Der Vatikan bezieht ganz klar Stellung. Von der EKD hingegen bekommt man nur so ein Wischi-Waschi-Geschaffel zu hören. Auf der eine Seite lehnen sie die IVF zwar nicht grundsätzlich ab, aber raten betroffenen Paaren dann doch eher von ab.
Letztendlich hat mich aber ihr massives Einknicken beim Thema "PID" nun in meinem Beschluss bestätigt: Ich werden nun austreten! (mein Kind hätte ich ohnehin nicht taufen lassen, weil ich die Religionsfreiheit für ein wichtiges Grundrecht halten, das ich meinem Kind nicht nehmen möchte)
Auch, wenn die EKD sich nicht konkret gegen die IVF ausspricht, hätte sie mir doch eher von dem Kind in meinem Bauch "abgeraten" und das verursacht für mich einen großen Gewissenskonflikt. Ich kann keiner Gemeinschaft angehören, die mir von der Zeugung meines Kind "abgeraten" hätte.
Bisher habe ich immer auf einen Austritt verzichtet, weil ich auch sehe, dass die EKD in unserem Viertel sehr gute Arbeit im sozialen Bereich leistet und ich das gerne mit meinen Steuergeldern unterstützt habe.
Aber nun geht es nicht mehr nur um mich, sondern um mein Kind! Und da wäre mir eine klare Position wichtig gewesen. Das werde ich auch doch EKD mitteilen, damit sie auch weiß, warum sie ein Mitglied verliert.
So unterschiedlich können die Einschätzungen sein :wink:

Verfasst: 04 Apr 2011 00:21
von rebella67
cruzeiro hat geschrieben:Genau wegen solcher Menschen in der evangelischen Kirche bin ich auch nicht ausgetreten. Und meine beiden Kinder sind deswegen auch evangelisch - obwohl sie prinzipiell auch katholisch hätten sein können. Obwohl letzteres ja auch schon nicht stimmt, denn die katholische Kirche hat ja selbst da ein Problem ... ...
Hi cruzeiro, Prof. Kreß wäre auch noch so ein evangelischer Theologe mit vernünftigen Ansichten. Du kannst diese Leute allerdings mit der Lupe suchen. Und für mich stellt sich die Frage, ob solche Leute in der evangelischen Kirche wirklich zu begrüßen sind. Letztlich werden sie sie nicht umkrempeln, dafür halten sie aber Leute wie dich als Steuerzahler bzw. Finanzierer für die Durchsetzung ganz anderer Ansichten ...

Verfasst: 04 Apr 2011 00:52
von rebella67
mijo hat geschrieben:Sie brauchen sich nicht für IVF, ICSI, PID & CO aussprechen. Sie sollen sich aber einfach aus Belangen heraushalten, die die gesamte Gesellschaft betreffen. Ich möchte mich keinen Gesetzen unterwerfen müssen, die nicht auf den Grundlagen von Menschenrechten, sondern auf theologischen Grundlagen beruhen. Für sich genommen, können die religiösen Gemeinschaften gerne eigene Regeln aufstellen. Aber in der Gesetzgebung eines säkularen Staates haben DÜRFEN sie einfach kein Mitspracherecht haben.
Ganz meine Meinung.
mijo hat geschrieben:Der Vatikan bezieht ganz klar Stellung. Von der EKD hingegen bekommt man nur so ein Wischi-Waschi-Geschaffel zu hören. Auf der eine Seite lehnen sie die IVF zwar nicht grundsätzlich ab, aber raten betroffenen Paaren dann doch eher von ab.
Der von mir o.g. Prof. Hartmut Kreß schreibt dazu in: "Sicht protestantischer Ethik. In: Fuat S. Oduncu/ Katrin Platzer/ Wolfram Henn (Hg.), Der Zugriff auf den Embryo. Ethische, rechtliche und kulturvergleichende Aspekte der Reproduktionsmedizin, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2005, S: 77":

"In den evangelischen Kirchen - den verschiedenen Landeskirchen oder den konfessionell lutherischen Kirchen oder der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) als usammenschluss in der Bundesrepublik - haben sich zahlreiche Stimmen der katholischen Bewertung angeschlossen. Zwar haben sich die Sprecher evangelischer Kirchen die spezifisch katholische Begründung nicht zu Eigen gemacht, die Personwürde des Embryos beruhe auf der Einstiftung einer Geistseele durch Gott zum Zeitpunkt der Befruchtung der Eizelle (theologische Lehre des Kreatianismus). Davon abgesehen sprach der EKD Ratsvorsitzende Manfred Kock aber sogar davon, in der Frage des Embryonenschutzes passe wischen ihn und den Vorsitzenden der katholischen deutschen Bischofskonferenz kein Stück Papier. Wichtig wurde eine EKD-Erklärung vom 22. Mai 2001. Ihr zufolge steht der frühe Embryo unter dem Schutz der Menschenwürde, sodass sich Abwägungen zu Präimplantationsdiagnostik oder embryonaler Stammzellenforschung von selbst verböten. Freilich hat die evangelische Kirche - anders als die katholische Kirche - zur In-vitro-Fertilisation kein förmliches Verbot ausgesprochen. Dies wäre für die evangelische Kirche auch gar nicht vorstellbar, da sie hierfür keine kirchliche oder kirchenrechtliche Befugnis und keine theologische Legitimation besitzt. ..."
mijo hat geschrieben:
Bisher habe ich immer auf einen Austritt verzichtet, weil ich auch sehe, dass die EKD in unserem Viertel sehr gute Arbeit im sozialen Bereich leistet und ich das gerne mit meinen Steuergeldern unterstützt habe.
Wußtest du, mijo, dass nur maximal 5% deiner Kirchensteuern für soziale wecke ausgegeben werden? Die anderen 95% werden dafür genutzt, um den ganzen Kirchenapparat aufrecht zu erhalten und u.a. auch, um gegen PID und Co. u polemisieren. Wenn man bedenkt, dass ja auch Kirchensteuern von der Einkommenssteuer absetzbar sind und man meist mehr als 5% wieder rein bekommt, haben sie im Prinzip überhaupt nichts für soziale Zwecke ausgegeben, sondern der Staat hat noch dazu geschmiert. Wenn du sozialen Zwecken etwas Gutes tun willst, spende lieber direkt dorthin. Das heißt, wenn du bis dato 100 € Kirchensteuer im Monat gezahlt hast, gingen davon 5 € an soziale Projekte. Wenn du keine Kirchensteuer mehr zahlst und vielleicht monatlich 10 € für noch von dir ausgewählte Projekte spendest, hast du denen doppelt so viel Gutes getan.