Umfrage der Zeit zu Social freezing

In diesem Ordner sollen Studien zur Reproduktionsmedizin gesammelt werden.
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Nun habe ich mir die Sendung doch angeschaut, weil ich gern mitreden können wollte.

Und mal ganz echt, ich fand das nicht so schlecht wie einige von euch. Ich meine fast, alle Gäste haben in ihrer Weise Recht. Es ist ganz schwer bzw. unmöglich, da eine Entscheidung treffen zu wollen, wer denn nun der Bu-Mann oder die Bu-Frau ist.

Die beiden Frauen, die ihre Eizellen aus Karrieregründen haben einfrieren lassen, haben eine autonome Entscheidung für sich ganz persönlich getroffen. Sie dürfen dazu stehen und sie durften das tun. - Schade fand ich da einzig die Äußerung, dass es dann doch ganz ohne die Frosties ging, weil ganz entspannt. Aber auch das war ja tatsächlich die persönliche Geschichte dieser Frau und sie muss das für ihre Situation sagen können. (Es war nur dumm für die Sache, weil die weniger in das Thema Involvierten nun wieder sagen, schau, es geht doch auch ohne.)

Dem Zech-Sohn würde ich mal auch sagen wollen, er hat die Sache zu rosa gefärbt. Er hätte auch auf Risiken hinweisen müssen. Die Ärzte verdienen nun mal ein Schweine-Geld damit. Man kann ihn aber auch nicht als skrupellosen Eizellen-Jäger bezeichnen, denn er kennt natürlich ganz viele persönliche Geschichten der Frauen, die ihre Eizellen einfrieren lassen und deren Motive ihn auch überzeugen. Und noch viel mehr kennt er die Geschichten der Frauen, die für eine Eizellspende kommen, weil ihre eigenen Eizellen es eben nicht mehr bringen. Von daher kann man ihm abnehmen, dass er davon überzeugt ist, etwas Gutes zu tun.

Der Mann, der der Sache Kontra gegeben hat und mit gesellschaftlichen Argumenten kam, ist jedoch auch nachvollziehbar. Dieses "social freezing" ist nun mal auch etwas, was sich auf das Verhalten der Menschen auswirkt. Da sollte man genau hinsehen, was passieren kann und sicher auch wird. Denn ich glaube nicht, dass sich alle Frauen von dieser Möglichkeit nicht in ihrem reproduktiven Verhalten beeinflussen lassen werden. Nicht nur die Frauen, die eben noch keinen passenden Mann haben und die, die auch ohne diese Möglichkeit noch nicht mit 30 Mama werden wollten, werden diese Methode nutzen. Auch solche Frauen, die ohne diese Methode schon mit 30 Mama geworden wären, werden nun darüber nachdenken, wie sie ihr Leben angesichts dieser Möglichkeit nun doch anders gestalten wollen. - Und keine von diesen Frauen hat eine Idee davon, was so eine IVF bedeutet. - Das können wir doch hier alle sagen, dass wir alle ganz gern auch auf dem natürlichen Weg schwanger geworden wären. Was bei uns so der letzte Ausweg war, wird für die Frauen von morgen ganz leichtfertig hingenommen.

Ich sehe die möglichen gesellschaftlichen Auswirkungen nicht so schön. Nicht zuletzt deshalb, weil ich ja auch so eine Karriere-Gescheiterte bin. Ich bin froh, dass ich meine Kinder mit 32 bzw. 35 Jahren hatte, aber für mich war dadurch auch die Karriere weg. Und wenn ich das alles so vorher gesehen hätte, vielleicht hätte ich ja doch Eizellen gefrostet. Und sei es nur, weil es doch so viele andere auch tun. - Welche Karriere-Chancen bleiben denn dann den Frauen, die diesen Weg nicht gehen wollen? Da ja schon so viele andere Frauen ihre Karriere abgesichert haben, bleibt denen, die trotzdem in jungen Jahren Mutter werden, doch noch eine viel geringere Chance, später noch mal gutes Geld zu verdienen als es eh schon ist.

Das Ganze ist also von 2 Seiten zu sehen. - Am wenigsten macht es jedoch Sinn, den Frauen irgendwelche Schuld in die Schuhe zu schieben, nur, weil sie das, was nun mal angeboten wird, nutzen wollen.

Gerade auch euch, die ihr nun auf eine Eizellspende zurückgreifen müsst, kann ich gut verstehen, dass ihr sagt, wäre das schön, wenn ich jetzt selbst eingefrorene Eizellen aus meinen jüngeren Jahren hätte.

Letztlich ist es aber ein Dilemma. Und wenn ich eine politische Entscheidung dazu treffen dürfte, würde ich das zwar nicht verbieten, jedoch Anreize dafür schaffen, damit die Frauen, diese Möglichkeit eher nicht nutzen. Der Arbeitsmarkt müsste so beschaffen sein, dass man eben auch als junge oder mittelmäßig junge Mutter wieder gutes Geld verdienen kann, wenn die Kinder mal etwas größer sind.
Liebe Grüße, Rebella
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Und diese Aussage fand ich auch besonders schön:

Nicht unsere Arbeit ist das Wichtigste in unserem Leben. Das Wichtigste ist unsere Familie, unser Privatleben. Arbeit kann sicher erfüllend sein und wir arbeiten dafür, um gut leben zu können. - Was bringt es aber, unser gutes Leben dafür herzugeben, um erstmal für Jahrzehnte nur in unserer Arbeit aufzugehen? Arbeit, die oft so viele überflüssige Dinge schafft, die der Mensch eigentlich nicht braucht, um glücklich zu werden. ... Und die so mancher Frau nicht einmal Zeit lässt, den passenden Mann zu finden, geschweige denn, Kinder aufzuziehen ...(Jetzt werde ich wieder philosophisch.)
Liebe Grüße, Rebella
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Katharinchen
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Beitrag von Katharinchen »

Ich finde, das Thema verändert sich in eine Richtung, die die Firmen so gar nicht verfolgen.

Man muss das auch immer vor dem jeweiligen Hintergrund sehen, den solch ein Angebot hat.

In Amerika ist es so, wenn ich das richtig verstanden habe, dass der AG gerne auch mal den
Kindergartenbeitrag zahlt oder seinen Arbeitnehmern sonstwie unter die Arme greift, um gute
Arbeitskräfte zu halten und an die Firma zu binden, weil die Firma von ihnen profitiert.
Es ist doch toll, wenn so ein Angebot für alle gilt und die Frau, die mit 30 noch nicht den
passenden Partner gefunden hat, unterstützt, indem er das Einfrieren ihrer Eizellen zahlt.

Ich habe es nicht so verstanden, dass die Frauen sich mit der Annahme dieses AG-Angebotes
in irgendeiner Weise verpflichten, eine bestimmte Anzahl von Jahren nicht schwanger zu werden.
Ich sehe das auf der gleichen Ebene wie die Kostenübernahme der Kindergartengebühren für AN,
die bereits Kinder bekommen haben. Darüber wird aber nicht diskutiert.

Welcher AG hier in D setzt sich denn in solchem Maße für die Mitarbeiter ein, um qualifizierte
Leute zu halten? Bei uns herrscht eher die Mentalität vor, dass AN austauschbar sind, wenn sie
zu teuer werden.
Viele liebe Grüße von
Katharinchen
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Kinderwunsch seit 1999
1. Behandlung Juli ´07: negativ
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8. Behandlung November ´09: positiv, MA bei 8+2 :cry:
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10. Behandlung August ´10: negativ
1. Kryo-Behandlung Oktober ´10: P O S I T I V
Geburt bei 38+3
2. Kryo-Behandlung Oktober ´12: negativ
11. Behandlung März ´13: negativ
Abschied vom Wunsch nach einem Geschwisterchen.
Es ist gut so, wie es ist.


Bild


Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht. (Václav Havel, * 05.10.1936; † 18.12.2011)
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Ja, Katharinchen, ich habe auch nach den bisherigen Informationen den Eindruck, dass die US-Firmen da freundlicher zu ihren jungen Mitarbeiterinnen sind. Wobei ich es trotzdem nicht ganz unbefangen sehen kann, wenn das social freezing bezahlt wird. Auch nicht vor dem Hintergrund, dass junge Frauen die Kita-Gebühren gezahlt bekommen.

Aus meiner ganz persönlichen Perspektive wünschtee ich mir einen familienfreundlichen Arbeitgeber, der mich mal aus dem Grund, weil ich ja wegen meiner Kinder eine Karriereknick hatte, mit meiner vor einem Jahr erworbenen und erkämpften neuen Qualifikation auch einstellen würde, obwohl ich darin nun noch keine 2 Jahre Berufserfahrung mitbringe. Also einen, der mir Karriere gescheiterter Akademiker-Mutter endlich mal eine Chance gibt. Das wäre vielleicht sogar noch kostengünstiger als social freezing für die jungen Frauen, die man gern halten will.
Liebe Grüße, Rebella
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sweetlara
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Beitrag von sweetlara »

Hallo rebella,

mir ist nicht klar, wie man nach der Sendung den Eindruck gewinnen kann, da ist ausgewogen dargestellt und diskutiert worden. Der Tagesspiegel hat das gut zusammengefasst: Die Freaks waren am Ende die Frauen. Dass Du das okay fandest, verwundert mich schwer. Kann es sein, dass Du als Betroffene vom Karriereknick durch Kinder Dich schwerer tust, diesen Alternativweg anderer Frauen zu tolerieren?

Ich finde es nicht verwerflich, wenn jemand sich bewußt entscheidet, erst später Eltern zu werden. Ich finde es ebenso okay, wenn man sich dazu einer künstlichen Befruchtung bedient, auch wenn man grundsätzlich die Chance (gehabt) hätte, zu anderen Zeiten auf natürlichem Wege Eltern zu werden. Es ist eine eigene bewußte Entscheidung. Man braucht meines Erachtens keine "guten" (also von mir akzeptierten), sondern nur persönliche Gründe dafür. Und ich finde es ein nettes Angebot, wenn der Arbeitgeber einen dabei unterstützen will. Noch nie haben Frauen so gute Karrierechancen gehabt wie jetzt. Arbeitgeber sind üblicherweise profitorientiert und keine Sozialprojekte, sie tun sich bei Frauen wie Männern schwer, wenn diese familienbedingt ausfallen. Sowas ist nach meiner Erfahrung geschlechterunabhängig ein Karrierehindernis. Mir scheint aber, dass es für einige zuviel Freiheit für die Frauen bedeutet, wenn die sich von einem Fruchtbarkeits-Zeitfenster unabhängig machen können, so wie Männer es schon längst haben - spätestens seit Viagra.

Viele Grüße, Lara
sweetlara
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Beitrag von sweetlara »

Und ergänzend: es ist bei den meisten Karrierepositionen nicht kostengünstiger und erst recht nicht effektiver, in jemand Neues zu investieren, bei dem ggf sogar noch die Bereitschaft zu Mehrarbeit nicht oder nur eingeschrönkt vorhanden ist. In anderen Ländern steigen Frauen deutlich kürzer aus als in Deutschland, auch steigen sie nach der Auszeit schnell in Vollzeit wieder ein. Damit sind die Beschäftigungslücken geringer und die Auszeiten leichter überbrückbar. Ich kenne einige wenige, die es so gehandhabt und damit eine Karriere gemacht haben. Nur - wollen das die Frauen hier? Eine Freundin von mir hat zwei Kinder bekommen und gar keine Elternzeit genommen, sie ist nach dem Mutterschutz sofort in Vollzeit wieder eingestiegen. Das war so ungewöhnlich, es hat große Verwunderung und sehr, sehr viel Unverständnis ausgelöst... Ich kenne aber sehr viele Frauen, die mehrere Jahre ausgestiegen sind und danach in Teilzeit arbeiten wollten. Es mag Karrierepositonen geben, die auch in Teilzeit machbar sind, ich kenne sie aber nicht. Teilzeit heisst Reibungsverlust durch Abstimmung und Übergaben, ggf auch Minderleistung - nichts davon ist für einen Arbeitgeber attraktiv.

Viele Grüße, Lara
free
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Beitrag von free »

rebella67 hat geschrieben:Und diese Aussage fand ich auch besonders schön:

Nicht unsere Arbeit ist das Wichtigste in unserem Leben. Das Wichtigste ist unsere Familie, unser Privatleben. Arbeit kann sicher erfüllend sein und wir arbeiten dafür, um gut leben zu können. - Was bringt es aber, unser gutes Leben dafür herzugeben, um erstmal für Jahrzehnte nur in unserer Arbeit aufzugehen?
ganz einfach, wenn sich mit der zeit scheinbar wie von selbst etwas verändert, hat das mit den aufgaben zu tun, die wir zu bewältigen haben.arbeit bedeutet veränderung und persönlichkeitsentwicklung.nun ist der wohlfühlweg in der familie oder privatleben auch nicht schlecht,denn wer sagt mir,dass ich erfolg mit meiner arbeit haben werde.wenn ich mich wohl fühle,why not?aber ich werde mich dann nicht aufmachen und nach höheren zielen im leben suchen.
Zuletzt geändert von free am 11 Nov 2014 22:59, insgesamt 1-mal geändert.
free
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Beitrag von free »

ich muss gestehen,ich habe es nicht bis zum ende der sendung geschafft.das thema karriere und kinder erschöpft sich aber auch langsam in den medien.
Zuletzt geändert von free am 11 Nov 2014 22:58, insgesamt 1-mal geändert.
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Erst einmal zu deinem ersten Beitrag von gestern Abend, liebe Lara. Sind die beiden Frauen wirklich so schlecht weg gekommen? Für mein Empfinden nicht. Sie haben doch ihre Entscheidung deutlich vertreten. Und das wurde selbst von dem Kritiker des Verfahrens nicht in Frage gestellt. Der hat sich doch vielmehr um die gesellschaftliche Entwicklung gesorgt.

Und wenn man mal diese Arbeitgebervertreterin herausnimmt, die in Bezug auf das social freezing eher neutral war, hatten wir ein Kräfteverhältnisvon 3:1 pro social freezing.
Liebe Grüße, Rebella
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Nun zu den "Karrierepositionen", liebe Lara. Was ist denn unter diesem Begriff zu verstehen? Gilt man denn nur als Karrierefrau, wenn man eine Führungsposition in einem DAX Unternehmen anstrebt? Ist denn nicht auch da Karriere, wo sich eine Frau von der kleinen Sachbearbeiterin in jungen Jahren zur Leiterin der Finanzbuchhaltung in einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen entwickeln will? Und das soll nicht möglich sein, wenn man schon mit Mitte 20 oder 30 Mama wird? Da könnte man doch mit 40 auch wieder Vollzeit arbeiten und hätte noch 27 Jahre bis zur Rente. Für solche Wege jedoch ist in diesem Land kaum Platz, denn mit 40 gilt man gleich als zu alt.
Liebe Grüße, Rebella
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