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Bedeutung der Sperma-Qualität?
Verfasst: 23 Nov 2014 18:21
von Lilja
Hallo Frau Zeitler und gerne auch alle anderen,
wie wichtig ist aus Ihrer Erfahrung heraus die Spermaqualität tatsächlich? Man hört so viele verschiedene Aussagen von Ärzten. Mein letzter KiWu-Arzt sagte, das Sperma wäre völlig egal, es würde sich ja auch ständig neu bilden und es würde nur auf die Eizelle ankommen. Auf die Befruchtungsrate und die Weiterentwicklung der Embryonen habe das Sperma keinen Einfluss. Und Untersuchungen der DNA-Fragmentation wären bedeutungsloser Humbug.
Dann hört man aber von anderen Ärzten bei schlechten Befruchtungsraten oder einem Einbruch der Embryonenentwicklung ab dem dritten Tag die mögliche Erklärung, dass es am Sperma lag, vor allem wenn es sich um TESE-Spermien handelte.
Im Netz findet man Artikel, dass bei Männern mit zunehmendem Alter DNA-Schäden des Spermas zunehmen (z.B.
http://www.t-online.de/eltern/schwanger ... enner.html).
Welche Rolle spielt das Sperma denn tatsächlich? Ist es so wie mein letzter KiWu-Arzt sagt, dass auch ein OAT3-Spermiogramm von älteren Männern völlig für eine ICSI ausreicht und das Behandlungsergebnis einzig an der Eizelle hängt?
Verfasst: 25 Nov 2014 13:05
von kiky71
Hallo Lilja,
Du stellst eine sehr interessante Frage. Um diese Frage kreisen auch seit Wochen meine Gedanken.
Wenn Du meinen Post (ernüchterndes Ergebnis trotz Eizellspende) unter Deinem liest, dann hat die Biologin die Frage eigentlich weitestgehend beantwortet: eigentlich ist am Anfang die Eizelle verantwortlich.
Auch unser Kinderwunsch-Arzt sieht kein Problem bei dem OAT III Sperma meines Mannes (auch schon älter mit 52 Jahren - obwohl er viel jünger aussieht und sehr fit ist, biologisch steckt man nicht drin).
Aber trotzdem stellt sich die Frage: Warum klappt es bei manchen Frauen trotz Eizellspende nicht und dann erst, wenn man auch noch Fremdsperma hinzunimmt.
Vielleicht wäre dies ein Thema im Forum des Eizellspende-Experten, denn die Klinik in Barcelona schreibt viel über den männlichen Faktor.
Viele Grüße Kiky
Verfasst: 26 Nov 2014 18:23
von rebella67
Wenn es nur auf die Eizelle ankäme, bräuchten wir ja keine ICSI. Dann würde es ja auch so jede Samenzelle schaffen können. Und man würde nicht nur jeden 10. Bewerber auf eine Samenspende zulassen. Auch da kommt es sehr auf die Erfolgschancen an.
Vielleicht ist das eher so eine Beruhigungsmaßnahme von Ärzten, dass man sagtr, es kommt ja nicht so sehr darauf an. Weil natürlich viele Männer auch gern noch selbst ihre Gene zu ihrem Kind beisteuern möchten.
Verfasst: 27 Nov 2014 14:10
von Lilja
@Kiky
Vermutlich kann einem niemand diese Frage mit Sicherheit beantworten. Immerhin bekommt man sogar von KiWu-Ärzten ganz verschiedene Aussagen. Gefühlsmäßig würde ich sagen, es kommt immerhin auch 50% der Genetik vom Mann und warum ist es da so sicher, dass jedes Spermium genetisch dazu geeignet ist, ein Kind zu zeugen?
@rebella67
Die Aussagen der Ärzte sind ja speziell auf die Bedeutung der Spermienqualität bei einer ICSI bezogen. Dass es bestimmte Mindest-Parameter beim Spermiogramm benötigt, damit eine Spontanschwangerschaft wahrscheinlich ist, ist klar. Aber wenn man dem Spermium den mühsamen Weg zur Eizelle abnimmt und es direkt in die Eizelle hineinsetzt, dann ist sozusagen von der männlichen Seite her alles geritzt. Wenn es auf diesem Weg auch nicht klappt, dann liegt es nicht am Sperma. So verstehe ich die Meinungen der Ärzte.
Wenn das nur eine Aussage wäre um den fortpflanzungswilligen OAT-Männern den Bauch zu pinseln fände ich das fatal. Es bringt ja nichts einem Paar einzureden, dass das Sperma keine Bedeutung hat, es nur an den Eizellen hängt und eine Eizellspende nahezulegen, wenn das tatsächlich gar nicht der notwendige Weg zu einem leiblichen Kind wäre.
Verfasst: 27 Nov 2014 18:26
von Zil
Hallo,
also das Labor meiner Kiwu-Praxis (in München, groß und gut...) sagte Folgendes: Wenn ab Tag 3 nichts mehr weitergeht, dann liegt es an den Spermien. Das war bei uns nämlich der Fall, und sie konnten sich zuerst nicht erklären, woran es liegt, weil sie die Entzündung übersehen hatten bei meinem Freund. An Tag 3 waren morgens noch 10 gute befruchtete EZ im Rennen, obwohl ich schon 36 war - dann ist fast alles degeneriert, an Tag 5 keine BC, an Tag 6 immerhin noch 2 BC. Da haben wohl meine (alten) EZ noch die Reparatur hinbekommen. Ähnlich hat sich dann der (einzig auf diesem Gebiet interessierte) Androloge in Bonn geäußert.
Das Problem ist ja, dass meist nur Menge, Beweglichkeit und Morpholohie gemacht wird - genau das fließt ja in "OAT" ein. Wenn aber noch etwas anderes dahinter steckt, dann... s.o. Die Basiswerte waren bei meinem Freund sogar so halbwegs in Ordnung, so dass ein paar unqualifizierte Nicht-Fachleute sogar von natürlicher Empfängnis geschwafelt haben. Na, da würde ich heute sicher immer noch drauf warten und weiter denken, es liegt an meinem Alter...
Verfasst: 27 Nov 2014 18:36
von rebella67
Es kommt sicher auch darauf an, was der Einzelne unter Qualität versteht. Auf die Anzahl der Spermien und die Beweglichkeit kommt es bei der ICSI dann wirklich nicht mehr an. Es gibt doch aber auch noch die genetische Komponente. Und keine Ahnung, was evt. noch mit im Spiel ist.
Verfasst: 01 Dez 2014 19:36
von sonjazeitler
Hallo,
beide Gameten, EZ und Spermium, müssen geeignet sein, damit ein entwicklungsfähiger Embryo entstehen kann. Manche Experten sind der Meinung, dass die EZ mit 70% einen größeren Anteil dazu beiträgt, das heißt viele Faktoren (zusätzlich zu den Chromosomen) in der EZ vorhanden sein müssen,
um die Prozesse für eine regelrechte Embryoentwicklung bereit zu stellen.
Die zweite Meinung vertritt eine 50/50 Verteilung und stellt die Bedeutung einer intakten Spermien-DNA
in den Vordergrund. Hohe Werte für die DNA-Fragmentation verschlechtern die Chancen für eine Weiterentwicklung nach der Befruchtung.
Einen gewissen Einfluss auf die Entwicklungsrate haben aber immer auch die Befruchtungsbedingungen und Kulturbedingungen. Daher kann man von dem Ergebnis einer Behandlung meist nicht eindeutig ableiten, ob Einschränkungen auf der EZ- oder Spermien-Seite vorliegen.
Veränderungen in der Lebensführung beider Partner (Ernährung, Stressmanagement, Reduktion von Nikotin...) können manchmal dazu beitragen, die Parameter für die Gameten zu verbessern.
Alles Gute
Sonja Zeitler
Verfasst: 01 Dez 2014 19:43
von Lilja
Hallo Frau Zeitler und alle anderen,
vielen Dank für die Antworten.
Der Arzt im Nachbarforum hat übrigens erst eine ähnliche Frage beantwortet. Er meinte, man weiß, dass etwa 3% der Spermien genetisch nicht in Ordnung sind. Bei Frauen übersteigt die Marke der genetisch nicht intakten Eizellen mit zunehmendem Alter jedoch weit die 50%-Marke. Sinngemäß kann man folgern, dass die Spermien eine sehr, sehr untergeordnete Rolle beim Erfolg einer ICSI spielen und fast alles von den Eizellen abhängt.
Verfasst: 01 Dez 2014 20:33
von Eisbärfrau
Ich hänge mich gerade mal noch an und frage noch mal zum Verständnis:
Bei einem OAT-Spermiogramm sind zunächst mal nur Menge/Beweglichkeit etc. eingeschränkt, weshalb eine natürliche Befruchtung nicht möglich ist.
Ansonsten sagt das OAT erst mal aber nichts über die Genetik des Spermiums aus, also wenn es per ICSI injiziert wird ist es grundsätzlich so gut wie ein schneller Schwimmer wäre??
Oder ist es bei einem OAT-Spermiogramm wahrscheinlich, dass es auch hier (mehr) Einschränkungen gibt bzw. ist dann mit höherer Wahrscheinlichkeit noch mit genetischen Fehlern zu rechnen?
Das interessiert mich nämlich doch sehr...
Liebe Grüße!
Verfasst: 03 Dez 2014 09:53
von Zil
Eisbärfrau hat geschrieben:
Bei einem OAT-Spermiogramm sind zunächst mal nur Menge/Beweglichkeit etc. eingeschränkt, weshalb eine natürliche Befruchtung nicht möglich ist.
--> Genau bzw. die nat. Befruchtung ist halt weniger wahrscheinlich.
Ansonsten sagt das OAT erst mal aber nichts über die Genetik des Spermiums aus, also wenn es per ICSI injiziert wird ist es grundsätzlich so gut wie ein schneller Schwimmer wäre??
--> Ja. Es kann sein, dass aus welchem Grund auch immer eben nur OAT vorliegt. Wobei wenn das T, also fehlgeformt dominiert, dann ist das m.E. am schlechtesten. Menge und Beweglichkeit sind nicht so relevant. Bei ICSI wird ja aber dann versucht, ein gut geformtes Spermium auszusuchen, wobei man halt nicht weiß, wie es innen aussieht.
Oder ist es bei einem OAT-Spermiogramm wahrscheinlich, dass es auch hier (mehr) Einschränkungen gibt bzw. ist dann mit höherer Wahrscheinlichkeit noch mit genetischen Fehlern zu rechnen?
--> Meine Meinung ist: Ja, das ist wahrscheinlich, denn oft hat OAT ja irgendeine Ursache, z.B. Varikozele, Hodenfehllage, Hormone, Genetik, Entzündung, Bakterien, was weiß ich. Und dann ist es nicht sooo unwahrscheinlich, dass z.B. auch die DNA-Fragmentierung recht hoch ist. Ich bin - aus Erfahrung mit unseren ICSIs & Literaturrecherche - eben der Meinung, dass wenn die DNA des Spermiums nicht in Ordnung ist, dass dann auch die Wahrscheinlichkeit bei ICSI sinkt. Da gibt es ja auch Zahlen dazu, wie hoch die DNA-Fragmentierung sein darf, damit es noch halbwegs gut klappt. Ich würde also immer vor Stimulierung der Frau (die sich sowieso leicht Vorwürfe macht, dass es an ihr, ihrem Alter, ihrem Zyklus, der Schleimhaut, an was weiß ich liegt) ein ausführliches SG mit vielen Werten bei einer guten Praxis / einem guten Andrologen machen lassen. Manche Dinge kann man ja behandeln, z.B. Entzündung, Infektion, Varikozele.