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Vorzeitiger LH-Anstieg im Antagonistenprotokoll

Verfasst: 27 Nov 2015 23:27
von Lilja
Hallo Herr Dr. Peet,

in meiner alten KiWu-Praxis musste ich im Antagonistenprotokoll immer ab dem 6. Zyklustag eine ganze Orgalutran zur Unterdrückung des Eisprungs spritzen. Das hatte auch gut funktioniert. Die neue Praxis stellte den Behandlungsplan so um, dass ich erst ab dem 8. Zyklustag eine halbe Orgalutran injizieren sollte. Bei der Kontrolle am 12. Zyklustag waren 10 Follikel zu sehen und ich hatte folgende Blutwerte:
Östradiol 2.310
Progesteron 2,29
LH 28,7
Aufgrund des vorzeitigen LH-Anstiegs wurde ich sofort am nächsten Morgen zur Not-Punktion einbestellt. Es konnten 7 Eizellen gewonnen werden, davon 4 reif. Laut Arzt war die Punktion etwas zu früh, aber man hätte mit einem längeren Abwarten kein Risiko eingehen wollen.

Bei den folgenden ICSIs sah der Behandlungsplan auch wieder erst ab dem 8. Zyklustag eine halbe Orgalutran vor, aber ich sollte nun ab dem 10. Zyklustag auf eine ganze erhöhen. Ein Versuch lief damit auch komplikationslos ab. Bei der darauf folgenden ICSI, wieder mit dem Schema ab dem 8. ZT ½ Orgalutran und ab dem 10. ZT eine ganze, sah man am 12. ZT 7 Follikel und folgende Blutwerte kamen heraus:
Östradiol 1.350
Progesteron 1,41
LH 13,0
Das LH war trotz Orgalutran anscheinend schon am Steigen und es wurde noch am gleichen Tag der Eisprung ausgelöst und zwei Tage später erfolgreich punktiert.

Bei der nächsten ICSI wurde an diesem Schema mit ½ Orgalutran ab dem 8. ZT und einer ganzen ab dem 10. ZT festgehalten. Am 12. Zyklustag waren bei vier Follikeln folgende Blutwerte zu verzeichnen:
Östradiol 945
Progesteron 3,97
LH 20
Der Versuch wurde mit dem Verweis auf den hohen Progesteronwert abgebrochen und es kam nicht zur Punktion. Bei der Kontrolle zwei Tage zuvor waren noch alle Werte in Ordnung gewesen.

Trotz Orgalutran kann es bekanntermaßen in seltenen Fällen zum vorzeitigen Eisprung kommen. Da sich das bei mir aber bereits mehrmals angebahnt hat frage ich mich, an was das liegt und wie die Chancen bei einem eventuellen weiteren Versuch wären. Wie ist Ihre Einschätzung? Wurde der Antagonist zu spät eingesetzt und war die Dosis mit zunächst ½ Spritze zu gering? Oder ist der relativ späte Einsatz des Antagonisten und die eher niedrige Dosierung nicht mehr Schuld, wenn es erst zu einem späteren Zeitpunkt zum LH-Anstieg kommt, zu dem bereits eine ganze Orgalutran gespritzt wird? Oder kann das auch altersbedingt sein (ich bin über 40), dass sich der Eisprung durch den Antagonisten nicht mehr zuverlässig unterdrücken lässt und bei weiteren Versuchen wäre das dann wieder zu erwarten?

Ich würde mich über einen Rat von Ihrer Seite freuen.

Verfasst: 28 Nov 2015 10:03
von Else13
Fand denn trotz hohem LH bzw. Progesteron trotzdem ein Transfer statt? Wenn der vor PU über 1, 5 liegt, sollte man ja ggf. alle befruchteten EZ kryokonservieren. Die Gebärmutterschleimhaut könnte dann nicht mehr rezeptiv sein.

LG

Verfasst: 28 Nov 2015 14:32
von Lilja
Else13 hat geschrieben:Fand denn trotz hohem LH bzw. Progesteron trotzdem ein Transfer statt? Wenn der vor PU über 1, 5 liegt, sollte man ja ggf. alle befruchteten EZ kryokonservieren. Die Gebärmutterschleimhaut könnte dann nicht mehr rezeptiv sein.

LG
Bis auf bei der letzten ICSI, wo wegen dem hohen Progesteronwert schon vor der PU abgebrochen wurde, fand bei den Versuchen mit dem LH-Anstieg ein Transfer statt. Dabei lag einmal das Prog mit 1,41 am Auslösetag unter der magischen Grenze von 1,5. Das andere Mal war es zwar bei 2,29, aber halt einen Tag vor der Not-Punktion, sprich rein rechnerisch bereits einen Tag nach der in diesem Fall fiktiven Auslösespritze. Der Wert von 1,5 gilt wie mir gesagt wurde nur für den Auslösetag selber.

Aber woher kommt die Grenze von 1,5 überhaupt? Wer sagt einem, dass bei einem Wert von 1,41 die Rezeptivität der Gebärmutterschleimhaut noch passt und bei beispielsweise 1,51 nicht mehr? Kann man das für jede Frau so starr festlegen?

Bei beiden Versuchen bekam ich übrigens an PU+3 drei zeitgerechte Embryonen zurück, vier davon in A-Qualität, zwei in B-Qualität. Zu einer Einnistung kam es leider nicht.

Verfasst: 28 Nov 2015 21:33
von Else13
Liebe Lilja,

eine Bekannte, auch Repromedizinerin, zieht bei Progesteron sogar eher 1,2 als Grenzwert heran. Es gibt ein paar Studien, die 1,5 als Grenzwert festlegen, z.B. "Endometrial Receptivity Profile in Patients with Premature Progesterone Elevation on the Day of hCG Administration" und "THE EFFECTS OF ELEVATED SERUM PROGESTERONE LEVEL AT THE DAY OF HCG INJECTION ON CLINICAL OUTCOME IN IVF-ET PATIENTS.". Eine recht neue Studie fokussiert auf den P4-Wert an PU: "Progesterone level at oocyte retrieval predicts in vitro fertilization success in a short-antagonist protocol: a prospective cohort study". Hier wird 12 ng/ml als Grenzwert vorgeschlagen.

Meine Progesteronwerte lagen übrigens auch immer sehr hoch und es gab trotzdem Transfere - ohne Einnistung. Ich vertraue diesen stimulierten Zyklen nicht und mache nach 9 normalen ICSIs mit NC-ICSI weiter - trotz TESE-Spermien.

Verfasst: 29 Nov 2015 16:39
von Dr.Peet
Hallo,
warum 1/2 Orgalutran gegeben wurde, ist mir nicht klar. Die Standarddosis ist 1 Ampulle.
Auch muss ich der "Hexe mit dem Kochtopf" Rechtr geben, die Chancen nmit einem Transfer im gleichen Zyklus waren nicht ganz optimal. Aber sicher haben sich Ihre Ärzte was dabei gedacht.
Peet

Verfasst: 29 Nov 2015 19:33
von Lilja
Hallo Herr Dr. Peet,

vielen Dank für Ihre Antwort.

Das wusste ich nicht, dass die Bedingungen für den Transfer durch das Progesteron nicht optimal waren. Mir wurde immer gesagt, der Grenzwert liegt bei 1,5 am Auslösetag und da war ich bei den Versuchen mit Transfer bisher vermutlich darunter. Meine Ärztin sagt übrigens sogar, dass es Studien gibt, dass bei jüngeren Frauen die Schwangerschaftsrate durch einen hohen Progesteronwert vor der PU deutlich vermindert wird. Bei älteren Frauen mit eh bereits reduzierten Chancen wäre dieser Effekt aber nur noch minimal festzustellen und man würde daher im Zweifelsfall zum Transfer raten.

Meine Praxis gibt den Antagonisten gerne erst relativ spät und ziemlich gering dosiert. Vermutlich um die schon etwas lahmen Eierstöcke bei älteren Damen möglichst lange ohne medikamentöse Beeinträchtigung durch das Orgalutran arbeiten zu lassen. Wenn sich dadurch tatsächlich die mehrmaligen frühzeitigen LH-Anstiege erklären sollten, dann wäre das natürlich sehr ärgerlich.

Liebe Else, auch Dir vielen Dank für die Studien und viel Glück für die geplanten NC-ICSIs.