Fehlgeburten nach IVF: Begleitende Behandlung

Für fachliche repromedizinische Fragen an Herrn Dr. Peet

klein-putz-Kooperationspartner

Moderator: Dr.Peet

Antworten
Claudia_Berlin
Rang0
Rang0
Beiträge: 21
Registriert: 18 Apr 2015 21:23

Fehlgeburten nach IVF: Begleitende Behandlung

Beitrag von Claudia_Berlin »

Lieber Herr Dr. Peet,

ich bin 42 Jahre alt und habe 4 IVF-Behandlungen hinter mir. Ich wurde bei allen schwanger, hatte aber jedes Mal eine Fehlgeburt. Nach der 1. IVF eine Missed Abortion, nach der 2. und 3. IVF biochemische Schwangerschaften.

Obwohl der behandelnde Arzt der Meinung ist, dass es an meinem Alter und den dadurch nicht mehr intakten Eizellen liegt, wurde auf meinen Wunsch eine Gebärmutterspiegelung durchgeführt, die unauffällig war.

Ich wurde auch zu einem Facharzt für Hämostaseologie überwiesen. Es kam heraus, dass ich homozygoter Träger einer PAI-1 Mutation bin (4G/4G) bin, ansonsten keine besonderen Auffälligkeiten. Aufgrund der Mutation und der vorangegangen Fehlgeburten hat der Arzt für die nächste IVF eine Behandlung mit Heparin 3.500 empfohlen.

Er schlug auch vor mein Immunsystem abzulenken und zwar mit Rhophylac 300 (2ml - je 1x eine Woche vor und eine Woche nach dem Transfer) und Tationil (Gluthation) 1-2x Woche.

Mein KiWu-Arzt meinte das hätte er so noch nie gehört (Rhophylac, Tationil), war aber damit einverstanden, nachdem er gegoogelt hat, was das alles genau ist.

Ich habe mir davon nicht allzu viel versprochen und geholfen hat die Behandlung leider tatsächlich nicht, auch die 4. IVF wurde ein Frühabort (biochemische SS). Ich glaube schon, dass der KiWu-Arzt recht hat und es an einfach an den Eizellen liegt.

Haben Sie schon mal gehört, dass Rhophylac eingesetzt wurde? Was halten Sie davon?
Und wie ist es zu bewerten, dass ich bei 4 IVF jedes Mal schwanger werde und immer Fehlgeburten habe? Ist das nicht ein sehr außergewöhnlicher Verlauf, dass ich nie ein Negativ habe?

Vielen Dank für Ihre Einschätzung
Dr.Peet
Praxis für Fertilität - Kinderwunsch
Praxis für Fertilität - Kinderwunsch
Beiträge: 6027
Registriert: 11 Dez 2001 01:00

Beitrag von Dr.Peet »

Hallo,
diese Therapieempfehlung scheint derzeit en vogue bei manchen Transfusionsmedizinern. Ich hatte auch gestern eine Patientin mit dieser Therapieempfehlung. Ich würde mich freuen, wenn eine Studie den Nachweis erbringen könnte, dass das etwas positives bewirkt. Ich bezweifle das!
Wenn auch ebensowenig spekulativ könnte durch eine Endometriumbiopsie um den Einnistungszeitpunkt (ohne Transfer natürlich!) die Konzentration an Killerzellen bemessen lkassen und ggf das Vorliegen einer chronischen Entzündg. Vielleicht kommt man da weiter....
Peet
Disclaimer:
Als Arzt bin ich rechtlich verpflichtet nur allgemeine Informationen zu geben, die das konkrete und individuelle persönliche ärztliche Gespräch nicht ersetzen können. Insofern kann auch keine Haftung für meine Auskünfte gegeben werden. Nach §7 Abs.3 Berufsordnung der Ärztekammer Berlin, darf die individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere Beratung, nicht ausschließlich über Computerkommunikationsnetze durchgeführt werden.
Erster Ansprechpartner für Ihre medizinischen Belange ist Ihr Arzt, Ihr Kinderwunschzentrum.
Dr. Peet gibt Antworten auf Fragen aus seiner persönlichen Fachkenntnis und seiner persönlichen Einschätzung heraus. Seine Antworten erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, gelegentlich sind es auschließlich Meinungen und Eindrücke, die sich auf den betreffenden Fall beziehen.
Claudia_Berlin
Rang0
Rang0
Beiträge: 21
Registriert: 18 Apr 2015 21:23

Beitrag von Claudia_Berlin »

Vielen Dank für die Antwort, Herr Dr. Peet!
Ich habe dazu doch noch Fragen:

Bei meiner Gebärmutterspiegelung wurde eine Endometriumsbiopsie gemacht. Laut Labor wurde ein Wert (ich glaube die Anzahl/Höhe der Leukozyten?) festgestellt, der je nach Studie im Normbereich oder leicht erhöhten Bereich liegt. KiWu-Arzt sah keine Behandlungsbedarf bzw. sagt ich hätte ja als Immunisierung Rhophylac. Reicht das aus?
Müsste eine Killerzellenbestimmung die KiWu-Praxis machen?

Mein Gynäkologe meint, dass ich zusätzlich zu Rhophylac auch Cortison nehmen kann, das könnte mehr bringen. Wie sehen Sie das?

Würden Sie die Fehlgeburten auch eher meinem Alter zuschreiben, auch wenn ich bei jeder IVF schwanger geworden bin?

Vielen Dank für Ihre Antwort...
Levsk280
Rang1
Rang1
Beiträge: 975
Registriert: 28 Aug 2017 13:15

Re: Fehlgeburten nach IVF: Begleitende Behandlung

Beitrag von Levsk280 »

Gibt es mittlerweile mehr Informationen dazu?
Nach 7 TF mit EZ
8. Versuch bei vidafertility. 10.5. Geburt von Zwillingen
DrPeet
Praxis für Fertilität - Kinderwunsch
Praxis für Fertilität - Kinderwunsch
Beiträge: 369
Registriert: 14 Jul 2010 13:10

Re: Fehlgeburten nach IVF: Begleitende Behandlung

Beitrag von DrPeet »

Hallo,
die Killerzellenmessung bringt NIX, da eine Therapie nicht bekannt ist. Diese Cortisonmasche ist eher Unsinn, da einfach "aus der Hüfte geschossen" wird. Rhophylac ist ebenso Unfug.
Plasmazellenbiopsie ist NACHWEISLICH sinnvoll, ERA Test gemeinsam mit EMMA und ALICE aber noch mehr. Leider "glauben" einige ( wenig flexible, nicht innovative) Ärzte nicht daran. S. www. igenomix.com.
Zum 150. mal wegen der Immuntherapie:
Auf der Suche nach möglichen allgemeingültigen Antworten auf die immer wiederkehrenden Fragen nach der Sinnhaftigkeit von Immuntherapien finden sich in der aktuellen Fachliteratur folgende Zusammenfassungen / Empfehlungen:
The role of immunotherapy in in vitro fertilization: a guideline
Practice Committee of the American Society for Reproductive Medicine American Society for Reproductive Medicine, Birmingham, Alabama
(Fertil Steril 2018; 110:387-400. 2018 by American Society for Reproductive Medicine.)
Endergebnis übersetzt (Dr. Peet):
Immuntherapien, die darauf abzielen, die Wahrscheinlichkeit einer Lebendgeburt bei der IVF-Behandlung zu verbessern, haben sich in der Regel als unwirksam erwiesen oder wurden nicht ausreichend untersucht, um endgültige Empfehlungen für ihre Verwendung zu geben.
________________________________________
The role of immunotherapy in in vitro fertilization and recurrent pregnancy loss: 
a systematic review and meta-analysis
Chiara Achilli, M.D., Montserrat Duran-Retamal, M.D., Wael Saab, M.R.C.O.G, Paul Serhal, M.R.C.O.G and Srividya Seshadri, M.D.
Centre for Reproductive and Genetic Health, London, United Kingdom
(Fertil Steril 2018; 110:1089-100. 2018 by American Society for Reproductive Medicine.)
Endergebnis übersetzt (Dr. Peet):
Auf der Grundlage der in unserer Überprüfung vorgelegten Nachweise spielt die Immuntherapie keine Rolle bei der Verbesserung der LBR (Lebendgeburtenrate) bei Frauen, die sich einer IVF mit oder ohne RIF-Vorgeschichte unterziehen.
________________________________________
Immune modulation treatments – where is the evidence?
Malene Meisner Hviid, M.D.a and Nick Macklon, M.D., Ph.D.a,b
a Department of Obstetrics and Gynecology, Zealand University Hospital, Roskilde, Denmark; and b Department of Obstetrics and Gynaecology, University of Southampton, Princess Anne Hospital, Southampton, United Kingdom
Steril 2017; 107:1284-93. 2017 by American Society for Reproductive Medicine.)
Endergebnis übersetzt (Dr. Peet):
Die Auswertung von Studien zur Immunmodulation ist deprimierend. Auf der einen Seite fehlen echte Nachweise für die Wirkung dieser Therapien, zum anderen scheinen gelegentlich kommerzielle Interessen hinter ihnen zu stehen.
Dr. Peet, Juli 2019



Aktuelle Studie:
Immunotherapy for recurrent pregnancy loss: A reappraisal
Dt.: Die Immuntherapie bei Abortus habitualis (immer wiederkehrenden Fehlgeburten): Eine erneute Bestandsaufnahme
Autoren: Genevieve Genest,Walaa Almasri und viele andere
Veröffentlicht in „Fertility and Sterility“ 16.11.2021
Das Endergebnis der Studie unterstreicht die Einschätzung der oben angeführten Studien.
Dr. Peet Januar 2022
Disclaimer:
Als Arzt bin ich rechtlich verpflichtet nur allgemeine Informationen zu geben, die das konkrete und individuelle persönliche ärztliche Gespräch nicht ersetzen können. Insofern kann auch keine Haftung für meine Auskünfte gegeben werden. Nach §7 Abs.3 Berufsordnung der Ärztekammer Berlin, darf die individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere Beratung, nicht ausschließlich über Computerkommunikationsnetze durchgeführt werden.
Erster Ansprechpartner für Ihre medizinischen Belange ist Ihr Arzt, Ihr Kinderwunschzentrum.
Dr. Peet gibt Antworten auf Fragen aus seiner persönlichen Fachkenntnis und seiner persönlichen Einschätzung heraus. Seine Antworten erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, gelegentlich sind es auschließlich Meinungen und Eindrücke, die sich auf den betreffenden Fall beziehen.
Antworten

Zurück zu „Fragen an den Repromediziner“