Meinung eines Reprodocs

Aktionen, (Leser-) Briefe, TV-Beiträge als Downloads, etc.
Stoibinchen
Rang1
Rang1
Beiträge: 313
Registriert: 15 Jun 2002 15:49

Beitrag von Stoibinchen »

Wir haben ja bei uns im Lotten-Forum auch einen Kiwu-Doc, den ich zur Problematik befragt habe. Hier ist seine Antwort:

Im Moment bin ich nicht sicher, was wirklich beschlossen wird. Wenn IVF privat bezahlt werden muß, so fände ich das den Paaren mit niedrigerem Einkommen gegenüber sehr ungerecht. Warum wird jemandem, der sein Leben lang ungesund lebt, Übergewicht hat und raucht, selbstverständlich jede medizinische Behandlung der Folgeschäden bezahlt, Warum werden die Kosten für selbst verschuldete Unfälle (Alkohohl) übernommen.
Ich könnte mir letztendlich ein Modell wie in Österreich vorstellen, wo Staat, Krankenkasse und betroffenes Paar die Kosten jeweils zu einem Drittel übernehmen.
Tschau Silke (mit ICSI-Sohn Raphael und ICSI-Tochter Isabell)
Andreas
Rang4
Rang4
Beiträge: 5391
Registriert: 11 Jul 2001 02:00

Beitrag von Andreas »

Hi,

@ Silke: gute Idee, ich werde mal meine Fühler zu dem ein oder anderen GKV-Bundesverband ausstrecken. Ich befürchte aber, daß den Kassen jede Streichung recht ist.

@ Veronika: unsere Forderung ist die Beibehaltung des status quo und dafür kämpfen wir. Ich bin aber Realist genug, um zu wissen, daß das äußerst schwer wird. Die herrschende Meinung (Bundesärztekammer, CDU/CSU, FDP, Rürup-Kommission etc.) ist, daß Kiwu als KV-fremde Leistung nicht mehr von der GKV bezahlt, sondern aus Steuergeldern finanziert werden soll. Da die Staatskasse leer ist, sieht es auch da düster aus. Für mich wäre es daher ein Erfolg, wenn wir zumindest eine Teifinanzierung erreichen könnten. Modelle wie in Österreich (Fond zahlt 70 %), Frankreich (GKV zahlt 50 % / private Zusatzversicherung für 50 %) etc. wären eine Lösung.

Auf Ärztehonorare und Medispreise haben wir keinen Einfluß.

Frage: hast Du einen Link, wo das F-Modell erklärt wird?

Viele Grüße. Andreas
Benutzeravatar
Knuddelteufel
Rang5
Rang5
Beiträge: 19797
Registriert: 23 Jul 2001 02:00

Beitrag von Knuddelteufel »

Genau......deswegen bin ich der Meinung, wir sollten auch den Politikern appellieren, dass sie sich mal darüber nachdenken sollen, ob es zumutbar ist, weiterhin denjienigen Kranken, die sich da selbst "verschuldet" haben, jede medizinische Behandlungen zu bezahlen? So wie richtig Stoibi geschrieben hat. z.B. Alkoholkranke...
Die Politiker suchen doch nach der Lösung, wie das Geld in die Kasse einfliessen soll oder herkommt -wir wissen, wir haben Schulden in Millionen Höhe in der Kasse und sie streichen einfach unsere Behandlungskosten. Warum denn?
Warum nicht die Streich-Behandlungen für Alkoholkranke und Schwangerschaftsabbrüche? Oder Diät-Kosten, Kuren.....ja warum werden für all selbst Verschuldenen die Kosten übernommen?

Eine Bekannte von mir war vor 2 Monate bei der Kur. Sie kann laufen wie wir alle und könnte mit dem Zug vom Heimatort bis zum Kurort fahren. Was kam aber statt dessen? Sie wurde per Taxi transportiert - eine Strecke von 106 km- und die Kosten trug die Krankenkasse! Bei meiner anderen bekannten war das auch.....und ich frage mich, musste dass ein? Nein, finde ich....

Mein Mann und ich haben ein sehr niedriges Einkommen.....also fände ich nicht fair, schon alleine gegenüber den Besserverdienenen, alleine die Kosten tragen zu müssen.

Das Ö-Modell wäre aber letzendlich die ideale Lösung! Da müssen wir versuchen, das zu erreichen!
Liebs Grüßle von Conny
Bild
Stoibinchen
Rang1
Rang1
Beiträge: 313
Registriert: 15 Jun 2002 15:49

Beitrag von Stoibinchen »

Tja, wie wir wissen, streicht unsere Regierung ja immer an den falschen Ecken. Und erhöht dann die Diäten !!! :evil:
Ein Alkoholiker bringt dem Staat nichts außer Kosten. Wir bringen Rentenzahler und Steuerzahler. Eine Frau, die ihr Kind abtreiben will, wird unterstützt. Ein Paar, was ein Kind haben möchte, diskriminiert.
Vielleicht haben wir ja bei den Kassen Glück. Wir müssen nur genügend andere Streichobjekte vorschlagen.
Tschau Silke (mit ICSI-Sohn Raphael und ICSI-Tochter Isabell)
Benutzeravatar
Knuddelteufel
Rang5
Rang5
Beiträge: 19797
Registriert: 23 Jul 2001 02:00

Beitrag von Knuddelteufel »

Stoibi, voll und ganz deiner Meinung! es ist so ungerecht! :evil:
Uns sind unsere Hände total gebunden und können nix tun, die Politiker machen so, wie sie für richtig halten *motz*....

Abba, vielleicht erreichen wir wenigstens etwas!!!
Liebs Grüßle von Conny
Bild
Benutzeravatar
Veronique
Rang1
Rang1
Beiträge: 907
Registriert: 03 Nov 2001 01:00

Beitrag von Veronique »

:D Hi Andreas!

Hier ein Link der frz. Botschaft (pdf-Datei) zum frz. Krankensystem:

http://www.botschaft-frankreich.de/Port ... sich-a.pdf


Das Wichtigste ist, dass es sich um ein reines Kostenerstattungs-System handelt, d.h. für die meisten kleineren Behandlungen muss der Patient das Geld cash auf den Tisch legen (oder Scheck natürlich), auch für viele ambulante Behandlungen im KKH.
- des weiteren besteht bei vielen, vor allem kleineren Behandlungen und Arztbesuchen, ein Selbstbeteiligung (weiß nicht, wie es bei IVF aussieht), auch bei Medis
- viele Ärzte können die von der staatlichen KV vorgesehenen Pauschalbeträge überschreiten
- Die Differenz und die Selbstbeteiligung zahlt eine private ZusatzKV je nach Vertrag, wenn man (oder der Arbeitgeber) eine derartige abgeschlossen hat.

Größter Unterschied zu Deutschland ist jedoch, dass die frz. Medizin eine sehr bescheidene ist, d.h. die meisten niedergelassenen Ärzte haben nicht mal eine Arzthelferin. Keine protzige Apparatemedizin wie in D; in 10 Jahren dort habe ich bei normalen Gyns nie einen Vaginal-US gesehen o.ähnl.; in D ist das ja recht oft der Fall. Die frz. Ärzte haben mich oft auf die dt. Mediziner angesprochen, von wegen "die kommen immer mit tollen Autos zu internationalen Kongressen".

Ich denke, dass die dt. Mentalität ganz anders ist, viel kinderunfreundlicher; deswegen stehen die KIWU-Behandlungen ganz oben auf der Abschuss-Liste. Die Deutschen sind halt ein aussterbendes Volk.

Wenn das so weiter geht, können wir hier ja im Forum eine Experten-Kommission bilden und die Republik ganz umkrempeln :P .

LG Veronika
Benutzeravatar
Mondschaf
Rang4
Rang4
Beiträge: 8344
Registriert: 08 Dez 2002 18:05

Beitrag von Mondschaf »

Hi allerseits, :D :D :D :D :D

möchte mich auch nochmal äussern. Ich find es nicht so produktiv, wenn sich jetzt die einzelnen "Krankheitsbilder" untereinander beharken. Es gibt sicher auch Menschen, die einen guten Grund hatten, Alkoholiker zu werden. Wär es mir mit 25 eingefallen, dass ich gern ein Kind hätte, hätte ich vielleicht :roll: auch meine aktuellen Probleme nicht.
Sicher hat jede/r von Euch auch mal eine Phase durchgemacht, wo sie ihr Leben vielleicht nicht so gut im Griff hatte.

Ich kann Eure Überlegungen verstehen, weil sie auf der Erkenntnis beruhen, dass das Gesundheitswesen ein Problem hat und irgendwo gespart werden muss.

Die Frage ist aus meiner Sicht aber nicht, ob man den Kinderwünschis oder den Alkoholikern was wegnimmt.

Sondern die Frage sollte sein, wie man durch strukturelle Verbesserungen eine langfristige Kostensenkung erreicht, z.B. durch

- vorgeschrieben Behandlungswege, Vermediung von Fehldiagnosen und überflüssigen Behandlungen
- Senkung der Arzneimittelkosten (in Deutschland teilweise 100% teurer als in anderen Ländern)
- Einbeziehung von Beamten, Selbständigen und Besserverdienenden an der gesetzlichen Krankenversicherung
- Ermöglichung von Leistungsvergleichen für Patienten (in unserem Fall Veröffentlichung des IVF-Registers auf der Ebene der Erfolge einzelner Praxen, so dass Ihr Euch anhand von Fakten die Praxis mit den meisten Erfolgen in Eurer Indikationsgruppe/Altersklasse auswählen könnt) usw.

Ich glaube, dass da die wirklichen Sparpotentiale liegen, allein durch eine Anpassung der Arzneimittelkosten auf das internationale Niveau hätten wir für Jahre kein Problem mit Kosten im Gesundheitsbereich mehr.

Liebe Grüße

Mondschaf
Benutzeravatar
Knuddelteufel
Rang5
Rang5
Beiträge: 19797
Registriert: 23 Jul 2001 02:00

Beitrag von Knuddelteufel »

Hi Mondschaf :D , (*g* was für ein süßer Name)

Sicher, du hast schon recht, man soll sich -gerade jetzt- nicht so über "Krankheiten" streiten, aber ich wollte nur damit auch meinen, man sollte den Politikern zum Nachdenken bewegen, warum sie diese Kiwu-Behandlungen NICHT einfach aus der Kassenleistung herausnehmen sollen!
Und mal eben darüber nachdenken -mal vorsichtig sagen- eine "andere" Kostenleistungen zu streichen wie z.B. unnötige hohe Diät-Kosten oder mehr dazu bewegen, den Alkoholkranken etwas zur Kasse zu bitten usw.

Sicher, das will ich gar nicht bestreiten und sage auch offen, dass ich bisher mehr als nur einmal gehabt habe, mein Leben nicht in den Griff bekommen zu haben -sogar wäre ich heute nicht am Leben!
Und ich habe bestimmt auch öfter mal zu tief ins Glas geschaut. :roll:

Aber ich wollte doch nur bissi appellieren.....ich frage mich nur, warum sie ausgerechnet diese Behandlung ausgesucht haben, um sie zu streichen!

Sondern die Frage sollte sein, wie man durch strukturelle Verbesserungen eine langfristige Kostensenkung erreicht, z.B. durch

- vorgeschrieben Behandlungswege, Vermediung von Fehldiagnosen und überflüssigen Behandlungen
- Senkung der Arzneimittelkosten (in Deutschland teilweise 100% teurer als in anderen Ländern)
- Einbeziehung von Beamten, Selbständigen und Besserverdienenden an der gesetzlichen Krankenversicherung
- Ermöglichung von Leistungsvergleichen für Patienten (in unserem Fall Veröffentlichung des IVF-Registers auf der Ebene der Erfolge einzelner Praxen, so dass Ihr Euch anhand von Fakten die Praxis mit den meisten Erfolgen in Eurer Indikationsgruppe/Altersklasse auswählen könnt) usw.


Diese finde ich sehr gut, aber ob sie sich in die Tat umsetzen läßt ist eine andere Frage, aber schön wär`s ja!

Naja....
Liebs Grüßle von Conny
Bild
suppenhuhn
Rang4
Rang4
Beiträge: 9268
Registriert: 30 Jan 2003 18:33

Beitrag von suppenhuhn »

Hallo,
ich bin Selbstzahlerin; für mich ist das Thema persönlich daher nicht so einschneidend; ich kann mir aber gut vorstellen, welche Bedeutung dies für andere hat. Ich glaube nicht, daß die Ärzte ein Interesse an der Streichung der Kassenleistung haben könnten. Meine 1. ICSI hat ca. 6.500 Euro gekostet. Ich werde mir schwer überlegen, wieviele Versuche ich mache bzw. mir leisten kann. Es werden eine ganze Menge Paare wegfallen, die sich diese Behandlung nicht und schon gar nicht bis zu 4 mal leisten können. Dies können die verbleibenden Paare, die das Geld aufbringen können, sicherlich nicht wettmachen. Wie sollte das auch funktionieren.

Vielleicht wäre es einfach mal den Versuch wert, daß Frauen Ihre KiWu-Docs auf die Problematik ansprechen und mal raushören, wie deren Einstellung dazu ist und ob man die Ärzteschaft nicht irgendwie doch zu einer UNterstützung bewegen kann.
<a href="http://lilypie.com"><img src="http://by.lilypie.com/q4Idp2.png" alt="Lilypie 6. - 18. Ticker" border="0" /></a>
JBB
Rang3
Rang3
Beiträge: 3595
Registriert: 10 Feb 2002 01:00

Beitrag von JBB »

Mondschaf, Du hast vollkommen recht. Wir müssen bei dieser Diskussion aufpassen.

Nach dieser Logik müssten wir auch einem Selbstmörder, der mit Folgesschäden überlebt hat, die Behandlung verweigern. Selbst schuld, Pech gehabt!

Der Eid der Mediziner verpflichtet dazu, Erkrankungen zu heilen. Da kann man NIEMANDEM eine notwendige Behanlung verwehren.

Viel wichtiger wäre es, schon bei der PRÄVENTION anzusetzen. Warum wehrt sich zB Deutschland gegen das EU weite Tabak-Werbeverbot? Erst diese Werbung erlauben und dann sich über die Folgekosten beschweren, komisch :evil:

Ob bei der Gesundheitsreform oder den Kosten für "selbstverschuldete" Krankheiten: Wir müssen die STRUKTUREN ändern, aber dazu sind die Politiker dieser Koalition nicht bereit.

Übrigends: Auch die sinkende Fertilität ist "selbstverschuldet", von uns allen. Wer fährt kein Auto? Wer kauft nur im Bioladen? Wer verbraucht keinen AKW-Strom? Der werfe den ersten Stein :wink:
Antworten

Zurück zu „Gesundheitsreform und Versorgungsstrukturgesetz“