DAK lehnt "nachträgliche" Genehmigung des 3. Versu

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Moderator: RA Wagner

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Anis
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DAK lehnt "nachträgliche" Genehmigung des 3. Versu

Beitrag von Anis »

Hallo Herr Wagner,

im März 2011 wurden uns drei ICSI-Versuche genehmigt. Der erste wurde im Juni 2011 und der zweite im Dezember 2011 durchgeführt. Den dritten Versuch starteten wir im Juni 2012. Nach erfolgtem Embryonentransfer Anfang Juli rief mich die behandelnde Ärztin der Kiwu-Klinik an. Wir hätten ein Problem, da die Genehmigung durch die GKV nach einem Jahr bereits im März 2012 abgelaufen sei.

1. Wir waren darüber nicht informiert. Das Genehmigungsschreiben der GKV vom März 2011 enthält keinen Hinweis auf die zeitliche Befristung.

2. Lediglich der Behandlungsplan, der den Genehmigungsstempel der GKV hat, enthält - wie ich jetzt dem Neuantrag entnehme - die kleingedruckte Bestimmung, dass "bei Änderungen der Behandlungsmethode (...) sowie spätestens nach Ablauf eines Jahres seit Genehmigung (...) ein neuer Behandlungsplan vorzulegen" ist. Der Behandlungplan mit eben diesem Hinweis ist seit März nicht mehr in meinem Besitz, sondern ordnungsgemäß "nach Genehmigung zum Verbleib beim Vertragsarzt".

3. Die KIWU-Klinik hat uns zu keinem Zeitpunkt über die Befristung informiert.
- Wir haben im Juni (also NACH Ablauf der Genehmigung) von der Kiwu-Klinik Kassenrezepte nach §27a SGB V erhalten. Diese haben wir (leider) nicht in einer deutschen Apotheke eingelöst, sondern die Medikamente (wie vorher auch) im Ausland erworben. Wir sind also mit den Medikamentenkosten zu 100% in Vorleistung gegangen...
- Ich habe im Juni meinen ersten Zyklustag für den Beginn der Behandlung durchgegeben. Es erfolgte kein Hinweis.
- Ich habe im Juni die Ultraschall-Ergebnisse durchgegeben. Es erfolgte kein Hinweis.
- Die Follikelpunktion wurde durchgeführt. Es erfolgte kein Hinweis.
- Der Embryonentransfer fand Anfang Juli statt.

Unsere behandelnde Ärztin hat sich daraufhin mit der GKV in Verbindung gesetzt, um das Malheur zu klären, denn die Kiwu-Klinik hat offenbar verschlafen, uns auf die Notwendigkeit eines Neuantrags hinzuweisen. Andernfalls hätten wir natürlich den Versuch nicht gestartet. Die GKV verlangte einen Neuantrag mit Behandlungsplan. Dieser wurde nun abgelehnt mit der Begründung, dass der Behandlungsplan VOR Behandlungsbeginn vorzulegen ist und nicht erst nach Beginn der Behandlung eingereicht werden kann. Ein Widerspruch gegen den Bescheid kann binnen eines Monats eingereicht werden. Die Kiwu-Klinik möchte nun bald Geld sehen und unsere 50 % Erstattung der bislang verauslagten Medikamente haben wir auch noch nicht erhalten...

Meine Frage nun:
- Wer hat hier den Fehler gemacht? Hätten wir selbst die Befristung beachten müssen? Hätte die Kiwu-Klinik uns nicht darauf hinweisen müssen?
- Kann die Kiwu-Klinik uns die Kosten nun privat in Rechnung stellen od. welche Möglichkeit haben wir, diese mit in die Pflicht zu nehmen?
- In welcher Form ist ein Widerspruch einzulegen und wie müsste eine Begründung aussehen?
- Welche Vorgehensweise empfehlen Sie uns?

Eine kleine Information am Rande: Der Versuch war erfolgreich!


Vielen Dank im Voraus für Ihre Hilfe!

Viele Grüße,
Anis
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RA Wagner
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GKV: Jahresfrist für Behandlungsversuche

Beitrag von RA Wagner »

Hallo Anis,

der Behandlungsplan ist gemäß § 27 Abs. 3 S 2 SGB V vor der Behandlung der Krankenkasse zur Genehmigung vorzulegen. Die Genehmigung durch die Kasse ist Voraussetzung des Leistungsanspruchs. Die Voraussetzung, dass die genehmigten Maßnahmen innerhalb eines Jahres umgesetzt werden müssen, ergibt sich aus Ziffer 9.2 letzter Abs. der Richtlinie über künstliche Befruchtung des Gemeinsamen Bundesausschusses. Diese Richtlinie hat Ihre Krankenkasse in Ihrem Genehmigungsbescheid inhaltlich umgesetzt.

Die Genehmigung des Behandlungsplanes ist ein Verwaltungsakt. Gemäß Ihren Angaben wurde Ihnen der Behandlungsplan auch zugestellt. Dass Sie die Genehmigung dann weitergereicht haben, ist für die Frage der Wirksamkeit nicht relevant, da Sie die Möglichkeit hatten ,von den Einzelheiten der Genehmigung Kenntnis zu nehmen.

Nach Ihrer Sachverhaltsdarstellung sehe ich aber auch ein Mitverschulden des Arztes bzw. der Klinik, da für diese erkennbar war, dass die Leistungen nicht mehr über die GKV abzurechnen waren. In welcher Höhe hier eine Abrechnung erfolgen kann (Gebührensatz der GOÄ oder EBM), kann nur anhand des von Ihnen abgeschlossenen Behandlungsvertrages geklärt werden. Mangels vorliegender Unterlagen kann ich hierüber keine Aussage treffen.

Möglicherweise könnte das Problem über einen sogenannten Folge-Behandlungsplan gelöst werden. Gemäß der Richtlinie über künstliche Befruchtung (Ziffer 9.2) ist nämlich Voraussetzung:

„Bei Änderung der Behandlungsmethode gemäß Nummer 10.1 bis 10.5 oder einem Methodenwechsel nach Nummer 8 Absatz 3 sowie spätestens nach Ablauf eines Jahres seit der Genehmigung ist ein Folge-Behandlungsplan (Muster siehe Anlage II) vorzulegen.“

Es muss somit zwischen dem Behandlungsplan (welcher gemäß § 27a Abs. 3 SGB V vor der Behandlung zur Genehmigung eingereicht werden muss) und dem Folge-Behandlungsplan (hier aufgrund des Ablaufes des Jahres) unterschieden werden. Sie könnten somit nach Beantragung eines Folge-Behandlungsplanes versuchen zu argumentieren, dass keine Verpflichtung zur Einreichung des Folge-Behandlungsplanes vor der Behandlung bestand und die im Behandlungsplan bereits genehmigten Maßnahmen nur aufgrund des Zeitablaufes nicht vollständig umgesetzt werden konnten. Leider deutet der in der Richtlinie als Anlage II angefügte Muster-Folgen-Behandlungsplan (Überschrift: Abschnitt II „Geplante Maßnahmen“) daraufhin, dass auch über den Folge-Behandlungsplan nur zukünftige Maßnahmen genehmigt werden. Die Richtlinie selber ist hierzu nicht so eindeutig, so dass man dieses als Argumentation nutzen könnte.

Sie sollten somit vor Ablauf der Widerspruchsfrist klären, ob eine Kostenerstattung über Beantragung eines Folge-Behandlungsplanes erfolgen könnte. Sollte die Krankenkasse auch in diesem Fall eine Kostenübernahme verweigern, dann sollten Sie einen Rechtsanwalt mit der Prüfung der vorliegenden Unterlagen und Formulierung eines Widerspruches beauftragen. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung ist aber durchaus das Risiko gegeben, dass auch der angestrebte Widerspruch abgewiesen wird. Der Widerspruch wäre schriftlich innerhalb der genannten Frist bei der Krankenkasse (siehe Rechtsmittelbelehrung) einzureichen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!

Ihr RA Wagner
Die erteilte Auskunft kann eine Rechtsberatung unter Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht ersetzen. Es handelt sich somit nur um eine vorläufige erste Einschätzung. Für eine verbindliche Rechtsauskunft fragen Sie bitte hierzu einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl. Aktuelle Meldungen und Urteile (News) zum Kinderwunschrecht sowie zu meiner Person unter www.ra-kinderwunschrecht.de
Anis
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Beitrag von Anis »

Hallo Herr Wagner,

vielen Dank für Ihre Einschätzung. Können Sie uns einen Rechtsanwalt im Raum Süddeutschland/Region Stuttgart empfehlen oder würden Sie ggf. selbst ein solches Mandat übernehmen?

Herzlichen Dank und freundliche Grüße

Anis
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RA Wagner
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Widerspruchsverfahren

Beitrag von RA Wagner »

Hallo Anis,

zur Klärung der Einzelheiten bitte ich um telefonische Kontaktaufnahme:

Rechtsanwalt Philipp-Alexander Wagner, GGV Partnerschaft, Tel.: 040 / 36 96 33 68

Ihr RA Wagner
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