Folgen der Reform gefunden in Ärztezeitung zur Info

Aktionen, (Leser-) Briefe, TV-Beiträge als Downloads, etc.
Antworten
Benutzeravatar
Frosch;o)
Rang5
Rang5
Beiträge: 13114
Registriert: 22 Jan 2003 11:19

Folgen der Reform gefunden in Ärztezeitung zur Info

Beitrag von Frosch;o) »

Ärzte Zeitung, 19.11.2004

Reproduktionsmediziner beklagen Folgen der Reform
Seit Januar müssen Paare Kosten einer künstlichen Befruchtung zur Hälfte tragen / "Gesundheitsreform verhindert 10 000 Geburten im Jahr"
HANNOVER (cben). "Die Zahl der Geburten ist im vergangenen Jahr um zehn Prozent zurückgegangen. Und die Folgen der Gesundheitsreform werden diese Marke noch höher treiben", glaubt Georg Wilke, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Reproduktionsmedizinischer Zentren Niedersachsen und Bremen e.V. beim 5. Symposion der deutschen In-Vitro-Fertilisations (IVF)-Zentren in Hannover.
Denn nach dem Gesundheitssystem-Modernisierungs-Gesetz müssen die ungewollt kinderlosen Paare seit Januar 50 Prozent der Kosten einer künstlichen Befruchtung selber zahlen. Die Forderung der Mediziner: Wenn die Politik mehr Kinder in Deutschland haben will, dann müsse sie für ungewollt kinderlose Paare bezahlbare künstliche Befruchtungen ermöglichen.
"1500 Euro kostet eine Einzelbehandlung und damit zu viel für große Bevölkerungsgruppen", kritisiert Wilke, "zudem werden durchschnittlich drei Behandlungen benötigt." Durch diese finanzielle Belastung würden im Jahr bundesweit rund 10 000 Geburten verhindert, etwa so viele wie München in einem Jahr hat. Wolfgang Würfel vom Kinderwunsch Centrum München-Pasing verweist auf die Bedeutung der Reproduktionsmedizin für die Bevölkerungsstruktur. Bei 50 000 Geburten jährlich habe die Reproduktionsmedizin mitgewirkt. Die Politik ignoriere das.
Entschließt sich ein Paar dennoch zur künstlichen Befruchtung, will es die Kosten niedrig halten. Die Frau läßt sich eher drei Embryonen einpflanzen, um eine weitere Behandlung zu sparen. Die Folge: Mehr Mehrlingsschwangerschaften, mehr Komplikationen und höhere Kosten für das Gesundheitssystem.
Die Behandlungszyklen bei gesetzlich versicherten Frauen seien in diesem Jahr um 50 Prozent zurückgegangen, so Klaus Fiedler vom Kinderwunsch Zentrum München. Die 50prozentige Zuzahlung bei der künstlichen Befruchtung sei unhaltbar, sagte Wilke.
Eine Lösung sieht der Reproduktionsmediziner in dem österreichischen Modell. Dort werden die Kosten der künstlichen Befruchtungen gedrittelt: Ein Drittel zahlen die Patienten, ein Drittel die Krankenkassen und ein Drittel wird aus einem Fonds aus Steuermitteln bezahlt.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar:
Ärzte Zeitung, 19.11.2004

KOMMENTAR
Kinderlos? Nicht Ulla Schmidt ist schuld!
Von Florian Staeck
Deutschland vergreist, das Land weist in der EU eine der niedrigsten Geburtenraten auf. Reproduktionsmediziner können und wollen Paaren, die bislang ungewollt kinderlos sind, zu Nachwuchs verhelfen. Sollte der Staat daher die Kosten für künstliche Befruchtung komplett übernehmen, anstatt - wie mit der Gesundheitsreform geschehen - Paaren die Hälfte der Kosten aufzubürden?
Es ist legitim, daß Reproduktionszentren für ihre potentielle Klientel die Härten der Gesundheitsreform gelindert sehen möchten. Doch mit der Argumentation, künstliche Befruchtung müsse als Teil einer aktiven Bevölkerungspolitik verstanden werden, springen die Mediziner unter der Latte durch.
Die Gründe dafür, daß in Deutschland zu wenig Kinder geboren werden, sind vielschichtig. Zwei Trends sind auffällig: Fast 40 Prozent der Akademikerinnen bleiben kinderlos; außerdem sind im EU-Vergleich Familien mit drei und mehr Kindern besonders selten. Beruf und Familie zu vereinbaren, ist für viele Frauen nur möglich, wenn sie Abstriche bei Gehalt und Karriere hinnehmen.
Und: Kinderreiche Familien gehören zu den Gruppen, die am häufigsten von relativer Armut betroffen sind.
Wer Bevölkerungspolitik betreiben will, sollte dort ansetzen - nicht aber bei der Steuerfinanzierung für künstliche Befruchtung.
Zuletzt geändert von Frosch;o) am 15 Dez 2004 08:58, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße von Anja
Benutzeravatar
Frosch;o)
Rang5
Rang5
Beiträge: 13114
Registriert: 22 Jan 2003 11:19

Beitrag von Frosch;o) »

Der Kommentar ist auch aus der Zeitung und nicht von mir.
Liebe Grüße von Anja
Benutzeravatar
Frosch;o)
Rang5
Rang5
Beiträge: 13114
Registriert: 22 Jan 2003 11:19

Beitrag von Frosch;o) »

Ärzte Zeitung, 15.12.2004

Zahl der künstlichen Befruchtungen sinkt deutlich
Hohe Selbstbeteiligung schreckt viele Paare ab
BERLIN (HL). Als Folge der Gesundheitsreform ist die Zahl der künstlichen Befruchtungen in Deutschland in diesem Jahr um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Anders gesagt bedeutet dies: In diesem Jahr werden wegen der Gesundheitsreform etwa 10 000 Kinder weniger geboren.
Dr. Michael Thaele, Vorsitzender des Bundesverbandes Repromedizinischer Zentren fordert deshalb, die hohe Eigenbeteiligung, die mit der Gesundheitsreform eingeführt worden ist, auf ein für die betroffenen Paare zumutbares Ausmaß zurückzunehmen.
Seit dem 1. Januar 2004 haben gesetzlich Versicherte nur noch einen begrenzten Anspruch auf künstliche Befruchtung und müssen sich mit 50 Prozent an den Kosten beteiligen. Vor allem für junge Paare scheinen die Kosten von mehreren tausend Euro so hoch zu sein, daß sie dann ihren Kinderwunsch zurückstellen.
Die Forderung nach einer Gesetzeskorrektur versuchen die Reproduktionsmediziner auch mit bevölkerungspolitischen Argumenten zu untermauern. Die alternde Gesellschaft in Deutschland sei dringend auf Kinder angewiesen. Mit der seit Jahren bei 1,2 Kindern pro Frau konstanten Geburtenrate weist Deutschland ein Geburtendefizit von statistisch 0,9 Kindern je Frau auf.
Zur vollständigen Reproduktion wären 2,1 Kinder nötig. Allerdings: Bei Betrachtung der tatsächlichen Relationen ändert auch alle Assistenz der Reproduktionsmediziner wenig am Kinderdefizit: Als Folge der Einschränkungen bei der Fertilitätstherapie sind 10 000 Kinder weniger geboren worden; das entspricht 1,9 Prozent aller Geburten pro Jahr.
Eine weitere Ursache des Kinderdefizits ist die individuelle Lebensplanung von Paaren und vor allem von berufstätigen hochqualifizierten Frauen. Da sie nach langer Ausbildung oft erst Karriere machen möchten, verschiebt sich der Zeitpunkt für die Familiengründung immer weiter nach hinten. Viele haben dann aber Probleme, schwanger zu werden.
Liebe Grüße von Anja
Antworten

Zurück zu „Gesundheitsreform und Versorgungsstrukturgesetz“