Hamburger Abendblatt Bericht Klage geg. 50 % der Kosten

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ayscha
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Hamburger Abendblatt Bericht Klage geg. 50 % der Kosten

Beitrag von ayscha »

Politik

"10 000 Kinder weniger pro Jahr"
Gesundheitsreform machte die künstliche Befruchtung so teuer, daß sich viele Paare diese nicht mehr leisten können. Jetzt droht eine Klagewelle.

Von Günther Hörbst

Hamburg - Wilhelm Huber* (28) und seine Frau Karin (34) haben nur einen großen Wunsch: ein Kind. Weil der Tischlermeister von Sylt aber auf normalem Weg keinen Nachwuchs zeugen kann, führt das Kinderglück nur über eine künstliche Befruchtung. "Wir haben es schon mehrmals versucht", sagt Wilhelm. "Leider hat es nicht geklappt. Und wegen der Gesundheitsreform werden wir uns jetzt erst mal auch keinen weiteren Versuch leisten können."

Denn mit der Gesundheitsreform wurde vor einem Jahr der Paragraph 27 des Sozialgesetzbuchs V verändert. Paare müssen seither die Hälfte der Behandlungs- und Arzneimittelkosten selbst tragen. "Bei uns waren das für zwei Behandlungen schon 3200 Euro", rechnet Wilhelm Huber vor. "Eine Rechnung über weitere 1800 Euro von der letzten fehlgeschlagenen Behandlung steht noch aus. "

Die Hubers fühlen sich durch die Reform ungerecht behandelt. "Alle werden ungeachtet ihrer finanziellen Lage über einen Kamm geschoren", klagt Huber. "Kinderkriegen wird in diesem Land dadurch zum Privileg der Wohlhabenden."

Das Paar von der Insel will sich das nicht weiter bieten lassen. Über den Berliner Anwalt Udo von Langsdorff haben sie nun eine Klage beim Sozialgericht Schleswig eingereicht. Laut Langsdorff werden dies "mehr als ein Dutzend" weiterer Paare aus dem gesamten Bundesgebiet ebenfalls machen. Der Anwalt rechnet sich gute Chancen aus: "Wir streben letztlich eine Verfassungsklage wegen des Verstoßes gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit und des Rechts auf Familie und Kinder an."

Das Ziel der Kläger-Paare ist es, daß die Regelung wieder eingeführt wird, wie sie vor der Reform gegolten hatte. Damals wurden vier Befruchtungsversuche von der Kasse voll übernommen; jetzt sind es drei, die zur Hälfte selbst getragen werden müssen. Zudem gelten jetzt schärfere Altersgrenzen. Für Frauen ist die künstliche Befruchtung ab 40 Jahren, für Männer ab 50 Jahren nicht mehr erlaubt.

Nicole Atmaca (33) kann diese Bestimmungen einfach nicht nachvollziehen. "Da klagt die Regierung ständig darüber, daß immer weniger Kinder zur Welt kommen, und dann machen sie ein Gesetz, das es Menschen wie mir und meinem Mann Veysel finanziell so gut wie unmöglich macht, Kinder zu bekommen."

Nicole ist vor allem auf die Politik wütend. "Es ist offenbar völlig egal, daß ich und mein Mann Veysel nichts für die Kinderlosigkeit können. Die Spermien von Veysel sind qualitativ nicht gut genug für eine normale Befruchtung", erklärt sie. Wie den beiden Berlinern ergeht es inzwischen jedem siebten Paar in Deutschland. Sie wollen Kinder, können aber keine zeugen.

Deshalb haben sie es im letzten Sommer mit einer künstlichen Befruchtung versucht - vergeblich. Bezahlt haben sie dafür insgesamt 1500 Euro. Dabei hatten die beiden noch Glück. Die Kosten von weiteren 1500 Euro für Medikamente mußten sie nicht aufbringen, weil sie die Arzneien von einer Freundin geschenkt bekommen hatten. Die hatte ihre Behandlung abgebrochen.

Was Paaren wie den Hubers und Atmacas im Kleinen das Lebensglück erschwert, hat nach Ansicht des Bundesverbandes Repromedizinischer Zentren (BRZ) im Großen gravierende Auswirkungen. Knapp ein Jahr nach Start der Gesundheitsreform hat der BRZ darauf hingewiesen, daß durch die Neuregelung 50 Prozent weniger gesetzlich Versicherte eine künstliche Befruchtung in Angriff genommen haben.

In Zahlen ausgedrückt bedeute der Rückgang: In diesem Jahr würden nur durch diese Regelung 10 000 Kinder weniger geboren. "Berücksichtigt man, daß in den letzten Jahren die Geburten immer um 10 000 zurückgegangen sind, ist das im Jahr 2004 eine Verdoppelung. Das ist ein grandioser Flop der Familienpolitik", schimpft der BRZ-Vorsitzende Michael Thaele.

Das Paar aus Berlin ist inzwischen ziemlich verzweifelt. Denn, sagt Nicole Atmaca verbittert, "eine weitere künstliche Befruchtung können wir uns mit unserem Einkommen nicht mehr leisten." Diese Erfahrung müssen viele Paare machen, wie Klaus Rudolf, Leiter des "Fertility Center Hamburg", einer Spezialklinik für künstliche Befruchtung, bestätigt. "Wir verzeichnen in diesem Jahr einen Patienten-Rückgang von 40 Prozent. Viele können das Geld für die Behandlungen einfach nicht aufbringen."

Abhilfe können, soviel ist gewiß, wohl nur die angekündigten Klagen schaffen. Denn eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums erklärte: "Eine Änderung der bestehenden Regelung ist nicht beabsichtigt."

*Name von der Redaktion geändert
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Mäuschen931972
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Registriert: 26 Mai 2004 20:35

Beitrag von Mäuschen931972 »

Hi
ich wünschte mir, das die Politiker wieder ihre Meinung ändern und die Zahlung vollständig für eine künstliche Befruchtung erfolgen kann
Aber das wird bestimmt dauern :(
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