@Dr.Peet: Blastozystenkultivierung

Für fachliche repromedizinische Fragen an Herrn Dr. Peet

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Moderator: Dr.Peet

Balu Bär
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@Dr.Peet: Blastozystenkultivierung

Beitrag von Balu Bär »

Hallo Herr Dr.Peet,

ich habe ein paar Fragen bezgl. Blastozystenkultivierung in Deutschland.

1. Können bzw. dürfen in Deutschland Blastozysten kryokonserviert werden?
2. Wie viele Eizellen dürfen weiterkultiviert werden?
3. Und was geschieht mit dem "Rest"? Können z.B. befruchtete Eizellen 2 Tage nach der Punktion kryokonserviert werden und die anderen werden weiterkultiviert?
4. Wie viele Blastozysten dürfen beim Transfer übertragen werden?
5. Bestehen besondere Risiken (z.B. Schädigungen der Eizellen) bei Blastozystenkultivierung?


Ich hoffe, Sie können mir meine Fragen beantworten. Ich bin etwas verunsichert, weil ich dazu wenig Informationen gefunden habe. Nach einer negativen ICSI möchte ich klären, ob ein weiterer ICSI-Versuch mit Weiterkultivierung bessere Erfolgsaussichten hat.

Vielen Dank für Ihre Mühe!

Balu Bär
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Koenigstigerin
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Beitrag von Koenigstigerin »

Hi,

soweit ich weiß mal die Antworten:
1) Ja, müssen sie sogar wenn sie nicht übertragen werden können, sie dürfen nicht verworfen werden
2) nach der strikten Auslegung der Gesetze dürfen nur 3 weiterkultiviert werden, in BaWü und Bay gibt es aber meines Wissens nach Empfehlungen an die Ärzte so viele weiterzukultivieren, dass man am Ende die gewünschte Anzhl Blastos hat, max. 3 Blastos, macht max. 6 EZ weiterkultivieren (müßtest Du Dich mal hier durchwühlen http://www.klein-putz.net/forum/viewforum.php?f=20)
3) Welcher Rest am Tag 2? Es werden X befruchtete EZ weiterkultiviert (waren mehr befruchtete EZ da werden die sofort kroykonserviert), die sind am Tag 5 bestenfalls Blastos kam es zwischenzeitlich zum Arrest oder so braucht man sie auch nicht mehr einfrieren, die sind doch sowieso kaputt. Sind mehr als 3 Blastos bzw. weiterentwickelte Embryos vorhanden müssen sie laut EschG eingefroren werden und dürfen nicht verworfen werden, müssen also irgendwann transferiert werden oder bis in alle Ewigkeit/Gesetzesänderungen eingefroren werden.
4) maximal 3 befruchtete EZ dürfen transferiert werden, egal welches Stadium sie haben
5) da streiten sich die Geister, aber ob es Schäden gibt die bei kürzerer Kultur nicht auftreten würden und erst durch die längere Kultur auftreten. Aber wird wohl eher nicht angenommen, es kommt halt nur öfters nicht zum TF weil nix mehr da ist was noch lebt. Die Eizelle selbst wird aber ja dadurch nicht mehr oder weniger geschädigt als bei IVF/ICSI generell, höchstens das Embryo könnte Schaden nehmen und da zeigen ja die Studien (altersbereinigt) keine erhöhten Fehlbildungsraten.

Viel Erfolg,
Chrissy
KiWu seit Aug. 2001
2003-2004 2 ICSI und 2 Kryo - neg.
April 2005 BS - Endoherde in Becken & Eierst. entfernt, Eierst. gestichelt
jetzt??? nur ICSI = realistische Chance aber zeitlich kaum organisierbar - spontan im Zyklus vor Synarela ss. :dance:
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peg
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Beitrag von peg »

@königstigerin: sorry, aber m.E. stimmt da einiges nicht, was Du erzählt hast.
Im AUSLAND werden alle EZ weiterkultiviert und dann am Tag 5 dann 2 oder 3 Blastos transferiert. Die übrigen verworfen oder eingefroren.
Aber in BRD dürfen eben nur 3 EZ weiterkultiviert werden. Am Tag 5 werden sie dann transferiert. Optimalerweise sind Blastos daraus geworden oder eben auch nicht. Daher besteht in BRD auch nicht die Möglichkeit, die 2 oder 3 schönsten rauszuselektieren. und hier ist eben der Knackpunkt ob es denn Sinn macht, in BRD Blastos kultivieren zu lassen.
Ausnahme wäre das von Dir erwähnte Weiterkultivieren von bis zu 6 EZ. Aber auch da wäre ja die Selektion der Voteil an der Methode. Aber das steht rechtlich auf wackeligen Füßen.

Bitte um Korrektur, wenn ich falsch informiert sein sollte.
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Gabi1967
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Beitrag von Gabi1967 »

Hallo,

ich mische mich mal auch mit ein :lol:

@peg: Im Ausland (Österreich, Tschechei) dürfen alle Eizellen weiterkultiviert werden bis zur Blastozystenbildung. Eingesetzt werden maximal 3, falls noch Blastos übrig sind werden sie eingefroren.
Das ist aber selten der Fall, da durchschnittlich nur 1/3 der befruchteten Eizellen dieses Stadium erreichen - aber in unserem Ordner ( in einer Praxis in Österreich) haben wir z.B. grad einen aktuellen Fall, bei der 2 Blastos eingesetzt und 4 eingefroren wurden :lol:

In Deutschland (und auch der Schweiz) dürfen maximal 3 EZ weiterkultiviert werden, alle anderen befruchteten EZ müsen am Tag 2 eingefroren werden, da sie in dem Stadium noch nicht als "Embryonen" i.S. des ESchG gelten...
Allerdings sind die Regelungen in Bayern und Baden-Württemberg nicht ganz so streng ausgelegt - hier kann man z.B. auch durchaus als unverheiratetes Paar eine IVF durchführen lassen und muss nicht vor eine Ethikkommission...
Mit der Weiterkultivierung der 3 EZ ist es so, dass die Möglichkeit besteht von den bereits eingefrorenen EZ welche aufzutauen, wenn von den 3en welche auf der Strecke bleiben..
Das würde auch erklären, warum manche Frauen am Transfertag eine Blasto und nen Vielzeller zurückbekommen, der sich weiterentwickelt...
Aber offiziell wird es schwierig sein eine Stellungnahme der Praxen zu bekommen - das müsste immer individuell in der Praxis abgesprochen werden.

@balu bär: Hoffe Dir auch gedient zu haben :)
Ich kann Dir nur mein Beispiel erzählen: Ich war nach 5 fehlgeschlagenen IUI für eine IVF/ICSI in Österreich (weil kostengünstiger und wegen der Blastokultivierung):
Entnommen: 8 EZ, befruchtet 6 - haben sich alle bis Tag 4 prächtig entwickelt, am Tag 5 (Transfer) hatten wir eine EZ im Verschmelzungsstadium und 5 Morulas - heißt, dass alle hinterherhinkten, weil es theoretisch Blastos hätten sein müssen...
Die Blasto und 2 Morulas wurden eingesetzt, die 3 anderen blieben noch einen Tag in der Nährlösung, aber es hat sich nichts mehr getan:
In Deutschland wären 3-4 EZ eingefroren worden, die anderen 2-3 weiterkultiviert worden, die schnellsten am Tag 2 waren übrigens welche von den Morulas..
Heißt wir hätten 1 oder 2 Kryos gehabt - die 1.) nichts gebracht hätten und 2.) zusätzlich Geld gekostet hätten....

Es gibt zwar Diskussionen, dass sich Eizellen in der Gebärmutter wohler fühlen würden wie in der Nährlösung und ein früheres Einsetzen auch sinnvoll wäre - darum setzen viele Praxen bereits nach 2/3 Tagen ein.

Du kannst Dir nun selber überlegen, was für Dich sinnvoll ist - kommt auch drauf an, was Du beim ersten Versuch für eine "Ausbeute" hattest...
Bei 3,4 EZ ist die Blastokultivierung nicht sonderlich sinnvoll - bei ICSI gibt es auch das Risiko, dass sich ein paar Eizellen nicht befruchten lassen, weil kaputte Spermien erwischt wurden (war bei 2en meiner EZ so)...

Google mal mit "Blastozystenkultur", dann kommt z.B.
http://www.ivf-giessen.de/blastozystenkultur.html
http://www.wunschkinder.net/infosammlun ... entransfer

Liebe Grüße
Gabi
Liebe Grüße,

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KiWu seit 07/03, insgesamt 5 IUI´s bei BBN in München und 4 IVF´s bei Dr.Zajc in Salzburg
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Mit der 4.IVF ist das Glück bei uns eingezogen!

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Koenigstigerin
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Beitrag von Koenigstigerin »

@Peg im Februar diesen Jahres galt noch folgendes:

Das deutsche Embryonenschutzgesetz besagt in der ursprünglichen Form, dass nur 3 Zellen befruchtet und kultiviert werden dürfen (enge Auslegung des deutschen Embryonenschutzgesetz). Die liberale Auslegung des deutschen Embryonenschutzgesetzes besagt, daß man soviel Eizellen befruchten kann, wie zur Erzeugung von 3 Embryonen notwendig sind. Dies bedeutet, dass bis zu sechs Embryonen in der Kultur belassen werden können. Diese Auffassung wird derzeit von der bayerischen Landesärztekammer als auch von der baden-württembergischen Ärztekammer weitgehend unter Straffreiheit gesetzt (siehe Ausführungen von der Strafrechtlerin Professor Monika Frommel aus Kiel). Somit erscheint es derzeit in Bayern und in Baden-Württemberg möglich, bis zu sechs Embryonen zu kultivieren und daraus die Besten für den Transfer auszuwählen. Die Annahme, daß man in Deutschland demzufolge nur drei Zellen kultivieren darf, ist gemäß dieser Auffassung irrtümlich und auch nicht sinnvoll. Die Praxis erlaubt derzeit die Kultivierung bis zu sechs Embryonen. Die restlichen befruchteten Eizellen werden dann im sogenannten PN-Stadium (1-Tages-Embryonen oder befruchtete Eizellen) kryokonserviert.

Ich habe das Thema nicht weiter verfolgt und kenne die aktuelle Stellungnahme der Landesärztekammern in BaWü und Bay dazu nicht. Sollte sich aber nichts geändert haben ist es für Ärzten in BaWü und Bay straffrei bis zu 6 Embryos weiterzukultivieren und dann die schönsten ausszusuchen, wogegen Du recht hast, dass es in der restlichen BRD vermutlich strafbar ist. Die rechtliche Lage ist hier also äußerst wacklig wie du schon sagtest.
Ob es jetzt ein Vorteil ist nur 3 oder 6 oder alle befruchteten EZ weiterzukultivieren? Die SS-Raten je Stimu-Versuch steigen ja nicht wirklich, jedenfalls gab es hierzu mal Studien die die Länder verglichen haben und da war D absolut vorne mit dabei. Man darf sich also streiten ob es was bringt und muß am Ende auf sein Gefühl hören womit man besser leben kann.


Gabi, zur Blastokultur hatte ich ja schon geschrieben und ansonsten kann ich Dir nur zustimmen.

Viele Grüße,
Chrissy
Balu Bär
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Beitrag von Balu Bär »

@ Chrissy, Peg, Gabi
Danke für Eure Informationen! Ich schaue mir die Links gleich mal an. Ich bin in einer KiWu-Klinik in Baden-Württemberg, also werde ich den Arzt mal konkret darauf ansprechen.
Was ich mich jetzt noch frage: Wenn es wirklich möglich ist, bis zu 6EZ weiter zu kultivieren und dann die besten auszusuchen, ist das nicht die bessere Alternative? Würden die Zellen, die sich nicht weiter kultivieren lassen, auch bei einem TF nach 2 Tagen sowieso absterben? Damit wäre doch ein unnötiger Versuch erspart geblieben, oder?

Was passiert eigentlich mit den Blastos, die eingefroren werden. Werden diese zerstört, wenn sie nicht mehr zum TF kommen? Für einen späteren Versuch könnten sie ja noch genommen werden.

Danke und LG
Balu Bär
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coco36
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Beitrag von coco36 »

Hallo Balu Bär,

wenn ich richtig informiert bin, dürfen Blastos nicht verworfen werden, da es sich hierbei bereits um Embryonen i.S. des ESchG handelt.
Liebe Grüße

Claudia
---------

20.11.2008 - aus dem Bauch direkt in´s Herz -
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Koenigstigerin
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Beitrag von Koenigstigerin »

stimme Coco voll und ganz zu.

Alles was sich übers PN-Stadium entwickelt hat darf nciht mehr verworfen werden, es muß also bis in alle Ewigkeit eingeforen werden oder irgendwann transferiert werrden, es sei denn es kommt zu einer Gesetzesänderung.
Die Ironie: Du dürftest einen Blasto nie verwerfen, ihn aber bei erfolgreichem TF ggf. abtreiben.

Ja, frag mal Deine Docs wie sie mit den neuen Richtlinien umgehen, kann aber sein, dass sie sich da sehr schwammig ausdrücken werden, denn es gibt ja so "nette" Politiker die gegen die liberale Auslegung vorgehen wollen und alle verklagen wollen die danach handeln. :roll:

Viel Erfolg,
Chrissy
KiWu seit Aug. 2001
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April 2005 BS - Endoherde in Becken & Eierst. entfernt, Eierst. gestichelt
jetzt??? nur ICSI = realistische Chance aber zeitlich kaum organisierbar - spontan im Zyklus vor Synarela ss. :dance:
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peg
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Beitrag von peg »

Ok, so hatte ich das auch verstanden.

@königstigerin: in Deinem 1. Posting hörte es sich so an, als wenn auch in BRD alle EZ bis zu Blastos weiterkultiviert werden könnten. und dann eben tranferiert oder eingefroren werden müßten. Aber so ist das ja nicht. Es kann nur eine beschränkte Anzahl (3 bis evtl 6) zu Blastos kultiviert werden.
Das war evtl mißverständlich.
Dr.Peet
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Beitrag von Dr.Peet »

1. Können bzw. dürfen in Deutschland Blastozysten kryokonserviert werden? -------- eigentlich nicht. Nur im Notfall.-------------
2. Wie viele Eizellen dürfen weiterkultiviert werden? ---------soviele wie als Embryo transferiert werden sollen---------------
3. Und was geschieht mit dem "Rest"? Können z.B. befruchtete Eizellen 2 Tage nach der Punktion kryokonserviert werden und die anderen werden weiterkultiviert? ---Kryokonservierung der befr. EZ am 1.Tag nach Befruchtg.--------------------
4. Wie viele Blastozysten dürfen beim Transfer übertragen werden? ---------Bis zu 3-------------
5. Bestehen besondere Risiken (z.B. Schädigungen der Eizellen) bei Blastozystenkultivierung? -----------Nun, einige Embryonen mögen die Kulturlösungen nicht und entwickeln sich nicht zur Blastozyste-------------


Ich hoffe, Sie können mir meine Fragen beantworten. Ich bin etwas verunsichert, weil ich dazu wenig Informationen gefunden habe. Nach einer negativen ICSI möchte ich klären, ob ein weiterer ICSI-Versuch mit Weiterkultivierung bessere Erfolgsaussichten hat. -----------in Deutschlan nicht!-------------
--------Dr.Peet-------------
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Dr. Peet gibt Antworten auf Fragen aus seiner persönlichen Fachkenntnis und seiner persönlichen Einschätzung heraus. Seine Antworten erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, gelegentlich sind es auschließlich Meinungen und Eindrücke, die sich auf den betreffenden Fall beziehen.
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