Trauer frisst mich noch auf...

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Randia
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Trauer frisst mich noch auf...

Beitrag von Randia »

Heute ist wieder so ein Tag, an dem ich mit Trauer erfüllt bin.
8 Jahre Kinderwunsch. 1 FG nach normalem GV. 5x ICSI (2 FG).
Ich habe immer noch den selben Mann, dessen Spermien-Guthaben (ich nenn es mal so) bei 5% liegt.
Auf der Arbeit werden meine Kolleginnen schwanger wie am Fließband. Die Schwangerschaften überschneiden sich sogar. Die eine hat ihr Kind noch im Bauch, da wird die nächste schwanger. 4 Schwangerschaften in diesem Jahr.
Ich habe das Gefühl, das macht mich alles kaputt. Ich kann nicht mehr!
Mein Leben wird immer stärker bestimmt von dem Kinderwunsch. Ich kriege den Gedanken nicht mehr aus meinem Kopf. Kaum ein Tag, an dem ich nicht an meinen unerfüllten Kinderwunsch denke. Die Kolleginnen geben mir den Rest.
Immer öfter frage ich mich jetzt nach dem Sinn meines Daseins. Immer öfter halte ich mir mein Leben vor Augen und erkenne, dass ich nur auf der Stelle trete. Das macht mich soooo leer und traurig.
Ich weiß nicht mehr, wie ich mir selbst helfen kann. Ich weiß es nicht mehr...
Ich bin 34 Jahre und ich fühle mich überreif und unvollkommen zugleich. Man wird immer älter und das Leben plätschert so vor sich hin und nichts passiert. Außer Enttäuschungen.
Ich habe auch solche Angst. Ich habe Angst vor meinem Leben. Und ich denke, wenn ich immer trauriger werde, werde ich niemals ein Kind bekommen. Denn alles hängt doch auch von einer gesunden Psyche ab. Aber es ist wie ein Strudel, der mich in sich hinein zieht und mich einfach nicht los lässt.
Das alles merkt man mir im Alltag nicht an. Aber es ist in mir drin.
Ich überlege, ob ich eine Therapie anfangen sollte. Soweit ist es nun schon...

Randia
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bani1976
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Beitrag von bani1976 »

Oh Randia, ich kann dir gut nachfühlen.
Die Therapie wird dir bestimmt helfen.

Ich war auch mal so am Boden. Dann war meine Schwester schwanger. Ich durfte bei der Geburt meiner Nichte dabei sein. Wunderbar. Ich bin jetzt die beste Tante der Welt. Von da an, fand ich das andere schwanger werden und Kinder bekommen nicht mehr so schlimm, denn die Kleine ist mein halbes Kindchen.

Ich wünsch dir alles Gute. Probier das mal aus mit der Therapie. Vielleicht hilft dir auch ein Heilpraktiker? Die können dann eventuell noch schlechte Umgebungsfaktoren und körperlich einige Tipps geben.

Sei ganz lieb geknuddelt

Nicole
Papagena
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Beitrag von Papagena »

Ach Randia, so Tage gibt es immer wieder....
Man ist ganz tief unten, alle Wunden brechen wieder auf.... Wie viele Wunden wurden einem zugefügt auf dem langen, beschwerlichen Weg, wie viele werden niemals wirklich heilen.
Man denkt, alles wäre mit einem mal gut, wenn endlich diese erlösende Schwangerschaft eintreten würde, man endlich dieses Baby im Arm halten würde, das alles heilen würde.
Bei mir sind es erst vier Jahre, noch keine acht. Wenn mir jetzt jemand sagen, würde, es würde nochmal so lange bis zu dem erlösenden Tag dauern, ich würde sagen, dass ich das nicht aushalten würde. Wenn mir am Anfang meines Weges jemand gesagt hätte, dass er mindestens vier Jahre dauern würde, hätte ich das gleiche gesagt.
Aber so setzt man einen Fuß vor den anderen, durchlebt einen Tag nach dem anderen dieser unsagbar schweren Zeit. Irgendwann glaubt man, sich arrangiert zu haben. Man sieht wieder Licht, doch wären da nicht diese dunklen, dunklen Tage...
Ich erinnere mich an den Anfang meiner Kinderwunschzeit, an die ersten Negativs, bei denen ich glaubte, sterben zu müssen. Ich lebe immer noch, habe aufgehört, die Male zu zählen, bei denen ich einen kleinen Tod gestorben bin. Wahrscheinlich leitet mich immer noch die Hoffnung, die mal ganz stark ist und mich euphorisch stimmt, dann wieder ganz blass und mich in die Dunkelheit führt.

Du schreibst von den zahlreichen Schwangerschaftsmeldungen! Ich kann es dir so nachempfinden. Auch in meinem Umfeld ist eine Schwangeschaftsepedemie ausgebrochen- nur ich selbst bin wohl immer noch immun dagegen. Jede dieser Meldungen tat so weh... der berühmte Schlag in die Magengrube ist nichts dagegen. Erst letzte Woche wurde mir wieder ein freudiges Ereignis im Mai angekündigt- und stürzte mich in eine Krise.
Ich habe hier von einer Frau gelesen, die die Gürtelrose bekommen hat, als sie von der SS ihrer besten Freundin erfahren hat. Das hört sich krass an, aber ich bin auch jedesmal so getroffen von diesen Nachrichten, dass ich auch fürchte, krank zu werden.
Ich bin nicht neidisch. Diese Nachrichten steigern nur meine Trauer und meine Sehnsucht jedesmal ins Unermessliche und führen mir mein eigenes "Unvermögen" vor Augen.

Nun neigt sich das Jahr wieder dem Ende zu. Ein Jahr, auf das ich mit meinem Mann als "unser Babyjahr" angestossen habe. Wie auch schon einige Jahre davor...

Ich weiß nicht, ob es jemals aufhören wird, weh zu tun. Ich weiß nur, dass wir lernen müssen, mit diesen dunklen Tagen umzugehen, sie nie so ganz dunkel werden zu lassen. Und dann bekommen wir vielleicht das schönste Geschenk, das wir uns wünschen- weil wir bereit dafür sind. Und dann ist vielleicht nicht alles, aber doch ganz vieles heil und gut.

Ich kann dir durch meine Worte nicht helfen, sondern nur zeigen, dass du nicht alleine mit deinen Empfindungen bist- und das tut manchmal auch schon gut.....

Ich wünsche dir von Herzen alles Gute, viele helle Tage....
Papagena
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Macchiata
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Beitrag von Macchiata »

............und in solcher Zeit ist alles noch viel schlimmer, und selbst der Gang zum Weihnachtsmarkt ist irgendwie traurig :( Überall glückliche Kinder und Familien.... :help:

Sehr schön geschrieben, Papagena :knuddel:


Ich würde Dir auch, liebe Randia, eine Therapie empfehlen, warum nicht? Verlieren kannst Du ja nichts, nur gewinnen. Und selbst, wenn Du einfach nur redest und redest, diese Menschen sind dafür da, und man sollte es auch nutzen, um wieder ein bisschen mehr Lebensqualität zu bekommen.

Viel Glück :knuddel:



Macchiata
Viele liebe Grüsse von Macc!!!


.....und der Kaffeefamilie:

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Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen.
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo,

trotz meiner eigenen Trauer-und Verlustgefühle sehe ich nicht nur glückliche Familien und Kinder im Gegenteil.

Ich erinnere mich noch sehr sehr gut an meine eigene Kindheit und die Gefühle die übergwiegend schön waren aber auch an die Realität mit Problemen, Stress und Überforderung und an manches womit wir unsere Erziehungsberechtigten "gequält" haben..worüber ich als Erwachsene im nachhinein schmunzeln muss.

Es gibt auch ziemlich oft Eltern mit diesen alles-egal-Momenten in der Öffentlichkeit...sollen doch die anderen auch mal aufpassen - Kinder haben angeblich Schutzengel.

Als Publikum oder unfreiwillig mit Einbezogener in Restaurants, Zügen oder auf der Strasse bekommt man das schon mit, wenn man sich angesichts der Situation unfreiwilig um fremde Kinder sorgen muss und dann fragend in Richtung erschöpfter süss-sauer-lächelnder- kann-nicht mehr-egal- Elterngesichter blickt und sich überlegt ob man jetzt Schuld ist wenn man sich trotzdem raushält..( was ich bisher immer gemacht habe )


Klar hätte ich gerne die Chance gehabt auch das Elternsein mit Höhen und Tiefen und allen Herausforderungen des Alltags zu erleben und hätte mir das auch zugetraut, ich hätte auch gern Dinge weitergegeben und beigebracht und gerne geteilt...aber nur Glücklichsein und eitel Sonnenschein bei anderen sehe ich da nicht.
Ähnlich idealistisch denken viele Eltern über kinderlose Paare, die nur romantisch seien, interessante Freizeit mit Kultur und oft Abends ausgehen, schick anziehen hätten.. und immer nur Urlaub, natürlich nur teure Fernreisen machen würden..weniger Lebens-Sorgen da weniger Veranwtortung hätten..

Wer trotz der Trauer, wie ich noch ein wenig (Galgen-)Humor hat, dem hilft evtl. dies ein wenig, wobei die Texte und Videos ( die mir letzte Zeit zufällig auffielen)ja nicht ernst, sondern eher mit Augenzwinkern gemeint sind:

aus einer witzigen Alltagsgeschichtensammlung ( immer absichtlich übertrieben) z.B Folge 8:

Text: "Nichts gegen Kinder — Mark Spörrle kümmert sich im Restaurant um die lieben Kleinen"
http://www.zeit.de/leben/der_herd/index
Vidos:
..lässiger Björn-Borg-Typ-Papi mit goldigem, hübschen Sohn beim Einkaufen..mit ironischem Anarchoende..da Verhütungswerbung ( habe ich in abgeschwächter Form tatsächlich schon öfter erlebt.. ) :wink:


Lars Ruppe erklärt mit Slam-Poetry künstlerisch das (sein?) Vaterdasein im Youtubevideo sehr schön:
Papagena
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Beitrag von Papagena »

Hallo Gast,

auch ich sehe nicht nur glückliche Familien, sondern auch eine ganze Menge Probleme: gescheiterete Beziehungen, Aufrechterhalten einer Fassade eben wegen der Kinder, nachlassende Partnerschaft durch die Kinder, kleine, alltägliche Sorgen, Kinder, die tierisch nerven bis hin zu den wirklich großen Problemen wie Armut und Krankheit.

Mir hat es auf meinem Weg geholfen, die Dinge von einer anderen Seite zu beleuchten und dadurch Abstand zu gewinnen. Abstand der für mich sehr heilend war.


Trotzdem denke ich, wenn ich eine junge Familie sehe oder von einer Schwangerschaft höre nicht daran, sondern spühre den Stachel in meiner Seele. Ich wünsche mir, mit meinem Mann Eltern zu sein, ich wünsche mir nichts sehnlicher als ein Kind!!! Die möglichen Probleme der anderen sind die eine Seite, doch das, was mich nunmal direkt betrifft die andere....

Ich weiß genau, wie manche Mütter über uns Kinderlose urteilen, insbesondere dann, wenn sie meinen, wir würden vermeindlich "cooler" über so manche Sache hinweggehen. "Die hat ja noch nie am Bett eines kranken Kindes gesessen..." ist nur ein Beispiel.

Nein, ich habe noch nicht am Bett meines kranken Kindes gesessen, aber ich habe schon so viel um mein Kind gelitten, wie man sich nur vorstellen kann...

Liebe Grüße, Papagena
Gast

Beitrag von Gast »

Ich bin der Meinung, dass Leute die das Erleben ihrer Lebenssituation mit einem Kind, so derart exklusiv überhöhen in Bezug auf andere Leute und somit unterstellen, dass jeder der das nicht selbst erlebt hat, nichts davon nachvollziehen könne, ein ganz anderes Problem hat.

Wenn das so wäre, könnte niemand durch Bücher, Geschichten und Filme, Gedichte usw..von existentiellen Themen..berührt werden, wenn er das alles niemals selbst erlebt hätte.

Dann müssten z.B Männer und Frauen die noch nie Fehlgeburten oder schweres körperliches Leid erlebt haben, völlig verständnislos und gefühllos vor den Bildern Frida Kahlos stehen.
Sie hat ihre Biographie ( schwerer Unfall und Fehlgeburten)und ihr Erleben in ihrer Kunst eindringlich zum Ausdruck gebracht.

Es geht bei solcher Mutti-Selbstdarstellung sicher auch nicht um primär um Liebe, denn meiner Meinung nach spricht niemand so über Liebe zu anderen Menschen indem er seine Mutter-Gefühle zu anderen ins Verhältnis setzt.

Es geht hier um diese Aufopferungsrolle und sicher auch die Ängste um das geliebte Kind, denen man als Eltern wohl lebenslang ausgesetzt ist.

Natürlich erinnere mich noch selbst, dass meine Mutter abends an mein Bett kam, die Bettdecke um meinen Füsse drumherumklappte, damit ich nicht friere, wie sie, wenn ich an hohem Fieber und eitriger Angina litt, immer wieder die ganze Nacht ans Bett kam, mir neue Wadenwickel machte, Tee brachte , kalte Tücher auf die Stirn legte, mit tröstlichen Geschichten von hitzig kämpfenden Fiebermännchen in meinem Körper erzählte, mir sogar Zeichnungen dazu machte.. ...ich war doch selbst dabei, wir sind doch fast alle so geprägt und hätten das doch gern etwas weitergegeben an ein Kind, ausserdem haben sich ein paar andere ( auch männliche Wesen) auch sehr gekümmert und gesorgt..nicht nur meine Mutter exklusiv und "alleinbesitzend.." alleinwissend...

Das Mutter- und Elterndasein wird sicher nicht von solchen sendungsbewussten Exklusiv-Müttern neu erfunden - niemand wird abstreiten, dass ein Selbsterleben niemals das Gleiche sein kann, das gilt aber auch schon für 2 verschiedene Mütter, die eine schaut ständig nach, ob das Baby noch atmet, die andere macht sich sehr wenig Sorgen..raucht während und nach der SS..usw..
Dass alle anderen keinerlei Ansatz von Ahnung hätten ... ist arroganter Nonsens..

Ich vermute hinter diesem vorwurfsvollen Selbstdarstellen gegenüber anderen eher den Sinn, dass sich jemand profilieren will, entweder um sich selbst zu trösten wegen der forderden Situation, oder um sich abzuheben von anderen..hat aber mit der intimen tiefen Liebe und Verantwortung für ein eigenes Kind sicher nichts zu tun...das gibt es in vielen Gesellschaftgruppen in denen Stereotype und Klischees zur Profilierung und Abgrenzung dienen.

Es geht mit auch sicher nicht darum, meine eigenes Betroffensein in einen Konkreten Bezug zu bringen, wie das solche Mütter machen.
Es ist nur mein Versuch und sicher auch meine Warnung , von der unerfüllten Sehnsucht nach einem Kind mit seinem Partner, nicht in eine Überidealisierung zu verfallen weder von sich selbst aus noch sich von solche Überidealisierungen mancher Mütter zu sehr beeindrucken zu lassen.
( es gibt ja leider auch noch einige Mütter, die ihr Kind dem Vater völlig entziehen ihn also real nachträglich kinderlos machen, sicher oft noch schlimmer, als für uns.. )

Es ist wichtig bei aller Tiefe und Sensibilität nicht den Realitätsbezug, den Boden unter den Füßen zu verlieren und das was wir sonst noch haben im Leben zu übersehen oder zu wenig wertzuschätzen.


Ich finde es auch tröstlich mich an Kinderlose in Märchen und Mythen in der Gesellschaft zu erinnern, wenn in der Öffentlichkeit leider so oft gehetzt und diffamiert wird.
Mich tröstet z.B auch das Bild von Philemon und Baucis (sicher keine egoistischen Yuppies, sondern trotz Armut gastfreundlich..zu Gästen die sonst keiner haben will..) - keine Rede von Kindern --- aber etwas bleibt nach dem gemeinsamen Tod des alten Paares sichtbar ...eine Eiche und eine Linde...

Ein Buch hat mir sehr geholfen, es wurde vor kurzem wieder neu aufgelegt, beschreibt auch die gesellschaftlichen Zusammenhänge und Prägungen, Mythen, Erwartungen beim Kinderwunsch - hilft beim mit den Füssen fest auf dem Boden bleiben.



Verlagsinfo:
Die Erfahrung, keine Kinder zu bekommen, ist lebensprägend. Wie mit ihr umgegangen, wie sie verkraftet und ins Leben integriert werden kann, das alles hängt entscheidend davon ab, ob die Bedeutung des Kinderwunsches auf einer tieferen Ebene fassbar wird.

Ausgehend von der seelischen Entwicklung des Kinderwunsches zeichnet Zeller-Steinbrich die individuellen und gesellschaftlichen Wege und Irrwege dieses Wunsches nach

Neue, befriedigende Perspektiven für ein Leben ohne Kinder ergeben sich dann, wenn der persönliche Wunsch nach einem Kind mit seinen Gründen und Hintergründen verstanden werden kann. Diese Überzeugung leitete Gisela Zeller-Steinbrich beim Schreiben und wird auch durch die Forschung bestätigt.

»Das Buch von Gisela Zeller-Steinbrich ist sehr anregend und mit zutiefst menschlichen Gefühlen geschrieben. Es kann aufs Wärmste empfohlen werden.«
(Raymond Battegay, Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie)

»Es werden die offenen und versteckten Ängste kinderloser Paare aufgegriffen.«
(Joachim Werner, Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik)
Papagena
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Beitrag von Papagena »

Hallo Gast,
ich unterschreibe vieles von dem, was du auf sehr intelligente und differenzierte Art und Weise schreibst!

Man merkt, dass du einen sehr entscheidenden Prozess durchlebt hast, der vielen von uns -auch mir- noch fehlt. Ich hoffe für mich selbst, dass ich, falls es so sein sollte und ich mich von dem Wunsch nach einem Kind verabschieden müsste, leren, so zu denken wie du.
Wie gesagt, zur Zeit kann ich das noch nicht- vielleicht deshalb, weil ich wieder ganz konkret an einen neuen Versuch denke.
Aber trotzdem, hast du wirklich das Gefühl, ich stehe diesbezüglich nicht mit den Füßen auf dem Boden? Das erstaunt mich. Ich für mich denke, dass ich durchaus in gewissem Maße desillusioniert bin, was so manches in Bezug auf Kinbder und Kinderwunsch angeht. Trotz allem kann ich miach doch nicht von meiner Sehnsucht befreien, das ginge doch nicht wirklich konkruent mit meiner weiteren Behandlung?!
Ich gebe zu, dass ich mich von so manchen Sprüchen so mancher "Muttis" immer noch insofern beeindrucken lasse, dass mich verletzen lasse. Das hat aber mehr mit mir selbst zu tun, als mit diesen Frauen, deren "Schwäche" ich natürlich auch erkenne.

Wenn es auch so aussieht, habe ich nicht das Gefühl oder das Bedürfnis, mich rechtfertigen zu müssen. Ich finde die Meinungen, die hier im Ordner zum Tragen kamen, sehr interessant und durchaus hilfreich. Deshalb habe ich nochmal geantwortet....

Liebe Grüße, Papagena
Mymla04
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Beitrag von Mymla04 »

Hallo Gast

Toll, was du geschrieben hast. Ich finde meine eigenen Gedanken und Gefühle sehr darin wieder. Schön zu sehen, dass andere auch so ähnlich denken.

Dass wir überhaupt noch denken können in unserem Elend, ist nicht immer so selbstverständlich. Manchmal tut es einfach nur weh.

Mir geht es auch so, dass ich es hilfreich finde, von Leuten - im wirklichen Leben oder in Büchern- zu hören, die durch solche Schwierigkeiten und Kummer, wie wir sie jetzt haben, auch durch mussten, die kinderlos blieben aus Gründen, die sicher oft auch sehr unfreiwillig und schmerzlich für sie waren - und viele hatten zumindest früher gar nicht die Optionen, die wir heute haben, oder sie hatten vielleicht nicht den richtigen Partner, oder das Geld fehlte, oder... sie mussten auch auf ihre Weise damit fertig werden. Wenn jemand das schafft, ohne zu verbittern, ... also vor solchen Leuten habe ich sehr sehr grossen Respekt .
Ich finde es auch sehr hilfreich, auch von kinderlos Gebliebenen zu wissen, die nicht bewusst "nur" freiwillig die Karriere vorgezogen haben, sondern die auch einen unerfüllten Lebenswunsch nach Kindern akzeptieren mussten und ihre Würde dabei behalten haben. Oft ist das im wirklichen Leben eben ein Tabuthema, darum fehlen uns auch diese positiven Vorbilder, es bleiben dann, als vermeintlich einzige richtig gute Möglichkeit für Frauen, ihr Leben sinnvoll zu leben, die Prototyp-Super-Mamis, die ihre Rolle auch sehr oft selbst noch idealisieren.

Nach Philemon und Baucis werd ich mal wieder in der Bibliothek /im Web suchen, tönt schön.

Genau das von dir erwähnte Buch von G. Zeller- Steinbrech lese ich auch gerade und kann es nur empfehlen. Auch bei mir hat es einiges in Bewegung gesetzt bzw. ich fand etwas von der Einstellung darin wieder, die ich wohl gesucht habe. (Hatte eine Radiosendung darüber gehört.)

Auch mein Mann hat damit angefangen. - Bei mir war zuerst spontan ein Widerstand gegen die Schilderung der möglichen psychologischen Hintergründe da, ich wollte auf keinen Fall hören, dass ich meinen Kinderwunsch hinterfragen solle. "Was soll das bringen", dachte ich, "davon werde ich auch nicht schwanger" -etwas übertrieben jetzt, aber so in der Art. Ich wollte auch nicht hören, dass psychische Zusammenhänge eben eine grosse Rolle beim Kiwu spielen, hatte Angst, dass die Autorin damit nur sagen will, dass ich mit meinen Zweifeln mir selber vor einer Schwangerschaft stehen würde, also quasi selber schuld sei. Oder dass ich vielleicht nicht reif sei für ein Kind. (Dass ich nicht so sicher bin, wie reif ich wirklich bin, steht auf einem andern Blatt (-; - aber ich liesse mir das ungern von jemand Aussenstehendem sagen und glaube auch nicht wirklich, dass solche Zweifel und Überlegungen bei mir wirklich schuld daran sein könnten, dass es nicht klappt.) So war ich also anfangs eher skeptisch dem Buch gegenüber. Habe aber weitergelesen und das ganze Buch in ein paar Stunden überflogen (lese jetzt nochmals langsamer von vorn :) )

Beim Weiterlesen hat sich meine Haltung dann geändert, und ich habe meine schon vorher der Repromedizin gegenüber kritische Haltung (zumindest für mich/uns, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt - wer weiss, ob ich dabei bleibe) eher bestärkt bekommen. Ich habe den Widerstand, das Psychische zu hinterfragen, ziemlich ablegen können, und sehe es jetzt weniger so, dass es darum geht, dass ich selber schuld sein soll, sondern es geht darum, mir darüber klarer zu werden, was ich mir eigentlich vom Schwangersein und Mutter sein erhoffe, ob ich vielleicht zum Teil damit nur eigene Lücken zu schliessen versuche oder mich von dem ablenken möchte, was bei mir selber ungeklärt ist. Und ich denke auch jetzt wirklich, dass es fast eine Voraussetzung dafür wäre eine gute Mutter sein zu können, wenn man es nicht mit allen Mitteln will. Das Glück lässt sich nicht erzwingen. Man kann sich ja z. B. auch nur schwer mit Gewalt verlieben ... Ein Kind ist für mich einfach ein Wunder, ein Glück, aber das beinhaltet irgendwie, dass man es nicht MACHEN kann. Ist schwierig auszudrücken.

Es sieht so aus, als wären wir ein bisschen vom Thema abgekommen- aber eigentlich glaub ich doch nicht.
Randia, du hast ja über deine Trauer geschrieben. Ich kenne diese auch, auch wenn ich noch nicht acht Jahre auf ein Kind warte. Das muss schon sehr schlimm sein. Aber ich bin bereits ein Jahr älter als du, und ich kenne auch deine Gedanken, dass es bei all der Trauer und Verzweiflung ja immer weniger klappen kann. Ich habe übrigens auch schon über eine Therapie nachgedacht. Finde das auch überhaupt nichts Abwegiges und es ist im guten Fall sicher sehr hilfreich. Selber denke ich, dass es durchaus helfen kann, sich der traurigen Möglichkeit zu stellen, dass wir vielleicht nie ein eigenes Kind haben werden. Das ist hart und traurig, und selber bin ich auch noch nicht so weit. Ich merke aber, dass es mir eher hilft, realistisch zu sein. Die Bodenhaftung zu behalten, wie "Gast" schrieb.

So, habe noch etwas anderes zu tun :oops:

Liebe Grüsse

Mymla
Zuletzt geändert von Mymla04 am 14 Dez 2006 14:01, insgesamt 1-mal geändert.
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Papagena,

erst mal Danke für deine netten Worte. *dd*

Der Punkt Rechtfertigung für den Kinderwunsch den sehe ich für mich ganz zentral nämlich:
Bloß niemals rechtfertigen dafür !

Dieses freiwillig wünschen und anstreben zu dürfen gehört für mich zum aufgeklärten und humanitären Menschenbild dazu..
und das ist sicher nicht ahängig von Fortpflanzungshindernissen..oder Moralvosrstellungen anderer Leute wie z.B von Leuten, die vorgeben, für selbstbestimmtes Leben z.B Behinderter zu kämpfen und daher meinen, sie könnten allen anderen zynisch ( bei der Namensgebung)vorschreiben, was die nach deren Moral-Dogmen zu wollen sollen hätten, oder katholische Priester, die selbstbestimmt selber keine Kinder für sich vorsehen..usw..ebenso sehe ich aber auch für jeden das Menschen-Recht sich keine Kinder zu wünschen oder zeugen zu müssen.


Allen die solches fordern bringe ich in diesem Punkt völlige Abscheu und Ablehnung rational und emotional, persönlich und politisch.. entgegen.

Was man da alles zu hören und lesen bekommt - rhetorisch-populistisch v. Politikern (man fordere beim Staat oder der KK ein Recht auf ein Kind anstatt auf Behandlung im Sinne von medizinscher Chance) pathologisiert v. Psychologen oder diffamiert von Philosophen und "Ethiker" wie zuletzt Matthias Kettner oder blöden Feministinnen und Gentechnikgegnern ( Kiwu zwischen Botox und Brust-OP-Lifestyle und Frankenstein-designer-kind)..und all die Sprüche von privater Seite - das Letzte.

Das nicht-mit- den- Füßen- auf- dem -Boden- stehen kenne ich von mir und sehe es als Gefahr beim unerfüllten Kiwu, gerade dann ,wenn man nicht mir einem Schutzpanzer allzeit abwehrbereit durch die Welt laufen will und dann z.B durch solche Konfrontationen einem der " Teppich unter den Füßen weggezogen wird".
Nur wenn dieses Gefühl zum Dauerzustand wird und man zu sehr überidealisiert, wie es mit einem Kind wäre, dann wäre da ( aus meiner Sicht) die Gefahr nicht mehr fest zu stehen, so meinte ich das.

Beurteilen kann ich das aber nur für mich selbst, nicht für andere, die ich doch nicht näher kenne.

..wollte damit aus eigener Erfahrung heraus warnen..auf sich zu achten.Ausserdem ist ja dieses " wenn..erst..dann" Problem in vielen Lebensbereichen doch sichtbar,. aber auch mit der Gefahr den Menschen zu sehr von dem was ist .. wegzubringen.

Natürlich ist doch das Wünschen und Sehnen gerade Antrieb und Motivation es mit Behandlungen zu versuchen - und das ist sicher auch gut so - wie man hier ja auch sieht - auch wenn leider nicht für alle.. :wink:

Bis zu einem gewissen Grad (!) sollte man ruhig auch auf seine Verletzlichkeit stolz sein, wenn man schon damit leben muss, denn dann ist man eben kein abgebrühter Zombie ..ist aber schon immer wieder neu schwer...für mich.
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