Kostenübernahme PKV+Beihilfe bei idiopathischer Sterilität

Rechtsanwalt Philipp-Alexander Wagner beantwortet hier Fragen rund ums Medizinrecht.

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Moderator: RA Wagner

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luzie773
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Kostenübernahme PKV+Beihilfe bei idiopathischer Sterilität

Beitrag von luzie773 »

Sehr geehrter RA Wagner,

Sie hatten mir in einem anderen Thread den nachfolgend zitierten Hinweis gegeben.
RA Wagner hat geschrieben:Hallo Luzie773,

vorab nur der Hinweis, dass auch bei einer idiopathischen Sterilität eine Erstattungsmöglichkeit gegenüber der PKV bestehen kann, wobei das in der Rechtsprechung teilweise auch abweichend beurteilt wird. Eine Argumentation über das sogenannte Verursacherprinzip ist somit sicherer.
.....

Ihr RA Wagner
Leider mussten wir bei unserer ersten IVF ein komplettes Fertilisationsversagen hinnehmen. Die Klinik hat dabei (wie auch bereits im Vorfeld) keine Ursache für unsere Sterilität ermitteln können, unsere Diagnose ist damit wohl eine Gameteninteraktionsstörung, die Ursache kann bislang weder den Samen- noch den Eizellen zugeordnet werden.

Wir haben natürlich bereit eine ICSI bei meiner GKV beantragt, was ja auch gemäß den Richtlinien über künstliche Befruchtung voraussichtlich genehmigt werden wird. Und die Beihilfe (50%) wird natürlich auch die Hälfte des Anteils meines Mannes übernehmen (auch wenn das fast nicht die Briefmarken wert ist :( ).

Es stellt sich für mich nun die Frage, inwieweit wir auch einen Erstattungsanspruch gegenüber der PKV (50%) meines Mannes haben bzw. ob sich dieser überhaupt ohne Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts durchsetzten lässt.

Besten Dank im voraus für Ihre Einschätzung.

Mit freundlichen Grüße

Luzie
Bild Baujahr 76, SD-Unterfunktion, V.a. Autoimmunthyreopathie, aktuell 125 µg L-Thyrox, leichte Gelbkörperschwäche, neg. PC-Test, AMH 2,29, leicht erhöhte Killerzellen, PAI-1 4G/4G homozygot, MTHFR heterozygot, 3 fehlende KIR-Gene
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KiWu seit 01/2010
09/2011-09/2012 5 IUIs
11/2012 IVF (12 EZ, Nullbefruchtung)
03/2013 ICSI (18 EZ, Nullbefruchtung)
05/2013 Spontanschwangerschaft, MA 8.SSW
09/2013 Spontanschwangerschaft, MA 10.SSW
07/2014 Spontanschwangerschaft, MA 11.SSW
06/2015 gesunde Spontanschwangerschaft

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RA Wagner
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Idiopathische Sterilität und PKV

Beitrag von RA Wagner »

Hallo Luzie773,

so ein Ergebnis bei einer Kinderwunschbehandlung ist nicht leicht hinzunehmen. Ich wünsche Ihnen, dass dies nur ein einmaliger Ausreißer war.

Zu Ihrer Frage: Die Rechtsprechung ist bei einer idiopathischen Sterilität uneinheitlich. Soweit die Gerichte eine Kostenerstattung der PKV ablehnen gehen diese davon aus, dass nach den allgemeinen Regeln über die Beweislastverteilung die Patienten als Anspruchsteller, die Ursache der Sterilität zu beweisen haben (was hier ja gerade nicht möglich ist). Hiervon abweichende Rechtsauffassungen argumentieren, dass für eine Kostenerstattung der Umstand ausreichend ist, dass über einen natürlichen Weg eben kein Kind gezeugt werden kann.

Meine eigene Erfahrung ist, dass ein anwaltlich vertretener Patient gerade in Grenzfällen mehr durchsetzen kann. Sie sollten daher (soweit noch nicht erfolgt) ein erstes Schreiben an die PKV übersenden und diese unter einer mit Datum genannten Frist zur Abgabe einer schriftlichen Bestätigung auffordern, dass diese die Kosten für eine künstliche Befruchtung im Rahmen ihres Anteils tragen wird. Erhalten Sie innerhalb der Frist keine oder ein unzureichende Antwort sollten Sie einen Rechtsanwalt beauftragen. Leider werden vielfach berechtigte Ansprüche von Patienten ohne Rechtsbeistand anders behandelt, als wenn diese anwaltlich vertreten werden (sollte nicht so sein; ist aber so) Bei weiteren Fragen hierzu können Sie mich gern auch direkt kontaktieren.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der weiteren Behandlung.

Ihr RA Wagner
Die erteilte Auskunft kann eine Rechtsberatung unter Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht ersetzen. Es handelt sich somit nur um eine vorläufige erste Einschätzung. Für eine verbindliche Rechtsauskunft fragen Sie bitte hierzu einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl. Aktuelle Meldungen und Urteile (News) zum Kinderwunschrecht sowie zu meiner Person unter www.ra-kinderwunschrecht.de
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luzie773
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Beitrag von luzie773 »

Sehr geehrter RA Wagner,

besten Dank für Ihre Einschätzung.
Ich gehe wohl recht in der Annahme, dass die PKV mit dieser Diagnose bestenfalls den Anteil ihres Versicherten tragen wird, mit viel Glück ggf. noch Teile der extrakorporalen Kosten?

Unter diesen Umständen werden wir erst die von der GKV mitfinanzierten Versuche in Anspruch nehmen und die (im Verhältnis lächerlich geringen) Kosten meines Mannes selbst tragen. Da übersteigt meiner Ansicht nach momentan der Aufwand doch deutlich den Nutzen.

Sollten wir später auf weitere Versuche als Selbstzahler angewiesen sein, sieht das ggf. anders aus.

Nochmals herzlichen Dank.
Mit freundlichen Grüßen

Luzie
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RA Wagner
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Erstattung der PKV und Beihilfe bei künstlicher Befruchtung

Beitrag von RA Wagner »

Hallo Luzie773,

die PKV übernimmt für den "Verursacher" sämtliche Kosten die notwendig sind, um eine Schwangerschaft herbeizuführen.

D.h. es werden nach dem Grundsatz sämtliche Kosten der künstlichen Befruchtung übernommen. In Ihrer Konstellation (50 % PKV / 50 % Behilfe) könnten bei einer Kostenübernahme durch die PKV somit 50 % der gesamten Kosten erstattet werden. Ob die Behilfe hier einen Anteil tragen muss, sollte geprüft werden.

Sie sollten somit in jedem Fall eine Kostenübernahme für mehrere Versuche bei der PKV / Behilfe beantragen (soweit noch nicht geschehen). Nach Ablehnung können Sie sich ja noch immer entscheiden, ob Sie einen Rechtsanwalt beauftragen wollen.

Viel Glück und insbesondere nochmals viel Erfolg beim nächsten Versuch.

Ihr RA Wagner
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luzie773
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Beitrag von luzie773 »

Sehr geehrter RA Wagner,

das "Verursacherprinzip" der PKV ist mir bekannt, nur leider ist bei uns der Verursacher weiterhin unbekannt.
Leider mussten wir bei unserer ersten IVF ein komplettes Fertilisationsversagen hinnehmen. Die Klinik hat dabei (wie auch bereits im Vorfeld) keine Ursache für unsere Sterilität ermitteln können, unsere Diagnose ist damit wohl eine Gameteninteraktionsstörung, die Ursache kann bislang weder den Samen- noch den Eizellen zugeordnet werden.
Ich vermute, die "Beweislast" wer Verursacher der Kinderlosigkeit ist, liegt auf unserer Seite und nicht bei der Versicherung, richtig?

Können Sie einschätzen, ob man unter den gegebenen Voraussetzungen (Verursacher unbekannt), überhaupt eine Chance hat, dass sich die PKV an den kompletten Kosten beteiligt und nicht nur an den Kosten die ihrem Versicherten entstehen?

Ansonsten lohnt sich meiner Ansicht nach momentan der Aufwand nicht, zumal ja ein Anspruch gegen meine GKV besteht.
Wäre mein Mann der "Verursacher" würde die PKV 50% der Gesamtkosten tragen, die Beihilfe 50% der Kosten meines Mannes (bei denen gilt das Körperprinzip) und der Rest wäre wiederum unser "Privatvergnügen". Und die Kiwu würde hierbei natürlich nicht nach EBM oder GOÄ mit 1,0fachem Steigerungssatz sondern mit 2,3-3,5fachen Steigerungssatz abrechnen.
Nur mal zum Vergleich:
Wenn mein Mann der "Verursacher" wäre und wir das über die PKV abrechnen würden, läge unser Eigenanteil bei ca. 1700,-€ (plus ca. 1300,-€ Medikamente, Krykonservierung, Blastokultur, etc.), über die gesetzliche Krankenversicherung liegt unser Eigenanteil bei knapp 750,-€ (plus Kryokonservierung, Blastokultur, aber nur 50% der Medikamentenkosten)
Den einzigen Vorteil, den ich momentan sehen kann ist, dass die Anzahl Versuche bei der PKV nicht beschränkt sind, solange die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft über 15% liegt.

Wenn die GKV-mitfinanzierten Versuche aufgebraucht sind (worüber ich aber momentan noch nicht nachdenken möchte), sieht das natürlich anders aus, dann ist jeder zusätzliche Euro willkommen. Aber ich vermute, auch dann hätte die PKV gerne einen eindeutigen "Verursacher".

Ich würde mich über Ihre Einschätzung diesbezüglich freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Luzie
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Kostenerstattung bei idiopathischer Sterilität

Beitrag von RA Wagner »

Hallo luzie773,

in der obergerichtlichen Rechtsprechung werden überwiegend Fälle der organisch oder zumindest hormonell bedingten Sterilität ausdrücklich als entschädigungspflichtig anerkannt . Das bedeutet aber nicht, dass dieses zwingende Voraussetzung für eine Kostenerstattung ist. Teilweise wird von Obergerichten bei einer idiopathischen Sterilität ausdrücklich eine Kostenerstattung bejaht. Somit bestehen sehr wohl Erfolgsaussichten, auch wenn es hier keine eindeutige Rechtlage gibt.

Somit gilt, dass wenn man einen Erstattungsanspruch durchgesetzt bekommt, dann in voller Höhe (bzw. bei Beihilfe der entsprechende Anteil). Klar ist aber auch, dass ein Zweifelsfall eher mit Unterstützung eines Rechtsanwaltes durchgesetzt wird. Hier gilt es somit das Kostenrisiko einer Beauftragung eines Rechtsanwaltes mit dem möglichen Vorteil einer Kostenerstattung durch die PKV abzuwägen. Vor dem Hintergrund Ihrer Berechnung kann ich aber sehr gut verstehen, dass Sie das Risiko nicht eingehen wollen.

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Beitrag von luzie773 »

Sehr geehrter RA Wagner,

vielen Dank für Ihre Einschätzung. Wir werden erstmal die 2 genehmigten Versuche meiner GKV in Anspruch nehmen. Desweiteren steht mir zuätzlich noch ein weiterer Satzungversuch als Extraleistung meiner GKV zu.

Sollten darüber hinaus weitere Versuche notwendig werden, werden wir uns zusammen mit einem Rechtsanwalt an die PKV wenden. Momentan möchte ich mir diesen vermutlichen Kampf mit der PKV nicht noch zusätzlich antun.

Nochmal ganz herzlichen Dank, auch für Ihr ehrenamtliches Engagement hier im Forum.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie schöne Feiertage :mütze: .

Luzie
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