http://www.frei-denken.ch/de/2014/02/ne ... iagnostik/
"Die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK) beschäftigt sich aus ethischer Sicht mit medizinischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Fragen in Zusammenhang mit der medizinisch unterstützten Fortpflanzung (muF).
Die Mehrheit der NEK empfiehlt, die Präimplantationsdiagnostik zuzulassen. Diese könne als Massnahme der Solidarität gegenüber den von schweren Erbkrankheiten direkt oder indirekt betroffenen Paaren und Familien betrachtet werden, heisst es.
Zur Keimzellen- und Embryonenspende hält sie folgendes fest:
Im Sinne der Gleichbehandlung und des Prinzips der Nichtdiskriminierung empfiehlt die Kommission einstimmig, die Spermienspende für unverheiratete heterosexuelle Paare zuzulassen. Eine Mehrheit der Kommission befürwortet zudem die Zulassung der Spermienspende für alleinstehende Personen und gleichgeschlechtliche Paare. Die NEK wünscht auch, dass das Verbot der Eizellen- und Embryonenspende aufgehoben wird. ..."
Von der verlinkten Seite aus kann auch die 64 Seiten umfassende Stellungnahme herunter geladen werden.
Stellungnahme der Nationalen Ethikkommission der Schweiz
Stellungnahme der Nationalen Ethikkommission der Schweiz
Liebe Grüße, Rebella
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Ich zitiere mal ein paar besonders schöne STellen aus der Stellungnahme. Wobei ich wohl heute mit dem Lesen nicht mehr ganz fertig werde:
"Im Zusammenhang mit dem Fortpflanzungstourismus ist es jedoch in ethischer Hinsicht sehr wichtig, sich Gedanken zum Wohl und Schutz dieser Kinder zu machen, die aufgrund von in der Schweiz verbotenen Praktiken geboren wurden und unter den rechtlichen Unterschieden in diesem Bereich zu leiden haben."
"... dass die derzeitige Rechtslage dazu beiträgt, die Personen zu stigmatisieren, die in dieser Situation am verletzlichsten sind, d. h. die Kinder."
"... vertritt die NEK die Meinung, dass nicht zu viel Gewicht auf einen Widerspruch zwischen den Wünschen der Eltern und dem Wohl des Kindes gelegt werden sollte."
"... ist es fragwürdig, sich auf den Grundsatz des Kindeswohls zu berufen, um einem Kind die Möglichkeit vorzuenthalten, geboren zu werden. Diesbezüglich besteht eine logische Inkonsequenz – in der Philosophie nennt man dies das «Nicht-Identitätsproblem » (nonidentity problem) (Parfit, 1984). Wird in einem bestimmten Zeitpunkt der Zugang zu einem Fortpflanzungsverfahren unter Berufung auf das «Kindeswohl» verboten, wird es das Kind, dessen Wohl im Voraus gewürdigt wird, schlicht nicht geben."
"Im Zusammenhang mit dem Fortpflanzungstourismus ist es jedoch in ethischer Hinsicht sehr wichtig, sich Gedanken zum Wohl und Schutz dieser Kinder zu machen, die aufgrund von in der Schweiz verbotenen Praktiken geboren wurden und unter den rechtlichen Unterschieden in diesem Bereich zu leiden haben."
"... dass die derzeitige Rechtslage dazu beiträgt, die Personen zu stigmatisieren, die in dieser Situation am verletzlichsten sind, d. h. die Kinder."
"... vertritt die NEK die Meinung, dass nicht zu viel Gewicht auf einen Widerspruch zwischen den Wünschen der Eltern und dem Wohl des Kindes gelegt werden sollte."
"... ist es fragwürdig, sich auf den Grundsatz des Kindeswohls zu berufen, um einem Kind die Möglichkeit vorzuenthalten, geboren zu werden. Diesbezüglich besteht eine logische Inkonsequenz – in der Philosophie nennt man dies das «Nicht-Identitätsproblem » (nonidentity problem) (Parfit, 1984). Wird in einem bestimmten Zeitpunkt der Zugang zu einem Fortpflanzungsverfahren unter Berufung auf das «Kindeswohl» verboten, wird es das Kind, dessen Wohl im Voraus gewürdigt wird, schlicht nicht geben."
Liebe Grüße, Rebella
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Weitere interessante Auszüge aus der Stellungnahme:
"Im Rahmen des FMedG wird zu diesem Zeitpunkt von «imprägnierter Eizelle» gesprochen Diesbezüglich ist zu betonen, dass der Gesetzgeber mit der Einführung dieser Terminologie Kunstfertigkeit bewiesen hat (zu den Kunstgriffen des Rechts und ihren zuweilen kontraproduktiven Auswirkungen siehe Karnein, 2013).
Denn um das formelle Verbot der Konservierung von Embryonen einzuhalten, hat er einen Begriff erfunden und eine Entität – die imprägnierte Eizelle – geschaffen, die in Wirklichkeit eher einer Phase von einigen Stunden im Befruchtungsprozess als einer neuen Entität entspricht."
Die Kommission äußert sich in ihrer Stellungnahme auch zum Sozial Freezing, zur Kryokonservierung von Embryonen, zum Auslandstourismus, zur Eizellen- und Embryonenspende und zur Leihmutterschaft.
Sie untersucht vier normative Werte: die «Menschenwürde», die
«Persönlichkeit», die «Familie», das «Kindeswohl», sowie als fünften Wert das «Natürliche», um das Verbot verschiedener o.g. Verfahren kritisch zu hinterfragen.
Hier u.a.
Familie:
"... Vielmehr wird hier (stillschweigend) davon ausgegangen, dass eine bestimmte Lebensform
oder bestimmte Familienformen besser als andere zur Stabilität des Staates und zur
Erfüllung von öffentlichen Interessen (vor allem des Kindeswohls) beitragen. ... Diese Bedingungen weisen darauf hin, dass das geltende Recht die Begründung der traditionellen Kleinfamilie
schützt. Angesichts der Zielsetzungen, die traditionell mit der Familie in Verbindung gebracht
werden, gibt es jedoch gute Gründe für die Annahme, dass auch andere Familienformen
sie erfüllen können (siehe Absatz 3.3.2 a)."
Kindeswohl:
"... Erstens ist das «Kindeswohl» in der Logik des FMedG zwar zweifellos zentral, doch
der Inhalt dieses Grundsatzes, mit anderen Worten das Begriffsverständnis, ist immer
noch zu unbestimmt. ... Es wäre somit angemessener, den Grundsatz im Sinne
einer tatsächlichen Vorauswürdigung des (familiären, affektiven, psychosozialen usw.)
Rahmens zu verstehen, in den das Kind geboren wird ...
vertritt die NEK die Meinung, dass nicht zu viel Gewicht auf einen Widerspruch
zwischen den Wünschen der Eltern und dem Wohl des Kindes gelegt werden sollte.
Da dies bei den Paaren, die sich auf natürlichem Weg fortpflanzen, nicht getan wird,
besteht kein Grund, unfruchtbare Paare zu stigmatisieren, welche die muF in Anspruch
nehmen. ...
ist es fragwürdig, sich auf den Grundsatz des Kindeswohls zu berufen, um
einem Kind die Möglichkeit vorzuenthalten, geboren zu werden. ...
Es wäre jedoch diskriminierend, von den Paaren, die Zugang zur muF erhalten möchten, zu verlangen, dass sie die Idealnormen einer vollkommenen Elternschaft (die der Gesetzgeber genauer umschreiben müsste) erfüllen. Deshalb ist es wichtig, dass die Dritten die Möglichkeit von konkreten Schäden bestimmen, die nicht nur auf einer Annahme oder auf Vorurteilen beruhen.
Die Natur und das Natürliche:
"... dass die Benutzung des Begriffs «Natur» heikel ist, da er unbestimmt verwendet wird. Denn der Term kann unterschiedlich verstanden werden ..."
"Im Rahmen des FMedG wird zu diesem Zeitpunkt von «imprägnierter Eizelle» gesprochen Diesbezüglich ist zu betonen, dass der Gesetzgeber mit der Einführung dieser Terminologie Kunstfertigkeit bewiesen hat (zu den Kunstgriffen des Rechts und ihren zuweilen kontraproduktiven Auswirkungen siehe Karnein, 2013).
Denn um das formelle Verbot der Konservierung von Embryonen einzuhalten, hat er einen Begriff erfunden und eine Entität – die imprägnierte Eizelle – geschaffen, die in Wirklichkeit eher einer Phase von einigen Stunden im Befruchtungsprozess als einer neuen Entität entspricht."
Die Kommission äußert sich in ihrer Stellungnahme auch zum Sozial Freezing, zur Kryokonservierung von Embryonen, zum Auslandstourismus, zur Eizellen- und Embryonenspende und zur Leihmutterschaft.
Sie untersucht vier normative Werte: die «Menschenwürde», die
«Persönlichkeit», die «Familie», das «Kindeswohl», sowie als fünften Wert das «Natürliche», um das Verbot verschiedener o.g. Verfahren kritisch zu hinterfragen.
Hier u.a.
Familie:
"... Vielmehr wird hier (stillschweigend) davon ausgegangen, dass eine bestimmte Lebensform
oder bestimmte Familienformen besser als andere zur Stabilität des Staates und zur
Erfüllung von öffentlichen Interessen (vor allem des Kindeswohls) beitragen. ... Diese Bedingungen weisen darauf hin, dass das geltende Recht die Begründung der traditionellen Kleinfamilie
schützt. Angesichts der Zielsetzungen, die traditionell mit der Familie in Verbindung gebracht
werden, gibt es jedoch gute Gründe für die Annahme, dass auch andere Familienformen
sie erfüllen können (siehe Absatz 3.3.2 a)."
Kindeswohl:
"... Erstens ist das «Kindeswohl» in der Logik des FMedG zwar zweifellos zentral, doch
der Inhalt dieses Grundsatzes, mit anderen Worten das Begriffsverständnis, ist immer
noch zu unbestimmt. ... Es wäre somit angemessener, den Grundsatz im Sinne
einer tatsächlichen Vorauswürdigung des (familiären, affektiven, psychosozialen usw.)
Rahmens zu verstehen, in den das Kind geboren wird ...
vertritt die NEK die Meinung, dass nicht zu viel Gewicht auf einen Widerspruch
zwischen den Wünschen der Eltern und dem Wohl des Kindes gelegt werden sollte.
Da dies bei den Paaren, die sich auf natürlichem Weg fortpflanzen, nicht getan wird,
besteht kein Grund, unfruchtbare Paare zu stigmatisieren, welche die muF in Anspruch
nehmen. ...
ist es fragwürdig, sich auf den Grundsatz des Kindeswohls zu berufen, um
einem Kind die Möglichkeit vorzuenthalten, geboren zu werden. ...
Es wäre jedoch diskriminierend, von den Paaren, die Zugang zur muF erhalten möchten, zu verlangen, dass sie die Idealnormen einer vollkommenen Elternschaft (die der Gesetzgeber genauer umschreiben müsste) erfüllen. Deshalb ist es wichtig, dass die Dritten die Möglichkeit von konkreten Schäden bestimmen, die nicht nur auf einer Annahme oder auf Vorurteilen beruhen.
Die Natur und das Natürliche:
"... dass die Benutzung des Begriffs «Natur» heikel ist, da er unbestimmt verwendet wird. Denn der Term kann unterschiedlich verstanden werden ..."
Liebe Grüße, Rebella
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Weiter wird in dieser Stellungnahme geschrieben über Fortpflanzungsfreiheit, positive und nehative Freiheit.
"Mit der positiven Freiheit verlangt ein Individuum oder ein Paar, dass ihm medizinische Unterstützung geboten wird, um einen Kinderwunsch zu verwirklichen. Das Individuum oder Paar fordert vom Staat, dass er ihm die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt oder die Voraussetzungen schafft, damit es in Bezug auf die Fortpflanzung tatsächlich eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann."
Im Folgenden wird untersucht, in welchen Fällen ein Anspruch gegen den Staat vorliegen kann oder nicht. Jedoch sehe ich in den Erläuterungen kein eindeutiges Ergebnis.
Die Kommission zum Mißbrauch des Kindeswohl-Begriffes:
"Für die NEK wird allerdings nicht «deutlich», weshalb im Interesse des Kindeswohls die Fortpflanzungsmedizin einzig für Paare verschiedenen Geschlechts zugänglich sein soll. Sie erachtet dies im Gegenteil als Ausdruck von Vorurteilen, die wissenschaftlich nicht abgestützt sind. ...
Aus Sicht der NEK erfolgt hier eine Diskriminierung ausgehend von einem falschen Verständnis des Kindeswohls (das wahrscheinlich auf die Verschwommenheit des Begriffs zurückzuführen ist). Es werden Schäden angenommen, die nicht durch empirische Studien erhärtet werden. Zudem ist das FMedG allgemein auf eine der Biologie nachgebildete Normativität ausgerichtet. ...
könnte das Kindeswohl willkürlich dazu dienen, berechtigten Freiheiten entgegenzuwirken. Daher sollte die Verweigerung der muF in jeder Einzelsituation auf der dringenden Vermutung beruhen – die allenfalls durch empirische Studien belegt wird –, mit anderen Worten auf einer tatsächlichen Vorauswürdigung, dass der (familiäre, affektive, psychosoziale usw.) Rahmen, in dem das Kind zur Welt kommen würde, eine derart ernsthafte Gefährdung bedeuten würde, dass es für das Kind besser wäre, nicht geboren zu werden. Andernfalls würden sich hinter diesem Wert, wie bereits ausgeführt, willkürlichere oder gar diskriminierende Motive verbergen.
..."
Zudem geht die Kommission auch auf den ungerechtfertigten Ausschluss von unverheirateten Paaren ein. (S.41)
"Mit der positiven Freiheit verlangt ein Individuum oder ein Paar, dass ihm medizinische Unterstützung geboten wird, um einen Kinderwunsch zu verwirklichen. Das Individuum oder Paar fordert vom Staat, dass er ihm die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt oder die Voraussetzungen schafft, damit es in Bezug auf die Fortpflanzung tatsächlich eine selbstbestimmte Entscheidung treffen kann."
Im Folgenden wird untersucht, in welchen Fällen ein Anspruch gegen den Staat vorliegen kann oder nicht. Jedoch sehe ich in den Erläuterungen kein eindeutiges Ergebnis.
Die Kommission zum Mißbrauch des Kindeswohl-Begriffes:
"Für die NEK wird allerdings nicht «deutlich», weshalb im Interesse des Kindeswohls die Fortpflanzungsmedizin einzig für Paare verschiedenen Geschlechts zugänglich sein soll. Sie erachtet dies im Gegenteil als Ausdruck von Vorurteilen, die wissenschaftlich nicht abgestützt sind. ...
Aus Sicht der NEK erfolgt hier eine Diskriminierung ausgehend von einem falschen Verständnis des Kindeswohls (das wahrscheinlich auf die Verschwommenheit des Begriffs zurückzuführen ist). Es werden Schäden angenommen, die nicht durch empirische Studien erhärtet werden. Zudem ist das FMedG allgemein auf eine der Biologie nachgebildete Normativität ausgerichtet. ...
könnte das Kindeswohl willkürlich dazu dienen, berechtigten Freiheiten entgegenzuwirken. Daher sollte die Verweigerung der muF in jeder Einzelsituation auf der dringenden Vermutung beruhen – die allenfalls durch empirische Studien belegt wird –, mit anderen Worten auf einer tatsächlichen Vorauswürdigung, dass der (familiäre, affektive, psychosoziale usw.) Rahmen, in dem das Kind zur Welt kommen würde, eine derart ernsthafte Gefährdung bedeuten würde, dass es für das Kind besser wäre, nicht geboren zu werden. Andernfalls würden sich hinter diesem Wert, wie bereits ausgeführt, willkürlichere oder gar diskriminierende Motive verbergen.
..."
Zudem geht die Kommission auch auf den ungerechtfertigten Ausschluss von unverheirateten Paaren ein. (S.41)
Liebe Grüße, Rebella
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