Da hier förmlich nach meiner Antwort geschrien wird, möchte ich doch noch ein letztes Mal schreiben. Danach bin ich dann wirklich weg und ich bitte das zu akzeptieren. Als ich mich hier eingeschaltet habe, hab ich nicht daran gedacht, "mitzudiskutieren", sondern wollte lediglich die in einem öffentlichen Raum genannten Falschdarstellungen nicht so unkommentiert stehen lassen (das als Ergänzung an Mondschaf).
Zunächst zu Katharinchen. Ich hab deinen Beitrag gelesen. Ich hatte in meiner vorherigen Antwort geschrieben, dass ich keine Idee habe, wie wir auf einen Nenner kommen können. Da ich selbst aber auch andere hier von meinen Wiederholungen schon genervt sind, bin ich auf deine Frage nicht erneut eingegangen.
Dennoch finde ich es nett von dir, dass du dir Gedanken zu einem gemeinsamen Nenner gemacht hast und gehe jetzt nochmal darauf ein.
Als gemeinsamen Nenner hattest du ja folgendes vorgeschlagen:
Indem Du anerkennst, dass hier kein einziger User, der sich für eine Samenspende oder eine
Eizellspende entscheidet, diese Entscheidung leichtfertig trifft und dann wieder zum Alltagsgeschehen
übergeht.
Dass die Entscheidung einer Gametenspende nicht leichtfertig getroffen wird, das glaube ich euch allen. Ich spreche auch nicht von Leichtfertigkeit, sondern von einem bestimmten Maß an Reflexion. Sicherlich schaut ihr auf das Kind, sehr intensiv sogar, jedoch meiner Beobachtung nach einige Schreiber hier mit einem sehr einseitigen Blick. Wenn die "Kinder" selbst sprechen, wie z.B. in dem Buch aber auch im Spenderkinder-Verein, wird das vehement abgeschmettert. Dabei sind die Grundkonstellationen doch die gleichen. Diese sind nämlich auch nicht durch eine frühe Aufklärung wegzuräumen (womit ich nicht sagen will, dass es nicht wichtig wäre, das Kind früh aufzuklären). Außerdem sind durchaus auch früh-Aufgeklärte im Verein vertreten.
Sicherlich habt ihr einen schmerzvollen Weg hinter euch. Ich kann, obwohl ich selbst nicht unfruchtbar bin und auch keinen zeugungsunfähigen Partner habe, mir annähernd vorstellen, wie schwer es ist, zu erfahren, dass man auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen kann und sich dann in die Hände der Reproduktionsmedizin gibt.
Ich möchte dem gerne etwas gegenüberstellen, das ihr oder zumindest WasabiNeko über die (ich bleibe beim Wortlaut des Buches) "Kannbruchstellen" der Spenderkinder sagt:
Jeder hat sein Paket zu tragen und es gibt einfach keinen Menschen auf der Welt der so ganz ohne Backstory durchs Leben gehen kann. Das gibt es einfach nicht. Jeder wird Verluste und Verletzungen erleiden und ertragen.
Einerseits schreit ihr förmlich nach Anerkennung für eure eigene Leidensgeschichte, andererseits werden die "Pakete" der Kinder einfach heruntergespielt, à la es gibt auch andere Probleme, Verluste, Verletzungen. Das ist für mich sehr paradox.
Dazu noch eine Anmerkung: Rebella hatte auch angesprochen, dass sie die Erläuterung der Leidensgeschichte der Eltern in dem Buch oder auch durch den Spenderkinder-Verein vermisst. Beide stellen, wie schon oft betont, die Perspektive der Kinder dar. Ich denke nicht, dass es deren Aufgabe ist anerkennen zu
müssen, wie schwierig es für ihre Eltern war, sie bekommen zu können. Ich glaube auch nicht, dass das irgendjemand sonst tun "muss" - außer die Eltern selbst. Es ist ihre eigene Verantwortung, damit umzugehen (wem dies alleine nicht gelingt, für den stehen viele Hilfsangebote offen). Es ist schön und nett und empathisch, wenn jemand sein Mitgefühl äußert, dies aber einzufordern halte ich für falsch.
Sicherlich wird jetzt die Frage aufkommen, warum ich mich dann dafür stark mache, dass die "Kannbruchstellen" der Spenderkinder, die durch ihre Konstellation bedingt sind, anerkannt werden. Ganz einfach: ich spreche von der Anerkennung der Eltern, aber auch der Reproduktionsmediziner und Spender/innen. Denn sie sind es, die das Leben des Kindes auf diese Konstellation aufbauen.
@Rebella
noch ein letztes Mal gehe ich auch auf deine Antwort ein:
ich kann in diesem Thread keine Abwertungen gegenüber erwachsenen Spenderkindern oder dem gleichnamigen Verein finden.
Nur zwei Beispiele:
rebella67 hat geschrieben: Das Einzige, was Eltern evt. doch zu einer frühen Aufklärung bewegen könnte, ist ihr abschreckendes Beispiel. Bloß nicht SOWAS heranziehen.
free hat geschrieben:rebella67 hat geschrieben:Stina geht es aber nicht nur um die Aufmerksamkeit zu ihrer Geschichte. Es geht ihr mindestens genauso darum, Wunscheltern zu disqualifizieren. Daher ihr Applaus zu dem Buch von Bachinger und jetzt auch zu diesem. Beides sind Bücher, die Hetze gegen Wunscheltern, Ärzte und Reproduktionsmedizin ganz allgemein betreiben.
ja und charakterisieren uns wunscheltern durch gesellschaftlich negativ bewertete merkmale. dadurch werden wir in sozialer hinsicht diskriminiert.das verhalten macht auch sinn.dadurch verschaffen sich minderheiten gehör und macht.wenn ich meinen gegenüber kleiner mache,ihn verbal abwerte,erscheine ich größer.z.b.in der politik ist dieses durchaus üblich.
Mehr sag ich dazu nicht.
Jetzt noch zu den Buch-Inhalten:
Sigrid Graumann hat dazu mal Zahlen genannt. Ich glaube, das war auf der Tagung des Ethikrates in 2014. Da warst du doch bestimmt auch? - Wenn ich jetzt auch nicht auf der Linie von Frau Graumann bin - wenn man die von ihr recherchierten Zahlen aufschreibt (ich glaube, es war diese Größenordnung), dann kann man ja als seriöser Buchautor auch die Quelle angeben.
Nein, ich war nicht auf dieser Tagung, konnte aber ihre Präsentation im Internet finden (
http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/jt- ... aumann.pdf, sofern es die ist, die du meinst). Sie nennt dort andere Zahlen, ebenfalls nur Schätzwerte ohne Quellenangabe und auch nur zur Eizellspende. Mensch, muss ja eine echt unseriöse Tagung gewesen sein, wenn es nach deiner Deutung geht. Im Übrigen sind die Zahlen schon vor 2014 in der Öffentlichkeit herumkursiert.
Ich bin nicht deiner Meinung, dass man Eizellspenden legalisieren muss, um frei und offen darüber sprechen zu können, möchte das Fass dazu jetzt aber nicht weiter öffnen. Das wäre sicherlich eine ausführliche Debatte.
Du bist auch nicht automatisch gezwungen, wenn du dir ein Bein gebrochen hast, den Markt der Chirurgie zu nutzen. Und Gleiches bei sämtlichen anderen Krankheiten auch.
So gesehen ist ALLES, was wir nutzen, ein Markt. Nur wird in anderer Beziehung nie davon gesprochen. Wer käme auf die Idee, vom Urologiemarkt, Orthopädiemarkt, Psychologiemarkt ... usw. zu sprechen. Und natürlich brauchen wir den Gynäkoliemarkt, wenn wir erstmal schwanger sind. Insofern ist jedes Kind, auch das spontan gezeugte, ein reines Marktprodukt. Komisch, dass darüber noch nirgendwo etwas zu lesen war.
Natürlich ist die Medizin (im Allgemeinen, nicht nur die Reproduktionsmedizin) ein Markt und selbstverständlich wird auch darüber gesprochen. Auch dort werden bestimmte Sachverhalte kritisiert und in Frage gestellt.
Im Unterschied zu anderen Therapien zur Heilung von Krankheiten ist eine Samen- oder Eizellspende jedoch keine „Behandlung“ oder gar "Heilung" der zugrunde liegenden Unfruchtbarkeit bzw. Zeugungsunfähigkeit. Es ist eine Form der Familiengründung. Mit einer dritten Person im Bunde.
@Pebbles:
Pebbles hat geschrieben:Nera hat geschrieben:@Macc
Hier ging/geht es ja gerade um reproduktionsmedizinische Methoden. In diesem Bereich sind es nur wenige Familien, die aufklären. Bei Adoptionen hast du Recht, hier wird man ja auch ganz anders beraten.
Ich habe in meinem ersten oder zweiten Posting hier in diesen Ordner darauf hingewiesen, das man früher auch bei Adoptionen ausdrücklich von einer Aufklärung der Kinder abgeraten hat.
Erst im Laufe der Jahre hat sich das geändert.
Das hat die liebe Nera auch mal wieder überlesen?
Weil sie nämlich nur lesen will, was ihr in den Kram passt.
Wie du an meiner Ansprache von Macc erkennen kannst, beziehe ich mich mit der Antwort nicht auf dich, sondern auf sie. Zudem beziehe ich mich dort auf die heutige Situation.
Warum sollte mir deine Aussage nicht in den Kram passen? Wie die Situation „früher“ aussah, weiß ich nicht genau, halte das, was du schreibst aber durchaus für möglich.
@WasabiNeko:
Es gibt sicher einen ganzen Haufen Spenderkinder/Adoptivkinder, die keinerlei Probleme oder Komplexe aufgrund ihrer Herkunft haben. So ein Buch, in der Hand eines Teenagers, der vielleicht eh grad eine schwere Phase durchmacht oder sauer wegen irgendwas auf seine Eltern ist, giesst da doch noch extra Benzin ins Feuer. Das braucht doch wirklich keiner.
ja, das wäre echt fatal, wenn sich das Kind bzw. der Teenager in dem Buch vielleicht sogar wider erkennt und verstanden fühlt. *Kopfschüttel*
Wie man anhand der im Internet geäußerten Reaktionen auf das Buch erkennen kann, findet das Buch gerade von den Spenderkindern regen Zuspruch. Und die scheinen das Teenager-Alter schon überschritten zu haben.
@Mondschaf:
ein bissel merkwürdig ist es ja schon, du hast mit dem verein und dem buch nichts zu tun und bist selbst kein spenderkind aber kamst gleich nach der antwort von stina hier so hereingeschneit.
Mondschaf zuliebe nun abschließend doch noch ein paar Worte zu meiner Person. Ich habe geschrieben, dass ich mich nicht als Spenderkind vorgestellt habe, womit ich nicht ausgeschlossen habe, dass ich eines bin. In der Tat ist das so. Ich habe mich dahingehend bewusst zurück gehalten, weil ich nämlich nicht nur als "Betroffene" schreibe, sondern auch als ein Mensch mit gesundem Menschenverstand. Ich möchte nicht mit meinen persönlichen, ganz individuellen und einzigartigen Erfahrungen argumentieren, sondern mit Sachlichkeit. Und ich möchte auch nicht Mitleid für irgendeinen Vertrauensbruch usw. Das ist nämlich nicht so, ich habe die Aufklärung eher als Vertrauensbeweis erlebt, wofür ich meinen Eltern sehr dankbar bin.
Ich habe Kontakt mit einigen Mitgliedern des Spenderkinder-Vereins, schließlich steht es jedem Spenderkind offen, sich dort zu melden, bin aber keine Repräsentantin davon. Ich glaube auch nicht, dass sich jemand von denjenigen, mit denen mich Rebella offenbar verwechselt, verstecken müsste. Die DI-Eltern, die ich außerhalb von meiner Familie kenne, kenne ich aus meinem persönlichen Umfeld, nicht von irgendwelchen Tagungen. Von dem Buch profitiere weder ich, noch sonst irgendjemand des Vereins, das Buch wurde von unabhängigen Autoren geschrieben.
Wie ich auf dieses Forum gestoßen bin, habe ich an anderer Stelle beschrieben. Soweit so gut.
Dass meine Eltern meinen biologischen Vater "aus dem Katalog" ausgewählt haben bzw. es dem Arzt überlassen haben, finde ich überhaupt nicht schlimm. Durch diese Formulierung fühle ich mich nicht diskriminiert oder stigmatisiert, wenngleich es doch ein etwas komisches Gefühl ist. Das ist aber durch die "Auswahl aus dem Katalog" selbst bestimmt, nicht durch die Reaktionen anderer. Auch meine Eltern stehen dazu, wir machen auch häufig Scherze darüber - "schade, dass ihr keinen schwarzhaarigen Spender gewählt habt". Verübeln würde ich es ihnen eher, wenn sie diesen Aspekt aberkennen, sogar beleidigt darauf reagieren oder ihn "zensieren" würden. Das würde ich nicht ehrlich finden, das wäre eine Vertuschung, die der Beziehung zwischen ihnen und mir nicht gut tun würde.
Auch ich bin jemand, bei dem bestimmte Kannbruchstellen wohl eingetreten sind. Z.B. äußert sich das bei mir darin, dass ich sehr rastlos bin. Meine Herkunft nicht zu kennen, beschäftigt mich, weil ich wohl nie erfahren werde, wer mein biologischer Vater ist. Diesen Vorwurf mache ich dem Arzt, der sich nicht an geltendes Recht hält.
Mit meinen Eltern habe ich heute einen super Umgang zu dem Thema gefunden, bei dem sich jeder verstanden fühlt. Zugegeben, da ging einiges an Aufarbeitung und viele gemeinsame Gespräche voraus, auch mit professioneller Hilfe, mit der sie auch im Vorfeld meine Aufklärung vorbereitet haben. Als ich gezeugt wurde gab es nämlich keine wirklichen Möglichkeiten der Auseinandersetzung zu dem Thema wie heute, geschweige denn Bücher, wie das von Oelsner und Lehmkuhl, wo man sich über die Auswirkungen für die Kinder hätte informieren können oder Spenderkinder, die öffentlich auftreten und ihre Erfahrungen teilen. Stattdessen gab es nur die Meinung eines Arztes, der zu anonymen Spenden und der Geheimhaltung der Herkunft gegenüber dem Kind geraten - letzteres übrigens auch bis heute nicht geändert - hat. Ich denke zwar, dass man trotzdem auch einiges hätte hinterfragen können, mache meinen Eltern aber keinen Vorwurf, im Gegenteil, weil sie es - besser spät als nie - doch noch geschafft haben, einen verantwortungsvollen Umgang zu finden, mich einzuweihen und mich heute darin zu unterstützen usw. Sie sind genauso wenig wie ihr irgendwelche Monster, auch bereuen sie den Schritt nicht, mich durch eine Samenspende bekommen zu haben, würden aber heute anders an die Sache heran gehen.
Ich habe hier gelesen, dass Spenderkinder anscheinend als "Menschen zweiter Klasse" behandelt werden usw. Ich selbst wurde zu Zeiten gezeugt, in denen noch ein viel größeres Tabu zu dem Thema herrschte als heute, habe aber zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Diskriminierungen erlebt, geschweige denn wurde ich als "Mensch zweiter Klasse" behandelt. Dabei geht meine ganze Familie mittlerweile recht offen damit um und es wäre ein Leichtes, uns irgendwelche Beleidigungen um die Ohren zu hauen. Wenn ich von dem Thema erzähle, ist man mir immer aber sehr verständnisvoll und interessiert begegnet. Auch meinen Eltern wird eher Respekt entgegen gebracht für ihre Umgangsweise, u.a. auch, weil sie mich unterstützen, meinen Spendervater doch noch zu ermitteln - denn ich gehöre zu denjenigen, denen die Kenntnis der genetische Herkunft wichtig ist. Ich glaube, dass man mit so einer Einstellung viel mehr erreicht, als diese Flucht in eine Opferrolle.
Jetzt kann man sich fragen, woher das kommt. Begrifflichkeiten wie "Sperma aus dem Katalog" lesen wir auch, doch weder ich noch meine Eltern fühlen uns dadurch persönlich angegriffen. Wir sehen die Auseinandersetzung zu dem Thema, das dahinter steht und auch, dass es nun mal dazu beigetragen hat, dass ich heute lebe, ein gewisses Maß an Intelligenz habe, nicht von Hässlichkeit gekrönt bin, aber auch ein bisschen kleiner bin als der Rest meiner Familie und eine erblich bedingte Hautkrankheit habe, die nicht von Seiten meiner Mutter kommt. Was ich dagegen häufiger höre und lese (allerdings mittlerweile weniger in der Berichterstattung, sondern in den Leserkommentaren), sind Aussagen, die sachlich falsch sind. Zum Beispiel, dass Samenspender ein Recht auf Anonymität haben (hatten sie nie). Darüber wissen viele Leute zu wenig. Umso dankbarer bin ich, dass es den Spenderkinder Verein gibt, der auch gute Öffentlichkeitsarbeit betreibt.
Vielleicht hilft das, meine Standpunkte besser zu verstehen. Wenn nicht, auch nicht schlimm.
Alles Gute.