Hallo ihr lieben Mitgeplagten,
ich habe mich jetzt durch diesen mega Thread gekämpft und einige für mich sehr interessante Dinge heraus gelesen.
Aus diesem Grund habe ich mich auch entschieden keinen neuen Thread für unser spezielles HLA-Problem zu erstellen, sondern hier zu schreiben in der Hoffnung, dass meine Diagnose vielleicht auch nachfolgenden Usern weiterhilft.
Zu unserer Vorgeschichte:
Kinderwunsch seit 06/2014
4 stimulierte IUIs - negativ
1. ICSI, 8 EZ punktiert, 6 EZ reif, 5 EZ befruchtet, 3 sehr gute Blastozysten; 1x Frischtransfer, 1x Kryo - negativ
2. ICSI, 10 EZ punktiert, 9 EZ reif, 2 EZ befruchtet, 2 6-Zeller; 1x Frischtransfer - negativ
Alle Versuche in der selben Klinik durchgeführt.
Wir haben ein schwankendes SG, Endometriose 1-2°.
Eileiter durchgängig, Blutwerte, Chromosomenanalyse, Blutgerinnung, Anzahl uteriner Killer- und Plasmazellen, alles unauffällig.
Unsere behandelnde Ärztin hat keine Antwort darauf, was unser Problem ist oder weshalb die Befruchtungsrate bei beiden Versuchen geschwankt hat. Aus ihrer Sicht gibt keine weiteren sinnvollen diagnostischen Verfahren und wir sollten es einfach weiter probieren und würden "dann eben einfach zu den Paaren gehören, die 5 oder 7 oder mehr Versuche brauchen".
Wir haben uns dann bei Prof. Würfel eine Zweitmeinung eingeholt, weil es aus unserer Sicht einen Grund geben muss, warum wir seit 4,5 Jahren nicht auch nur einmal ein Fünkchen schwanger waren, obwohl es laut Befunden ja eigentlich auch auf natürlichem Weg möglich wäre!
Dass die Befruchtungsrate bei der letzten ICSI so schlecht war schiebt er auf den Wechsel des Stimulationsprotokolls. Er hält die 2. ICSI also für einen Ausreißer.
Der NK Toxizitätstest war unauffällig. Leider haben wir hier (noch) keine genauen Werte.
Nachfolgend ein Auszug aus dem Befund der HLA-Typisierung:
Die HLA-A-, -C- und -DRB1-Allelle der Partnerin [...] und ihres Partners [...] sind haploidentisch. Damit besteht eine 25% Wahrscheinlichkeit, dass die HLA-A-, -C- und -DRB1-Allelle der Partnerin und ihres Kindes identisch sind. In dieser Konstellation besteht kein HLA-bedingtes Abortrisiko.
Sowohl [...] als auch [...] besitzen die KIR-Liganden (HLA-C-Allele) der Gruppe 2. Bei Paaren mit Fertilitätsstörungen werden Liganden der Gruppe 2 häufiger gefunden.
Im Gespräch erklärte uns Prof. Würfel folgendes hierzu:
Die 50% Übereinstimmung in der HLA-C-Gruppe, hält er für unser Problem.
Das HLA-C-Gen ist für die Kommunikation zwischen Embryo und Mutter zuständig. Dabei können nur Embryonen, deren HLA-C-Gen eine andere Sequenz aufweist als die mütterliche, mit den mütterlichen uterinen Killerzellen über entsprechenden KIR-Rezeptoren kommunizieren. Funktioniert die Kommunikation zwischen den beiden, werden zytokine Wachstumsfaktoren freigesetzt, die der Embryo unter anderem benötigt um die Plazenta zu bilden und zu wachsen und damit das Progesteron und das HCG ansteigt. Fehlen nun KIR-Gene auf mütterlicher Seite oder ist das HLA-C des Embryos identisch zur Mutter, funktioniert die Kommunikation nicht und es findet nie eine Einnistung statt.
Hier übrigens eine interessante Präsentation von Prof. Würfel zu dem Thema:
https://www.kinderwunsch-centrum-muench ... tation.pdf
In unserem Beispiel fallen also ca. 50% der Embryonen schonmal weg, weil sie die gleiche HLA-C-Sequenz haben, wie ich. Jetzt gäbe es ja noch die andern 50%, die den nicht identischen Teil von meinem Mann geerbt haben. Diese weisen dummerweise den Typ 05 auf, was ein "schwacher" Typ ist; da funktiniert die Kommunikation sowieso schon nicht sehr gut und dort wo sie funktioniert, besteht ein hohes Abortrisiko. Jetzt könnte man sich noch die KIR-Gene anschauen, die die Sache ja noch zusätzlich erschweren könnten, aber im Endeffekt ist egal, was dabei raus kommt, weil durch die Ergebnisse des HLA-C schon klar ist, dass die Kommunikation zwischen unseren Embryonen und mir eher schwierig ist und die Behandlung würde laut Würfel nicht anders aussehen, wenn nun auch noch KIR-Gene fehlen. Zu erwähnen wäre vielleicht noch, dass es eine 3% Chance gibt, das die Gene im Embryo "mutieren", d.h. 3% der Embyronen haben trotz Übereinstimmung der Partner eine von der Mutter unterschiedliche Typisierung. Das könnte erklären, warum auch Paare mit hoher Übereinstimmung manchmal trotzdem ganz normal ein Kind bekommen. Wenn auch mit relativ geringer Wahrscheinlichkeit.
Sein Behandlungsvorschlag ist, den Embryonen künstliche Wachstumsfaktoren zuzuführen. Zum einen über Embryogen bereits in der Petrischale, zum anderen über hochdosiertes Granocyte mindestens bis zum 3. Monat.
Gestern wurde nun noch ein Mikrobiomabstrich während einer ambulanten Gebärmutterspiegelung bei mir gemacht, um sicher zu gehen, dass in meiner Gebärmutter keine "feindlichen" Bakterien, sondern nur Milchsäurebakterien sind. Der Befund dauert ca. weitere 3 Wochen und würde ggf. mit einer Antibiotikakur behandelt werden.
Granocyte hat mir unsere Ärztin beim zweiten Versuch auch gegeben, allerdings ohne wirkliche Indikation, sondern halt nach dem Gießkannenprinzip, wie das leider viele Kliniken machen. Man hält nichts von immunologischer Diagnostik, aber verwendet die selben Medikamente, weil sie eben manchen Frauen helfen, ohne überhaupt zu verstehen warum. Ich finde diese ganze Vorgehensweise sehr unseriös und wir haben uns bei Prof. Würfel auch deshalb sehr gut aufgehoben gefühlt, weil er uns die Zusammenhänge fundiert anhand unserer Befunde erklären konnte und auch warum dieses oder jenes Medikament hier nun eine Änderung herbeiführen könnte. Wir überlegen nun ernsthaft die 3. noch von der KK bezuschusste ICSI in München zu machen, auch wenn dies jedesmal eine Fahrt von 240km bedeuten würde und organisatorisch ein echter Akt wäre. Ich denke aber unsere Chancen ein Kind zu bekommen wären bei jemandem, der weiß, was er warum tut, am höchsten. Weiß jemand von euch, ob Würfel ggf. auch "nur" einen Behandlungsplan erstellt und man die ICSI dann woanders durchführen könnte, oder muss da zu flexibel auf Änderungen reagiert werden?