Geburtenrate im Ausland

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Thea
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Beitrag von Thea »

Hallo,

ein Doc hat mir auf meine Anfrage hin mitgeteilt, daß das Verfahren was im Ausland angewendet wird (längeres Warten mit dem Transfer, dadurch höhere Überlebenschance der Eizellen)zwar eine höhere SS-Rate nach sich zieht, aber keine höhere Geburtenrate, da es zu mehr Abgängen kommt. Was wißt Ihr darüber? Wenn dies so wäre, wäre dieser Weg eigentlich viel grausamer, nicht wahr? Ich bin sehr gespannt, was Ihr zu dem Thema sagt.

Lieben Dank, Thea
joachim
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Beitrag von joachim »

Hallo Thea,

offensichtlich traut sich keiner an das Thema ran.

Ich habe trotz intensiver Recherche keine entsprechenden Hinweise und belastbaren Studien gefunden, möchte aber als "Zahlenmensch" auf folgende Dinge hinweisen:

1. Mit scheinbar seriösen Statistiken kann man so manchen Unsinn behaupten. Einen professionellen Ratgeber erhälst Du von W. Krämer "So lügt man mit Statistik". Viele Nachrichten in Presse, Funk und Fernsehen, denen man Glauben schenkt, wird nach Lesen dieses Buches jeder Boden entzogen.
2. Ein Beispiel, das mir dabei (und vor dem Hintergrund des todesmutigen Akne-Flieger in den USA und der ausgelösten Medikamentendiskussion) in den Sinn kommt: Wenn man sich anschaut, welche Fahrzeuge Selbstmörder bevorzugen, wird man vermutlich eine Häufung bei der Marke Volkswagen finden, weil der eben in der Zulassungsstatistik ohnehin ganz oben liegt. Fazit: VW-Fahren treibt in den Selbstmord, statistisch belegt???
3. Statistiken, die von Medizinern aufgestellt werden, berücksichtigen in aller Regel ein sehr sehr begrenztes Patientienkollektiv (2-10), die oft dann auch noch eine besondere Randgruppe darstellen...
4. Die hier relevante Gruppe wird eine ähnliche Sonderstellung einnehmen, da diese Behandlung ja nicht der Regelfall ist, sondern da die Standardbehandlung scheitert. Soll man diesen Patienten die vielleicht letzte Hoffnung nehmen, selbst wenn die Fehlgeburtsrate tatsächlich höher wäre (was ich nicht glaube)?

Laß Dich nicht verrückt machen!

Joachim
Dinah
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Beitrag von Dinah »

Hallo Thea und Joachim,
ich denke auch, dass die Aussage Deines Arztes, Thea, unsinnig ist.
Joachims Anmerkungen kann ich mich nur anschliessen. Ich kann mir einfach vorstellen, dass viele deutsche Ärzte die Blastozystenkultur "verteufeln", weil sie Angst haben, dass noch mehr Patientinnen ins Ausland abwandern. Der "IVF-Tourismus" ist bestimmt ein nicht unbedeutender wirtschaftlicher Faktor.
Mir würde auch kein einsichtiger Grund einfallen, warum bei Blastozysten die FG-Rate höher sein sollte (naja, das heisst natürlich nicht unbedingt was, bin ja keine Fachfrau...).
Irgendwann, ich glaube es war noch zu Fertinet-Zeiten, ist dieses Thema schon mal angesprochen worden. Ziemlich geschockt habe ich dann auch versucht, entsprechende Artikel zum Thema zu finden und bin, wie Joachim, auf keinen einzigen gestossen, der diese Hypothese stützen würde.
Zumindest die von Prof. Zech angegebene FG-Rate von 15% ist jedenfalls nicht höher als in Deutschland. Ganz im Gegenteil: aufgrund des späteren Transfers ist die Gefahr einer Eileiterschwangerschaft angeblich sogar deutlich niedriger.
Liebe Grüße, Dinah

natti
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Beitrag von natti »

HAllo Thea,

auch wenn ich selbst, wie Joachim, Statistiken nur begrenzt Glauben schenke (an der Homepage von Prof. Zech kannst Du übrigens sehen, wie geschickt man da manipulieren kann), so habe ich selbiges auch gehört. Und durchaus nicht ganz unglaubwürdig.

Wir haben uns für eine ICSI in Brüssel, dem weltweit führenden Zentrum (u.a. sitzt dort auch der "Erfinder" der ICSI Methode) interessiert. Die SS-Rate war dort in der Tat höher als in Bonn (wo wir letztlich hingegangen sind, weil unsere KK wider Erwarten doch die Behandlung bezahlte - jetzt bin ich übrigens schwanger), in der Tat lag die Abbruchrate aber auch bei ca. 25%, während sie in Bonn gerade mal 7% beträgt. Eine Erklärung konnten die Mediziner (beide) dafür nicht geben, sie waren sich der unterschiedlichen Zahlen aber bewußt. Beide (sowohl der Bonner als auch der Brüsseler Doc) waren sehr offen und ihre Statistiken recht "ehrlich", soweit ich das beurteilen kann. Bspw. machen beide keine Selektion nach "Studienpatientinnen" (da werden gerne die wenig erfolgversprechenden Patientinnen hineingesteckt, weil sie dann aus der offiziellen Statistik herausfallen), beide kryokonservieren sehr großzügig (was für sie und ihre statistische Erfolgsaussagen heißt, daß der (neg.) Versuch, bei dem die Eizellen gewonnen werden, als neg. in die Statistik eingeht, während der nachfolgende (pos.) Kryoversuch in der Statistik nicht zu Buche schlägt) und beide nehmen Patientinnen an, ohne auf Adoption etc. zu verweisen (auch eine beliebte Methode, um z.B Patientinnen >40 oder knapp darunter, deren Erfolgsraten halt schlecht sind, aus der Statistik herauszuhalten).

Ich kann Dir nur raten, die betreffenden Ärzte zu konfrontieren mit ihren Aussagen und nach dem "warum" zu fragen. Meine eigene Erfahrung ist, daß Ärzte sehr positiv auf informierte Patienten reagieren, die wissen wollen.

Alles Gute

Natti
Selina
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Beitrag von Selina »

Hallo,

Ihr müßt eigentlich nur mal zum Beispiel bei Google "Baby-take-home-Rate" eingeben, da kann man schon sehen, welche Differenzen es da gibt. Es geht von 10-50 %, je nachdem, von wem es publiziert wurde. Das zum Thema Statisik. Die wirkliche Wahrheit wird man wohl nie erfahren.

Liebe Grüsse
Selina
Thea
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Beitrag von Thea »

Na Halleluja! Sind wir jetzt schlauer? Nein! Wie so oft stehen wir zwischen verschiedenen Zahlen und Aussagen, getroffen von Menschen, die ihre Interessen vertreten, und müssen darauf vertrauen, daß wir intuitiv die richtige Entscheidung treffen. Allerdings ist das bei so einem Thema nicht gerade sehr beruhigend. Danke für Eure Antworten. Sie zeigten mir doch, daß es darüber doch eine Gewisse Unsicherheit gibt.
joachim
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Beitrag von joachim »

Hallo Thea,

laß Dich bitte, bitte nicht verunsichern! Selbst wenn die Statistiken so sein sollten, was ich nicht glaube, muß man sie gewissenhaft prüfen. Und: Fehlgeburt und Abbruch sind 2 Paar Schuhe! Wenn es sich um Risikopatienten handelt, die alle Testverfahren nutzen und sich dann für eine Abtreibung entscheiden, kann es (statistisch) so sein, da diese Patienten mit höherem Anteil Gewißheit über Fehlbildungen haben. So wird naturgemäß die Abbruchrate nach Frchtwasseruntersuchung z.B. höher sein als ohne. Ohnehin sind (statistisch belegbar) die Abtreibungsraten bei ICSI-Paaren höher als normal, auch da gab es hier schon entsprechende Hinweise. Für jeden Quatsch ist eine Statistik als objektiver Beleg möglich.

Und auch hier gilt mein erster Kommentar. Hoffentlich hat Dich das jetzt nicht weiter verunsichert!

Joachim
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