Widerspruch / Klage sinnvoll?

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Noelle
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Widerspruch / Klage sinnvoll?

Beitrag von Noelle »

Hallo zusammen,
wir haben in 2003 einen nicht vollständigen (keine Eizellen) und einen abgeschlossenen Icsi-Versuch (nur eine Eizelle, keine Befruchtung) hinter uns gebracht. Aufgrund unserer besonders schlechten Ausgangssituation (Spermiogramm schlecht; zusätzlich Lowie mit bescheinigter nur noch geringer Eizellreserve) ist nach mehrmonatiger Pause ein erneuter und ggf. dann auch letzter Versuch erst für März oder April anvisiert (diesen möchten wir aber auch ungern weiter verschieben).

Die KK hat uns jetzt mitgetelt, dass "noch ein Anspruch bis zu zwei Versuchen nach neuem Recht besteht".

Wir haben eine Rechtsschutzversicherung, die auch Sozialrecht abdeckt, sind aber noch unsicher, ob wir Widerspruch einlegen wollen.

Unterstellt, man legt Widerspruch ein mit späterer Klage: muss die KK dann bei einem weiteren Versuch im ersten Halbjahr zunächst 50 % der Kosten erstatten (da sie sich hierzu ja laut vorliegendem Schreiben verpflichtet sieht)? Oder kann sie sich dann darauf berufen, dass wir diese Regelung durch unseren Widerspruch ja selbst abgelehnt haben und gar nichts zahlen? Die Frage ist für uns nicht unerheblich, da ein Versuch aufgrund hoher Medi-Dosierung recht teuer ist.

Wir sind für jeden Hinweis hierzu dankbar!

Noelle
Andreas
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Re: Widerspruch / Klage sinnvoll?

Beitrag von Andreas »

Hi Noelle,

1) die 1. ICSI ist ein abgebrochener Versuch und zählt nicht mit.
2) Die 2. ICSI zählt.

Somit gab es in 2003 eine ICSI. Nach neuem Recht habt Ihr in 2004 noch Anspruch auf bis zu 2 Versuchen, die zu 50 % selbst finanziert werden müssen. Die Auskunft der Kasse ist korrekt.

Wenn Ihr Widerspruch einlegen wollt, seht Ihr die Sache wohl anders. Wie ist Eure Auffassung?

Viele Grüße. Andreas
Noelle
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Beitrag von Noelle »

Hallo Andreas,

wir haben uns wohl etwas missverständlich ausgedrückt. Uns ist klar, dass uns nach neuem Recht noch zwei Versuche zustehen. Dies zweifeln wir nicht an.

Widerspruch wollen wir ggf. generell einlegen wegen Anwendung des neuen Rechts für uns als Altfall (im Hinblick auf Vertrauens-/Bestandsschutz etc.)

Aufgrund unserer Situation wollen wir aber im ersten Halbjahr auf jeden Fall auch noch einen Versuch machen. Dieser könnte aufgrund der Konstellation (1. Versuch ohne Befruchtung) bei erneutem Ausgang ohne Befruchtung der letzte von der Kasse zu zahlende Versuch sein.

Unser Eindruck ist insgesamt, dass aufgrund der Rechtslage das Vorgehen der Krankenkassen wenig angreifbar ist. Umgekehrt sind wir aber wie alle anderen Betroffenen empört und die Regelungen treffen uns - neben unserer eh schon wenig erfreulichen Ausgangssituation - besonders hart, da die Kosten für einen Icsi-Versuch bei uns deutlich höher liegen als im Normalfall.

Es stellt sich also die Frage, wieviel Sinn für uns ein Widerspruch macht. Nur der Widerspruch allein wird doch kaum zu einer Änderung der Haltung der Krankenkasse und zu plötzlicher Kulanz führen. Auch schätzen wir die Chancen, durch eine Klage etwas zu erreichen, nicht allzu positiv ein. Dennoch erwägen wir diesen Weg, da wir die Situation nicht einfach hinnehmen wollen.

Die Frage, die sich uns dabei stellt, ist jedoch: sind die Kassen verpflichtet, auf Basis des neuen Rechts die Zusage anzupassen (so unseres Erachtens von unserer Kasse laut ihrem Schreiben zugesagt)? Und müssen sie zu dieser Zusage dann auch im Falle eines Widerspruches und ggf. anschließender Klage (Zeitschiene) stehen? Oder anders ausgedrückt: sollten wir Widerspruch einlegen, dieser abgelehnt werden und wir klagen, haben wir dann dennoch die Möglichkeit, einen zwischenzeitlich vollzogenen weiteren Versuch zumindest hälftig abzurechnen vorbehaltlich einer noch ausstehenden endgültigen Entscheidung hierzu? Oder kann sich die Kasse darauf zurückziehen, dass wir mit unserem Widerspruch ja eine hälftige Kostenübernahme abgelehnt haben und eine Kostenerstattung verweigern?

Letztendlich geht es also um eine Abwägung des Nutzens. Wir sind halt durch unsere biologische Ausgangssituation eh schon nervlich ziemlich angeschlagen und fragen uns, ob der Kraftaufwand für einen längeren Rechtsstreit im richtigen Verhältnis zum möglichen Ergebnis steht. Wir werden definitiv aufgrund unserer geringen Erfolgsaussichten nicht mehr viele Versuche machen. Vielmehr beabsichtigen wir, auf jeden Fall noch einen Versuch zu machen. Sollte dieser aber wieder ohne Befruchtung enden (und infolge dessen die Kasse einen dritten Versuch wohl kaum noch zahlen --> Fortfall der Formulierung "in der Regel"), werden wir aufhören. Weitere Versuche würden aus unserer Sicht, so schwer uns der Gedanke auch fällt, einfach nicht in einem vertretbaren Verhältnis von Kosten und möglichem Erfolg stehen.

Wir hoffen, dass unsere Auffassung und die damit einhergehende Frage jetzt etwas deutlicher geworden sind.

Viele Grüße

Noelle
Andreas
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Beitrag von Andreas »

Hi Noelle,

zur Klage rate ich, wenn Ihr in 2003 eine schriftliche Zusage für 4 Versuche zu 100 % bekommen habt, die jetzt zurückgezogen werden soll. Gab es - wie bei der Chipkartenabrechnung üblich - nie eine schriftliche Zusage, sollten bei der Klage keinen Anwaltskosten entstehen. Die Aussichten sind nämlich sehr gering.

Bis es zur Verhandlung kommt, vergeht übrigens meist mehr als ein Jahr.

"Unser Eindruck ist insgesamt, dass aufgrund der Rechtslage das Vorgehen der Krankenkassen wenig angreifbar ist."
-> das sehe ich auch so.

Hinter die 1-2 Versuche mit 50 % Eigenanteil könnt Ihr nicht mehr zurückfallen, egal ob mit oder ohne Widerspruch. Das steht Euch rechtlich als Minimum zu.

Ich bewundere Eure realistische Einschätzung Eurer Kiwu-Chancen. Manche Paare sind nämlich behandlungssüchtig geworden und können nicht aufhören.

Sollte Deine Frage nicht beantwortet sein, melde Dich einfach noch einmal.

Viele Grüße. Andreas
Noelle
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Beitrag von Noelle »

Hallo Andreas,

danke für deine schnelle Antwort. Es ist tatsächlich so, dass wir in 2003 eine Zusage für 4 Versuche zu 100 % bekommen haben, aber sehr wohl auch schriftlich. Mein Mann ist privat versichert, ich freiwillig in der Kaufmännischen KK, so dass wir getrennte Anträge gestellt haben. Da aber die meisten Kosten (hohe Medikamentendosierung) über meine KK abzurechnen sind, betrifft uns die Situation nicht weniger als bei einer Konstellation beide gesetzlich versichert. Ich habe seinerzeit das Kostenerstattungsverfahren vereinbart. Das ist auch grundsätzlich nicht problematisch für uns, aber dennoch wollen wir natürlich möglichst nicht vollständig auf den Kosten, die für mich anfallen, sitzenbleiben, .

Wie gesagt, wir haben auch eine entsprechende Rechtsschutzversicherung, so dass wir geneigt sind, auch zu klagen. Alleine schon, um sich zu wehren. Irritiert hat uns nun aber deine Aussage zur Chipkartenabrechnung ("Gab es - wie bei der Chipkartenabrechnung üblich - nie eine schriftliche Zusage, sollten bei der Klage keinen Anwaltskosten entstehen."). Wie meinst du das? Siehst du das in unserem Fall anders? Müssten wir bei einer Klage ggf. bis zum Ausgang des Verfahrens auf eine zumindest hälftige Erstattung warten?

Bislang war ich mit meiner Krankenkasse eigentlich sehr zufrieden. Nun aber beruft sie sich darauf, dass ihr "individuelle Lösungen auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich sind" (wurde von mir bereits gefordert).

Übrigens:
zu unserer realistischen Einschätzung unserer Kiwu-Chancen: als wir Mitte letzten Jahres mit Icsi gestartet sind, haben wir unsere Chancen noch ganz anders eingeschätzt. Damals dachten wir, wir hätten nur ein einseitiges Problem (Spermiogramm). Erst durch die 2 Versuche und inzwischen durchgeführte Bestimmungen von Inhibin B und Anti-Müllerian-Hormon hat sich nach und nach herausgestellt, dass meine Eizellreserve sehr gering ist (auch von evt. frühzeitigen Wechseljahren ist die Rede, ich werde dieses Jahr 38!). Das ist alles andere als mutmachend. Und momentan befinden wir uns an einem Punkt, wo wir noch nicht ganz aufgeben wollen, aber andererseits auch realistisch sind, dass unsere Chancen schlecht stehen. Nicht ganz einfach.

An dieser Stelle auch von uns einmal ein großes Lob an dieses Forum und besonderen Dank an dich. Wir finden es bewundernswert, wie du dich engagierst und sind froh, auf diese Weise so kompetente Tipps zu bekommen!

Liebe Grüße

Noelle
Andreas
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Beitrag von Andreas »

Hi Noelle,

schick mir mal eine Mail oder PN, ich nenne Dir dann einen Anwalt.

Langsam kann ich mir ein Bild über Euren Fall machen:
1) In 2003 gab es eine Zusage für 4 Versuche zu 100 %
2) In 2004 kam ein Brief, dass noch 2 Versuche mit 50 % Zusahlung übrig wären.

Euer Fall könnte die Gerichte beschäftigen, denn es stellen sich folgende Fragen:
1) Muss die Zusage aus 2003 schriftlich widerrufen werden oder verfällt sie durch das neue Recht automatisch?
2) Stellt der neueste Kassenbrief ein Widerruf der 2003-Zusage dar oder nicht.

Ich würde so vorgehen:
1) Lasst für den kommenden Versuch alles wie geplant laufen:
a) Behandungsplan
b) Kassengenehmigung etc.

Schickt die Rechnung, die Euch der Arzt geben wird zur Kasse und beantragt die Erstattung von 100 %. Verweist dabei auf die Zusage aus 2003, die noch nicht wirderrufen wurde. Ich gehe davon aus, dass die Kasse lediglich 50 % erstatten wird. Ab dann beginnt der juristische Kleinkrieg: Widerspruch ... Klage.

Da die Kasse nur den 1,0-fachen GOÄ-Satz erstattet, solltet Ihr mit dem Arzt vereinbaren, dass er keinen hohen GOÄ-Satz verlangt.

Frage:
1) Welchen GOÄ-Satz hat der Arzt in 2003 für die Frauenkosten in Rechnung gestellt?

"Irritiert hat uns nun aber deine Aussage zur Chipkartenabrechnung ("Gab es - wie bei der Chipkartenabrechnung üblich - nie eine schriftliche Zusage, sollten bei der Klage keinen Anwaltskosten entstehen.")."
-> Euer Fall liegt anders: zum einen habt Ihr anstelle der Chipkartenabrechnung die Kostenerstattung vereinbart. Zu zweiten - was viel wichtiger ist - gab man Euch eine schriftliche Zusage. Bei der Chipkartenabrechnung gibt es meist weder Versichertenantrag noch Kassenzusage.

"Müssten wir bei einer Klage ggf. bis zum Ausgang des Verfahrens auf eine zumindest hälftige Erstattung warten?"
-> Nein, ich gehe davon aus, dass die Kasse zunächst 50 % erstattet. Dank Eurer schriftlichen Zusage besteht die Chance, dass die Kasse sogar mehr als 50 % zahlt.

"Das ist alles andere als mutmachend."
-> das verstehe ich.

"Und momentan befinden wir uns an einem Punkt, wo wir noch nicht ganz aufgeben wollen, aber andererseits auch realistisch sind, dass unsere Chancen schlecht stehen."
-> Einigen Paaren mangelt es leider an diesem Realismus. Sie sind im Hamsterrad und müssen einfach weiterlaufen. So fragte mich neulich eine Frau mit ca. 43, was sie nach mehr als zehn ICSIs ohne jegliche Einnistung medizinisch noch machen könne.

Dein großes Lob für unser Forum und für mich nehme ich gerne an. Dank Dir.

Viele Grüße. Andreas
Noelle
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Beitrag von Noelle »

Hallo Andreas,

der Fall liegt noch etwas anders. Unsere schriftliche Zusage für 4 Versuche 100 % ist vom 30.07. 2003.

Mit Datum 19.12.2003 schrieb meine Kasse zunächst einen Brief, in dem sie lang und breit allgemein über die Änderungen des GMG berichtete und darüber hinaus zunächst nur lapidar schrieb: "Wir beabsichtigen aufgrund des GMG , die Kostenzusage gemäß Schreiben vom 03.09.2003 aufzuheben. Wir geben Ihnen Gelegenheit , sich innerhalb der nächsten 14 Tage zu unseren Ausführungen zu äußern. dieses Schreiben gilt als Anhörung im Rahmen des § 24 SGB X. Wir weisen darauf hin, dass es sich bei einer Anhörung nicht um einen Vewaltungsakt handelt, der mit dem Rechtsmittel des Widerspruches angefochten werden kann."

Ich habe mich zunächst insbesondere aufgeregt, dass keine konkrete Aussage enthalten war und man zu blöd war, dass richtige Datum der Kostenzusage hineinzusetzen. Als nächstes habe ich innerhalb der Frist (am 29.12.) einen längeren Brief zurückgeschrieben. meinem Ärger Luft gemacht, auf Vertrauensschutz gepocht und offiziell die Kostenübernahme für die verbleibenden drei Versuche zu 100 % nach altem Recht erneut beantragt. In diesem Zusammenhang habe ich die Kasse darauf hingewiesen, dass sie sich in ihrem vorherigen Schreiben auf eine Kostenzusage aus September bezieht, was ich nicht nachvollziehen könne (war vielleicht nicht so clever, die auch noch darauf zu stoßen?).

Mit Schreiben vom 09.01. hat mir die KK dann wie bereits geschrieben mitgeteilt, dass auf der Basis, dass bis 31.12.2003 ein vollständiger Versuch durchgeführt wurde, "somit noch ein Anspruch bis zu zwei Versuchen ab dem 01.01. nach neuem Recht besteht."

Auf meinen Hinweis zum falschen Datum hin haben sie eine entsprechende Korrektur vorgenommen ("Wir teilten Ihnen mit,...... Diese Aussage ist nicht richtig und muss lauten: Wir beabsichtigen, die Kostenzusage gemäß Schreiben vom ... aufzuheben. Dieses berichtigen wir hiermit. Dann weisen sie nochmals darauf hin , dass das erste Schreiben nur eine Anhörung war und man mein Schreiben aher zunäcsht nicht als Widerspruch werten kann. Ich soll innerhalb von 14 Tagen (und die laufen Freitag ab) mitteilen, ob ich meine ausführungen aus dem ersten Schreiben aufrecht erhalten will. In diesem Fall wird man mein erstes Schreiben als Widerspruch wertten und an die Widerspruchsstelle weiterleiten.

Das ist der Punkt, an dem wir stehen. Ich hoffe, nun ist unser Fall richtig klar. Was sagst du dazu? Ich würde dir die beiden Schreiben der KK und mein Schreiben gerne zumailen, weiß aber deine e-Mail-Adresse nicht! Ein Name eines Anwaltes (möglichst Raum Krefeld/Mönchengladbach/Düsseldorf) wäre klasse.

Viele Grüße

Noelle
Andreas
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Beitrag von Andreas »

Hi Noelle,

Was, schon wieder ein neues Detail? :-) Du hättest mir die Sache erleichtert, wenn Du gleich im Erstbeitrag alle relevanten Fakten genannt hättest.

Ihr seid ein Fall für den Anwalt. Da Kassen aber das Recht haben, eine gegebene Zusage aufgrund der Gesetzesänderung zurückzuziehen, schätze ich - als juristischer Laie - Eure Chancen als begrenzt ein.

Viele Grüße. Andreas
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