Die häufigsten Irrtümer:
1. Die Kinder würden nach den von den Eltern gewünschten Eigenschaften geschaffen.
Dies ist in Deutschland nicht erlaubt und so wie sich die meisten Laien dies vorstellen auch nicht möglich. - Bei einer IVF werden zu den gewonnenen Eizellen der Frau mehrere Millionen Samenzellen des Partners gegeben. Genau wie bei der Befruchtung im Körper beginnt nun ein Wettrennen darum, wer das Ziel trifft. Der Arzt / Biologe nimmt darauf keinen Einfluß. ? Bei einer ICSI wird zwar ein einzelnes Spermium in die Eizelle injiziert, jedoch ist niemandem bekannt, welche Eigenschaften der mögliche spätere Mensch haben wird. Das Spermium wird, sofern überhaupt Auswahlmöglichkeiten bestehen, einzig nach äußeren Merkmalen wie Beweglichkeit ausgesucht, um gute Erfolgsaussichten (Sprich: Eintreten einer Schwangerschaft bis zur Geburt) zu haben. ? Alle befruchteten und kernverschmolzenen Eizellen müssen der Mutter übertragen werden. Es darf keine Auswahl hinsichtlich bestimmter Merkmale des späteren Menschen stattfinden. Die Präimplantationsdiagnostik ist verboten. (
http://www.wunschkinder.net/demo/gesetz ... gesetz.htm) ? Bei einer künstlichen Befruchtung mit Samenzellen eines Spenders wird der Spender nicht von dem betreffenden Paar selbst ausgesucht, sondern vom Arzt. Dieser sucht entsprechend seinen Möglichkeiten nach einem passenden Spender in bezug auf Haarfarbe, Augenfarbe und Blutgruppe. Als Spender kommen alle Männer infrage, die ausreichende Aussichten auf Erfolg mitbringen, HIV-negativ sind und bei denen bestimmte Erbkrankheiten nicht bekannt sind.
2. Die Paare würden deshalb künstliche Befruchtungen durchführen wollen, weil sie solche Merkmale ihres Kindes wie Geschlecht, IQ, Augenfarbe, ? usw. selbst bestimmen können.
Das ist im Allgemeinen nicht der Fall. Eine von dem Bioethiker Dr. Edgar Dahl geleitete Arbeitsgruppe des Klinikums der Justus-Liebig-Universität in Gießen hat eine repräsentative Bevölkerungsumfrage durchgeführt, ob die Deutschen das Geschlecht ihres Kindes festlegen würden, wenn sie die Möglichkeit hätten. Nur äußerst wenige Paare würden dies tun. Näheres hier:
http://www.novo-magazin.de/67/novo6726.htm . Nichtsdestotrotz sind solche Auswahlverfahren in Deutschland verboten (
http://www.wunschkinder.net/demo/gesetz ... gesetz.htm) und alle Paare, die sich in einer deutschen Arztpraxis behandeln lassen, dürften kein Interesse an einer Auswahl nach bestimmten Kriterien haben. Vielmehr geht es den Paaren darum, EIN Kind zu bekommen, ganz gleich, welche Merkmale es hat. Wenn dies auf dem natürlichen Weg nicht möglich ist, bleibt nur noch die Alternative, entweder eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen oder lebenslang kein Kind zu bekommen.
3. Bei künstlichen Befruchtungen würde man klonen.
Das Klonen von Menschen ist wie in den meisten anderen Ländern der Welt auch in Deutschland verboten (
http://www.wunschkinder.net/demo/gesetz ... gesetz.htm). Weltweit ist wohl erst ein solches Kind geboren worden (bitte, verbessert mich), dessen Existenz noch nicht einmal offiziell bestätigt wurde. Wir Kinderwunschpaare, denen es einzig darum geht, EIN ? genetisch eigenes ? Kind zu bekommen, zu gebären, wehren uns dagegen, mit Extremen verglichen zu werden.
4. Ein großer Teil der Kinder würde mit Fehlbildungen auf die Welt kommen.
Zitat: ?Ist ICSI eine sichere Methode? Die Tatsache, dass Spermien, die unter normalen Bedingungen niemals eine Befruchtung erzielen könnten, bei der ICSI-Methode unter Überwindung der Zellgrenzen mechanisch in die weibliche Keimzelle eingebracht werden, hat viele Ängste heraufbeschworen. Bei 5.747 Kindern, die nach im Jahre 2000 durchgeführten IVF-Behandlungen geboren und vom Deutschen IVF-Register erfasst wurden, betrug die Inzidenz der Fehlbildungen 1,4 Prozent, nach Anwendung der ICSI-Methode bei 3.521 Kindern 2,35 Prozent. Beide Fehlbildungsraten liegen im Bereich der Norm und entsprechenden in der Weltliteratur publizierten Daten auf der Grundlage passiv erhobener epidemiologischer Daten.? [Prof. Felberbaum, Vorstandsvorsitzender des Deutschen IVF Registers in:
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=40109 ]
Die ?Deutsche ICSI-Follow-Up-Studie? ermittelte ein erhöhtes relatives Risiko gegenüber Kindern, die auf natürlichem Weg entstanden sind von 1,27. Die Fehlbildungshäufigeit bei der ICSI-Gruppe lag bei 8,6%, die der Kontrollgruppe bei 6,8%. Dieses erhöhte Risiko könnte auf das höhere Durchschnittsalter der Mütter zurückzuführen sein, aber auch auf Fehlbildungen der Eltern, muß also nicht unbedingt mit der Methode an sich zusammenhängen. Ein Restrisiko für Fehlbildungen bei Kindern, die durch ICSI entstanden sind, lässt sich jedoch nicht ausschließen. (Link)
In einer aktuellen Studie unter Leitung des University College of London zeigen Wissenschaftler anhand der Daten von 1523 Kindern, dass IVF/ICSI-Kinder genauso gesund sind und sich ähnlich psychisch entwickeln wie Jungen und Mädchen, die auf natürlichem Wege befruchtet wurden. (
http://www.heute.t-online.de/ZDFheute/a ... 19,00.html)
5. Die Kinder würden zu früh und mit einem zu geringen Geburtsgewicht zur Welt kommen.
Zitat: ?Mit dem IVF-Register ist es möglich, Angaben zum Geburtsgewicht und zum Gestationsalter von insgesamt 51 539 Kindern zu machen, die zwischen 1998 und 2003 nach assistierter Reproduktion geboren wurden. Das durchschnittliche Gestationsalter bei 7 568 Einlingen, die im Jahr 2001 geboren wurden, betrug zum Zeitpunkt der Geburt 39 Schwangerschaftswochen. Im Durchschnitt wogen diese Einlinge zum Zeitpunkt der Geburt 3 300 Gramm. Dies sind völlig normale Werte. 9,9 Prozent der Kinder wurden allerdings vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche geboren. Diese Rate ist deutlich höher als in der Normalpopulation, bei der eine Frühgeburt in circa sechs Prozent der Fälle zu erwarten ist. Dies mag sich durch das im Durchschnitt höhere Lebensalter der Patientinnen im Vergleich zur Population von Schwangeren nach spontaner Konzeption und durch das a priori höhere Abortrisiko einer nach Sterilitätstherapie eingetretenen Schwangerschaft erklären lassen.? [Prof. Felberbaum, Vorstandsvorsitzender des Deutschen IVF Registers in:
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=40109 ]
Ein zu niedriges Geburtsgewicht und eine durchschnittlich zu frühe Geburt ergibt sich allein aus dem hohen Anteil an Mehrlingsschwangerschaften. Dieser könnte aber stark reduziert werden, wenn die Bestimmung im Embryonenschutzgesetz endlich gelockert werden würde, daß nicht mehr als 3 Eizellen bis zur Kernverschmelzung kultiviert werden dürfen. Besonders in den skandinavischen Ländern ist bereits die Methode etabliert, daß alle befruchteten Eizellen kultiviert werden und von diesen nur eine einzige zur Übertragung ausgewählt wird. Hierbei geht man nach sehr strengen Auswahlkriterien vor, die es ermöglichen, per Augenschein den Embryo mit den höchsten Erfolgsaussichten auszuwählen. Diese Auswahl ist nicht vergleichbar mit der PID, denn per Augenschein lässt sich nichts über Geschlecht oder Eigenschaften des möglichen späteren Menschen sagen. Auf diese Weise lässt sich mit der Übertragung eines einzigen Embryos eine vernünftige Erfolgsrate erzielen, wobei das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft deutlich herabgesetzt ist. [
http://www.thieme.de/gebfra/04_03/fsn_03.html ,
http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/6186/ und
http://humrep.oupjournals.org/cgi/conte ... /18/9/1858 ]
6. Es betrifft doch nur eine verschwindend geringe Anzahl von Paaren.
15% aller Paare haben Probleme mit der Fruchtbarkeit. [Thöne, C., Rabe, T.: Wir wollen ein Kind, 2. Aufl, München 1999] Etwa jedes 50. Kind wurde 2002 nach einer IVF / ICSI geboren. [ Quelle:
www.deutsches-ivf-register.de und
http://www.destatis.de/basis/d/bevoe/bevoetab1.htm ] Etwa jedes 13. Kind ist mit medizinischer Hilfe in irgendeiner Form entstanden. Die Fruchtbarkeitsprobleme werden sich in den kommenden Jahren noch verstärken:
- Zahl der Fälle von Hodenhochstand hat sich 1962-1981 verdoppelt [Marx, Vivien: Das Samenbuch, Frankfurt am Main 1999 S. 207]
- Nils Shakkebaek, Dänemark (führender Forscher bei männlicher Sterilität)
Spermiendichte sank von durchschnittlich 113 Mio/ml (1940) auf 66 Mio/ml (1990)
- Anteil der Männer mit einer Spermiendichte <= 20 Mio/ml (WHO-Minimum) nahm im Untersuchungszeitraum stetig zu. [Marx, Vivien: Das Samenbuch, Frankfurt am Main 1999, S. 208]
- Pierre Jouannet, Frankreich: die Spermiendichte gesunder Spender sank von 89 Mio/ml (1973) auf 60 Mio/ml (1992) -> 2 % pro Jahr [Marx, Vivien: Das Samenbuch, Frankfurt am Main 1999, S. 210]
- Uni Helsinki: normale Spermienqualität hatten 1981 56 % aller Männer, 1991 noch 26,9 % aller Männer [Marx, Vivien: Das Samenbuch, Frankfurt am Main 1999, S. 212]
Zitat: ?Schätzungsweise 6-9 % aller Paare in Mitteleuropa sind ungewollt kinderlos und wünschen eine Behandlung. Ca. 3 % bleiben dauerhaft ungewollt kinderlos. Mindestens 30 % aller Frauen mit schließlich erfülltem Kinderwunsch erlebten eine mindestens 12monatige Episode der Unfruchtbarkeit.? [ Prof. Dr. med. Anke Rohde, ?Zur psychischen Situation ungewollt kinderloser Paare? in:
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_ ... heit/s_204 ]
Es mag für die Allgemeinheit unvorstellbar klingen, daß so viele Paare davon betroffen sind. Viele Leser werden sich sagen, sie kennen nicht einen einzigen solchen Fall. Die Antwort darauf ist einfach. Die meisten Paare verschweigen ihre Probleme. ?Unfruchtbarkeit? ist ein Tabu-Thema, das oft streng geheim gehalten wird.
7. Unfruchtbare Männer wären impotent.
Der prozentuale Anteil impotenter Männer ist ganz sicher nicht höher als in der Allgemeinbevölkerung. Die Ursachen sind meist eine zu geringe Spermiendichte oder gar keine vorhandenen Spermien. Das hat nichts mit Potenz oder Impotenz zu tun.
8. Die Paare wären selbst an ihrer Unfruchtbarkeit schuld. Meistens würden sie erst mit 40 an ein Kind denken und vorher ?das Leben genießen?.
Nach dem D.I.R. 2002 (
www.deutsches-ivf-register.de) waren gerade bei 5,6% aller Punktionen für eine IVF oder ICSI die Patientinnen älter als 40. Bei 30,7% aller Punktionen waren die Patientinnen zwischen 36 und 40 Jahre alt. Zwischen 31 und 35 Jahre alt waren die Frauen in 39,3% aller Fälle. Die restlichen 24,4% der Behandlungen wurden bei Frauen jünger als 31 durchgeführt. Außerdem muß beachtet werden, daß eine solche Behandlung erst nach mehreren Jahren unerfüllten Kinderwunsches begonnen wird. In einer Reihe von Fällen handelt es sich auch schon um das zweite Kind.
Zitat: ?Bei Erstvorstellung in der Sterilitätssprechstunde liegt das Alter der ungewollt kinderlosen Frau im Mittel bei 30,8 Jahren. Der Kinderwunsch reicht im Durchschnitt 4,5 Jahre zurück. Das Alter bei erstmalig aufkommendem Kinderwunsch liegt bei 26,2 Jahren. Ein Unterschied in Abhängigkeit von der somatischen Sterilitätsursache lässt sich nicht aufzeigen. Ein erstmaliger Kinderwunsch nach dem 35. Lebensjahr kam nur bei 2,7% der Sterilitätspatientinnen auf.? [ I. Kowalcek, G. Buhrow und G. Huber in: ?Das Alter: Ein Beispiel für Frauenkonstruktionen in der Reproduktionsmedizin?,
http://dx.doi.org/10.1007/s00444-003-0409-z ]
Zitat: ?Das Klischee des Reproduktionsmediziners als "Erfüllungsgehilfe der karrierebewussten älteren Frau" wird der Situation nicht gerecht, so das Fazit der Kollegen. Vielmehr ist die ältere Frau mit dem (zu) späten Kinderwunsch in der Sterilitätssprechstunde heute bisher die Ausnahme. Stellt man das Alter der Frau als Infertilitätsursache in den Vordergrund, fördert man bei den ungewollt kinderlosen Frauen nur unnötig Versagensängste und Schuldgefühle.? [Quelle: MTD, Ausgabe 5 / 2004 S.15, MW - Ingrid Kowalcek et al., Reproduktionsmedizin 2003;
http://www.medical-tribune.com/GMS/bericht/Karrierefrau ]
Zu den häufigsten Ursachen männlicher Infertilität, siehe unter 6. Außerdem gibt es genetisch bedingte Ursachen. Zur Indikationsverteilung bei IVF / ICSI Männer und Frauen siehe auch unter 8.
9. Die Techniken der assistierten Reproduktion würden vorschnell und ohne stichhaltige Indikation eingesetzt.
Nach dem Deutschen IVF-Register 2000, Seite 10 (
www.deutsches-ivf-register.de) hatten weniger als 1% der Paare unerfüllten Kinderwunsch von weniger als einem Jahr, 4% der Paare hatten 1 Jahr unerfüllten Kinderwunsch, und gut 13% 2 Jahre. Alle anderen Paare hatten einen unerfüllten Kinderwunsch von 3 Jahren und mehr. 88% aller fruchtbaren Frauen mit fruchtbarem Partner sind nach 6 Versuchen schwanger, 98% sind es nach 12 Versuchen (Alter der Frauen: 29 +- 3,6 Jahre) (Time to pregnancy: results of the German prospective study and impact on the management of infertility; Gnoth C, Godehardt D, Godehardt E, Frank-Herrmann P, Freundl G.; Hum Reprod. 2003 Sep;18(9):1959-1966.) Wer es bis dahin nicht geschafft hat, hat mit großer Wahrscheinlichkeit ein ernsthaftes Problem, das untersucht werden sollte.
Indikationsverteilung nach dem Deutschen IVF-Register 2002, Seite 10 (
www.deutsches-ivf-register.de): IVF: 23% der Frauen hatten keinen Befund, bei etwa der Hälfte davon hatten die Männer ein eingeschränktes Spermiogramm. 40% Tubenpathologie, 10% Endometriose, 16% pathologischer Zyklus. / ICSI: Gut 82% der Männer hatten eingeschränkte Spermiogramme, 10% hatten keinen Befund. In knapp 3% der Fälle gab es bei beiden Partnern keinen Befund.
Zitat: ?Nur in 11,23 Prozent der im Jahre 2002 durchgeführten IVF-Behandlungen konnte bei normalem Spermiogramm keine mit der Ovulation oder dem Eiauffangmechanismus in Zusammenhang stehende weibliche Pathologie festgestellt werden, ebenso wie in nur 2,87 Prozent der durchgeführten ICSI-Behandlungen bei fehlender weiblicher Pathologie ein unauffälliges Spermiogramm vorlag. - Diese geringe Zahl von Behandlungen ohne eindeutige Indikation mag man infrage stellen; man sollte jedoch bedenken, dass die ?idiopathische Sterilität? mit seit Jahren bestehendem unerfülltem Kinderwunsch sicherlich die Methoden der assistierten Reproduktion auch aus diagnostischen Gründen rechtfertigt.? [Prof. Felberbaum, Vorstandsvorsitzender des Deutschen IVF Registers in:
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=40109 ].
Es ist noch anzumerken, daß es in vielen aussichtslos erscheinenden Fällen geradezu angebracht ist, mit künstlicher Befruchtung nachzuhelfen, denn eine weitere längere Phase vergeblicher natürlicher Versuche bedeutet auch, daß die Paare zu einem späteren Zeitpunkt älter sind und damit geringere Erfolgsaussichten haben.
10. Wenn die betreffenden ihre Lebensweise ändern (weniger Streß, mal in den Urlaub fahren), dann wird es schon auch noch so klappen.
Dies mag in einigen Fällen zutreffen. Besonders bei ungeklärten Ursachen oder pathologischer Infertilität gibt es oft die Chance, irgendwann auf natürlichem Weg noch ein Kind zu bekommen. Jedoch sollte man bedenken, daß Paare mit sehr geringen Erfolgsaussichten ihre Aussichten, nach einer künstlichen Befruchtung ein Kind zu bekommen, bei einer zu langen Wartezeit verschlechtern. Bekanntlich sinken die Erfolgsraten mit zunehmendem Alter. (
www.deutsches-ivf-register.de)
Paare, die (so gut wie) keine Chance auf dem natürlichen Weg haben, mögen diesen Vorwurf nicht immer wieder hören. Bei einem Eileiterverschluß oder sehr wenig Spermien gibt es keine andere Chance. Und wer möchte sich auf eine Chance verlassen, die mit der Wahrscheinlichkeit eines Sechsers im Lotto eintritt?
Wichtig ist, daß die persönlichen Chancen jedes einzelnen Paares realistisch eingeschätzt werden. Sicher gibt es in diesem Punkt hier und da noch Handlungsbedarf. Grundsätzlich meinen wir jedoch, daß die reproduktionsmedizinischen Möglichkeiten hierzulande sehr verantwortungsbewusst eingesetzt werden.
Zitat: ?Bei Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch erscheint der Anteil psychopathologisch auffälliger Personen nicht höher als in der Allgemeinbevölkerung. Während bei ungewollt kinderlosen Männern keinen nennenswerten Auffälligkeiten festgestellt wurden, ergaben sich als durchgängige Befunde bei den ungewollt kinderlosen Frauen eine erhöhte Depressivität, eine leicht erhöhte Ängstlichkeit und körperliche Beschwerden. Dieser Befund kann als Folge der Diagnosestellung und reproduktionsmedizinischer Therapie interpretiert werden, da die Ausprägung der Symptome zunächst mit der Dauer der Kinderwunschbehandlung zunimmt. [ Bernhard Strauß u.a., ?Psychosomatisch orientierte Diagnostik und Therapie bei Fertilitätsstörungen?,
http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/pggyn003.htm ]
Zitat: ?? ist es wichtig, bei der Behandlung steriler Paare keine Zeit zu verlieren, etwa durch Anwendung nicht wirksamer konservativer Behandlungsformen. Sowohl medikamentöse Therapien, wie zum Beispiel mit Padutin, als auch operative Therapien wie die Verödung von Krampfadern im Hodenbereich, so genannte Varikozelen, sind unwirksam zur Behebung einer schweren Einschränkung der Samenqualität, von einem völligen Fehlen von Samenzellen im Ejakulat ganz zu schweigen. In solchen Fällen ist allein die Methode der Intracytoplasmatischen Spermieninjektion erfolgversprechend.? [Prof. Felberbaum, Vorstandsvorsitzender des Deutschen IVF Registers in:
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=40109 ].
Zitat: ?Mythos 1: Ungewollt kinderlose Paare haben psychische Probleme, die Unfruchtbarkeit zur Folge haben. - Man weiß aus Studien, dass ungewollt kinderlose Paare psychisch nicht auffälliger sind als Eltern und als die Allgemeinbevölkerung. Allerdings sind die Unfruchtbarkeit und die reproduktionsmedizinischen Behandlungen auf Dauer so belastend, dass unfruchtbare Frauen ängstlicher und depressiver werden. Die psychischen Probleme sind häufig eine Folge und keine Ursache von Kinderlosigkeit.
Mythos 2: Ungewollt kinderlose Paare sind mit ihrer Partnerschaft unzufriedener. - Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Paare nicht unzufriedener mit ihrer Partnerschaft als Eltern sind und deshalb auch nicht immer eine Verbesserung der Partnerschaftsqualität durch ein Kind erhoffen.
Mythos 3: Wenn unfruchtbare Paare ihren Kinderwunsch aufgeben, stellt sich eine Schwangerschaft wie von selbst ein. - Der häufig zu hörende Rat: ?Fixiert euch nicht so auf ein Kind, dann wird es schon klappen?, unterstellt psychische Blockaden. Tatsächlich bringt es unfruchtbaren Paaren jedoch kaum etwas, den Kinderwunsch völlig aufzugeben. Untersuchungen zeigten, dass sich bei Paaren, die sich keine Kinder mehr wünschten beziehungsweise ein Kind adoptierten oder zur Pflege aufnahmen, nicht häufiger ?spontan? eine Schwangerschaft einstellte als bei Paaren, die weiter auf ein Kind hofften. [
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=33480 ,
http://www.med.uni-heidelberg.de/psycho ... iwulit.htm , Wischmann T, Stamme H: Der Traum vom eigenen Kind. Psychologische Hilfen bei unerfülltem Kinderwunsch. Stuttgart: Kohlhammer, 2001 ] Ergebnisse aus mehreren Studien der Psychologen Dr. Tewes Wischmann und Dr. Heike Stammer, Uni Heidelberg.
11. Die Erfolgsraten würden unter 10% liegen. (Diverse falsche Spekulationen zu den Erfolgsraten, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung)
Die Baby-Take-Home-Rate in Deutschland beträgt etwa 16%. Nach dem Deutschen IVF Register 2002 waren es 17,49 Prozent für die IVF, 19,79 Prozent für die ICSI und 10,28 Prozent für die Rücksetzung ursprünglich kryokonservierter Eizellen im Pronucleusstadium [ Quelle:
www.deutsches-ivf-register.de,
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=40109 ]
12. Falsche Spekulationen über die Anzahl der Paare, bei denen die Behandlungen auch letztendlich erfolglos bleiben.
Die kumulative Wahrscheinlichkeit für eine fortlaufende, klinische Schwangerschaft nach maximal 5 IVF/ICSI ? Zyklen war bei 1315 Patientinnen bei einer Studie von Stollwijk und Mitarb. bei 54,5%. [Stollwijk AM, Wetzels AM, Braat DD, Cumulative probability of achieving an ongoing pregnancy after in-vitro-fertilization and intracytoplasmic sperm injection according to a woman´s age, subvertility diagnosis and primary or secondary subvertility. Hum Reprod 2000; 15: 203 ? 209] Nach verschiedenen Aussagen ( z.B. Aussage von Prof. Felberbaum in
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=40109,) haben mehr als 50% der Paare am Ende Erfolg. ?Nach Ausschöpfung aller therapeutischen Möglichkeiten kann etwa 60 bis 80% aller Paare, die wegen ungewollter Kinderlosigkeit den Arzt aufsuchen, zu einem eigenen Kind verholfen werden.? [ Prof. Dr. med. Anke Rohde, ?Zur psychischen Situation ungewollt kinderloser Paare? in:
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_ ... heit/s_204 ]
Bei veränderten Rahmenbedingungen würde sich der Anteil der erfolgreichen Paare erhöhen.
13. Man darf ?Gott? nicht ins Handwerk pfuschen.
Wir sind eingeschränkt fruchtbar aufgrund einer Krankheit, und dafür gibt es Behandlungsmöglichkeiten. Wenn wir beispielsweise Krebs oder eine Herzkrankheit hätten, käme niemand auf die Idee, dies als gottgewollt zu bezeichnen und uns aufzufordern, der Krankheit einfach ihren Lauf zu lassen ohne Medikamente, Therapien etc. in Anspruch zu nehmen.
Streng genommen wäre auch die Verhütung eine Art, Gott ins Handwerk zu pfuschen.
Zitat: ?Die extrakorporale Befruchtung (IVF und ICSI) stellt eine kurzzeitige Überbrückung eines Defektes im frühen Prozess der Fortpflanzung dar. Es handelt sich demnach medizin-ethisch um nichts anderes als um eine ?temporäre Prothese?. Die ersten Schritte der Fortpflanzung werden in das ?Reagenzglas? und in den Inkubator verlegt. Nach Bildung des oder der Embryonen, werden diese in die Gebärmutterhöhle gespült. Danach nimmt eine mögliche Schwangerschaft ihren natürlichen Verlauf.? [Prof. Leyendecker, Infobroschüre ?IVF/ ICSI ? Darmstadt
http://www.gynaktuell.de/pdf/00000058.pdf, Seite 8]
Zitat: ?Früher sind beispielsweise die Impfung und das Chloroform mit der Behauptung abgelehnt worden, dass Krankheiten und Schmerzen "der Sünde Sold" seien und der Mensch kein Recht habe, der "göttlichen Vorsehung" zuwiderzuhandeln. Dies hat uns jedoch nie daran gehindert, nach immer neuen Mitteln und Wegen zu suchen, um Schmerzen zu lindern und Krankheiten zu heilen.? .......
?Da wir in einer säkularen Gesellschaft leben, die auf einer strikten Trennung von Staat und Kirche beruht, ist niemand befugt, die staatliche Gesetzgebung zu missbrauchen, um anderen seine religiösen Überzeugungen aufzuzwingen.?
[ Dr. Edgar Dahl - Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Dermatologie und Andrologie der Justus-Liebig-Universität Giessen ? in: ?Das Geschlecht der Kinder ist egal?,
http://www.novo-magazin.de/67/novo6726.htm ]
14. Ungewollte Kinderlosigkeit wäre keine Krankheit.
Nach der Definition der WHO ist ungewollte Kinderlosigkeit eine Krankheit. Es liegt ein regelwidriger Zustand des Körpers vor. Der Bundesgerichtshof stellt in einem Urteil vom 17. Dezember 1986 fest, daß ungeachtet der jeweiligen Ursache im Tatbestand Fortpflanzungsunfähigkeit Krankheit zu sehen ist. (Neue Juristische Wochenzeitschrift 1987; 703 ? 704;II2 b:BGH-Urteil vom 17.12.1986 ? IV a ZR 78/85)
Soziologisch ist Krankheit eine Krise, die aus der Einschränkung der Handlungsfähigkeit des Individuums resultiert. Die Profession des Arztberufes ist die stellvertretende Krisenbewältigung (vgl. Oevermann 1998).
15. Die physische Belastung durch die Hormonbehandlung wäre zu hoch und deshalb nicht gerechtfertigt.
Ohne Zweifel bedeutet die Hormonbehandlung einen invasiven Eingriff in den Körper der Frau. Bisher ist nicht belegt, ob diese Behandlung zu dauerhaften Schädigungen führen kann. [Dor J, Lerner-Geva L, Rabinovici J, Chetrit A, Levran D, Lunenfeld B, Mashiach S, Modan B. (2002) Cancer incidence in a cohort of infertile women who underwent in vitro fertilization. Fertil Steril. 77:324-327.,
http://www.gynaktuell.de/newsletter.php3?id=49#news3,
http://www.wunschkinder.net/demo/therap ... _krebs.htm ]. Belegt ist aber, daß eine Frau, die nie schwanger war, nie ein Kind gestillt hat, ein höheres Risiko hat, Brustkrebs zu bekommen. (Bitte, nennt mir eine Quelle!) Außerdem muß beachtet werden, daß Frauen, die auf natürlichem Wege schwanger werden können, meist über viele Jahre Hormonpräparate zu sich nehmen, die eine Schwangerschaft verhindern. Dieser invasive Eingriff bleibt Frauen mit (ehemals) unerfülltem Kinderwunsch erspart. Jede Frau hat das Recht, zu entscheiden, ob sie eine strapaziöse Kinderwunschbehandlung durchführen möchte oder nicht, so wie jeder Patient ein Selbstbestimmungsrecht hat.
16. Die psychische Belastung würde durch die Behandlung erst entstehen und wäre im Vergleich zu den geringen Erfolgserwartungen zu hoch.
Die psychische Belastung entsteht meist nicht ursächlich durch die Behandlung. Die psychische Belastung entsteht durch den unerfüllten Kinderwunsch und verstärkt sich, je länger dieser andauert und je mehr das Gespenst einer lebenslangen Kinderlosigkeit die Paare und besonders die Frauen überschattet. Die Kinderwunschbehandlung befreit, sofern sie erfolgreich ist, von diesen psychischen Belastungen vollständig. Es ist richtig, daß die Belastungen gerade im Verlauf einer künstlichen Befruchtung, besonders in der Zeit zwischen Embryonentransfer und Schwangerschaftstest und gerade im Falle eines negativen Ausgangs außerordentlich hoch sind. Dies lässt sich aber kaum vermeiden und ist Bestandteil der Behandlung. Selbstverständlich wäre mehr psychologische Hilfe wünschenswert. Diese ist aber oft nicht vorhanden. Letzten Endes ist es auch eine Kostenfrage, denn fundierte psychologische Hilfe bei künstlichen Befruchtungen muß privat finanziert werden. Bewährt sind auch Selbsthilfegruppen und Kinderwunschforen wie die bei
www.klein-putz.de,
www.wunschkinder.net, ?)
Zitat: ?Ein erfolgloser Behandlungsversuch kann aber auch ein wesentlicher Schritt bei der Bewältigung einer "endgültigen" Kinderlosigkeit sein, immerhin geben ca. 14% der Frauen nach einem erfolglosen Behandlungszyklus eine beginnende Relativierung des Kinderwunsches an. Dazu paßt auch ein weiteres Befragungsergebenis, nämlich daß 74% von 180 Patienten, die mehrere Jahre nach Abschluß der Kinderwunschbehandlung dazu befragt wurden, angaben, daß sie denselben Weg noch einmal gehen würden (76% der Patienten mit Kind, 66% der Patienten ohne Kind, 58% der Patienten mit Adoptivkind).? [Prof. Anke Rohde, Uni Bonn, ?Zur psychischen Situation ungewollt kinderloser Paare? in:
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_ ... heit/s_204 ]
Zitat: ?Aber nicht nur die ungewollte Kinderlosigkeit, sondern auch deren Behandlung geht mit einem erheblichen Maß an Belastungen einher. Die Bereitschaft der betroffenen Paare, diese Belastungen auf sich zu nehmen, reflektiert oftmals den erheblichen Leidensdruck, der durch die ungewollte Kinderlosigkeit entsteht. Psychische Begleiteffekte der Sterilität sind beispielsweise emotionale Reaktionen (Trauer, Depression, "emotionale Krisen", Frustration, Schuldgefühle, Wut etc.), Erschütterung des Selbstbewußtseins (Identitätsprobleme, "Kontrollverlust" über Lebensplanung), Veränderungen in der Paarbeziehung und im Sexualleben sowie Veränderungen bei den sozialen Interaktionen (z.B. sozialer Rückzug, Vermeidung von Kontakten mit Schwangeren, mit jungen Familien etc.).? [Prof. Anke Rohde, Uni Bonn, ?Zur psychischen Situation ungewollt kinderloser Paare? in:
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_ ... heit/s_204 ]
Zitat: ?Bisherige Studien zur Bewältigung eines erfolglosen Behandlungsverlaufs kommen zu der Ansicht, dass der überwiegende Teil betroffener Paare die Enttäuschung gut verarbeiten kann. Doch gibt es auch Hinweise auf eine Risikogruppe besonders belasteter Paare: Deren Stimmungen waren auch noch lange nach einer erfolglosen Behandlung von Depressivität geprägt und besonders für Frauen führte die nicht eingetretene Schwangerschaft zu Einschränkungen in der Lebensqualität. Im Hinblick auf protektive Faktoren hat sich gezeigt, dass gerade Frauen besser mit der Enttäuschung über den unerfüllt gebliebenen Kinderwunsch umgehen können, wenn sie die Erfolgswahrscheinlichkeit realistisch einschätzen und bereits während des Behandlungsprozesses emotionale Unterstützung bekommen bzw. annehmen können.? [Bernhard Strauß u.a., ?Psychosomatisch orientierte Diagnostik und Therapie bei Fertilitätsstörungen?,
http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/pggyn003.htm ]
17. Die Paare könnten stattdessen Kinder adoptieren.
Paare, die mehrere erfolglose Behandlungen hinter sich haben oder die bewusst keine KB durchführen lassen wollen, entscheiden sich oft für eine Adoption. In der Realität gibt es jedoch weniger zur Adoption freigegebene Kinder als Paare, die ein Kind adoptieren wollen. Nicht jedem adoptionswilligen Paar kann ein Kind vermittelt werden. Je mehr Paare sich gegen eine KB und für eine Adoption entscheiden, desto schwieriger wird es für die adoptionswilligen Paare, ans Ziel zu kommen.
?Am Jahresende 2002 waren 866 Kinder und Jugendliche für eine Adoption vorgemerkt; 6% weniger als im Jahr 2001. Dagegen lagen den Adoptionsvermittlungsstellen insgesamt 11 616 Adoptionsbewerbungen vor (? 10% gegenüber 2001). Rein rechnerisch standen damit einem zur Adoption vorgemerkten Minderjährigen 13 mögliche Adoptiveltern gegenüber.? [ Pressemitteilung stat. Bundesamt 10/2003,
http://www.destatis.de/presse/deutsch/p ... 030082.htm ]
Für viele Paare ist aber die Adoption keine wirkliche Alternative. Besonders Frauen leiden oft darunter, wenn sie nicht selbst eine Schwangerschaft, eine Geburt erleben dürfen. Zitat: ?Die Fortpflanzungsfähigkeit gehört zu den biologischen Grundvoraussetzungen des menschlichen Lebens wie Ernährung, Bewegung und Kommunikation. Störungen derselben stellen somit ein erhebliches biologisches Defizit dar.? [Gisela C. Fischer, ?Falsches Signal?, GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE, Nr. 8 ? August 2003 ? Seite 16 ff.,
http://www.fertinet.de/news/temp/Fischer-gpk-08-03.pdf]
18. Die Kosten, die die Gemeinschaft bisher für künstliche Befruchtungen getragen hat, waren zu hoch.
Bei 51.036.000 Mitgliedern bei der GKV (in 2000) (
http://www.destatis.de ) und einer Gesamtbelastung für künstliche Befruchtung von 142,5 Mio. Euro ( 0,11% der Gesamtausgaben)
http://www.klein-putz.de/information/do ... tit&lid=30 für die gesetzlichen Krankenkassen kommt auf jedes Mitglied eine Belastung von 2,80 Euro !
Falls die betroffenen Paare die Kosten für die künstliche Befruchtung selbst zahlen müssen, lassen sie sich, beispielsweise im Ausland eine größere Anzahl befruchteter Eizellen übertragen, um die Erfolgschancen zu erhöhen (Beleg amerikanischer Studien).
Somit steigt das Risiko für Mehrlingsschwangerschaften, dies zieht deutlich höhere Folgekosten (Schwangerenbetreuung, Entbindung, Versorgung der Kinder etc.) zu Lasten der GKV nach sich.
19. Es wäre nicht gerechtfertigt, dass die Kosten der künstlichen Befruchtung
durch die Versichertengemeinschaft der gesetzlichen Krankenkassen
getragen werden.
Unerfüllter Kinderwunsch ist nach WHO eine Krankheit. Eine künstliche Befruchtung kann bei Erfolg diese Krankheit heilen. In den meisten Fällen haben die betreffenden Paare diesen Zustand nicht selbst verschuldet, leiden aber stark darunter. Treffen kann es jeden. Manche Ursachen für ungewollte Kinderlosigkeit sind im allgemeinen gesellschaftlichen Verhalten unserer Zeit zu suchen. Wenn z.B. ein Mitarbeiter der Tankstelle ein eingeschränktes Spermiogramm hat, sind dafür alle mit verantwortlich, die Auto fahren (oder sich fahren lassen).
Die Entscheidung, ob sie zur Erfüllung ihres Fortpflanzungsbedürfnisses eine künstliche Befruchtung durchführen lassen will, muss die Patientin jedoch unabhängig von ihren finanziellen Mitteln treffen können.
Kinder sind nicht nur Privatsache der Eltern, sondern auch ?gesellschaftliches Humankapital?. Wenn es keine Kinder mehr gibt, wer soll dann später unsere Renten erwirtschaften? 40.000 Kinder entstehen in Deutschland pro Jahr als Folge einer medizinischen Behandlung, 15.000 davon (in 2002, siehe
www.deutsches-ivf-register.de) durch IVF oder ICSI. Bei gut 700.000 Geburten im Jahr sind das also 5,7 bzw. 2 %. Wer möchte später auf diesen Anteil seiner Rente verzichten? Jeder zukünftige Bundesbürger weniger kann auch nicht in die Sozial- und Steuerkassen einzahlen und keine Waren konsumieren.
Auffällig ist, dass kostengünstige medizinischen Maßnahmen wie Hormonbehandlungen und Inseminationen nach wie vor im Leistungskatalog der GKV enthalten sind (die Notwendigkeit dieser Behandlungen also durchaus anerkannt wird), während die kostenintensiveren Methoden überwiegend ausgenommen wurden.
20. Eine befruchtete Eizelle wäre ein Mensch.
Wann das menschliche Leben beginnt, wird von verschiedenen Religionen / Kulturen ganz verschieden betrachtet. (Hubert Markl, Präsident des Max Planck Institutes, dazu u.a. auch in: ?Freiheit, Verantwortung, Menschenwürde: Warum Lebenswissenschaften mehr sind als Biologie?, 22.7.2001,
http://www.zeit.de/reden/wissenschaft/2 ... max_planck) Der deutsche Gesetzgeber ist der Auffassung, das menschliche Leben beginnt exakt dann, wenn die Kernverschmelzung abgeschlossen ist. Von da an stellt er die befruchtete Eizelle auch unter Schutz (
http://www.wunschkinder.net/demo/gesetz ... gesetz.htm). Er stellt sie gleich mit einem vollständig entwickelten Menschen. Wer dies nicht respektiert, wird hart bestraft. Vor diesem Zeitpunkt darf man noch alles mit der in Kernverschmelzung befindlichen Eizelle machen, z.B. einfrieren (mit dem Risiko, diesen Vorgang nicht zu überleben) oder verwerfen. ? Ist es aber richtig, daß der Gesetzgeber den Kinderwunschpaaren vorschreibt, exakt nach dieser diktierten Auffassung zu handeln? Der deutsche Gesetzgeber widerspricht sich auch, denn immerhin belässt er Abtreibungen zu einem viel späteren Entwicklungsstadium straffrei. Außerdem verbietet er nicht die ?Spirale?, die die Einnistung eines kernverschmolzenen und mehrfach geteilten Embryos verhindert und ihm damit die Lebensmöglichkeit nimmt.
Die befruchtete Eizelle hat das Potential ein Mensch zu werden, sie hat aber noch keine Gefühle, noch kein ?Ich?. Noch nach mehrmaliger Teilung handelt es sich um eine Ansammlung totipotenter Zellen. Das sind Zellen, aus denen noch alles werden kann. Wenn man sie vereinzeln würde, könnten daraus mehrere Menschen werden oder aber auch einzelne Organe.
Hier eine wissenschaftliche Betrachtung zu der gesamten Problematik von Hubert Markl:
http://www.zeit.de/reden/wissenschaft/2 ... max_planck
Zitat: ?Jeder war einmal eine befruchtete Eizelle, und deshalb verdient jede Respekt, aber nicht jede befruchtete Eizelle wird ein Mensch. 70 Prozent gehen auf natürlichem Wege verloren. Trotzdem sagen wir nicht: 70 Prozent aller Menschen werden nie geboren.? [Ethikrat- Mitglied Prof. Dr. theol. Richard Schröder in:
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=40185 ]
21. Es wird behauptet, wer IVF macht, der nimmt immer auch eine Abtreibung in Kauf, wenn sich zu viele Embryonen eingenistet haben.
Weitläufig besteht die Meinung, dass generell nach erfolgreicher IVF/ICSI eine Reduktion auf die gewünschte Anzahl "Kinder" vorgenommen wird. Dies entspricht allerdings nicht den Tatsachen, denn in solchen Berichten/Dokumentationen wird oft von "krassen" Beispielen berichtet, wohl wegen der Quote. Es wird in den Medien bei Berichten über IVF immer wieder von Reduktion gesprochen und dabei die Tatsache verdreht, dass in Deutschland "nur" 3 Embryos transferiert werden - in den USA nach unserer Information bis zu 5.
Nach Angaben des Deutschen IVF-Registers (
www.deutsches-ivf-register.de) waren im Jahr 2002 20,9 Prozent aller IVF-Geburten Zwillinge und 1,2 Prozent Drillinge. In einem Fall gab es Vierlinge. Alle anderen Geburten waren ?Einlinge?.
Die Zahl der Mehrlingsschwangerschaften könnte deutlich reduziert werden, wenn statt ? wie bisher üblich ? nur noch 2 statt 3 Embryonen übertragen werden. Da es aber laut deutschem Embryonenschutzgesetz verboten ist, mehr als 3 kernverschmolzene Embryonen im Reagenzglas heranwachsen zu lassen, um davon die mit den besten Erfolgsaussichten auszuwählen, würde dies zu einer Verringerung der ohnehin mit ca. 18% nicht so hohen Erfolgsaussichten führen. Eine solche Verringerung wäre dann in der Tat den Frauen kaum noch zuzumuten. Siehe auch 5. ! (
http://www.thieme.de/gebfra/04_03/fsn_03.html,
http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/6186/ und
http://humrep.oupjournals.org/cgi/conte ... /18/9/1858 )
Das erhöhte Risiko, Mehrlinge zu bekommen, besteht übrigens nicht nur bei IVF und ICSI, sondern auch bei stimulierenden Hormonbehandlungen zur Zyklusunterstützung wie mit Clomifen oder Gonadotropinen ( Puregon usw..).
In diesen Artikeln wird von einer Schätzung ca. 150 Fällen (? Reduktion? ) pro Jahr gesprochen:
http://www.zeit.de/2002/38/Wissen/20023 ... linge.html und
http://www.mehrlinge.com/Reduktion/dreisind1zuviel.htm
Dazu eine Auswertung des D.I.R. 2002, Seite 21: Der Anteil der Drillinge nach IVF / ICSI hat in den letzten Jahren merklich abgenommen. Waren es 1998 noch 7,67% der geborenen Kinder, 1999 ? 5,52%, in 2000 ? 4,54%, 2001 ? 3,39%, so waren es 2002 ?nur? noch 2,8% der geborenen Kinder. Von 1997 ? 2002 hat sich die durchschnittliche Anzahl der transferierten Embryonen von rund 2,5 auf ca. 2,2 reduziert.
Nach dem Spiegel-Artikel gab es 1999 486 Drillingsgeburten. Im gleichen Jahr gab es laut D.I.R. 554 Drillingskinder aus 206 Drillingsschwangerschaften, womit der Anteil der IVF-ICSI-Kinder unter den Drillingskindern 1999 etwa 32% war. ( Typisches quotentreibendes Zitat aus dem Spiegel-Artikel: "Drillinge sehen wir fast nur nach In-Vitro-Zeugung" ). Aus der Anzahl läßt sich ermitteln, daß 50 Kinder fehlen, in also maximal 156 Fällen können noch 3 Kinder geboren worden sein. Die 50 Kinder werden nicht alle durch Fetozit "verschwunden" sein, sondern auch durch natürlichen Abort.
Angenommen, die 150 Fetozide beziehen sich auch auf das Jahr 1999 (Wenn 1998 2,4mal so viele IVF/ICSI-Drillinge geboren sind wie 2002, muß es auch bei den Fetoziden einen Rückgang gegeben haben.) und der Anteil der Fetozide bei den IVF-Drillingen ist genauso hoch wie der Anteil bei Drillingen, die auf andere Weise entstanden sind und die 150 Fetozide beziehen sich ausschließlich auf Drillinge (wovon nicht unbedingt auszugehen ist), dann wären etwa 50 Fetozide auf Reagenzglasbefruchtungen zurück gegangen, die anderen 100 Fetozide nicht!
Es fallen also maximal 32% aller Fetozide bei Drillingen auf IVF-Drillinge. Man nimmt danach auch ?eine Abtreibung in Kauf, wenn sich zu viele Embryonen eingenistet haben? wenn man sich auf natürlichem Weg oder nur mit hormoneller Unterstützung um ein Kind bemüht. Darf deshalb keiner mehr Kinder in die Welt setzen? Immerhin entscheiden sich mindestens (oben nachgewiesen) drei Viertel aller potentiellen Drillingseltern gegen einen Fetozid.
Zum Thema Abtreibungen wäre es noch erwähnenswert, daß in Deutschland jährlich ca. 130.000 Abtreibungen durchgeführt werden, davon etwa 127.000 ohne medizinische Indikation. (
http://www.destatis.de/basis/d/gesu/gesutab16.htm ) Das ist jedes 6. ? 7. Kind. Diese Abtreibungen scheinen den Medien kaum noch erwähnenswert, obwohl sie gegenüber dem Fetozid bei einer Drillingsschwangerschaft in 1000-facher Anzahl durchgeführt werden. Wenn man bedenkt, daß heute etwa jedes 50. Kind durch IVF/ICSI entsteht, lässt sich daraus eine 20-fach höhere Bereitschaft zu einer Abtreibung bei ?normal? schwanger gewordenen Frauen ableiten.
22. Weiter wird behauptet, es würden zu viele der durch Reagenzglasbefruchtung gezeugten Embryonen nicht zu einem Menschen werden.
Dabei wird das ungleiche Entwicklungspotential der befruchteten Eizellen nicht beachtet, weil es auch den meisten Kritikern nicht bekannt ist:
Zitat: ?Bei Formulierung des Embryonenschutzgesetzes (
http://www.wunschkinder.net/demo/gesetz ... gesetz.htm) ging man davon aus, dass alle entstandenen Embryonen ein gleiches Entwicklungspotential haben. Dies ist, wie sich durch die Forschung der letzten Jahre herausgestellt hat, nicht der Fall. Wie oben erwähnt, erreichen nur 30% der PN- regulär das Blastozystenstadium.? [Prof. Leyendecker, Infobroschüre ?IVF/ ICSI ? Darmstadt, Seite 15,
http://www.gynaktuell.de/pdf/00000058.pdf ]
Wer zählt die natürlich entstandenen Embryonen, die nicht zu einem Menschen wurden? Da gibt es auch ganz viele, nur wir sehen sie nicht. Ein großer Teil der Embryonen hat genetisch bedingt gar nicht das Potential, ein Mensch zu werden. Die Natur geht recht großzügig damit um.
23. Häufig wird gesagt, keiner hätte ein Recht auf ein Kind
Das ist sicher richtig. Aber Fortpflanzungsfreiheit ist auch international als Menschenrecht anerkannt, u.a. in der UNO-Frauenkonvention (Art. 16, 1). Sie garantiert ?das Recht auf freie und verantwortliche Entscheidung über die Zahl der Kinder und den Abstand der Geburten?.